Flugbuchung und weiterführende Informationen müssen in gleicher Sprache sein
LG Essen: Flugbuchung und weiterführende Informationen müssen in gleicher Sprache sein
Der Kläger hatte auf einem von der Beklagten betriebenen Flugbuchungsportal eine Flugreise gebucht. Nachdem er den Buchungsvorgang in deutscher Sprache durchgeführt hatte, wurde dem Kläger die Buchungsbestätigung nur in englischer Sprache übermittelt. Der Kläger sieht darin einen Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und fordert von der Beklagten, es zu unterlassen während des Buchungsvorgangs die Geschäftssprache zu wechseln.
Das Landgericht Essen gibt der Klage statt. Ein Luftfahrtunternehmen, welches einen Buchungsvorgang in mehreren Sprachen anbiete, habe auch alle weiterführenden Informationen bezüglich der Buchung oder Flugdurchführung in diesen Sprachen anzubieten. Anderenfalls liege ein Fall unlauteren Wettbewerbs vor.
LG Essen | 44 O 77/10 (Aktenzeichen) |
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LG Essen: | LG Essen, Urt. vom 31.05.2012 |
Rechtsweg: | LG Essen, Urt. v. 31.05.2012, Az: 44 O 77/10 |
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Leitsatz:
2. Bietet ein Luftfahrtunternehmen eine Buchung in einer bestimmten Sprache an, so muss dieses auch die weiterführenden Informationen in dieser Sprache bereitstellen.
Zusammenfassung:
3. Der Kläger hatte auf einem von der Beklagten betriebenen Flugbuchungsportal eine Flugreise gebucht. Nachdem der Buchungsvorgang in deutscher Sprache abgewickelt worden war, wurde dem Kläger die Buchungsbestätigung nur in englischer Sprache übermittelt.
Auf ein Schreiben, in dem der Kläger von der Beklagten das zukünftige Unterlassen dieses Vorgehens forderte, reagierte diese nicht. Auch nachdem der Kläger Klage eingereicht hatte, erklärte die Beklagte keine Verteidigungsbereitschaft. Es wurde folglich ein Versäumnisurteil eingeleitet.
Das Landgericht Essen hat in diesem Urteil klargestellt, dass die Beklagte durch das streitgegenständliche Werbeverhalten eine gesetzliche Vorschrift (§ 2 Absatz 1 Nummer 2 UWG) missachte, die das Marktverhalten regeln soll.
Nach Artikel 246 § 3 Nummer 4 EGBGB hat die Beklagte den Kunden darüber zu unterrichten, in welchen Sprachen eine Buchung erfolgen kann. Ein Reiseveranstaltungsunternehmen, welches einen Buchungsvorgang in mehreren Sprachen anbietet, muss demnach auch alle weiterführenden Informationen bezüglich der Buchung oder Flugdurchführung in diesen Sprachen anbieten, wenn es dem Kunden nicht vor der Buchung mitteilt, dass Buchungsbestätigung und weitere Fluginformationen nur noch in einer anderen Sprache erhältlich sind. Anderenfalls liege ein Fall unlauteren Wettbewerbs und ein Verstoß gegen das UWG vor.
Tenor:
4. Der Beklagten wird, bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, untersagt, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern mit dem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland nach einer Buchung von Flügen über die Internetseite mit der Adresse www.x.com, auf der die Möglichkeit geboten wird, die deutsche Sprache auszuwählen, die Bestätigung der Buchung und die wesentlichen Fluginformationen im Rahmen nachfolgender Textformerklärungen ausschließlich in englischer Sprache anzubieten, wenn vor der Buchung auf die Kommunikation in englischer Sprache nicht hingewiesen worden ist. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 200,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 24.04.2012 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Gemäß § 339 Absatz 2 der Zivilprozessordnung ( ZPO ) wird bestimmt, dass die Einspruchsfrist für die Beklagte vier Wochen ab Zustellung des Versäumnisurteils beträgt.
Tatbestand:
5. Der Kläger ist Dachverband von 16 Verbraucherzentralen und qualifizierte Einrichtung im Sinn des § 8 Absatz 3 Nummer 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb ( UWG ). Die Beklagte betreibt eine Fluggesellschaft mit Geschäftssitz in V. Die Beklagte ermöglicht in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Interessenten über ihre Internetseite www.x.com direkte Flugbuchungen durchzuführen.
