Wirksamkeit einer 20% des Reisepreises übersteigenden Anzahlung
Wirksamkeit einer 20% des Reisepreises übersteigenden Anzahlung
Ein Reiseveranstalter wurde verklagt auf eine Klausel bei Pauschalreiseverträgen zu verzichten, die eine Anzahlung in Höhe von 40% des Reisepreises festlegt. Das Gericht unterstützte die Klage zunächst aber der Bundesgerichtshof revidierte diese Entscheidung.
Es müsse erneut verhandelt werden ob im vorliegenden Fall die Anzahlung der durchschnittlichen Vorleistungsquote der Reisevermittlung entspräche.
BGH | X ZR 71/16 (Aktenzeichen) |
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BGH: | BGH, Urt. vom 25.07.2017 |
Rechtsweg: | BGH, Urt. v. 25.07.2017, Az: X ZR 71/16 |
OLG Celle, Urt. v. 23.06.2016, Az: 11 U 279/12 | |
BGH, Urt. v. 09.12.2014, Az: X ZR 147/13 | |
OLG Celle, Urt. v. 28.11.2013, Az: 11 U 279/12 | |
LG Hannover, Urt. v. 30.10.2012, Az: 18 O 129/12 | |
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Leitsätze:
2. Eine Anzahlung bei Vertragsschluss, die 20% des Reisepreises übersteigt, kann nur dann vorgesehen sein, wenn sie ihr eine entsprechende Vorleistungsquote des Reiseveranstalters entspricht.
Sollten die Anzahlungen im Einzelfall unterschiedlich hoch sein, sollte ein Durchschnitt der Anzahlungsquote für die entsprechenden Vorleistungen repräsentativ sein, solange kein sachlicher Zusammenhang zwischen Art, Umfang und Qualität der vertraglich versprochenen Reiseleistungen und den unterschiedlich hohen Vorleistungen besteht.
Zusammenfassung:
3. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände klagte gegen einen Reiseveranstalter, der bei Pauschalreisen eine Anzahlung in Höhe von 40% des Reisepreises verlangte. Der Kläger betrachtete dies als unzulässig, da die vom Reiseveranstalter für diese Pauschalreisen geleisteten Vorleistungen 40% unterschritten. Die vom Reiseveranstalter mit eingerechneten Provisionszahlungen an Reisebüros seien nicht als Vorleistung des Veranstalters zu betrachten.
Der Kläger bekam zunächst recht und eine Berufung wurde abgewiesen, der Bundesgerichtshof revidierte jedoch diese Entscheidung. Auch Provisionszahlungen an Reisebüros seien als Vorleistung mit einzubeziehen, des Weiteren müsse die Höhe der Anzahlung nicht in jedem einzelnen Fall der Vorleistungsquote des Reisevermittlers entsprechen. Fallen bei Reisen der gleichen Kategorie unterschiedliche Vorleistungen an, so sollte die Anzahlung der durchschnittlichen Vorleistungsquote entsprechen, ohne allerdings bei einer einzelnen Reise die Vorleistungen signifikant zu übersteigen.
Die Klage wurde zur weiteren Verhandlung an das Berufungsgericht zurück verwiesen.
Tenor:
4. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 23. Juni 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand:
5. Der klagende Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände verlangt von der beklagten Reiseveranstalterin, es zu unterlassen, beim Abschluss bestimmter Pauschalreisen eine Reisebedingung zu verwenden, die eine bei Vertragsschluss fällige Anzahlung in Höhe von 40 % des Reisepreises vorsieht.
6. Das Landgericht hat der Beklagten die Verwendung der Klausel untersagt, das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hat der Senat das Berufungsurteil teilweise aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urteil vom 9. Dezember 2014 – X ZR 147/13, RRa 2015, 149 = NJW-RR 2015, 618). Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat die Beklagte die Berufung zum Teil zurückgenommen und die Klausel nur noch in folgender Fassung verteidigt:
7. „Bei Vertragsschluss wird bei Reisen der Marken X1 und X2 gegen Aushändigung der Bestätigung die Anzahlung in Höhe von 40 % des Gesamtpreises fällig.“
8. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten insoweit erneut zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Beklagte im Umfang der zuletzt verteidigten Klauselfassung weiterhin die Abweisung der Klage erstrebt.
Entscheidungsgründe:
9. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Reisenden würden durch eine Anzahlung in Höhe von 40 % des Reisepreises unmittelbar bei Vertragsschluss unangemessen benachteiligt.
