Gewährleistungs- und Schadensersatzanspruch gegen Vermittler von Ferienhäusern

AG Fritzlar: Gewährleistungs- und Schadensersatzanspruch gegen Vermittler von Ferienhäusern

Eine Mallorcaurlauberin forderte wegen Mängeln an einer Finca die Erstattung des Reisepreises von der Ferienhausvermittlung. Die Klage wurde abgewiesen, weil jene nicht als Reiseveranstalter aufgetreten war.

AG Fritzlar 8 C 400/11 (15) (Aktenzeichen)
AG Fritzlar: AG Fritzlar, Urt. vom 14.10.2011
Rechtsweg: AG Fritzlar, Urt. v. 14.10.2011, Az: 8 C 400/11 (15)
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Amtsgericht Fritzlar

1. Urteil vom 14. Oktober 2011

Aktenzeichen 8 C 400/11 (15)

Leitsatz:

2. Eine Ferienhausvermittlung haftet nicht für Mängel an der Unterkunft, wenn sie nicht als Reiseveranstalter aufgetreten ist.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin hatte über eine Ferienhausvermittlung eine Finca auf Mallorca für den Zeitraum vom 25.06.2010 bis 10.07.2010 gebucht. Vor Ort stellte sie diverse Mängel fest. So fehlte es an elektrischen Geräten und der Pool war nicht durchgängig benutzbar. Vor dem Amtsgericht Fritzlar forderte sie vom Vermittler die Erstattung des vollen Reisepreises und Schadensersatz für vertane Urlaubszeit.

Das Gericht wies die Klage ab. Eventuelle Ansprüche wegen der Mängel bestanden nicht gegenüber dem beklagten Vermittler. Dieser war nicht als Reiseveranstalter aufgetreten und auch in der Buchungsbestätigung war die Rede von einer Vermittlungsleistung.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

5. Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Gewährleistungsansprüche aus einem Reisevertrag geltend. Die Klägerin buchte über die Beklagte die Finca „A“ auf Mallorca für den Zeitraum vom 25.06.2010 bis 10.07.2010. Ausweislich der Buchungsbestätigung vom 17.11.2010 (Bl. 5) ist der Vermieter der Finca auf Mallorca Herr …. In der Buchungsbestätigung, die überschrieben ist mit

6. …

7. Ihr Spezialist für die Vermittlung exklusiver Fincas auf Mallorca

8. heißt es weiter:

9. „F leitet diese Zahlung (gemeint ist die Anzahlung) abzüglich der bereits im Reisepreis enthaltenen Provision an den Vermieter weiter. (…) Wir bedanken uns bei Ihnen, dass Sie uns mit der Vermittlung des Mietobjekts beauftragt haben und wünschen Ihnen schon jetzt einen erholsamen Urlaub auf Mallorca“.

10. Dem Vertrag lagen die Vermittlungsbedingungen der Beklagten zu Grunde.

11. Hier heißt es zu Ziffer 9:

12. „9.1. Mängel der Vermittlungsleistung von F sind vom Kunden dieser gegenüber unverzüglich anzuzeigen und Gelegenheit zur Abhilfe zu geben. Unterbleibt diese Anzeige schuldhaft, entfallen jedwede Ansprüche des Kunden aus dem Vermittlungsvertrag, soweit F in der Lage gewesen wäre, Abhilfe zu schaffen.

13. 9.2. Mängel des Feriendomizils selbst, seiner Einrichtungen oder sonstige Mängel oder Störungen sind vom Kunden unverzüglich gegenüber der von F genannten Stelle, ohne besonderen Hinweis gegenüber dem Vermieter selbst, anzuzeigen und Abhilfe zu verlangen. (…)“

14. Bezüglich des weiteren Inhalts wird auf die zu den Akten gereichten Vermittlungsbedingungen (Bl. 50 – 53 d. A.) verwiesen.

15. Auf der Internetseite der Beklagten, bezüglich dessen Inhalt auf die zu den Aktengerichten Ausdrucke (Bl. 39 – 43 d. A.) verwiesen wird, heißt es u.a. wörtlich:

16. „Wir von der F GmbH haben uns auf die Vermittlung exklusiver Fincas und Ferienhäuser auf den spanischen Inseln spezialisiert (…). Alle unsere Objekte wurden von uns vor Ort besichtigt um unseren hohen Qualitätsstandard zu gewährleisten“ (Bl. 43 d. A.).

17. Die Klägerin behauptet, das angemietete Objekt habe diverse Mängel gehabt. Entgegen den Angaben im Prospekt sei kein DVD-​Player vorhanden gewesen, der Flachbildschirm sei lediglich ein Alt-​Objekt von zu kleiner Größe gewesen, die Küche sei nicht mit einer Mikrowelle und einer Kaffeemaschine ausgestattet gewesen. Auch habe sie vor Ort keine ausreichende Anzahl von Sonnenliegen vorgefunden, der Swimmingpool sei nicht durchgängig benutzbar gewesen und die Finca sei sehr hellhörig.

