Unzulässige 3-Sterne-Klassifizierung für einen Ferienhof

LG Münster: Unzulässige 3-Sterne-Klassifizierung für einen Ferienhof

Der Beklagte betreibt einen Ferienhof. Auf einer Buchungswebsite wurde für diesen mit drei Sternen geworben, obwohl lediglich einzelne Zimmer und Wohnungen über eine 3-Sterne-Klassifizierung des DTV verfügen. Eine 3-Sterne-Klassifizierung der DEHOGA für den Gesamtbetrieb besteht nicht. Die Klägerin verlangt, dass der Beklagte diese Irreführung im Wettbewerb unterlasse.

Das Gericht gab der Klage statt. Über die Irreführung in der Werbung habe kein Streit bestanden. Der Beklagte habe sich diese auch zurechnen zu lassen, da er dem Buchungsportal die Möglichkeit eingeräumt habe, in seinem Namen zu werben.

LG Münster 22 O 56/17 (Aktenzeichen)
LG Münster: LG Münster, Urt. vom 15.12.2017
Rechtsweg: LG Münster, Urt. v. 15.12.2017, Az: 22 O 56/17
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Landgericht Münster

1. Urteil vom 15. Dezember 2017

Aktenzeichen 22 O 56/17

Leitsatz:

2. Der Betreiber einer Ferienwohnung hat sich irreführende Werbung in einem Onlineportal zurechnen zu lassen, auch wenn er diese nicht selbst unmittelbar veranlasst hat.

Zusammenfassung:

3. Der Beklagte betreibt einen Ferienhof. Auf einer Buchungswebsite wurde für diesen mit drei Sternen geworben, obwohl lediglich einzelne Zimmer und Wohnungen über eine 3-Sterne-Klassifizierung des DTV verfügen. Eine 3-Sterne-Klassifizierung der DEHOGA für den Gesamtbetrieb besteht nicht. Die Klägerin verlangt, dass der Beklagte diese Irreführung im Wettbewerb unterlasse.

Das Gericht gab der Klage im Wesentlichen statt. Über die Irreführung in der Werbung habe kein Streit bestanden, weshalb das Gericht diese annahm. Der Beklagte habe sich das wettbewerbswidrige Verhalten auch zurechnen zu lassen, da er dem Buchungsportal die Möglichkeit eingeräumt habe, in seinem Namen zu werben. Damit sei für ihn erkennbar gewesen, dass eventuell eine solche Werbung geschehen könnte. Er sei seinen Prüfpflichten nicht nachgekommen.

Tenor:

4. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall derZuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €- ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, insgesamt jedoch höchstens zwei Jahre, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte wie folgt mit einem Hinweis auf eine Sterneklassifizierung zu werben, sofern dem keine aktuell gültige Zertifizierung nach Maßgabe der deutschen Hotelklassifizierung zugrunde liegt:

(Einfügung: Bilder Ferienhof des Beklagten mit Adresse und Bewertung)

Der Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, an den Kläger 267,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatzseit dem 07.07.2017 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Der Beklagte betreibt in E1 einen Ferienhof, den er auf dem Buchungsportal www.muensterland-tourismus.depräsentiert. Für einzelne Zimmer und Wohnungen verfügt er über eine 3-Sterne-Klassifizierung des DTV. Eine 3-Sterne-Klassifizierung der DEHOGA für den Gesamtbetrieb besteht nicht.

6. Der Kläger stellte am 24.03.2017 fest, dass der Ferienhof des Beklagten auf dem Internet-Buchungsportal www.muensterland.dein der aus dem Tenor ersichtlichen Weise als Gesamtbetrieb mit 3-Sternen beworben wurde. Mit Schreiben vom 30.03.2017 (Anlage A 2, Bl. 11 ff. d. A.) mahnte der Kläger den Beklagten wegen der auf den Gesamtbetrieb bezogenen Sternewerbung ab und forderte ihn zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Der Beklagte wies die Abmahnung mit Schreiben vom 03.04.2017 (Anlage 3, Bl. 14 d. A.) als unbegründet zurück unter Hinweis darauf, dass Zimmer und Wohnungen mit 3 Sternen klassifiziert seien. Der Kläger stellte mit Schreiben vom 10.04.2017 (Anlage A 4, Bl. 15 d. A.) klar, dass eine Klassifizierung des Betriebes als Ganzes nicht bestehe, und er wies darauf hin, dass sich die Werbung für den Fall, dass für einzelne Ferienwohnungen eine Klassifizierung besteht, auf diese Ferienwohnungen beziehen müsse. Der Beklagte entgegnete mit Schreiben vom 10.04.2017 (Anlage A 5, Bl. 16 d. A.), in seiner Werbung würden nur die Zimmer und Wohnungen mit 3-Sternen beworben, die auch entsprechend zertifiziert seien. Ihm sei nicht bekannt, dass der Gesamtbetrieb mit 3 Sternen beworben werde, und zwar erst recht nicht auf dem Portal www.muensterland-tourismus.de, wo er überhaupt nicht mit Sternen werbe. Der Kläger wies mit Schreiben vom 13.04.2017 (Anlage A 5, Bl. 17 d. A.) darauf hin, dass sich die Darstellung mit 3 Sternen auf dem Portal www.muensterland-tourismus.de auf den Betrieb als solches bezogen habe, und er forderte den Beklagten erneut zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Der Beklagte entgegnete mit Schreiben vom selben Tag (Anlage A 5, Bl. 18), zu dem Zeitpunkt, zu dem er auf der Seite nachgeschaut habe, seien die Sterne schon entfernt gewesen. Zugleich machte er geltend, die Sterne wären nicht so verwendet worden, wenn man den Leuten von Münsterland-Tourismus gesagt hätte, dass sie nicht so dargestellt werden dürfen. Der Kläger teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 21.04.2017 mit, dass die Unterlassungsforderung aufrecht erhalten bleibe und dass man zur Streitbeilegung eine Unterlassungserklärung bis nunmehr 05.05.2017 erwarte.