Die Beklagte habe zwar die Vorleistungsquoten bei Reisen der Kategorien X1 und X2 für die Geschäftsjahre 2013/14 und 2014/15 mit 47,1 % und 46 % berechnet, aus Rechtsgründen aber nicht berücksichtigungsfähige Provisionszahlungen an Reisebüros einbezogen. Nach deren Abzug verblieben Vorleistungsquoten von 37,8 % und 36,6 %, die eine Anzahlung in der geforderten Höhe nicht rechtfertigen könnten.
Ferner wiesen die vorgetragenen Vorleistungen der Beklagten für Kosten der Flugbeförderung eine zu große Bandbreite auf, so dass die für die Reisen der jeweiligen Marken gebildete durchschnittliche Vorleistungsquote nicht repräsentativ sei. Die Darlegung der hotelbezogenen Vorleistungskosten erlaube schließlich keine Beurteilung, ob nicht auch die Bandbreite dieser Kosten zu hoch sei.
10. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision sind begründet. Die Erwägungen des Berufungsgerichts rechtfertigen nicht die Annahme, dass die Beklagte die Verwendung der beanstandeten Klausel zu unterlassen hat, weil diese den Reisenden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
11. Eine Vorleistungspflicht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wirksam vereinbart werden, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist, der auch bei Abwägung mit den hierdurch für den Vertragspartner entstehenden Nachteilen Bestand hat (statt aller BGH, Urteil vom 10. März 1999 – VIII ZR 204/98, BGHZ 141, 108, 114; Urteil vom 27. September 2000 – VIII ZR 155/99, BGHZ 145, 203, 211). Dabei können insbesondere die Aufwendungen eine Rolle spielen, die der Verwender bereits vor dem eigentlichen Leistungsaustausch erbringen und finanzieren muss (BGH, Urteil vom 24. September 2002 – KZR 38/99, NJW-RR 2003, 834, 836; Urteil vom 4. März 2010 – III ZR 79/09, BGHZ 184, 345 Rn. 29; Urteil vom 9. Dezember 2014 – X ZR 85/12, BGHZ 203, 335 Rn. 23).
12. Bei Reiseverträgen sieht der Bundesgerichtshof – ohne weitere Voraussetzungen – grundsätzlich eine Anzahlungsquote in Höhe von 20 % des Reisepreises als zulässig an. Sie trägt in pauschalierter Form dem Umstand Rechnung, dass der Reiseveranstalter einerseits ein anerkennenswertes Interesse daran hat, dass der Reisende durch eine gewisse Anzahlung die Ernsthaftigkeit seines Reisewunsches und seine Fähigkeit und Bereitschaft dokumentiert, seine Vertragspflichten zu erfüllen, und andererseits typischerweise zumindest in gewissem Umfang Kosten aufwenden muss, um das Leistungsangebot bereitzustellen und bereitzuhalten, aus dem der Reisende seine Auswahl getroffen hat und das er selbst oder durch ihm vertraglich verbundene Leistungsträger zum vereinbarten Reisezeitpunkt erbringen muss. Da aufgrund der Sicherstellung der Rückzahlung des Reisepreises im Insolvenzfall den Reisenden kein Ausfallrisiko trifft, ist es gerechtfertigt, eine 20 % des Reisepreises nicht übersteigende Anzahlung als angemessen und den Reisenden über die ohnehin zulässige und übliche Verpflichtung, den gesamten Reisepreis vor Reiseantritt zu zahlen, nicht unverhältnismäßig belastend anzusehen (BGHZ 203, 335 Rn. 26).
13. Darüber hinausgehende Anzahlungsverpflichtungen sind nicht ausgeschlossen, bedürfen aber einer weitergehenden Rechtfertigung. Angesichts des Umstands, dass die Absicherung des Reisenden gegen das Risiko der Insolvenz des Reiseveranstalters sichergestellt ist und der Reisende, wenn er jedenfalls kurz vor Reiseantritt den gesamten Reisepreis entrichten muss, das ihm unabhängig von der Insolvenzsicherung zustehende Leistungsverweigerungsrecht (§ 320 BGB) vor Reisebeginn in aller Regel ohnehin nicht ausüben kann, ist hierfür in erster Linie der Gesichtspunkt leitend, dem Reisenden keinen ungerechtfertigten Liquiditätsnachteil abzuverlangen.
