Durchfallerkrankung durch Fäkalien im Meer

LG Köln: Durchfallerkrankung durch Fäkalien im Meer

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Reise mit Hotelaufenthalt gebucht. Wegen einer anhaltenden Durchfallerkrankung verlangt er Erstattung des Reisepreises.

Das Landgericht wies die Klage ab. Es sei nicht erkennbar, dass eine Pflichtverletzung der Beklagten vorliege, die einen Minderungsgrund darstellt.

LG Köln 22 O 204/15 (Aktenzeichen)
LG Köln: LG Köln, Urt. vom 03.11.2015
Rechtsweg: LG Köln, Urt. v. 03.11.2015, Az: 22 O 204/15
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Landgericht Köln

1. Urteil vom 03. November 2015

Aktenzeichen 22 O 204/15

Leitsatz:

2. Ein Reiseveranstalter ist nicht grundsätzlich für den Zustand des Meeres, insbesondere für auftretende Verunreinigungen, verantwortlich.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten für sich, seine Frau und seine drei Kinder eine Reise mit Hotelaufenthalt in der Türkei gebucht. Wegen einer anhaltenden Durchfallerkrankung aller Familienmitglieder verlangt er Erstattung des Reisepreises. Die Durchfallerkrankung sei auf einen Unfall im örtlichen Klärwerk zurückzuführen, bei dem ungereinigte Abwasser ins Meer geleitet wurden.

Das Landgericht wies die Klage ab. Es sei nicht erkennbar, dass eine Pflichtverletzung der Beklagten vorliege, die einen Minderungsgrund darstellt. Insbesondere sei eine Ansteckungsgefahr auf Grund von Fäkalbakterien im Meer allgemeines Lebensrisiko. Die Beklagte habe ausreichend informiert, ein Verstoß gegen Hygienevorschriften vonseiten der Beklagten sei nicht erkennbar.

Tenor

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen die gegen ihn wegen der Kosten gerichtet Vollstreckung gesichert Leistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

5. Der Kläger macht Ansprüche gegen die Beklagte wegen Mängeln eines Pauschalreisevertrages gelten. Der Kläger buchte gemäß Buchungsbestätigung vom 26.6.2014 für sich und seine Familienmitglieder, d. h. seine Ehefrau, seine beiden Söhne (12 und 9 Jahre alt) und seine Tochter (5 Jahre), über die Beklagte eine Reise in das Hotel Y Resort & Spa in Side-F in der Türkei für den Zeitraum vom 02.08.2014 bis 15.08.2014. Der Gesamtpreis der vom Kläger gebuchten Reise wurde in der Rechnung mit 6.229,00 EUR ausgewiesen, worin Gebühren für eine Umbuchung i.H.v. 150 EUR enthalten waren.

6. Der Kläger trat die Reise mit seiner Familie am 2.8.2014 an. Am 14.8.2014 machte er eine Meldung bei der Reiseleiterin. Darin heißt es: „Gäste Meldung: Die ganze Familie mit Abständen hatten seit dem 04.08. alle 2 Tage Durchfall und Spucken. Gäste waren nicht beim Arzt. Sie haben selbst mitgebrachte Medikamente benutzt. Hotelleitung wurde informiert.“

7. Spätestens ab dem 15./16.8.2014 traten in der Region Geruchsimmissionen auf, die je nach Windrichtung bis zum Strandbereich vernommen werden konnten. Spätestens am 19.08.2014 wurde bekannt, dass einen Vorfall in der örtlichen Kläranlage gegeben hatte, der sich bereits Tage zuvor ereignet hatte. Dabei war es zu einer Störung der Pumpenanlage gekommen, die das Abwasser über einen Fluss in das Meer ableitete.

8. Nach Urlaubsrückkehr wurde bei dem jüngeren Sohn des Klägers aufgrund einer am 16.08.2015 erfolgten Untersuchung eine Norovirus- Erkrankung festgestellt. Der Kläger machte mit anwaltlichem Telefax- Schreiben vom 11.9.2014 Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend. Diese wurden von der Beklagten mit Schreiben vom 9.10.2014 zurückgewiesen.

