Kein Reisemangel bei Anlegen im Containerhafen
AG Rostock: Kein Reisemangel bei Anlegen im Containerhafen
Die Kläger hatten bei der Beklagten eine Kreuzfahrt auf einem Clubschiff mit Stopp in mehreren Häfen gebucht. Das Schiff legte allerdings entgegen den Erwartungen der Kläger meist an Containerhäfen an. Nach Ansicht der Kläger hätten an den Containerhäfen Lärm- und Geräuschbelastungen bestanden, die deren Reisevergnügen erheblich gemindert hätten. Die Kläger begehren deshalb von der Beklagten eine Reisepreisminderung.
Das Amtsgerichts in Rostock weist die Klage als unbegründet zurück. Das Anlegen eines Kreuzfahrtschiffes in einem Containerhafen können keinen Reisemangel begründen. Mit der Bezeichnung des Zielhafens verspricht der Schifffahrtsveranstalter nicht automatisch das Anlagen in einem bestimmten Bereich des Hafens.
AG Rostock | 47 C 270/11 (Aktenzeichen) |
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AG Rostock: | AG Rostock, Urt. vom 16.11.2011 |
Rechtsweg: | AG Rostock, Urt. v. 16.11.2011, Az: 47 C 270/11 |
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Amtsgericht Rostock
1. Urteil vom 16. November 2011
Aktenzeichen: 47 C 270/11
Leitsätze:
2. Legt ein Clubschiff während der Kreuzfahrt in einem Containerhafen an, so kann dies nicht als Reisemangel gewertet werden.
Mit der Bezeichnung des Zielhafens verspricht der Schifffahrtsveranstalter nicht automatisch einen bestimmten Liegeplatz innerhalb dessen.
Zusammenfassung:
3. Die Kläger buchten bei der Beklagten, einer Veranstalterin für Kreuzfahrten, eine Kreuzfahrt auf einem Clubschiff. Entgegen den Erwartungen der Kläger legt das Schiff in den meisten Fällen an Containerhäfen an, die dem Schiffspersonal von öffentlicher Stelle zugewiesen wurden. Nach Ansicht der Kläger hätten an den Containerhäfen Lärm- und Geräuschbelastungen bestanden, die das Reisevergnügen erheblich gemindert hätten. Deshalb begehren die Kläger von der Beklagten eine Reisepreisminderung wegen Mängeln an der vertraglich vereinbarten Reiseleistung.
Nach Ansicht des Amtsgerichts in Rostock stellt das Anlegen eines Kreuzfahrtschiffes in einem Containerhafen keinen Reisemangel dar und begründet für die Schiffsgäste demnach auch keinen Anspruch auf eine Reisepreisminderung.
Gemäß § 651 c Abs. 1 BGB ist ein Reiseveranstalter zwar verpflichtet, eine Reiseleistung so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit mindern. Allerdings liege im vorliegenden Fall kein Mangel i. S. d. § 651 c Abs. 1 BGB vor. Mit der Bezeichnung des Zielhafens verspricht der Schifffahrtsveranstalter nicht automatisch das Anlagen in einem bestimmten Bereich des Hafens.
Tenor:
4. Die Klage wird abgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
5. Die Kläger machen Minderungsansprüche nach einer Schiffsreise geltend.
6. In der Zeit vom 03.01.2011 bis 17.01.2011 unternahmen die Kläger eine bei der Beklagten gebuchten Kreuzfahrt auf dem Clubschiff … in Asien. Die Kläger hatten eine Balkonkabine gebucht. Der Reisepreis betrug 8.024,00 €.
7. In der Reisebestätigung der Beklagten heißt es u.a.:
8. „Freuen Sie sich auf komfortable … Inklusiv-Leistungen: … Die Nutzung der Saunalandschaft sowie der meisten Body & Soul Sportangebote …“.
9. Im Katalog der Beklagten wird im Einzelnen dargestellt, welche „Body & Soul-Angebote“ gegen Aufpreis oder teilweise gegen Aufpreis angeboten bzw. im Reisepreis enthalten sind.
10. Sämtliche der geplanten Häfen wurden auch tatsächlich angelaufen. Mit einer Ausnahme lag das Schiff dabei jeweils in einem Containerhafen. Die jeweiligen Liegeplätze werden der Beklagten durch die örtlichen Behörden zugewiesen.
11. Im Zusammenhang mit den Liegeplätzen in Containerhäfen und – strittigen – hieraus eventuell resultierenden Lärmbeeinträchtigungen beanspruchen die Kläger eine Minderung im Umfang von 20 % des Reisepreises, d.h. in Höhe von 1.604,80 €. Aufgrund kostenpflichtiger „Body & Soul-Angebote“, die nach dem bestrittenen Vortrag der Kläger kostenlos geschuldet gewesen seien, fordern diese weiter eine Rückzahlung des Reisepreises im Umfang von 5 %, mithin in Höhe von 401,20 €.