Bei einer Anzahlung von mehr als 20 % des Reisepreises erhält der Reiseveranstalter – insbesondere bei lange vor dem Reisetermin vorgenommenen Buchungen – einen erheblichen Liquiditätsvorteil auf Kosten des Reisenden, der eben diesen Vorteil verliert, weil er einen erheblichen Teil des Reisepreises bereits längere Zeit vor Reisebeginn zahlen muss. Dies ist regelmäßig nur dann der beiderseitigen Interessenlage angemessen, wenn der sofort fällig werdende Anteil des Reisepreises dem Veranstalter nicht als Teil seiner liquiden Mittel verbleibt, sondern zur Deckung von Kosten der Reise benötigt wird, die bei dem Veranstalter bereits bei oder vor dem Vertragsschluss mit dem Reisenden und vor Durchführung der Reise anfallen. Der Reiseveranstalter kann deshalb eine Anzahlung von mehr als 20 % des Reisepreises nur dann verlangen, wenn er bei den Reisen derjenigen Kategorie, für die er die höhere Anzahlung verlangt, in Höhe eines dem verlangten Anteil des Reisepreises entsprechenden Betrages seinerseits eigene Aufwendungen erbringen oder fällige Forderungen der Leistungsträger erfüllen muss, deren er sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Reisevertrag bedient (BGHZ 203, 335 Rn. 28).
14. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, Provisionszahlungen der Beklagten an Reisebüros, die die in Rede stehenden Reisen vermittelt haben, stellten keine Vorleistungen der Beklagten im vorstehend erläuterten Sinne dar.
15. Zwar handelt es sich bei dem – regelmäßig mit der Vertragsvermittlung fällig werdenden – Provisionsanspruch des Reisebüros nicht um die Forderung eines Leistungsträgers, dessen sich der Reiseveranstalter zur Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Reisevertrag bedient. Die Erfüllung des Provisionsanspruchs stellt aber eine eigene Aufwendung des Reiseveranstalters zur Vorbereitung der Reise dar oder ist einer solchen jedenfalls gleichzustellen.
16. Nicht anders als beim Werkvertrag besteht die Leistung des Reiseveranstalters nicht nur in der Durchführung einer Reise, sondern auch in der Reiseplanung. Die Tätigkeit des Reisebüros dient typischerweise dazu, dem Reisenden dabei behilflich zu sein, aus dem Gesamtangebot der auf dem Reisemarkt angebotenen Reisen diejenige auszuwählen, die seinen Belangen und Interessen am besten entspricht, und gegebenenfalls unter Berücksichtigung dieser Belange und der vom Reiseveranstalter angebotenen Alternativen einzelne Bestandteile einer Pauschalreise auszuwählen, abzuändern, zu ergänzen oder zu streichen. Im Kern geht es mithin um die Planung der konkreten Reise, die der einzelne Reisende mit Abschluss des Reisevertrages „bucht“, d.h. mit dem Reiseveranstalter vereinbart. Übernimmt der Reiseveranstalter die Beratung des Reisenden bei dieser Planung selbst, stellen seine Aufwendungen hierfür Kosten dar, die ihm bei Vertragsschluss entstehen. Nichts anderes kann gelten, wenn die Planung in ein Reisebüro „ausgelagert“ wird. Die Provision, die der Reiseveranstalter dem Reisebüro für die Vermittlung einer konkreten Reise zahlt, kann dieser unmittelbar als Aufwendung zugeordnet werden, und sie vermindert entsprechend die Liquidität des Reiseveranstalters. Es ist daher nicht unangemessen, sie bei der Ermittlung der Gesamtaufwendungen, die auf die konkrete Reise bezogen sind und die der Reiseveranstalter vor Reiseantritt finanzieren muss, zu berücksichtigen.
17. Der vom Berufungsgericht gesehene Wertungswiderspruch, dass der Kunde, der sich gegen einen Vertragsschluss entscheide, keine Vergütungsforderung des Reisebüros befürchten müsse, andernfalls aber den gleichen Beratungs- und Vermittlungsvorgang als Rechtfertigung eines Vorauszahlungsverlangens des Reiseveranstalters gelten lassen solle, besteht tatsächlich nicht. Dass die Provision nur im Erfolgsfall gezahlt wird, ist für ihre Einordnung als vertragsbedingte Aufwendungen des Reiseveranstalters ebenso konstitutiv wie der Umstand, dass sie der Reisende nicht selbst leistet, sondern über den Reisepreis finanziert.
18. Die Revision rügt auch zu Recht, das Berufungsgericht habe bei den von der Beklagten geltend gemachten Vorleistungen an Luftverkehrsunternehmen zu Unrecht eine zu große Bandbreite der Kosten angenommen.
19. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass es zur Rechtfertigung einer 20 % des Reisepreises übersteigenden Anzahlungspflicht nicht genügt, dass der Reiseveranstalter Reisen anbietet, bei denen er vor oder bei Vertragsschluss Vorleistungen erbringen muss, deren Wert die Höhe der verlangten Anzahlungen erreicht oder übersteigt. Die Anzahlung muss vielmehr für die konkrete Reise, für die sie verlangt wird, angemessen sein (BGHZ 203, 335 Rn. 30).
20. Unterschiedliche Vorleistungen, wie sie auch bei den in einer bestimmten Kategorie angebotenen Reisen auftreten können und vielfach auftreten werden, schließen es allerdings nicht notwendig aus, einen pauschalierten einheitlichen Vomhundertsatz für die Anzahlung festzulegen. Eine solche Pauschalierung muss jedoch für die „Vorleistungsquote“ bei den von ihr erfassten Reisen repräsentativ sein; sie darf nicht dazu führen, dass bei einem erheblichen Teil der gebuchten Reisen Anzahlungen geleistet werden müssen, die über den Wert der vom Veranstalter erbrachten Vorleistungen hinausgehen. Es genügt deshalb zur Rechtfertigung einer bestimmten Anzahlungsquote jedenfalls nicht ohne weiteres, dass bei den in der betreffenden Kategorie angebotenen Reisen durchschnittlich Vorleistungen in Höhe des verlangten Vomhundertsatzes anfallen. Je größer innerhalb der Kategorie die Bandbreite der Vorleistungskosten ist, desto weniger erscheint die Orientierung der Anzahlungsquote am Durchschnittswert der Vorleistungskosten als sachgerecht, weil infolgedessen in dem für den Verbraucher ungünstigsten Fall der für die konkrete Reise angemessene Anzahlungsbetrag erheblich überschritten werden kann (BGHZ 203, 335 Rn. 32).
21. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Unterschiede in der Höhe der Vorleistungskosten umso eher vernachlässigt werden können, desto weniger sie in Beziehung zu Art, Umfang und Qualität der Reiseleistungen stehen, die der Reiseveranstalter vertragsgemäß gegenüber dem Reisenden zu erbringen hat. Beschafft sich der Reiseveranstalter beispielsweise zu unterschiedlichen, aber jeweils vor dem Buchungstag liegenden Zeiten zu unterschiedlichen Preisen von Luftverkehrsunternehmen Beförderungskapazitäten, besteht jedenfalls keine Notwendigkeit, diese unterschiedlichen Preise in der Höhe der Anzahlungen abzubilden. Denn da der Beschaffungszeitpunkt weder aus der Sicht der Reisenden noch aus der Sicht des Reiseveranstalters für den Reisevertrag von Belang ist und eine Zuordnung der konkreten Reise zu einem bestimmten Beschaffungszeitpunkt vielfach entweder gar nicht möglich sein wird oder jedenfalls beliebig erschiene, ist es im Zweifel angemessener, bei der Berechnung der Anzahlungsquote den durchschnittlichen Vomhundertsatz der Beschaffungskosten zugrunde zu legen. Die Ermittlung einer angemessenen Anzahlungsquote wird hierdurch vereinfacht und praktisch leichter handhabbar; der Reiseveranstalter erhält gleichwohl keinen ungerechtfertigten Liquiditätsvorteil, weil er nicht mehr als die Summe seiner tatsächlichen Vorleistungskosten auf die von den Reisenden geschuldeten Anzahlungen umlegen kann.
22. Das Berufungsgericht hat im Streitfall erwogen, dass die Beklagte mehr als 60 % der durchschnittlichen Vorleistungskosten für Reisen der in Rede stehenden Kategorien für die Flugbeförderung erbringen müsse. Gerade diese Vorleistungen seien jedoch im Geschäftsjahr 2013/14 bei 7,6 % und im Geschäftsjahr 2014/15 bei 11 % der Reisenden nicht angefallen. Die Beklagte beschaffe sich die Luftbeförderungsleistungen nach ihrem Vorbringen auf verschiedenen Wegen. Zum ersten schließe sie mit verschiedenen Luftverkehrsunternehmen Rahmenverträge ab, die eine Vorauszahlungspflicht vorsähen; auf diese Weise seien in den beiden Geschäftsjahren 16.862 und 19.237 Reisende befördert worden. Zum zweiten seien mit einer Vielzahl von Luftverkehrsunternehmen in den beiden Geschäftsjahren 12.837 und 14.448 Reisende befördert worden, ohne dass insoweit eine Vorauszahlungspflicht der Beklagten bestanden habe. Zum dritten schließlich habe die Beklagte mit einer Schwestergesellschaft einen Rahmenvertrag mit Vorauszahlungspflicht abgeschlossen; in diesem Rahmen seien in den beiden Geschäftsjahren 139.824 und 96.206 Reisende befördert worden. 12.837 von 169.523 Reisenden (7,6 %) bzw. 14.448 von 129.891 Reisenden (11 %) seien mithin mit unangemessen hohen Vorleistungspflichten belastet worden; dies sei kein unerheblicher Teil der Reisenden.
