Abweichende Landung als in der Buchung vorgesehen

AG Köln: Abweichende Landung als in der Buchung vorgesehen

Die Klägerin hatte für sich und ihre Familie bei der Beklagten eine Reise in die Türkei mit Hin- und Rückflug gebucht. Der Rückflug verzögerte sich und führte nicht zum ursprünglichen Zielflughafen in Deutschland, sondern nach Köln. Daher buchte die Klägerin einen Flug von Köln zum Zielflughafen. Diesen will sie als Selbstabhilfe erstattet bekommen.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin hatte den Reiseveranstalter nicht über den mitgeteilten Reiseleiter von dem Mangel informiert. Außerdem verlangte die Klägerin die Erstattung erst nach Ablauf der Einmonatsfrist nach Reiseende. Schließlich wäre der Flug ohnehin nicht als erforderlich einzustufen gewesen.

AG Köln 142 C 393/15 (Aktenzeichen)
AG Köln: AG Köln, Urt. vom 14.03.2016
Rechtsweg: AG Köln, Urt. v. 14.03.2016, Az: 142 C 393/15
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Amtsgericht Köln

1. Urteil vom 14. März 2016

Aktenzeichen 142 C 393/15

Leitsatz:

2. Das Risiko, nicht rechtzeitig zur Berufsausübung zu erscheinen, weil sich eine Reise verzögert, begründet nicht die Erforderlichkeit einer Selbstabhilfe, wenn der Reisende eine Verzögerung von vornherein nicht eingeplant hatte.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin hatte für sich und ihre Familie bei der Beklagten eine Reise in die Türkei mit Hin- und Rückflug gebucht. Der Rückflug verzögerte sich und führte nicht zum ursprünglichen Zielflughafen in Deutschland, sondern nach Köln. Daher buchte die Klägerin einen Flug von Köln zum Zielflughafen, statt den Bustransfer zu nutzen. Dies teilte sie dem Reiseleiter, dessen Telefonnummer sie hatte, nicht mit. Die Kosten für den Flug von Köln will sie als Selbstabhilfe erstattet bekommen.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin hatte den Reiseveranstalter nicht über den Reiseleiter von dem Mangel informiert. Schon dies schließe die Ersatzpflicht aus. Außerdem verlangte die Klägerin die Erstattung auch erst nach Ablauf der Einmonatsfrist nach Reiseende. Anders als die Klägerin behauptet hatte, war sie über diese Anzeigepflicht und -frist auch hinreichend in den AGB, die ihr vor Vertragsschluss vollständig zugeleitet wurden, informiert worden. Schließlich wäre der Flug ohnehin nicht als erforderlich einzustufen gewesen.

Die Kosten für den Flug ständen nicht im Verhältnis zum Gesamtpreis der Reise. Auch dass die Klägerin und ihr Ehemann als Zahnärzte am nächsten Tag Patienten behandeln mussten, ändere daran nichts, da der Zeitplan der Klägerin überhaupt keine Verspätung zugelassen hätte. Dieses unvernünftige Risiko könne nicht auf den Reiseveranstalter abgewälzt werden.

Tenor

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteiles vollstreckbaren Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages geleistet hat.

Tatbestand

5. Die Klägerin nimmt die Beklagte, eine Reiseveranstalterin, auf Aufwendungsersatz in Anspruch.

6. Die Klägerin buchte bei der Beklagten für sich, ihren Ehemann und zwei Kinder eine Reise nach B. / Türkei in das Hotel N. in der Zeit vom 01.10.2014 bis 07.10.2014. Dem Vertrag lagen die AGB der Beklagten zugrunde, deren Erhalt die Klägerin mit ihrer Unterschrift bestätigte. Wegen der Einzelheiten der AGB wird auf Bl. 17 ff d.A. Bezug genommen. Der Klägerin wurden telefonische Kontaktdaten der Reiseleitung der Beklagten vor Ort und der Beklagten ausgehändigt. Der Reisepreis belief sich auf 4.874,00 Euro. Der Hinflug und Rückflug sollte durch die Fluggesellschaft D. von G. nach B. erfolgen. Der für 20:05 Uhr geplante Rückflug wurde auf 22:40 Uhr verschoben. Er landete abweichend in Köln statt G. Sie buchten angesichts der Verschiebung des Rückfluges einen Ersatzflug bei der Fluggesellschaft H. für 1.235,00 Euro. Die Klägerin machte mit anwaltlichem Schreiben vom 18.03.2015 Ansprüche bei der Beklagten geltend.