9. Mit seiner Klage begehrt der Kläger Reisepreisminderung für 12 Tage i.H.v. 100 % des Tagespreises. Ausgehend von dem Betrag von 6.229,00 EUR errechnet er einen Tagesgesamtpreis von 445,00 EUR

10. Der Kläger behauptet, bereits am zweiten Tag nach der Ankunft in dem gebuchten Hotel seien erste Beschwerden aufgetreten. Nachdem die Familie am ersten Tag nach der Ankunft sowohl im Meer als auch im Pool baden gewesen sei, seien in der gesamten Familie starke Durchfälle und starke Bauchkrämpfe mit nachfolgendem Erbrechen aufgetreten. Weder eine Umstellung auf Schonkost noch eingesetzte Medikamente hätten Erfolg gebracht. Zwar sei die Übelkeit kurzfristig besser geworden. Der starke Durchfall habe allerdings angehalten ebenso die Bauchkrämpfe. Diese Beschwerden seien während des gesamten Urlaubs nicht besser geworden. Der Durchfall sei insbesondere bei den zwölfjährigen Sohn zeitweise derart massiv gewesen dass dieser kaum aus dem Bett habe aufstehen können, auch die weitere Familie habe immer wieder an verstärkten Durchfällen gelitten. Der neunjährige Sohn habe zudem hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen bekommen. Der zwölfjährige Sohn habe zeitweise mehrere Stunden in der Nacht auf der Toilette verbringen müssen wegen Durchfall und immer wieder starkem Erbrechen. Die gesamte Familie habe die Tage auf dem Zimmer verbracht, statt den Urlaub, das Hotel und die Umgebung genießen zu können.

11. Der Kläger behauptet weiter, er habe durch andere Hotelgäste erfahren, dass es diesen ebenso ergangen sei, insbesondere in der zweiten Hälfte des Aufenthaltes sei das Hotel fast wie ausgestorben gewesen, sowohl am Pool als auch am Strand seien die Liegen leer gewesen weil die Gäste die Zeit auf dem Zimmer verbracht hätten. Mit den von ihm benannten Zeugen seien bereits 18 Personen erkrankt seien. Diese hätten sämtlich wahrnehmen können, dass eine extrem hohe Anzahl an Gästen erkrankt sei. Er und seine Familie hätten zudem beobachtet, dass sich insbesondere Kinder im Hotel übergeben hätten. Zudem seien im Hotel plötzlich dreimal täglich Bananen sowie Zwieback aufgetischt worden, was in den ersten Urlaubstagen nicht der Fall gewesen sei. Er habe beobachten können, dass sich täglich weitere Hotelgäste sich bei der Gästebetreuung oder Rezeption mit den gleichen Krankheitssymptomen gemeldet hätten, es seien aber weder Desinfektionsmittel bereitgestellt oder Ähnliches noch seien neu ankommende Gäste informiert worden.

12. Am 17.8.2014 habe er aus dem Fernsehen (RTL Aktuell) erfahren dass es einen Ausfall einer Abwasserpumpe in Side-F gegeben habe. Hierdurch sei das Abwasser ca. 10 Tage lang nicht wie üblich kilometerweit ins Meer gepumpt worden sondern in den Fluss gelaufen. Bereits im Jahr 2005 und 2011 sei es zu Zwischenfällen mit Abwasser gekommen.

13. Der Kläger behauptet, Geruchsimmissionen, welche zu Nachforschungen Anlass hätten geben müssen, seien, bereits während des Aufenthalts der Familie St. im Zeitraum vom 11.7.2014 bis 21.7.2014 aufgetreten. So sei der Fluss neben der Hotelanlage verschmutzt gewesen und habe nach Fäkalien gestunken, auch seien Fäkalien von diesen Gästen in unmittelbarer Strandnähe im Meerwasser gefunden worden. Auch habe es in dem kleinen Amphitheater des Hotels am Fluss bereits deutlich vor dem 15.8.2014 so nach Fäkalien gestunken, dass man dort habe kaum sitzen können. Auch hätten Gäste bereits Ende Juli bis Anfang August 2014 wahrgenommen, dass das Meer völlig anders ausgesehen habe als im Jahr 2013.

14. Der Kläger ist der Ansicht, die Reiseleistung der Beklagten sei mangelhaft. Dieser habe ihre Verkehrssicherungs- und Informationspflicht nicht erfüllt. Die Reiseleitung hätte aufgrund der Meldung von gesundheitlichen Beschwerden die gesundheitsgefährdende Problematik wahrnehmen müssen und aufgrund der Erfahrungen mit den Abwässern aus der Zeit davor wissen müssen, dass die Beschwerden wiederum aus einer solchen Abwasserproblematik resultierten. Sie hätten umgehend reagieren müssen und die Urlaubsgäste darüber informieren, dass das Baden im Meer eingestellt werden müsse. Dies habe die Beklagte nicht getan.

15. Der Kläger beantragt,

16. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.340,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.9.2014 zu zahlen.

17. Die Beklagte beantragt,

18. die Klage abzuweisen.