23. Diese Erwägungen tragen nicht die Annahme des Berufungsgerichts, die Bandbreite der Vorleistungskosten sei bei den Reisen der Kategorien X1 und X2 zu groß, als dass diese sämtlich mit einer Anzahlungspflicht in Höhe von 40 % des Reisepreises belastet werden dürften.
24. Dass die Anzahlung für die konkrete Reise, für die sie verlangt wird, angemessen sein muss (BGHZ 203, 335 Rn. 30), bedeutet nicht, dass die Höhe der Anzahlungspflicht bei jeder einzelnen Reise mindestens der Höhe der Vorleistungen zu entsprechen hat. Andernfalls schiede eine Pauschalierung der Höhe der Anzahlung entweder grundsätzlich aus oder müsste notwendigerweise zumindest bei der Mehrheit der Reisen hinter der tatsächlichen Höhe der Aufwendungen des Reiseveranstalters zurückbleiben. Dass die Anzahlungsquote für die Vorleistungsquote bei den von ihr erfassten Reisen repräsentativ sein muss, steht lediglich einer einheitlichen Quote für solche Reisen entgegen, die aufgrund der unterschiedlichen Art, des unterschiedlichen Zuschnitts und der unterschiedlichen Qualität der Reiseleistungen erhebliche Unterschiede bei Art oder Umfang der erforderlichen Vorleistungen aufweisen.
25. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, aus denen sich ein Zusammenhang zwischen Art, Umfang, Qualität oder Preis der Reiseleistungen und der Art und Weise ergäbe, in der die Beklagte die Luftbeförderung der Reisenden mittels eines der drei dargestellten Geschäftsmodelle sicherstellt. Es hat auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob eine bestimmte Reise bei Vertragsschluss einem dieser Modelle zugeordnet wird, der Reisende also einen Anspruch auf eine Luftbeförderung erhält, die einem dieser Modelle entspricht oder sich einem solchen zumindest zuordnen lässt. Ist hiernach aber für die revisionsrechtliche Beurteilung davon auszugehen, dass es nach dem Reisevertrag der Beklagten und gegebenenfalls ihrer späteren Disposition überlassen bleibt, auf welche Weise sie den Luftbeförderungsanspruch erfüllt, ist es grundsätzlich nicht unbillig, wenn die Beklagte insoweit die Gesamtheit der Reisenden mit der Durchschnittsquote ihrer Vorleistungen belastet; diese gemittelte Größe ist in einem solchen Fall repräsentativ für die Reisen der Kategorie und damit auch für die einzelne Reise angemessen.
26. Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird auch nicht durch seine Erwägung getragen, die Darlegung der hotelbezogenen Vorleistungskosten („touristische Vorleistungen“) erlaube keine Beurteilung, ob nicht auch die Bandbreite dieser Kosten zu hoch sei.
27. Das Berufungsgericht hat insoweit darauf abgestellt, dass die Beklagte trotz stärkerer Aufgliederung ihres Vortrags aufgrund eines gerichtlichen Hinweises weder nach Hotelstandards, für die sie Unterstützungsleistungen erbringe, noch nach Hotelarten und länderspezifischen Besonderheiten unterscheide. Es sei ohne weiteres vorstellbar, dass die Beklagte Hotelbetreibern an besonders beliebten Urlaubsorten keinerlei Vorauszahlungen leisten müsse, während sie Hotelbetreibern an anderen Standorten mit verschiedenen in Betracht kommenden Erschwernissen hohe Vorleistungen erbringen müsse. Dass beide Gruppen in die von der Beklagten gebildeten Kategorien „Mittelstrecke“ und „Sun & Beach“ fielen, ändere daran nichts.