7. Die Klägerin behauptet, dass der D. Flug erst um 23:54 Uhr auf der Runway gestanden habe. Die Gäste des gebuchten Fluges seien erst um 5:25 Uhr am nächsten Tag in G. gewesen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie zur Selbstabhilfe berechtigt gewesen sei. Sowohl die Klägerin als auch ihr Ehemann seien Zahnärzte und hätten am 08.10.2014 Patienten zur Behandlung einbestellt. Einer Fristsetzung nach § 651 c Abs. 3 BGB habe es nicht bedurft; auch habe sie die Monatsfrist zur Geltendmachung von Ansprüchen nach § 651 g BGB nicht einhalten müssen, da die Beklagte insoweit ihre Informationspflichten nach § 6 Abs. 2 Nr. 7 und 8 BGB Info-VO nicht eingehalten habe.

8. Die Klägerin beantragt,

9. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.235,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.04.2015 zu bezahlen.

10. Die Beklagte beantragt,

11. die Klage abzuweisen.

12. Sie behauptet, dass die Klägerin bei Antritt des gebuchten Fluges Köln um 1:45 Uhr erreicht hätte.

13. Es wird weiter auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

14. Die Klage ist unbegründet.

15. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Ersatz ihrer für einen Ersatzflug getätigten Aufwendungen in Höhe von 1.235,00 Euro gemäss § 651 c Abs. 3 BGB zu.

I.

16. Ansprüche der Klägerin nach § 651 c Abs. 3 BGB sind bereits dem Grunde nach ausgeschlossen, da die Klägerin weder den Mangel der Verspätung des Rückfluges bei der Beklagten oder deren Reiseleitung gemäss § 651 d Abs. 2 BGB anzeigte und auch keine Frist nach § 651 c Abs. 3 BGB setzte und weiter auch ihre Ansprüche erst unter dem 18.03.2015 bei der Beklagten anmeldete und damit ausserhalb der Anmeldefrist von einem Monat nach § 651 g BGB, die ab dem vertraglich vereinbarten Reiseende, dem 07.10.2014 lief. Dabei kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass sie in Hinblick auf die Versäumung der Anzeige- und Fristsetzungspflicht sowie der Anmeldefrist entschuldigt sei, da sie auf die Existenz dieser Pflichten entgegen § 6 BGB Info VO nicht hingewiesen worden sei; denn die von der Klägerin zu beachtenden Pflichten sind Teil der AGB, die ihr mit der Reiseanmeldung übermittelt wurden.