6. Bei Aufruf dieser Seite wird von ihr – zunächst in deutscher Sprache – für Flüge zu verschiedenen Flugzielen geworben. Weiter wird dem interessierten Kunden die Möglichkeit eröffnet, eine Flugbuchung dann in deutscher Sprache vorzunehmen.
7. Der Verbraucher Dr. L buchte am 12.11.2009 über diese Internetseite bei der Beklagten einen Flug von E nach L. Die Beklagte übersandte Dr. L am 08.12.2009 dazu eine allein in englischer Sprache abgefasste Buchungsbestätigung und Fluginformation. Auf ihrer Internetseite wurde Dr. L vor der Buchung nicht darauf hingewiesen, dass die Buchungsbestätigung und Fluginformation nur in englischer Sprache erfolgen wird.
8. Mit Schreiben vom 18.03.2010 forderte der Kläger die Beklagte vergeblich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
9. Mit gerichtlicher Verfügung vom 23.07.2010 wurde die Durchführung das schriftlichen Vorverfahrens gemäß § 276 der Zivilprozessordnung ( ZPO ) angeordnet. Die Beklagte wurde aufgefordert, binnen 4 Wochen nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht schriftlich anzuzeigen, wenn sie sich gegen die Klage verteidigen wolle.
10. Zugleich wurde die Beklagte darauf hingewiesen, dass ohne mündliche Verhandlung ein Versäumnisurteil erlassen werde (§ 331 ZPO), wenn die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft nicht innerhalb der gesetzten Frist bei Gericht eingehe. Die Klageschrift und gerichtliche Verfügung vom 23.07.2010 wurden der Beklagten am 24.04.2012 zugestellt. Eine Verteidigungsanzeige der Beklagten ist nicht eingegangen. Der Kläger hat den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt.
Entscheidungsgründe:
I.
11. Die Klage ist zulässig. Das vom Kläger angerufene Gericht ist gemäß dem Artikel 5 Nr. 3 der EG-Verordnung Nr. 44/2011 vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen ( EuGVVO ) entscheidungszuständig ( vgl. : Bundesgerichtshof, Zeitschrift Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht 1988, Seite 483 ; Köhler in Köhler/Bornkamm, Kommentar zum UWG 28. Auflage, Einleitung Randnummer 5.8, 5.54 ) :
12. Das Versäumnisurteil wird auf Antrag des Klägers gemäß § 331 Absatz 3 ZPO erlassen, weil die Beklagte innerhalb der gesetzten Frist gegenüber dem Gericht keine Verteidigungsbereitschaft angezeigt hat.
II.
13. Gemäß dem Artikel 6 Absatz 1 der EG-Verordnung Nr. 864/2007 vom 11.07.2007 ( Rom II ) ist deutsches Recht anzuwenden.
14. Der Kläger kann von der Beklagten gemäß den §§ 8 Absatz 3 Nummer 2, 8 Absatz 1 Satz 1, 4 Nr. 11 UWG Unterlassung des im Urteilstenor zu 1. bezeichneten Werbeverhaltens verlangen.
15. Die Beklagte verletzt durch das beanstandete Werbeverhalten eine im Interesse des Verbrauchers als Marktteilnehmer ( § 2 Absatz 1 Nummer 2 UWG ) erlassene gesetzliche Vorschrift, die das Marktverhalten regeln soll. Die Buchung einer Flugreise über das Internet stellt einen Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr im Sinne der Artikel 246 § 3 Nummer 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch ( EGBGB ) und des § 312g Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ( BGB ) dar. Nach Artikel 246 § 3 Nummer 4 EGBGB hat die Beklagte den an einer Buchung interessierten Kunden darüber zu informieren, in welchen Sprachen eine Buchung erfolgen kann. Bietet die Beklagte – wie hier – schlüssig an, die Buchung auch in deutscher Sprache vorzunehmen, hat sie dem buchenden Kunden auch alle nachfolgenden Informationen in deutscher Sprache zur Verfügung zu stellen, wenn sie dem Kunden nicht vor der Buchung mitteilt, dass mit einer Buchungsbestätigung und weiteren Fluginformationen nur noch in einer anderen Sprache gerechnet werden kann ( vgl.: Weidenkaff in Palandt, Kommentar zum BGB 71. Auflage Art. 246 § 3 EGBGB Randnummer 5 ).
16. Der Kläger kann von der Beklagten ferner gemäß § 12 Absatz 1 Satz 2 UWG Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 200,00 € und gemäß den §§ 291, 288 BGB Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem Zeitpunkt der Klagezustellung beanspruchen.
17. Die Beklagte hat gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
18. Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 708 Nummer 2 ZPO.
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