19. Die Beklagte behauptet, in der Urlaubsregion habe es zwischen dem 29.7. und 03.8.2014 und ab dem 11.08.2015 zwar eine leicht erhöhte Anzahl von Magen-Darmerkrankungen gegeben, die Krankheitsrate sei allerdings keinem Zeitpunkt dramatisch gewesen. Ab dem 15.8.2014 seien in der Region sporadisch Geruchsimmissionen aufgetreten, welche die in der Region befindlichen Reiseveranstalter zu Recherchen veranlasst habe. Man habe vermutet, dass der Geruch der örtlichen Kläranlage zuzuschreiben sei. Am 19.8.2014 habe sich dann herausgestellt, dass es Tage zuvor einen Vorfall in der örtlichen Kläranlage gegeben habe, was bis dahin durch den Betreiber der Kläranlage (ASAT) geheim gehalten worden sei. Der türkische Reisebüroverband (TürSAB) habe am 21.8.2014 schriftlich mitgeteilt, dass am 12.8.2014 in der Kläranlage eine Störung aufgetreten sei. Die Beklagte und weitere Reiseveranstalter hätten noch am 19.8.2014 einen Aushang angebracht, aufgrund dessen den Gästen abgeraten worden sei, im Meer zu baden unter Hinweis darauf, dass zunächst das Ergebnis der neutralen Meerwasserproben abgewartet werden solle. Es habe sich dann allerdings herausgestellt, dass sämtliche Ergebnisse der analysierten Meerwasserproben, insbesondere auch einer Probe vom 19.08.2015 im Normalbereich gelegen hätten. Hierüber verhalte sich ein weiterer Aushang unter dem 20.8.2014. Es seien dann täglich weiter Proben entnommen worden, ohne Ergebnis. Es sei auch nicht zutreffend, dass der bei dem Hotel befindliche Fluss, der aufgrund der Hitze einen extrem niedrigen Wasserstand aufgewiesen habe und daher per se modrig gerochen habe und braun gefärbt gewesen sei, mit Fäkalien kontaminiert gewesen sei. In den Fluss seien zu keinem Zeitpunkt Fäkalien bzw. ungeklärte Abwässer abgleitet worden auch bei dem Störfall seien nur geklärte Abwässer hierhin umgeleitet worden. Laut Erhebungen der Beklagten seien am 18.08.2014 insgesamt 38 Gäste von insgesamt 691 Gästen mithin ca 5 % erkrankt gewesen. Bereits im Zeitraum vom 13.05.2014 bis zum 5.08.214 seien durch die unabhängige Stiftung für Umwelterziehung, Türkei, in regelmäßigen Abständen Wasserproben des streitgegenständlichen Strandes entnommen worden. Dieser habe aufgrund durchgehend guter Werte das Gütesiegel Blaue Flagge erhalten. Die Wasserproben vom 13.08.2014 seien unbedenklich gewesen, ebenso die ab dem 19.08.2014 mehrmals täglich genommenen Wasserproben. Das Hotel habe wie üblich bei Magen- Darm- Erkrankungen- verstärkt Desinfektionsmittel aufgestellt und das Putzpersonal angewiesen, die Räume gründlich zu desinfizieren. Auch habe es grundsätzlich ein Angebot von Obst und Zwieback gegeben. Die Beklagte behauptet, dass eine angebliche Kontaminierung des Meerwassers nicht ursächlich gewesen sein könne für die bei einzelnen Gästen aufgetretenen Erkrankungen. Vielmehr spreche alles für eine gewöhnliche Erkrankung aufgrund eines in der Region grassierenden Norovirus.

20. Die Beklagte ist der Auffassung hier habe sich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht. Ein Zusammenhang mit einer mangelhaften Leistung des Leistungsträgers der Beklagten oder gar der Beklagten selbst bestehen nicht. Bei der Berechnung einer Minderung sei nur der Reisepreis abzüglich der Kosten für die Umbuchung anzusetzen.

21. Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

22. Die Klage ist nicht begründet.

23. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Reisepreisminderung gemäß den §§ 638 Abs. 3 und 4, 651 d Abs. 2, 651 c Abs. 1 BGB.

24. Zwar ist ein Reisevertrag im Sinne des § 651a Abs. 1 BGB zwischen den Parteien zustandegekommen. Jedoch steht nicht fest, dass die Reise durch einen Fehler der Reise im Sinne des § 651 c Abs. 1 BGB in ihrer Tauglichkeit gemindert war.