17. Die Anzeigepflicht des § 651 d Abs. 1 BGB soll dem Reiseveranstalter Gelegenheit geben, die behaupteten Mängel zu prüfen und sie ggfs. noch vor Ort abzustellen. Einer Selbstabhilfe durch den Reisenden im Falle der Nichtabhilfe durch den Veranstalter soll nach § 651 c Abs. 3 BGB die den Veranstalter warnende Fristsetzung vorangehen und zuletzt dient die Anmeldefrist des § 651 g BGB der raschen Klärung der Berechtigung von Ansprüchen unter Berücksichtigung des Umstandes, dass mit weiterem Zeitablauf die Aufklärung immer schwieriger wird. Die Verletzung dieser Pflichten durch den Reisenden führt zum Ausschluss seiner Ansprüche. Aufgrund dieser rechtlichen Tragweite dieser Pflichten muss der Reisende nach § 6 Abs. 2 Nr. 7, 8 BGB Info-VO, der die EU Richtlinie 90/134 zugrundeliegt, auf diese Pflichten in der Reisebestätigung hingewiesen werden und führt das Fehlen der Hinweise dazu, dass eine Verletzung der Pflichten seitens des Reisenden entschuldigt ist (BGH NJW 2009, 1486 ff, NJW 2007, 2549 ff.). Dabei ist das Gericht der Ansicht, dass auch die Pflicht zur Setzung einer Frist vor der Selbstabhilfe hinweispflichtig ist, obwohl diese in § 6 Abs. 2 Nr. 7 BGB Info-VO nicht erwähnt wird; dort wird nur das Fristsetzungserfordernis bei der Kündigung nach § 651 e BGB genannt. Indes ist die Selbstabhilfe letztlich ein Unterfall der Kündigung, da in ihr die „Teilkündigung“ einer mangelhaften Reiseleistung gesehen werden kann. Der Veranstalter kann die Hinweise neben einer ausdrücklichen Erwähnung in der Reisebestätigung selbst auch dadurch erteilen, dass er die Hinweise in Allgemeine Geschäftsbedingungen aufnimmt. Diese müssen dann aber nach § 6 Abs. 3 BGB Info VO vor Vertragsschluss vollständig übermittelt werden (BGH NJW 2009, aaO). Besondere gestalterische Anforderungen an die Deutlichkeit der Hinweise sieht die BGB Info VO nicht vor. Die zugrundeliegende Richtlinie spricht in Art. 5 Abs. 4 Satz davon, dass auf die Verpflichtung im Vertrag klar und deutlich hingewiesen werden muss. Die EU-Richtlinie enthält aber keine Vorgaben wie die Klarheit und Deutlichkeit hergestellt werden soll. Es ist daher nicht zwingend, dass die Deutlichkeit und Klarheit durch gestalterische Mittel wie etwa drucktechnisches Absetzen erfolgen muss, vielmehr hat jeder Mitgliedstaat einen von ihm gesetzgeberisch auszufüllenden Spielraum wie er diese Vorgabe umsetzt, ob nur durch besondere Anforderungen an die Übermittlung oder auch durch die Anordnung einer besonderen Gestaltung. Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vorgabe in der BGB Info VO durch die Anordnung besonderer Übermittlungsformen (Aushändigen, vollständig übermitteln, zur Verfügung stellen) erfüllt. Entweder müssen die Hinweise in der auszuhändigenden Bestätigung selbst erfolgen (Abs. 1, Abs. 2) oder sie müssen in AGB enthalten sein, die vor Vertragsschluss vollständig übermittelt sein müssen oder aber es bedarf eines eindeutigen Verweises in der Reisebestätigung auf eine Fundstelle in einem dem Reisenden zur Verfügung stehenden Prospekt. Das Gericht hat keine Zweifel, dass diese Umsetzung der Richtlinie auch in Hinblick auf das Erfordernis der Klarheit und Deutlichkeit europarechtskonform ist.

18. Dies zugrundelegend ist die Klägerin hier entsprechend den Vorgaben der BGB Info VO auf ihre Pflichten nach §§ 651 d, 651 g BGB hingewiesen worden. Ausweislich der vorgelegten Reiseanmeldung vom 09.09.2014 (Bl. 22 f d.A.) waren dem von der Klägerin auszufüllenden Angebot die AGB der Beklagten beigefügt (Bl. 23 unten). Dass die AGB vorlagen hat die Klägerin sodann am 10.09.2014 nach Ausfüllen des Angebotes durch die unter dem Hinweis stehende Unterschrift (Bl. 24 d.A.) bestätigt. Dass die AGB vollständig vorlagen, ist von der Klägerin nicht weiter bestritten worden. Die AGB (Bl. 17 ff d.A.) enthalten in der Eingangszeile den Hinweis, dass die AGB auch die Angaben nach der BGB Info VO enthalten. Die Pflicht zur Mängelanzeige befindet sich sodann in Ziffer 8.1, wo auch darauf hingewiesen wird, dass man Mängel unverzüglich bei dem örtlichen Vertreter der Beklagten anzeigen muss. Der örtliche Vertreter ist in der Reisebestätigung vom 17.09.2014 (Bl. 4) auch mit Telefonnummer genannt. Bei der eingetretenen Verspätung hätte daher eine telefonische Kontaktaufnahme erfolgen können, so dass ggfs. durch die Beklagte eine Abhilfe in Gestalt einer Umbuchung auf einen anderen Flug hätte erfolgen können. Dass dies unmöglich gewesen wäre ist weder ersichtlich noch dargetan. Die Pflicht zur Anspruchsanmeldung nach Reiseende ist sodann in Ziffer 11.1. geregelt und auch die Stelle – konkret der Sitz der Beklagten – angegeben, wo die Ansprüche anzumelden sind.

