850 Meter vom Strand entferntes Strandhotel

AG Düsseldorf: 850 Meter vom Strand entferntes Strandhotel

Ein Reisender erklagte eine Reisepreisminderung, unter anderem weil die als Strandhotel ausgeschriebene Unterkunft 850 Meter vom Strand entfernt war und die Reise weitere Mängel hinsichtlich An- und Heimreise aufwies.

AG Düsseldorf 51 C 7830/95 (Aktenzeichen)
AG Düsseldorf: AG Düsseldorf, Urt. vom 22.02.1996
Rechtsweg: AG Düsseldorf, Urt. v. 22.02.1996, Az: 51 C 7830/95
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Amtsgericht Düsseldorf

1. Urteil vom 22. Februar 1996

Aktenzeichen 51 C 7830/95

Leitsatz:

2. Bestreitet der Reisende, dass am Reiseort eine Kontaktaufnahme zum Reiseveranstalter und somit eine unverzügliche Mängelanzeige möglich waren, obliegt es dem Reiseveranstalter das Gegenteil nachzuweisen.

Zusammenfassung:

3. Ein Reisender forderte von einer Reiseveranstalterin Reisepreisminderung wegen diverser Mängel bei einer Pauschalreise. Der Hinflug erfolgte mit einer anderen Fluggesellschaft als ursprünglich vereinbart und in einem Flugzeug äußerlich ungepflegter Erscheinung. Das Hotel, in dem der Reisende untergebracht wurde, sollte ein Strandhotel sein, war aber 850 Meter vom Strand entfernt. In seinem Zimmer gab es erhebliche hygienische Mängel und es lag im Souterrain. Durch eine nahegelegene Fabrik herrschte Geruchsbelästigung. Nach eigenen Angaben gelang es dem Kläger trotz mehrerer Versuche nicht, Kontakt mit der Beklagten aufzunehmen. Schließlich war der Rückflug um 11 Stunden verspätet.

Das Amtsgericht Düsseldorf gab der Klage weitgehend statt. Die vorgetragenen Beanstandungen überschritten allesamt das Maß bloßer Unannehmlichkeiten. Der Kläger musste sich keine unterlassene Mängelrüge anlasten, da dem Vortrag nach die örtliche Reiseleitung wenn überhaupt dann spärlich organisiert war.

Jeweils pro betroffenem Reisetag standen dem Kläger daher 40% für den entfernt gelegenen Strand, 40% für das schmutzige Kellerzimmer, 5% für das ungepflegte Flugzeug, 5% für die von der Beklagten einseitig geänderte Fluggesellschaft, 5% für die Fabrikabgase und 10% für die Rückflugverspätung. Bei letzterem wurden 10% statt der üblichen 5% gewährt, da es sich um einen unterdurchschnittlich ausgestatteten Flughafen handelte, an dem der Kläger hatte warten müssen.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 506,10 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 29. Mai 1995 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 87 % und der Kläger 13 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Darstellung eines Tatbestandes entfällt gemäß § 313 a ZPO.

Entscheidungsgründe:

5. Die Klage ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zum größten Teil begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 506,10 DM aus § 651 c BGB. Die Reiseleistung der Beklagten war mängelbehaftet:

6. Nach dem vom Zeugen X glaubhaft geschilderten Vertragsinhalt – wobei sich die Beklagte die Äußerungen der Mitarbeiterin des Reisebüros gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muß – schuldete die Beklagte die Unterbringung in einem Hotel am Strand. Denn nach den Aussagen des Zeugen X ist dem Kläger bei der Buchung zugesagt worden, er werde in einem 4-Sterne-Hotel unterkommen, das im Katalog der Beklagten aufgeführt ist, und die 4-Sterne-Hotels im Katalog der Beklagten lägen alle am Strand. Ein Strandhotel war das Hotel X nicht; vielmehr befand es sich mindestens 850 m vom Strand entfernt. Diese erhebliche Abweichung in der geschuldeten Unterbringung rechtfertigt eine Reisepreisminderung von 40 % für drei Tage, da sich der Kläger drei Tage im eben bezeichneten Hotel aufgehalten hat.

7. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht weiterhin fest, daß die vom Kläger benutzte Maschine jedenfalls im Hinblick auf ihren Zustand im Passagierraum auf schlechten technischen Zustand schließen ließ. Selbst wenn die Technik der Maschine einwandfrei war, wie dies der Zeuge Y in der Beweisaufnahme bekundet hat, begründen die vom Zeugen X geschilderten Zustände im Innenraum die Befürchtung, daß die Wartung der Maschine in gleich vernachlässigter Weise erfolgt ist. Fehlerhaftigkeit der Reise im Sinne des § 651 c BGB bedeutet, daß sie im Wert oder in der Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder vertraglich vorausgesetzten Nutzen aufgehoben oder gemindert ist. Dies bedeutet, daß Vertragsinhalt sowie Zweck und Nutzen der gebuchten Reise maßgeblich sind (subjektiver Fehlerbegriff). Daraus folgt, daß auch Beeinträchtigungen des subjektiven Empfindens – sofern sie vom Standpunkt eines Durchschnittsreisenden mit inländischen Standard nachvollziehbar sind – einen Reisemangel begründen können. Die oben geschilderten Befürchtungen einer von innen ungepflegt erscheindenden Maschine sind objektiv nachvollziehbar und begründen deshalb einen Mangel im Sinne des § 651 c BGB, den das Gericht in der Höhe mit 5 % des auf einen Tag entfallenden Reisepreises ansetzt. Damit sind die vom Zeugen X geschilderten Unannehmlichkeiten beim Hinflug abgegolten.

8. Die Aussage des Zeugen Y steht der Annahme eines Reisemangels nicht entgegen. Der Zeuge Y hat bekundet, die Maschine sei zwar bereits älter gewesen, habe jedoch innen einen altersentsprechenden Zustand aufgewiesen. Der Zeuge Y konnte jedoch nicht ausschließen, daß sich die Sitze in dem vom Zeugen X geschilderten Zustand und auch das WC in dem vom Kläger beschriebenen Zustand befanden.

9. Es kommt hinzu, daß der Kläger trotz einer entsprechenden Auskunft des Reisebüros, bei der auch hier die Zurechnung über § 278 BGB zu erfolgen hat, mit einer ihm fremden Fluggesellschaft befördert worden ist. Das Gericht hat bereits im Beschluß vom 21. August 1995 zum Ausdruck gegeben, daß die von der Beklagten in Bezug genommene Leistungsänderungsklausel in Nr. 1.3.1. ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen gegen § 10 Nr. 4 des AGB-Gesetzes verstößt; dies bedeutet, daß die Beklagte ohne Verletzung ihrer vertraglichen Pflichten nicht die von ihr eingesetzte Fluggesellschaft einseitig ändern darf.

10. Der Einsatz einer anderen als der geschilderten Fluggesellschaft rechtfertigt eine weitere Minderung des Reisepreises in Höhe von 5 % des auf einen Tag entfallenden Reisepreises.

11. Die Unterbringung im Souterrainzimmer des Hotel X  rechtfertigt eine weitere Minderung des Reisepreises in Höhe von 40 % für zwei Tage. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, daß sich in diesem Zimmer unter dem Bett eine in Verwesung befindliche tote Maus befand, deren Geruch mit einem Desinfektionsmittel überdeckt werden sollte, daß die Wände feucht waren und daß im Badezimmer das Wasser von den Wänden herablief, so daß von der Hotelleitung an den Wänden gerollte Tücher ausgelegt waren. Da der Kläger nach der Aussage des Zeugen X bereits am nächsten Tag umgezogen ist, war die Reiseleistung der Beklagten insoweit nur für zwei Tage mangelhaft.

12. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht weiterhin fest, daß sich in der Nähe des Hotels X eine Fabrik befand, deren Emissionen in nicht geringfügiger Weise störten. Der Zeuge X hat bekundet, daß sich in der Nähe eine Fabrik mit sehr hohen Schornsteinen befand, die ab 17.00 Uhr nachmittags dunkelbraunen Rauch abgaben, der je nach Windrichtung zum Hotel getrieben wurde und stets muffingen Gericht verbreitete, was sich bis mindestens 1.00 Uhr nachts fortsetzte. Dies rechtfertigt eine Minderung von 5 % für vier Tage.

13. Dem steht die Aussage der Zeugin XX nicht entgegen. Die Zeugin XX hat schriftlich lediglich bekundet, in der Nähe des Hotels X befinde sich keine Chemiefabrik. Ob es sich jedoch bei der vom Zeugen X geschilderten Fabrik überhaupt um eine Chemiefabrik handelt, steht nicht fest.

14. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht das Gericht nicht davon aus, daß der Kläger im Sinne des § 651 d Abs. 2 BGB sein Minderungsrecht wegen schuldhaftem Unterlassen der Mängelanzeige verloren hat. Die insoweit beweisbelastete (Palandt-Thomas, Anm. 6 zu § 651 d BGB) Beklagte konnte den ihr obliegenden Beweis nicht führen. Es ist schon zweifelhaft, ob die Beklagte durch die Angabe einer Telefonnummer auf einer Infotafel und durch das Auslegen einer Infomappe mit der Telefonnummer der Firma X eine ordnungsgemäße Reiseleitung stellt. Jedenfalls hat der vom Kläger benannte Zeuge X glaubhaft bekundet, daß man im Hotel X stets über die Rezeption eine Verbindung hat herstellen müssen, daß der Kläger während der Dauer seiner Unterkunft im Hotel ca. 10 x versucht hat, mit der Reiseleitung der Beklagten Kontakt aufzunehmen. Jedes Mal sei ihm von der Rezeption bedeutet worden, man erhalte keine Verbindung oder es sei besetzt. Es kann nach alledem nicht davon ausgegangen werden, daß der Kläger es schuldhaft unterlassen hat, den Mangel anzuzeigen.

15. Die Beklagte hat die vom Kläger geschuldete Rückflugverzögerung nur unsubstantiiert bestritten, worauf sie das Gericht sie bereits hingewiesen hat. Die elfstündige Rückflugverzögerung rechtfertigt normalerweise eine Minderung in der Größenordnung von 5 % des anteiligen Tagesgesamtpreises für jede über vier Stunden hinausgehende Stunde Wartezeit, höchstens jedoch 20 % des Gesamtreisepreises (Landgericht Frankfurt, NJW RR 91, 630). Im vorliegenden Fall kommt jedoch hinzu, daß die Umstände, unter denen ein Reisender am Flughafen X warten muß, erheblich vom durchschnittlichen Standard eines internationalen Flughafens deshalb abweichen, weil der Flughafen in der Tat für die Anzahl der dortigen Reisenden viel zu klein ist, so daß sich die Enden der Schlangen an den Abfertigungsschaltern zum Teil vor dem Gebäude auf dem Busparkplatz befinden. Entsprechend chaotisch sind die Zustände innen, wo zudem – mangels Platz – kaum Sitzgelegenheiten sind. Das Gericht hat im Beschluß vom 21. August 1995 zum Ausdruck gegeben, daß es die Zustände am Flughafen X aus eigener Anschauung kennt, und daß es deshalb beabsichtigt, bei Ermittlung des Minderungsanspruchs des Klägers von dem sachlichen Gehalt seiner Ausführungen auszugehen. Dies und die Verbringung der Nacht in der im Flughafen befindlichen „Gaststätte“ rechtfertigt die Erhöhung auf 10 % des anteiligen Tagesgesamtpreises für jede über vier Stunden liegende Wartezeit.

16. Die Beklagte hat nicht bestritten, dem Kläger die Erstattung der Umzugskosten zugesagt zu haben. Deshalb kann der Kläger von der Beklagten auch die Zahlung der 38,– DM Taxikosten verlangen. Die Beklagte hat außerdem den Vortrag des Klägers, im Hinblick auf den verspäteten Rückflug 40,– DM vertelefoniert zu haben, nicht in Abrede gestellt. Insoweit ergibt sich deshalb ein Anspruch des Klägers aus § 651 f BGB.

17. Bei einem anteiligen Tagesreisepreis von 142,71 DM (999,- – DM : 7) errechnet sich der Anspruch des Klägers wie folgt:

Unterbringung X

40 % für 3 Tage 171,25 DM

Zustand des Flugzeugs beim Hinflug

5 % für einen Tag 7,13 DM

Gestellung einer anderen Fluggesellschaft

5 % für einen Tag 7,13 DM

Zustand des Zimmers im Hotel X

40 % für zwei Tage 114,16 DM

Fabrik beim Hotel X

5 % für vier Tage 28,54 DM

Rückflugverzögerung

7 x 10 % für einen Tag 99,89 DM

Taxi und Telefon _78,– DM

506,10 DM

18. Der dem Kläger zuerkannte Zinsanspruch fußt auf den §§ 288 Abs. 1, 284 Abs. 1 Satz 2 BGB.

19. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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