7. Der Kläger behauptet, der Beklagte habe die beanstandete Sterne-Werbung veranlasst. Er müsse sich die Sternewerbung aber jedenfalls zurechnen lassen, weil er seinen Kontrollpflichten nicht nachgekommen sei.

8. Der Kläger beantragt,

1.

9. den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten – oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, insgesamt jedoch höchstens zwei Jahre, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr selbst oder durch Dritte wie folgt mit einem Hinweis auf eine Sterneklassifizierung zu werben, sofern dem keine aktuell gültige Zertifizierung nach Maßgabe der deutschen Hotelklassifizierung zugrunde liegt:

(Einfügung: Bild s. Urteilstenor)

2.

10. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 267,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.07.2017 zu zahlen.

11. Der Beklagte beantragt,

12. die Klage abzuweisen.

13. Der Beklagte behauptet, er habe die beanstandete Sternewerbung auf dem Portal www.muensterland-tourismus.de nicht veranlasst und er habe von ihr auch keine Kenntnis gehabt. Nach Zugang der Abmahnung habe er die Seite nicht gleich überprüfen können, da zum damaligen Zeitpunkt Probleme mit dem Zugang zum Internet bestanden hätten, das mal da und mal weg gewesen sei. Als er zwei bis drei Tage nach Zugang der Abmahnung ins Internet habe schauen können, sei die 3-Sterne-Werbung schon nicht mehr vorhanden gewesen, ohne dass er dies veranlasst habe. Der Beklagte behauptet ferner, er habe im Rahmen der seinerzeit eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten zum Internet versucht, einmal in der Woche das Portal www.muensterland-tourismus.de aufzusuchen. Dabei sei ihm die 3 Sterne-Werbung nicht aufgefallen.

14. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

15. Das Gericht hat den Beklagten persönlich angehört und Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen L und E2. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15.12.2017 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

16. Die Klage ist bis auf einen Teil der für die Abmahnkosten beanspruchten Zinsen begründet.

1.

17. Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. Anhang Nr. 2, 5 Abs. 1 UWG zu.

18. Es besteht kein Streit darüber, dass der Ferienhof des Beklagten auf dem Buchungsportal www.muensterland-tourismus.de ohne eine entsprechende DEHOGA-Zertifizierung mit 3 Sternen beworben worden ist. Auch darüber, dass die unberechtigte 3-Sterne-Werbung eine wettbewerbliche Irreführung darstellt, wird nicht gestritten. Streit besteht allein darüber, ob der Beklagte als Täter für die irreführende Werbung haftet. Dies ist der Fall.

19. Schuldner der in § 8 Abs. 1 UWG geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung selbst, durch einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem anderen adäquat kausal verwirklicht oder sich als Teilnehmer an der deliktischen Handlung eines Dritten beteiligt (BGH, Urteil vom 03.03.2016, GRUR 2016, 961, 963).

20. Im vorliegenden Fall ist das Verhalten des Beklagten auch dann adäquat kausal für die eingetretene Irreführung gewesen, wenn er die 3-Sterne-Werbung nicht selbst durch entsprechende Angaben gegenüber dem Betreiber des Buchungsportals www.muensterland-tourismus.de veranlasst hat.

