Wegfall wesentlicher Höhepunkte einer Rundreise

AG Neuwied: Wegfall wesentlicher Höhepunkte einer Rundreise

Der Kläger hatte bei der Beklagten, einer Reiseveranstalterin, eine Thailand-Rundreise gebucht. Nach der Ankunft des Klägers vor Ort wurde ihm mitgeteilt, dass mehrere Programmpunkte der Reise nicht stattfinden könnten. Der Kläger verlangt deshalb nun eine Reisepreisminderung, weil die Beklagte die Reiseleistung nicht wie vereinbart erbracht habe.

Das Amtsgericht Neuwied sprach dem Kläger eine Reisepreisminderung in Höhe von 2/3 des Reisepreises zu. Die Beklagte habe die vertraglich vereinbarte Reiseleistung nicht erbracht, weil wesentliche Höhepunkte der Thailand-Rundreise weggefallen seien.

AG Neuwied 41 C 1227/10 (Aktenzeichen)
AG Neuwied: AG Neuwied, Urt. vom 22.06.2011
Rechtsweg: AG Neuwied, Urt. v. 22.06.2011, Az: 41 C 1227/10
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Amtsgericht Neuwied

1. Urteil vom 22. Juni 2011

Aktenzeichen: 41 C 1227/10

Leitsatz:

2. Fallen wesentliche Programmpunkte einer gebuchten Rundreise aus, so liegt ein Reisemangel vor. Dem Reisenden steht ein Anspruch auf eine Reisepreisminderung in Höhe von 2/3 des Reisepreises zu.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten, einer Reiseveranstalterin, eine Thailand-Rundreise gebucht. Diese Reise beinhaltete unter anderem einen 3-tägigen Aufenthalt in Bangkok, sowie eine 8-tägige Rundreise durch den Norden Thailands. Nach der Ankunft des Klägers vor Ort wurde ihm mitgeteilt, dass sowohl der Aufenthalt in Bangkok, als auch die Reise durch den Norden Thailands nicht stattfinden könnten. Als Begründung wurde genannt, dass die Situation in den betreffenden Regionen aufgrund politischer Unruhen zu unsicher sei.

Weil wesentliche Programmpunkte der Reise abgesagt worden seien, verlangt der Kläger nun eine Reisepreisminderung i. H. v. 1.508,00 € nebst Zinsen. Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, die bereits geleistete Ausgleichszahlung i. H. v. 349,68 € habe den Kläger bereits angemessen entschädigt.

Das Amtsgericht Neuwied hat dem Kläger eine Reisepreisminderung in Höhe von 2/3 des Reisepreises zugesprochen. Die Beklagte habe die vertraglich vereinbarte Reiseleistung nicht erbracht, weil wesentliche Höhepunkte der Thailand-Rundreise weggefallen seien. Die Höhe der geforderten Entschädigungszahlung sei somit auch berechtigt.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.508,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.07.2010, sowie 229,55 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Der Kläger buchte bei der Beklagten für sich und seine Ehefrau eine Thailand-​Reise vom 13.05. bis 01.06.2010 zu einem Reisepreis in Höhe von insgesamt 2.914,00 €.

6. Gegenstand des Reisevertrages war folgender Reiseverlauf

7.

 –  01. bis 03. Tag:  Aufenthalt und Besich­tigung von Bangkok;
 –  04. bis 12. Tag:  Rundreise und Besich­tigung von Sehens­wür­dig­keiten im Norden von Thailand;
 –  13. Tag bis Rückrei­setag: Badeurlaub im Süden von Thailand.

8. Tatsächlich gestaltete sich der Thailand-​Aufenthalt des Klägers und seiner Ehefrau aufgrund der Auswirkungen von politischen Unruhen wie Folgt:

9. Am Ankunftstag wurde der Kläger in Bangkok in einem Hotel untergebracht, wegen aufgetretener politischer Unruhen wurden dann der Kläger und seine Ehefrau mit einem Bus in den Norden von Thailand verbracht.

10. Die dort vertraglich vorgesehene Rundreise im Norden von Thailand fand nicht statt, vielmehr wurden der Kläger und seine Ehefrau schon am nächsten Tag in den Süden von Thailand verbracht, wo sie in 2 verschiedenen Hotels bis zur Rückreise einen Badeurlaub verbrachten.

11. Der Kläger trägt vor,

12. da die Beklagte die vorgesehenen wesentlichen Leistungen des gebuchten Thailand-​Urlaubs, nämlich einen 3-​tägigen Aufenthalt in Bangkok mitsamt Besichtigungsmöglichkeit und die anschließende Rundreise im Norden von Thailand nicht erbracht hätte, stehe ihm hierfür bereits ein Minderungsanspruch in Höhe von 1.602,10 € zu.