12. Die Kläger behaupten, in den Containerhäfen habe durch die Be- und Entladevorgänge eine erhebliche Lärmbelästigung vorgelegen, die die Nutzung des Balkons für Erholungszwecke unmöglich gemacht habe. Weiter tragen die Kläger vor, die als inklusiv zugesicherten Leistungen des Angebotes „Body & Soul“ seien an Bord zu Workshops, Seminaren und Vorträgen umdeklariert und mit gleichem Inhalt kostenpflichtig angeboten worden.
14. 1. die Beklagte zu verurteilen, den überzahlten Reisepreisanteil in Höhe von 1.604,80 € aus Minderung wegen eines Reisemangel i.S.v. § 651 d Abs. 1 i.V.m. § 651 c Abs. 1 BGB zuzüglich Zinsen 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Kläger zu erstatten;
15. 2. die Beklagte zu verurteilen, den überzahlten Reisepreisanteil in Höhe von 401,20 € aus Minderung wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft i.S.v. § 651 d Abs. 1. i.V.m. § 651 c Abs. 1 BGB zuzüglich Zinsen 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Kläger zu erstatten.
Entscheidungsgründe:
18. Die zulässige Klage ist unbegründet.
19. Die Kläger haben gegen die Beklagte weder hinsichtlich der Aufenthalte in Containerhäfen noch im Zusammenhang mit den Body & Soul-Angeboten einen Anspruch auf Minderung und damit auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises.
20. Gemäß § 651 c Abs. 1 BGB ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.
21. Ob die Abweichung die Reise als solche in ihrem Nutzen beeinträchtigt oder ob es sich lediglich um die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos oder um eine Unannehmlichkeit handelt, die im Zeitalter des Massentourismus hinzunehmen ist, ist im Einzelfall nach Art, Zuschnitt und Zweck der Reise aufgrund des Vertrages festzustellen (Palandt/Sprau BGB 70. Aufl., § 651 c Rn. 2 a. m.w.N.).
22. Das Festmachen des Schiffes in Containerhäfen stellt keine Abweichung der tatsächlichen Leistung von der geschuldeten Leistung dar. Mit der Beschreibung des Hafens sichert die Beklagte keinen besonderen Liegeplatz zu. Maßgeblich sind vielmehr der Ort des Hafens sowie die nähere bzw. weitere Umgebung hiervon. Die im Zusammenhang mit dem Liegeplatz vorhandenen Geräuschbeeinträchtigungen, die gegebenenfalls subjektiv auch als Belästigungen empfunden werden können, sind hinzunehmen. Unabhängig davon, dass die Beklagte hierauf zu keinem Zeitpunkt einen Einfluss hat, ist auch nicht ausgeschlossen, dass in einem Passagierhafen Umgebungsgeräusche, z.B. durch eine unmittelbar am Hafen entlanglaufende vielbefahrene Straße o.ä. vorhanden sein können. Einen vertraglichen Anspruch auf einen ruhigen Liegeplatz bzw. auf eine ruhige Liegeplatzumgebung hatten die Kläger nicht.
23. Nicht erörtert wurde, ob die Beklagte verpflichtet ist, auf eventuelle Geräuschbeeinträchtigungen in den Häfen hinzuweisen. Dies war nicht nötig, weil eine solche Hinweispflicht nicht bestand bzw. besteht. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, dem Reisenden generell die für die Reise wesentlichen Informationen zu erteilen, deren Kenntnis für die Reisedurchführung von wesentlicher Bedeutung ist, soweit sie nicht aus dem Prospekt oder übergebenen Papieren ersichtlich sind (vgl. Führich Reiserecht 6. Aufl. Rn. 140). Hierzu gehört nicht, dass das Schiff eventuell in einem Containerhafen festmacht bzw. im Hafen Lärm und Geräusche vorhanden sein können. Letzteres ist im übrigen nicht ungewöhnlich, sondern zu erwarten. Der Liegeplatz gehört nicht zu einer wesentlichen Reiseleistung.
24. Auch im Zusammenhang mit dem „Body & Soul“ Leistungsangebot der Beklagten lassen sich die Voraussetzungen eines Minderungsanspruches nicht feststellen.
25. Die Kläger tragen – worauf die Beklagte bereits mit der Klageerwiderung hinwies – lediglich pauschal vor, dass Leistungen, die angeblich kostenlos geschuldet gewesen seien, nur gegen Entgelt angeboten worden wären. Aufgrund dieses Sachvortrages ist das Gericht nicht in der Lage, auch nur hinsichtlich einer einzelnen Leistung festzustellen, dass diese entgegen eines kostenlosen Angebotes als kostenpflichtiges Angebot zur Verfügung gestanden habe. Bereits mit der Reisebestätigung wurde darauf hingewiesen, dass nicht alle Leistungen kostenlos bzw. inklusive sind. Die Beklagte weist substantiiert darauf hin, dass alle Leistungen im Katalog genauer beschrieben sind. Es wäre den Klägern ein Leichtes gewesen, konkret vorzutragen, welche der als kostenlos angebotenen Leistungen als solche nicht bzw. nur gegen Entgelt zur Verfügung gestanden hätten, wenn es derartige Leistungsänderungen gegeben hätte.
26. Mangels berechtigter Hauptforderungen besteht auch kein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen.
27. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
28. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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