21. Das Kriterium der Adäquanz dient im Rahmen der Feststellung des Zurechnungszusammenhangs dem Zweck, diejenigen Kausalverläufe auszugrenzen, die dem Schädiger billigerweise nicht mehr zugerechnet werden können. Nach ständiger Rechtsprechung besteht im Deliktsrecht ein adäquater Zusammenhang zwischen Tatbeitrag und Taterfolg, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach regelmäßigem Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet ist (vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 1971 – VII ZR 313/69, BGHZ 57, 137, 141; Urteil vom 9. Oktober 1997 – III ZR 4/97, BGHZ 137, 11 , 19 m.w.N; Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., Vorb. v. § 249 Rn. 26; MünchKomm.BGB/Oetker, 7. Aufl., § 249 Rn. 110). Hieran kann es fehlen, wenn der Geschädigte oder ein Dritter in völlig ungewöhnlicher und unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden erst endgültig herbeiführt (vgl. BGH, Urteil vom 7. Januar 1988 – IX ZR 7/87 – NJW 1988, 1262, 1263; BGHZ 137, 11, 19, jeweils mwN). Bei der Ermittlung der Adäquanz ist auf eine nachträgliche Prognose abzustellen, bei der neben den dem Schädiger bekannten Umständen alle einem optimalen Betrachter zur Zeit des Eintritts des Schadensereignisses erkennbaren Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Der so festgestellte Sachverhalt ist unter Heranziehung des gesamten, zur Zeit der Beurteilung zur Verfügung stehenden menschlichen Erfahrungswissens darauf zu prüfen, ob er den Eintritt des Schadens in erheblicher Weise begünstigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1951 – I ZR 31/51, BGHZ 3, 261, 266 f.; Urteil vom 15. Oktober 1971 – I ZR 27/70, VersR 1972, 67, 69; Urteil vom 03. März 2016 – I ZR 110/15 –, Rn. 34, juris).

22. Nach diesem Maßstab ist die vom Beklagten vorgenommene Einstellung seines Ferienhofes auf dem Buchungsportal www.muensterland-tourismus.de adäquat kausal für die Irreführung gewesen.

23. Nach dem durch die Beweisaufnahme bestätigten Sachvortrag des Beklagten können Angaben zu den Unterkunftsbetrieben und Veränderungen dieser Angaben nur durch den Betreiber selbst vorgenommen werden, nicht aber durch die das Buchungsportal nutzenden Unterkunftsbetreiber. Mit der Nutzung des Portals lässt der Unterkunftsbetreiber im eigenen Namen eine Präsentation veröffentlichen, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Portalbetreiber die Angaben zu den Unterkunftsbetrieben und Veränderungen dieser Angaben vorbehalten sind. Diese Möglichkeit der Einflussnahme auf die inhaltliche Gestaltung führt – wie dem objektiven Betrachter im Vornhinein ohne Weiteres erkennbar ist – im Falle der Hinzufügung einer unzutreffenden Sterneklassifizierung zum irreführenden Gehalt der vom Unterkunftsbetreiber eingestellten Präsentation. Bei wertender Betrachtung liegt es aber keinesfalls außerhalb der Lebenserfahrung, dass es zur Einstellung unzutreffender Sterneklassifizierungen kommt, so dass ein entsprechender Fehler des Portalbetreibers, der hier möglicherweise darin liegt, dass bei Schaffung der Schnittstelle zum Buchungsportal Land-Tourismus die dort für einzelne Zimmer und Wohnungen hinterlegte Sterneklassifizierung übernommen worden ist, oder darin, dass die Angabe eines anderen Unterkunftsbetreibers irrtümlich dem Betrieb des Beklagten zugeordnet worden ist, nicht als völlig ungewöhnliche und unsachgemäße Handlungsweise angesehen werden kann, die die Adäquanz entfallen ließe. Die dem Portalbetreiber eingeräumte Möglichkeit, der Präsentation des Unterkunftsbetreibers von diesem nicht kontrollierbare Informationen hinzuzufügen, erweist sich als Umstand, der einen irreführenden Gehalt der Präsentation erheblich begünstigt. Die Zurechnung der Gefahr, in dieser Konstellation für falsche Angaben Dritter zu haften, stellt deshalb keine völlig unvorhersehbare Rechtsfolge dar, weil sie gleichsam die Kehrseite der von den Unterkunftsbetreibern in Anspruch genommenen Vorteile einer internetbasierten, allgemein zugänglichen und eine weitgehende Transparenz vermittelnde Buchungsplattform darstellt.

24. Bei dieser Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, dass dem Beklagten auch eine Verletzung seiner Überwachungs- und Prüfungspflichten auf mögliche Veränderungen der Präsentation seines Ferienhofes auf dem Buchungsportal muensterland-tourismus.de zur Last fällt. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann die Sterneklassifizierung, wenn sie nicht durch den Beklagten selbst veranlasst worden ist oder auf der geraume Zeit zurückliegenden Schaffung der Schnittstelle zum Buchungsportal Land-Tourismus beruht, nur durch eine sehr unwahrscheinliche Falschzuordnung der Angabe eines anderen Unterkunftsbetreibers erfolgt sein. Es kann aber nicht angenommen werden, dass sich ein solcher Zuordnungsfehler, der – wenn überhaupt – nur äußerst selten vorkommen wird, ausgerechnet in der eine Woche umfassenden Zeitspanne vor Feststellung des Verstoßes am 24.03.2017 ereignet haben soll, in der der Beklagte die Buchungsplattform regelmäßig kontrolliert haben will.

2.

25. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten der berechtigten Abnahme in Höhe von 267,50 € ergibt sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

3.

26. Der zugesprochene Zinsanspruch ist aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB gerechtfertigt. Da nicht dargelegt ist, dass sich der Beklagte bereits vor Rechtshängigkeit mit der Ausgleichung der Abmahnkosten in Verzug befunden hat, muss der weitergehende Zinsanspruch der Abweisung unterliegen.

II.

27. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

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