28. Es kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht hieraus den Schluss hätte ziehen dürfen, mangels hinreichender Darlegung zu den Vorleistungen für die Hotelunterbringung sei die von der Beklagten verlangte Anzahlungsquote als unangemessen hoch anzusehen. Denn das Berufungsgericht hat einen solchen Schluss nicht gezogen, sondern lediglich ausgeführt, dass sich die Bandbreite der Kosten nicht beurteilen lasse. Dies korrespondiert mit dem – unwidersprochen gebliebenen – Vorbringen der Revision, das Berufungsgericht habe in der mündlichen Verhandlung angekündigt, sein Urteil ausschließlich auf den Gesichtspunkt der nach seiner Auffassung zu Unrecht berücksichtigten Provisionen stützen zu wollen.
29. Das Berufungsurteil ist hiernach aufzuheben, und die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht hat – nach seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig – weder Feststellungen zur Höhe der Vorleistungen der Beklagten für die Sicherstellung der Luftbeförderung getroffen noch abschließend über die Höhe der touristischen Vorleistungen der Beklagten befunden.
30. Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
31. Ebenso wenig, wie bei den Luftbeförderungsleistungen notwendigerweise die Höhe der Vorleistungen maßgeblich ist, die die Beklagte für den konkreten Flug erbracht hat, mit dem der Reisende schließlich befördert wird, ist bei den touristischen Vorleistungen eine Durchschnittsbetrachtung schlechthin ausgeschlossen. Vielmehr
wird es im Zweifel auch insoweit darauf ankommen, ob ein sachlicher Zusammenhang zwischen unterschiedlich hohen Vorleistungen und Art, Umfang und Qualität des Leistungsversprechens der Beklagten gegenüber dem Reisenden besteht. Es kann sich etwa so verhalten, dass der Reiseveranstalter bei qualitativ gleichwertigen Hotelunterkünften in dem einen Fall dem Betreiber Vorauszahlungen leistet – und entsprechend niedrigere Zahlungen für die Belegung zu erbringen hat – und in dem anderen Fall nur die tatsächlich belegten Unterkünfte vergütet. Nicht anders als bei Luftbeförderungskapazitäten, die zu unterschiedlichen Zeiten zu unterschiedlichen Preisen beschafft werden, wird es in einem solchen Fall regelmäßig nicht zu beanstanden sein, wenn der Reiseveranstalter die Summe seiner Vorleistungen bei der Berechnung der Anzahlungsquote unabhängig von dem Umstand berücksichtigt, ob der einzelne Reisende in einem Hotel untergebracht wird, bei dem sich der Reiseveranstalter in der einen oder der anderen Art Kapazitäten beschafft hat.
32. Das Berufungsgericht wird allerdings zu prüfen haben, ob sich innerhalb der Kategorien X1 und X2 bei den touristischen Vorleistungen – etwa regionsspezifische – erhebliche Unterschiede ergeben, die eine unterschiedliche Bemessung der Vorleistungsquote gebieten. Sollten die Angaben, die die Beklagte bislang zu den touristischen Vorleistungen gemacht hat, nicht spezifisch auf die Kategorien X1 und X2 bezogen, sondern nur mit einem dem Anteil dieser Kategorien an den Gesamterlösen der Beklagten entsprechenden Prozentsatz in Ansatz gebracht worden sein, wird ferner zu prüfen sein, ob insoweit erhebliche Unterschiede zwischen Reisen der Kategorien X1 und X2 und den übrigen von der Beklagten angebotenen Reisen bestehen. Der Beklagte wird insoweit Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben sein, der zumindest anhand aussagekräftiger Beispiele die Vorleistungsmodelle und gegebenenfalls insoweit bestehende Spezifika der Kategorien X1 und X2 oder innerhalb dieser Kategorien aufzuzeigen haben wird.
33. Das Berufungsgericht wird gegebenenfalls ferner zu beachten haben, dass den Reiseveranstalter zwar eine sekundäre Darlegungslast trifft, nach der er diejenigen tatsächlichen Umstände darzutun hat, aus denen sich ergibt, dass er die über 20 % des Reisepreises hinausgehende Anzahlungsverpflichtung nur bei Reisen mit entsprechend höheren Vorleistungen verwendet. Die Beweislast dafür, dass die im Streitfall noch zu beurteilende Klausel für Reisen verwendet wird, bei denen eine Anzahlungsquote von 40 % eine unangemessene Benachteiligung des Reisenden darstellt, verbleibt aber beim Kläger.
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