18. Die Klägerin meint, aufgrund der Mängel sei eine Minderung von 100 % angemessen. Sie fordert daher zum einen die Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 1.970,00 €.

19. Sie meint, die Beklagte habe durch die Angaben auf Ihren Internetseiten eine Garantie abgegeben und hafte daher auch für die Mängel der Finca.

20. Zudem fordert sie weitere 1.970,00 € Schadensersatz wegen nutzlos aufgewandter Urlaubstage. Daneben macht die Klägerin die nicht anrechenbaren außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 490,28 € geltend.

21. Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3940,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.08.2010 sowie weitere 490,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

22. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

23. Sie wendet ein, dass sie nicht passivlegitimiert sei, da sie ausschließlich als Reisevermittlerin aufgetreten sei. Hilfsweise rügt sie die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, für den Fall, dass die Beklagte als Reisevermittlerin angesehen wird. Zudem seien zu keinem Zeitpunkt Mängel gerügt worden.

24. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.10.2011 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

25. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen keine Ansprüche gegen die Beklagte auf Rückzahlung der Reisekosten oder Zahlung von Schadensersatz zu. Im Einzelnen:

I.

26. Das angerufene Amtsgericht Fritzlar ist örtlich und sachlich zuständig, §§ 17 ZPO, 23 Nr. 1 GVG.

II.

27. Die Klage ist jedoch unbegründet.

1.

28. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Gewährleistungsanspruch in Höhe von 1.970,00 € aufgrund eines zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages.

29. Denn die Beklagte ist für Gewährleistungsansprüche das Mietobjekt betreffend nicht passivlegitimiert, da sie lediglich als Vermittlerin und nicht als Reiseveranstalter aufgetreten ist.

30. Ein Reiseunternehmen kann jede Reiseleistung zum Gegenstand eines Vermittlungsvertrags machen. Es kann sich aber auch verpflichten, die Leistung in eigener Verantwortung selbst zu erbringen. Ob das eine oder das andere vorliegt, hängt davon ab, wie der Reiselustige die Erklärungen und das Verhalten des Reiseunternehmens verstehen und werten darf (BGH, Urt. v. 18.10.1973, VII ZR 247/72)

31. Die Vermittlung einer Reiseleistung ist durch das Handeln in fremdem Namen gekennzeichnet. Das beabsichtigte Rechtsgeschäft kommt zwischen dem Reisenden und dem durch das Reisebüro bzw. dem Vermittler vertretenen Unternehmen zustande. Dem Interesse des Reisenden an der eindeutigen Bezeichnung seines Vertragspartners dienen das in § 164 Abs. 2 BGB niedergelegte Offenkundigkeitsprinzip und das Verbot einer Vermittlerklausel in § 651a Abs. 2 BGB, wonach diese unberücksichtigt bleibt, „wenn nach den sonstigen Umständen der Anschein begründet wird, dass der Erklärende vertraglich vorgesehene Reiseleistungen in eigener Verantwortung erbringt, wobei es auf die Sicht des Reisenden ankommt (Vgl. Tempel, NJW 1999, 3657)“.

32. Für die Buchung eines Aufenthalts in einem Ferienhaus oder in einer Ferienwohnung kommen demnach verschiedene Vertragsgestaltungen in Betracht. So kann der Vertragspartner des Urlaubers sich darauf beschränken, die Anmietung des Ferienhauses oder der Ferienwohnung zu vermitteln (BGH, BGHZ 61, 275, 278 f). Er kann sich aber auch als Veranstalter gegenüber dem Urlauber selbst verpflichten, für die Bereitstellung des Ferienhauses oder der Ferienwohnung zu sorgen. Ob das eine oder das andere vorliegt, hängt von der Vertragsgestaltung ab, insbesondere davon, wie der Urlauber die Erklärungen und das Verhalten des Anbieters verstehen und werten darf. Hierbei ist der Grundsatz des § 651 a Abs. 2 BGB, nach dem die Erklärung des Anbieters, nur Verträge zu vermitteln, im Hinblick auf die sonstigen Umstände unbeachtlich sein kann, bei der Buchung eines Aufenthalts in einer Ferienunterkunft als alleiniger Reiseleistung entsprechend anzuwenden (Vgl. BGH, Urt. v. 09.07.1992, VII ZR 7/92 m.w.N.)