25. Ein Fehler der Reise liegt nur dann vor, wenn die Leistung ganz oder teilweise nicht in der gebotenen Art und Weise erbracht worden wäre, der Fehler muss aus dem Verantwortungsbereich des Veranstalters stammen und darf nicht zum allgemeinen Lebensrisiko gehören (Palandt- Sprau, BGB, 74.Aufl.§ 651c).

26. Der Kläger beruft sich hier darauf, dass der Wert der Reise an 12 Tagen zu 100 % dadurch gemindert gewesen, dass die ganze Familie an einer schweren Magen-Darm-Erkrankung gelitten habe. Selbst wenn man die vom Kläger behauptete Erkrankung und die hierzu dargestellten Beeinträchtigungen der Gesundheit ab dem zweiten Tag des Urlaubs bis zum Ende als wahr unterstellt, so ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers noch nicht hinreichend, dass diese Erkrankung auf eine mangelnde Reiseleistung der Beklagten oder auf eine Verletzung einer Informationspflicht der Beklagten zurückgeführt werden kann.

27. In der Verantwortung des Veranstalters liegen zunächst Erkrankungen aufgrund hygienischer Mängel in der Verpflegung und Unterbringung. Diese muss der Reisende allerdings konkret darlegen. Dass mangelhaftes Essen in der Hotelanlage gereicht wurde, trägt der Kläger gerade nicht vor, insbesondere wurde für die Erkrankten auch Zwieback und Bananen dargeboten. Auch den Vorwurf, dass ungenügende Hygiene bei der Reinigung der Zimmer, Toiletten oder sonstigen Anlage des Hotels herrschte, trägt der Kläger nicht im Einzelnen vor. Dass eine Bereitstellung von zusätzlichen Desinfektionsmitteln oder besondere Informationen durch die Hotelleitung allein wegen der Durchfallerkrankung anderer Gäste in der Anlage geboten wären, erschließt sich nicht. Denn Durchfallerkrankungen gehören erfahrungsgemäß gerade in den südlichen Ländern im Sommer zu den üblichen Erkrankungen, mit denen jeder Gast rechnen und sich daher selbst vor Ansteckung schützen muss.

28. Soweit der Kläger behauptet, die Erkrankung seiner Familie sei darauf zurückführen, dass er mit seiner Familie bereits am zweiten Tag der Reise im Meer gebadet habe und dieses durch Fäkalien verseucht gewesen sei, so kann er dies der Beklagten im hier vorliegenden konkreten Fall nicht zur Last legen. Der Reiseveranstalter hat grundsätzlich keinen Einfluss auf den Zustand des Meeres und hat auch keine Garantie für eine bestimmte Beschaffenheit des Meeres übernommen. Ebenso wie eine Ansteckung durch Kontakt mit Mitreisenden liegt auch eine Ansteckung durch im Meer schwimmende Fäkalbakterien grundsätzlich im allgemeinen Lebensrisiko des Urlaubers.

29. Der Kläger kann sich im konkreten Fall auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte eine Informations- und Warnpflicht hinsichtlich des Badens im Meer gegenüber ihm und seiner Familie verletzt hätte.

30. Zwar legt man dem Reiseveranstalter unter Fürsorgegesichtspunkten auch eine gewisse Umweltbeobachtungspflicht auf, die zu Informationspflichten führen kann, jedoch darf dies nicht überspannt werden. Es handelt sich bei der Stadt Side-F immerhin um einen bekannten Badeort in der Türkei, der von vielen Reiseveranstaltern genutzt wird. Die Beklagte durfte sich daher grundsätzlich darauf verlassen, dass von türkischer Seite die Wasserqualität ausreichend beobachtet und überprüft werde. Dass die Beklagte allein wegen Abwasserproblemen in den Jahren 2005 und 2011 das Meerwasser in Eigenregie ohne konkreten Anlass ständig engmaschig beobachten und kontrollieren musste, ergibt sich nicht.