19. Aber selbst wenn man dieser Ansicht nicht folgen wollte, scheitert der Anspruch der Klägerin daran, dass die zur Behebung des eingetretenen Reisemangels gemäss § 651 c BGB in Gestalt der Verspätung des Rückfluges aufgewendeten Kosten für den Ersatzflug mit der Fluggesellschaft H. entgegen § 651 c Abs. 3 BGB nicht erforderlich waren.

20. Gemäss § 651 c Abs. 3 BGB ist der Reisende berechtigt, von dem Reiseveranstalter Ersatz der erforderlichen Aufwendungen zu verlangen, die ihm entstehen, wenn der Veranstalter trotz Fristsetzung angezeigten Mängeln nicht abhilft. Dabei ist umstritten, ob ein solcher Anspruch nur in Betracht kommen kann, wenn die Mängel eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 651 e BGB darstellen (sog. erweiterte Selbstabhilfe) oder ob die Übertragung der Wertung des § 651 e BGB auf § 651 c Abs. 3 BGB nicht zulässig ist (einfache Abhilfe; vgl. hierzu Führich, Reisevertragsrecht 7. Aufl., § 7 Rn 159). Für die zuletzt genannte Auffassung spricht vor allem, dass in § 651 c Abs. 3 BGB von einer erheblichen Beeinträchtigung nicht die Rede ist. Hätte der Gesetzgeber die Unterscheidung einfache oder erweiterte Abhilfe entsprechend der Erheblichkeit der Reisebeeinträchtigung vornehmen wollen, hätte es nahegelegen, die im § 651 e BGB vorhandene Begrifflichkeit zu übernehmen. Aber auch wenn man mit der h.M., der auch das Gericht folgt, annimmt, dass die Zulässigkeit einer Selbstabhilfe unabhängig von der Frage nach der Erheblichkeit einer Reisebeeinträchtigung zu beantworten ist, bedeutet dies noch nicht, dass der Reisende schon bei Auftreten von z.B. nur wenigen oder unbedeutenden Mängeln zur Selbstabhilfe schreiten darf. Es müssen vielmehr Mängel von einer solchen Art und einem solchem Umfang vorliegen, dass nur eine bestimmte Art der Abhilfe in Betracht kommt. Diese Einschränkung ergibt sich nicht nur daraus, dass der Veranstalter berechtigt ist, die geforderte Abhilfe zu verweigern, wenn der Aufwand unverhältnismässig ist (§ 651 c Abs. 2 BGB) sondern auch daraus, dass der Reisende auch nur Ersatz der erforderlichen Aufwendungen begehren kann (§ 651 c Abs. 3 Satz 1 BGB). Auch bei den Kosten ist der Selbstabhilfe ist auf Verhältnismässigkeit und Erforderlichkeit abzustellen. Erforderliche Aufwendungen sind die, die ein Durchschnittsreisender bei verständiger Würdigung in der konkreten Situation für angemessen erachten durfte. Dabei darf er auch höherwertige Leistungen in Anspruch nehmen, soweit diese in der konkreten Situation erforderlich waren, um eine von dem Veranstalter nicht geleistete Abhilfe durchzuführen. Als Anhaltspunkt für die Frage nach der Angemessenheit erachtet das Gericht einen Vergleich zwischen den Kosten der Selbstabhilfe und den bei unterlassener Selbstabhilfe für die Mängel zu gewährende Minderung für geboten. Soweit diese Beträge stark voneinander abweichen, spricht dies gegen die Angemessenheit und bedarf es besonderer in der Person des Reisenden liegender Gründe um eine Angemessenheit noch annehmen zu können.

21. Die danach erforderliche Prüfung der Verhältnismässigkeit von Selbstabhilfe und Kosten führt hier dazu, dass die seitens der Klägerin vorgenommene Selbstabhilfe und die dazu getätigten Ausgaben in Höhe von 1.235,00 Euro nicht erforderlich waren, um dem konkreten Mangel abzuhelfen.