33. Nach den dargestellten Grundsätzen trat die Beklagte gegenüber der Klägerin als Vermittlerin auf. Die Beklagte bezeichnet sich selbst im Rahmen der Buchungsbestätigung als Spezialist für die Vermittlung exklusiver Fincas auf Mallorca. Aus der Buchungsbestätigung vom 17.11.2009 geht als Vermieter ein Herr M B hervor. Weiterhin klärt die Beklagte darüber auf, dass die an sie gezahlten Mietbeträge abzüglich der bereits im Reisepreis enthaltenen Provision an den Vermieter weiter geleitet werden. Zuletzt bedankt sich die Beklagte für die Beauftragung mit der Vermittlung des Mietobjektes. Aus dem seitens der Klägerin zu den Akten gereichten Internetauftritt der Beklagten ergibt sich nicht anderes. Die Beklagte erklärt hier, dass sie sich auf die Vermittlung exklusiver Fincas und Ferienhäuser auf den spanischen Inseln spezialisiert habe. In den vergangenen Jahren habe sie sich zu einem der führenden Vermittler von Ferienhäusern etabliert. Die von der Beklagten verwendeten Geschäftsbedingungen sind als Vermittlungsbedingungen bezeichnet worden. Ziffer 9 der Vermittlungsbedingungen legt dann auch fest, dass nur Mängel der Vermittlungsleistung gegenüber der Beklagten unmittelbar anzuzeigen sind. Soweit Mängel des Feriendomizils selbst geltend gemacht werden, sind diese gegenüber dem Vermieter selbst oder seinen hierfür benannten Beauftragten anzuzeigen. Selbst unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 651 a Abs. 2 BGB ergibt sich aus den zu Grunde liegenden Vertragsunterlagen und den Umständen des Einzelfalls, dass die Beklagte nur als Vermittlerin aufgetreten ist. Insbesondere aus dem Umstand, dass Mängel hinsichtlich des Mietobjektes selbst gegenüber dem Vermieter anzuzeigen sind, ist ein deutliches Indiz dafür, dass die Beklagte die vertraglichen Leistungen des Mietvertrages nicht in eigener Verantwortung erbringen wollte.

34. Soweit die Klägerin darauf abstellt, dass die Beklagte auf ihren Internetseiten die zu vermittelnden Wohnungen detailliert beschreibt und darauf hinweist, dass alle angebotenen Objekte vor Ort besichtigt wurden, „um den hohen Qualitätsanspruch zu gewährleisten“, ergibt sich nicht anderes. Entgegen der Ansicht der Klägerin, dass den Äußerungen insoweit eine selbstständige Garantie zu entnehmen sei, will die Beklagte erkennbar gerade nicht für die Leistung vor Ort einstehen. Zudem ergibt sich bereits aus dem Wortzusammenhang, dass die Besichtigungen vor Ort der Sicherung des eigenen Qualitätsstandards der Beklagten dienen sollen. Für einen objektiven Dritten ist hieraus lediglich das Ansinnen der Beklagten zu erkennen, die von ihr vermittelten Ferienhäuser zunächst vor Ort in Augenschein zu nehmen, bevor das einzelne Haus in das Angebot der Beklagten aufgenommen wird. Hieraus eine eigene Gewährleistung ableiten zu wollen, geht fehl, da ein entsprechender Rechtsbindungswille aus dem Zusammenhang der übrigen Vertrags- und Buchungsunterlagen gerade nicht zu entnehmen ist.

2.

35. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte ergibt sich auch nicht aus § 280 BGB wegen Verletzung der Pflichten aus dem Vermittlervertrag.

36. Der Vermittlervertrag ist rechtlich als Geschäftsbesorgungsvertrag zu charakterisieren. Im Rahmen der vertraglich vereinbarten und geschuldeten Vermittlungsleistung haftet die Beklagte für Verletzungen der ihr vertraglich obliegenden Pflichten. In Betracht kommen hier vor allem Beratungspflichten. Eine Pflichtverletzung der Beklagten hinsichtlich der Beratung der Klägerin trägt diese selbst nicht vor, ist aus dem Vortrag der Parteien auch nicht ersichtlich.

3.

37. Der Klägerin steht gegen die Beklagte auch kein Anspruch auf Ersatz des nutzlos aufgewendeten Urlaubs zu.

38. Da es sich hierbei um einen immateriellen Schaden handelt (Palandt, BGB, § 651 f Rn 6, § 249 Rn 70, 71), scheidet eine Entschädigung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle aus (§ 253 BGB). Im Reisevertragsrecht kann der Reisende gemäß § 651 f Abs. 2 BGB wegen nutzlos aufgewandter Urlaubstage eine angemessene Entschädigung verlangen. Anwendbar ist die Vorschrift nur auf die vertragliche Haftung als Veranstalter. § 651 f Abs. 2 BGB kommt hingegen nicht in Betracht bei reiner Vermittlungstätigkeit des Vertragspartners (Palandt, BGB, § 651 f Rn 1). So ist es hier. Die Beklagte trat gegenüber der Klägerin gerade nicht als Reiseveranstalterin, sondern als Vermittlerin aus. Zur Begründung wird auf die zu Ziffer 1. dargelegten Ausführungen verwiesen.

39. Ein Fall, in dem ausnahmsweise von diesen Grundsätzen in der Rechtsprechung abgewichen wurde, liegt hier nicht vor.

4.

40. Mangels Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld scheidet auch ein Anspruch auf Zinsen und auf Zahlung der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus.

III.

41. Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 91 ZPO.

42. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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