31. Die Beklagte behauptet, dass sie erst am 15./16.08.2015, also mit der Abreise des Klägers, konkrete Hinweise auf neuerliche Abwasserproblemen erlangt habe. Dies kann der Kläger nicht widerlegen, auch Anhaltspunkte, dass die Beklagte Anlass zu früherem Tätigwerden hatte, ergeben sich nicht. Auch aus den von dem Beklagten vorgelegten RTL- Materialien folgt nicht, dass die Beklagte bereits im Zeitpunkt der Erkrankung der Klägerfamilie, die nach eigenen Angaben bereits nach dem Baden im Meer am 03.8.2014 erkrankte, Kenntnis von einer Meerwasserverschmutzung haben musste und diese hätte warnen können. Selbst wenn man die Behauptung des Klägers unterstellt, dass die Gäste S.e bereits vor der Ankunft des Klägers Fäkalien im Meer wahrgenommen hätten, so folgt aus diesem Vortrag nicht, dass es sich um mehr als einen Einzelfall handelte und die Familie S.e überhaupt dem Hotel oder dem Reiseveranstalter hiervon Mitteilung gemacht hat. Dass der vom Kläger behauptete üble Geruch im Amphitheater am Fluss Veranlassung gegeben hätte, schon vor oder spätestens zu Beginn der Urlaubszeit des Klägers wegen einer Abwasserproblematik nachzuforschen, steht gleichfalls nicht fest. Die Beklagte hat insoweit nachvollziehbar dargelegt, dass es bei dem Fluss schon aufgrund der großen Hitze und der Trockenheit auch zu Geruchsbildung kommen konnte. Auch die behauptete andere Farbe des Meeres gegenüber dem Vorjahr kann vielerlei Ursachen (z.B. Algenbildung) haben, ein Zusammenhang mit einer Verschmutzung des Meeres durch Abwasser wird vom Kläger nicht hinreichend dargelegt. Dass die Beklagte zu diesem frühen Zeitpunkt vor dem Meer warnen musste, ergibt sich auch nicht im Hinblick auf eine von der Beklagten selbst vorgetragene leicht erhöhten Zahl von Magen- Darm- Erkrankungen in der Urlaubsregion in der Zeit zwischen dem 29.7. und 3.8.2014, denn auch eine Krankheitswelle dieser Art ist wegen der hohen Temperaturen zu dieser Jahreszeit nichts, was unmittelbar auf ein Problem mit Abwasser und einer Verseuchung des Meerwassers schließen lässt. Hier kommen vielfältige Ursachen in Betracht, nicht zuletzt auch eine Ansteckung der Gäste untereinander, die gerade innerhalb einer Familie durch den besonders engen Kontakt auftreten kann. Allein die Behauptung, dass noch andere Reisende erkrankt waren, genügt nicht um eine mangelhafte Reiseleistung bei Durchfallerkrankungen darzulegen und zu beweisen. Ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Ursache für eine Erkrankung, unabhängig von ihrer nichtaufklärbaren genauen Natur, im Hotel und damit im Gewährleistungsbereich des Reiseveranstalters zu finden ist, besteht nur dann, wenn eine signifikant hohe Anzahl von Hotelgästen gleichzeitig an gleichartigen Symptomen erkrankt. Eine solche signifikant hohe Anzahl von gleichsam Erkrankten ist jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn noch nicht einmal deutlich mehr als 10 % der Gäste erkrankt sind (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 23.12.2005, 22 S 399/04, juris Rn. 6). Die Beklagte hat eine derartige Zahl von Erkrankten bestritten, insbesondere behauptet, dass nach ihrer Kenntnis am 18.08.2014 lediglich 38 (= 5 %) von 691 Gästen des Hotels erkrankt gewesen seien. Auch wenn der Kläger schriftsätzlich vorgetragen hat, dass eine „extrem hohe Zahl an Gästen“ erkrankt gewesen sei, so ist diese Darstellung nicht hinreichend substantiiert, um eine Prozentzahl von mehr als 10 % gleichartigen Erkrankungen bei den Gästen zu ergeben. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung auf Befragen erklärt, dass er selbst 20 erkrankte Personen gekannt habe. Dies würde selbst unter Addition der 5 Familienmitglieder des Klägers nicht ausreichen, um 10 % zu übersteigen, wenn man die von der Beklagten- unwidersprochen- vorgetragene Gesamtgästezahl von 691 Gästen zugrundelegt, zumal nicht ersichtlich ist, dass diese Erkrankungen gleichzeitig auftragen. Die klägerische Behauptung, dass die Anlage insbesondere in der zweiten Hälfte seiner Urlaubszeit wie ausgestorben wirkte und die Liegen am Strand leer blieben, lässt einen Rückschluss auf eine bestimmte Anzahl von gleichartig Erkrankten nicht zu, zumal dies ja auch noch andere Ursachen (z.B. Tagesausflüge) haben kann. Die Vernehmung der angebotenen Zeugen war insoweit nicht geboten.

32. Ob der Anblick der anderen erkrankten Gäste und der üble Geruch bei den Vorführungen in der Arena einen Fehler der Reise im Sinne des § 651 c BGB begründen könnte, braucht hier nicht erörtert zu werden, da der Kläger sein Minderungsbegehren hierauf nicht stützt.

33. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf den Schriftsatz der Beklagtenseite vom 13.10.15 war nicht geboten.

34. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

35. Streitwert: 5.340,00 Euro.

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