22. Der konkrete Mangel gemäss § 651 c BGB bestand darin, dass ein für 20:05 Uhr geplanter Flug – den Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt – erst ca. 4 Stunden später B. verlassen hat und statt G. nach Köln führte, was zu einer weiteren Ankunftsverspätung in G. aufgrund des notwendig werdenden Transfers Köln – G. führte. Die Gesamtverspätung betrug nach dem Vortrag der Klägerin ca. 7 Stunden. Bei der Art dieses Mangels ist der Klägerin zuzugestehen, dass eine Abhilfe nur durch die Buchung eines Ersatzfluges in Betracht kommt, der früher als der verspätete Flug das Ziel erreicht. Allerdings erweisen sich die seitens der Klägerin aufgewendeten Kosten als gegenüber einer ihr zustehenden Minderung als unverhältnismässig. Bei Verspätungen, die über 4 Stunden hinausgehen gewährt die Rechtsprechung für jede angefangene Stunde eine Minderung von 5 % des Tagesgesamtpreises. Weiter ist die abweichende Landung in Köln statt G. minderungserheblich, dies ist mit maximal einem halben Tagesgesamtpreis zu bewerten. Bei einer Minderung von 65 % würde der Klägerin bei 6 Reisetagen (Übernachtungen) und einem Gesamtpreis von 4.874,00 Euro eine Minderung von 527,80 Euro zustehen. Die Kosten des Ersatzfluges liegen mehr als doppelt so hoch. Auch aus den weiteren Umständen des Falles ergibt sich kein besonderes Interesse der Klägerin, die ausnahmsweise die Hinnahme eines solchen Missverhältnisses rechtfertigen würden. Die Klägerin wäre ohne die Verspätung ebenfalls erst spät abends in G. angekommen. Da der durchschnittliche Reisende bei vernünftiger Betrachtung Verspätungen in seine Reiseplanung einkalkulieren muss, war daher auch eine Ankunft erst nachts nicht auszuschliessen. Unter Zugrundelegung als Unannehmlichkeit hinzunehmender 4 Stunden hätte daher eine Ankunft um 2:00 Uhr nachts keine Ansprüche gegen die Beklagte begründet. Der Umstand, dass die Klägerin mit Verspätungen rechnen musste, ist auch bei der Frage zu berücksichtigen, ob wegen der beruflichen Tätigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes als Zahnärzte am nächsten Tag ein besonderes Interesse der Klägerin bestand trotz der gegenüber einer Minderung doppelt so hohen Kosten der Selbstabhilfe den Ersatzflug zu buchen. Hierbei lässt sich feststellen, dass der durchschnittliche Reisende bei Kenntnis einer Abreise erst abends mit Ankunft spätabends und unter Berücksichtigung von Verspätungsrisiken auch nachts, den nächsten Tag zumindest teilweise frei gehalten hätte. Soweit ein Reisender keinen Zeitpuffer einplant, geht er das Risiko ein, dass es zu zeitlichen Kollisionen kommt, wenn er bereits am Tag nach der Rückreise wieder arbeiten muss. Dieses Risiko kann bei der gebotenen Abwägung jedoch nicht im Wege der Selbstabhilfe auf den Reiseveranstalter abgewälzt werden. In die Betrachtung weiter einzubeziehen ist der Umstand, dass die Klägerin die Entscheidung zur Selbstabhilfe bereits traf, als der Flug von 20:05 Uhr auf 22:40 Uhr verschoben wurde. Zu diesem Zeitpunkt war nur mit einer unter 3 Stunden liegenden Ankunftsverspätung zu rechnen, die sich auch unter Berücksichtigung der beruflichen Situation der Klägerin noch als persönlich zumutbar erweist und die Buchung eines Ersatzfluges nicht rechtfertigt.

23. Es kann vorliegend dahinstehen, ob die Ansprüche der Klägerin bereits deshalb ausgeschlossen sind, weil sie die Verspätung des Rückfluges in Verbindung mit der Verschiebung des Zielflughafens auf dem Rückflug von B. von G. nach Köln am 07.10.2014 bei der Beklagten nach § 651 d Abs. 2 BGB nicht anzeigte bzw. die Ansprüche nicht innerhalb der Monatsfrist des § 651 g BGB bei der Beklagten anmeldete und ob dieses Versäumnis entschuldigt ist, weil sie nicht ausreichend über ihre diesbezüglichen Pflichten nach § 6 Abs. 2 Nr. 7, 8 BGB Info VO belehrt wurde.

II.

24. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr.11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.235,00 Euro

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