Flugverspätung wegen Triebwerksschadens

AG Rüsselsheim: Verspätung wegen technischem Problem

Im vorliegenden Fall buchte der Kläger bei der Beklagten einen Flug, welcher 21 Stunden Verspätung hatte. Die Beklagte, als ausführendes Luftfahrtunternehmen, begründete diese Verspätung mit einem technischen Problem des Ölfilters eines Triebwerks. Der Kläger verlangt nun von ihr eine Ausgleichszahlung wegen Flugverspätung.

Das Amtsgericht Rüsselsheim hat dem Kläger einen solchen Anspruch zugesprochen, da ein technischer Defekt kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der Fluggastverordnung ist und eine Inanspruchnahme der Beklagten somit nicht ausschließt.

AG Rüsselsheim 3 C 517/10 (35) (Aktenzeichen)
AG Rüsselsheim: AG Rüsselsheim, Urt. vom 27.08.2010
Rechtsweg: AG Rüsselsheim, Urt. v. 27.08.2010, Az: 3 C 517/10 (35)
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Amtsgericht Rüsselsheim

1.Urteil vom 27. August 2010

Aktenzeichen 3 C 517/10 (35)

Leitsätze:

2. Technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeuges auftreten können, begründen für sich gesehen keine außergewöhnlichen Umstände, die das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung befreien könnte, die Ausgleichszahlung zu leisten.

Ein technisches Problem mit einem Ölfilter eines Triebwerkes ist kein außergewöhnlicher Umstand, ebenso die Verhinderung des vor Ort befindlichen Monteurs.

Zusammenfassung:

3. Vorliegend buchte der Kläger bei der Beklagten einen Flug aus Asien über eine Entfernung von mehr als 3500 km , wodurch die Parteien einen Luftbeförderungsvertrag schlossen. Dieser Flug hatte eine Verspätung von insgesamt 21 Stunden aufgrund eines technischen Problems mit einem Ölfilter eines Triebwerks. Der Kläger verlangt nun von der Beklagten eine Ausgleichszahlung wegen Flugannullierung bzw. Flugverspätung nach der Fluggastverordnung.

Das Amtsgericht Rüsselsheim sprach dem Kläger einen Anspruch auf Ausgleichzahlung nach der Fluggastverordnung zu. Dieser steht allen Fluggästen zu, die eine große Flugverspätung hinnehmen müssen. Hier erlitten die Fluggäste einen Zeitverlust von 21 Stunden durch den verspäteten Flug, sodass die Voraussetzungen erfüllt sind.

Mithin begründet der hier vorliegende technische Defekt keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der VO, die das Luftfahrtunternehmen von einer Inanspruchnahme befreien könnten. Auch das technische Problem mit einem Ölfilter eines Triebwerkes begründet keine Exkulpationsmöglichkeit für das Luftfahrtunternehmen. Ebenso wenig die Verhinderung des vor Ort befindlichen Monteurs. Dies gilt auch dann, wenn das Luftfahrtunternehmen alle vorgeschriebenen oder sonst bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt gebotenen Wartungsarbeiten frist- und ordnungsgemäß ausgeführt hat.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 600,-​- Euro nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit 08.03.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten für die Anrufung des örtlich unzuständigen Amtsgerichtes Amberg hat die Klägerin zu tragen. Im Übrigen werden die Kosten des Rechtsstreites gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Entfällt gemäß § 313 a ZPO.

Entscheidungsgründe:

6. Die Klage ist nur teilweise begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung der Ausgleichspauschale nach Artikel 7 Verordnung (EG) 261/2004. Diese beträgt 600 Euro. Es handelt sich vorliegend um einen Flug aus Asien über eine Entfernung von mehr als 3500 km. Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 19.11.2009 steht dieser Anspruch dem Fluggast bei einer großen Verspätung zu. Diese ist bei 21 Stunden Verzögerung gegeben.

7. Technische Defekte, wie sie beim Betrieb eines Flugzeuges auftreten können, begründen für sich gesehen keine außergewöhnlichen Umstände, die das Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung befreien könnte, die Ausgleichszahlung zu leisten. Ein technisches Problem mit einem Ölfilter eines Triebwerkes ist kein außergewöhnlicher Umstand, ebenso die Verhinderung des vor Ort befindlichen Monteurs.

8. Abzuweisen war die Klage in der Hauptforderung, soweit die Klägerin die Ausgleichszahlung für einen Mitreisenden geltend macht. Insoweit ist sie nicht aktivlegitimiert. Denn der Anspruch resultiert nicht aus Vertrag und ergibt sich auch nicht aus einer etwaigen Buchung durch die Klägerin, sondern folgt direkt aus der europäischen Verordnung. Der Anspruch steht allein dem Passagier zu. Die Buchung der Klägerin ist auch nicht bei der Beklagten, sondern bei einem Reiseveranstalter vorgenommen worden, gegenüber dem jedoch die vorliegenden Ansprüche nicht begründet sind.

9. Die Zinsforderung ist als Verzugsschaden erst ab Rechtshängigkeit begründet. Eine frühere Inverzugsetzung ist nicht vorgetragen. Die Forderungsanmeldung vom 28.1.2010 hat allein die Fälligkeit der Forderung begründet. Die Fristsetzung in diesem Schreiben ist mit einer Leistungsbestimmung nach dem Kalender gemäß § 286 Abs. 2 Ziff. 1 BGB nicht gleichzusetzen. Die einseitige Bestimmung durch den Gläubiger reicht insoweit nicht aus. Der Anspruch auf Zahlung oder Freistellung der vorgerichtlich angefallenen Anwaltsgebühren ist dementsprechend ebenfalls nicht begründet, da bei Abfassung des Schreibens von 28.1.2010 die Beklagte sich nicht in Verzug befand. Abzuweisen war die Nebenforderung über 1,45 Euro. Diese Forderung ist Teil der Nebenkostenpauschale bei den Anwaltsgebühren.

10. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 281, 92 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11 und 713 ZPO.

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