Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten

AG Rüsselsheim: Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten

Ein Fluggast buchte bei einer Airline einen Linienflug. Weil dieser sich um 4 Stunden verspätete, verlangt er von dem Unternehmen eine Ausgleichszahlung. Das Unternehmen verweigert die Zahlung. Im Falle einer Zahlung müsse der Anspruch zumindest um die Anwaltskosten verkürzt werden.

Das Amtsgericht Rüsselsheim hat dem Kläger Recht zugesprochen. Wegen der mehr als 3-stündigen Verspätung stehe dem Reisenden eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Verordnung 261/2004 zu. Die außergerichtlichen Anwaltskosten seien hierrauf zudem nicht anrechenbar.

AG Rüsselsheim 3 C 320/10 (Aktenzeichen)
AG Rüsselsheim: AG Rüsselsheim, Urt. vom 24.06.2010
Rechtsweg: AG Rüsselsheim, Urt. v. 24.06.2010, Az: 3 C 320/10
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Amtsgericht Rüsselsheim

1. Urteil vom 24. Juni 2010

Aktenzeichen: 3 C 320/10 (32)

Leitsatz:

2. Steht einem Fluggast ein Ausgleichsleistunganspruch nach Art. 7 EGV 261/2004 zu, unterliegt ein Schadenersatzanspruch wegen außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden nicht der Anrechnung nach Art. 12 EGV 261/2004.

Zusammenfassung:

3. Ein Reisender buchte bei einer Luftfahrtgesellschaft einen Linienflug. Weil sich dieser Flug um rund 4 Stunden verspätete verlangt der Fluggast nun eine Ausgleichszahlung im Sinne von Art. 7 der Fluggastrechte Verordnung.
Die Fluggesellschaft weigert sich jedoch der Zahlung. Sie bestreitet ein Verschulden ihrerseits und zweifelt am Bestehen des geltendgemachten Anspruchs.
Zumindest aber besteht sie darauf, dass die Summe, im Falle einer Zahlung, um den hierüber hinaus geltend gemachten Verzugs-Schadensersatzanspruchs des Klägers gekürzt wird.

Das Amtsgericht Rüsselsheim hat dem Kläger Recht zugesprochen. Nach Art. 7 der Fluggastrechte Verordnung sind Flugreisende bei einer Abflugverzögerung von mehr als 3 Stunden durch eine Ausgleichszahlung zu entschädigen.
Da die Airline diese Schwelle durch ihre 4-stündige Verspätung übertreten hatte, stehe dem Kläger der Anspruch zu.

Eine Anrechnung des Schadensersatzanspruchs im Sinne von Art. 12 der Fluggastrechte Verordnung finde darüberhinaus nicht statt, da es sich hierbei um einen Verzugsschaden handele, der nicht unmittelbar auf die Flugverspätung zurückzuführen sei.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger jeweils 600,-​– Euro zzgl. 5 Prozent Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04.02.2010 sowie außergerichtliche Nebenkosten in Höhe von 155,29 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.02.2010 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Von der Ausführung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6. Soweit die Beklagte die Klageforderung anerkannt hat, bedarf es gemäß § 313 b Abs. 1 ZPO keiner Begründung.

7. Über die anerkannte Hauptforderung nebst Zinsen hinaus steht den Klägerin auch gemäß den §§ 280, 286 BGB i. V. m. den Vorschriften des RVG eine Forderung für außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 155,29 Euro gegen die Beklagte zu.

8. Nach Ablehnung der von den Klägern selbst gestellten Forderung befand sich die Beklagte auch in Verzug, sodass die Einschaltung eines Rechtsanwaltes und dessen erneute schriftliche Aufforderung auch Sachgerecht war.

9. Die Beklagte kann auch nicht Anrechnung gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 geltend machen, da es sich bei den Rechtsanwaltskosten nicht um weitere Schadensersatzansprüche des Fluggastes anlässlich der Beförderung handelt, sondern lediglich um einen Verzugsschaden wegen der Nichtzahlung einer Geldforderung.

10. Der Zinsanspruch ist gemäß den §§ 286, 288 Abs. 1 BGB begründet.

11. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

12. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 1, 713 ZPO.

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