13. Weiterhin sei der Aufenthalt in dem Hotel „…“ im Süden von Thailand mit Mängeln behaftet gewesen, sodass er hierfür einen weiteren Minderungsanspruch in Höhe von 109,28 € verlangen könne.

14. Schließlich habe der Rückflug am 01.06.2010 bereits um 12.45 Uhr mittags, statt, wie zunächst vorgesehen, um 23.45 Uhr stattgefunden.

15. Hierfür könne er eine Minderung in Höhe von 145,70 € beanspruchen.

16. Insgesamt beansprucht der Kläger eine Minderung in Höhe von 1.857,68 €, worauf die Beklagte vorprozessual einen Betrag in Höhe von 349,68 € gezahlt hat.

17. Der somit verbliebene, reklamierte weitere Minderungsanspruch in Höhe von 1.508,00 € ist Gegenstand der vorliegenden Klage.

18. Der Kläger beantragt,

19. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.508,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.07.2010, sowie 229,55 € vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen.

20. Die Beklagte beantragt,

21. die Klage abzuweisen.

22. Die Beklagte hält den zurückgezahlten Betrag in Höhe von 349,68 € als Ausgleich für die von dem Kläger und seiner Ehefrau erlittenen Beeinträchtigungen bezüglich des streitgegenständlichen Reisevertrages für ausreichend.

23. Der geänderte Reiseverlauf in Thailand habe seine Ursachen in den aufgekommenen politischen Unruhen in Thailand und damit in höherer Gewalt.

24. Die weiteren von dem Kläger behaupteten Beeinträchtigungen während des Aufenthaltes in den 2 verschiedenen Hotels im Süden von Thailand bestreitet die Beklagte.

25. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von schriftlichen Zeugenauskünften der Zeugen …

26. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Zeugenauskünfte des Zeugen … vom 16.02.2011 (Bl. 77 und 78 d. A.) und der Zeugin … vom 02.04.2011 (Bl. 82 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

27. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen Thailand-​Rundreise vom 14.05. bis 01.06.2010 gemäß §§ 651 c, d BGB ein Minderungsanspruch in Höhe von 2/3 des gezahlten Reisepreises von 2.914,00 €, mithin ein Betrag in Höhe von 1.942,67 € zu.

28. Unter Berücksichtigung des vorprozessual gezahlten Betrages in Höhe von 349,68 € verbleibt grundsätzlich ein weiterer Minderungsanspruch zugunsten des Klägers in Höhe von 1.592,99 €, sodass die geltend gemachte Klage im Hauptanspruch in Höhe von 1.508,00 € Erfolg hat.

29. Die Beklagte hat als Reiseveranstalterin hinsichtlich der streitgegenständlichen Thailand-​Rundreise die Hauptleistungsverpflichtungen, nämlich einen Aufenthalt von 3 Tagen in Bangkok mit Besichtigungsmöglichkeit der Hauptstadt von Thailand, sowie die 8-​tägige Rundreise mit Besichtigung von Kulturstädten im Norden von Thailand nicht erbracht.

30. Der nach dem Reisevertrag hauptsächlich vorausgesetzte Nutzen der gebuchten Reise (Gewinnung von neuen Eindrücken aufgrund der Rundreise im Norden von Thailand, sowie der 3-​tägigen Besichtigung der Hauptstadt Bangkok) wurde insgesamt aufgehoben, sodass sich nach Auffassung des Gerichtes nach §§ 651 c, d BGB hierfür ein Minderungsanspruch von 2/3 des gezahlten Reisepreises von insgesamt 2.914,00 € ergibt, was einem Minderungsbetrag in Höhe von 1.942,67 € entspricht.

31. Die wesentlichen „Highlights“ der gebuchten Thailand-​Rundreise sind mehr oder weniger vollständig ausgefallen.

32. Der entsprechende Minderungsanspruch zugunsten des Klägers gemäß §§ 651 c, d BGB ergibt sich unabhängig von einem Verschulden der Beklagten hinsichtlich der ausgefallenen und nicht erbrachten Reiseleistungen.

33. Auch unter Berücksichtigung der vorprozessual gezahlten 349,68 € verbleibt somit ein weiterer Minderungsanspruch zugunsten des Klägers in Höhe des geltend gemachten Betrages von 1.508,00 €.

34. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

35. Ebenfalls als Verzugsgesichtspunkten kann der Kläger gemäß § 280 BGB i. V. m. Nr. 2300 VV RVG die Erstattung der vorprozessual gezahlten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,55 € (nicht anrechenbare Geschäftsgebühr) beanspruchen.

36. Kosten: § 91 Abs. 1 ZPO.

37. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.

38. Streitwert: 1.508,00 €.

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