Minderung des Reisepreises bei Pauschalreise wegen erhebliche Mängel und Lärm
LG Hannover: Minderung des Reisepreis bei Pauschalreise wegen erhebliche Mängel und Lärm
Die Klägerin hatte bei der Beklagten eine Reise mit Ferienwohnung gebucht. Wegen einer angrenzenden Baustelle und weiterer negativer Umstände verlangt sie Minderung des Reisepreises.
Das Gericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Lärmbelastung begründe in der Tat einen Minderungsanspruch, andere Umstände seien hingegen als bloße Unannehmlichkeiten hinzunehmen.
LG Hannover | 8 O 2/02 (Aktenzeichen) |
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LG Hannover: | LG Hannover, Urt. vom 12.09.2003 |
Rechtsweg: | LG Hannover, Urt. v. 12.09.2003, Az: 8 O 2/02 |
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Leitsatz:
2. Baulärm von einer an ein Ferienappartement angrenzenden Baustelle begründet einen Preisminderungsanspruch.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin hatte bei der Beklagten für sich und ihre Familie eine Reise mit Ferienwohnung als Pauschalreise gebucht. Wegen einer angrenzenden Baustelle und weiterer negativer Umstände verlangt sie Minderung des Reisepreises.
Das Gericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Die Lärmbelastung begründe in der Tat einen Minderungsanspruch, andere Umstände seien hingegen als bloße Unannehmlichkeiten hinzunehmen. Insbesondere sei es in Zeiten des Massentourismus hinzunehmen, wenn an der Essens- und Getränkeausgabe Wartezeiten bestünden und Tische nicht sofort ein- und abgedeckt würden. Schließlich sei wegen der geringen Minderungsquote keine vertane Urlaubszeit zu ersetzen.
Tenor:
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.045,08 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. März 2002 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
5. Die Klägerin buchte für sich und ihre Familie (Ehemann, Schwiegermutter und vier Kinder) bei der Beklagten in der Zeit vom 5. bis 19. August 2001 in der Ferienanlage … eine Pauschalreise zum Gesamtpreis von 11.860,00 DM. Sie verlangt 70 % Minderung des Reisepreises und Schadensersatz wegen entgangenen Urlaubsgenusses.
6. Die Beklagte hat vorprozessual 2.700,00 DM an die Klägerin erstattet.
8. Die Reiseleistung der Beklagten habe ganz erhebliche Mängel aufgewiesen, die sie allesamt von Anfang an bei der örtlichen Reiseleitung mündlich gerügt habe und nochmals schriftlich mit der sogenannten „Gästemeldung“ vom 13.8.2001.
9. Die Clubanlage sei hufeisenförmig von einer Baustelle umgeben gewesen, so dass erhebliche Beeinträchtigungen durch Lärm und Staub aufgetreten seien. Die Bauarbeiten hätten den ganzen Tag über gedauert und zwar von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr und samstags von 8.00 Uhr bis 19.00 Uhr. Insoweit sei eine Minderung von 30 % angemessen.
10. Die Clubanlage habe keinen Zugang zum Strand gehabt. Der Strand sei 100 m Luftlinie entfernt gewesen. Aufgrund von notwendigen Umwegen – bedingt durch die benachbarte Baustelle – sei der Weg zum Strand 700 m lang gewesen, wofür eine Gehzeit von 15 Minuten angefallen sei. Insoweit könne nicht von einem Beach Club geredet werden. Eine Minderung von 25 % sei entsprechend angemessen.
11. Der Service in der Anlage habe erhebliche Mängel aufgewiesen. Es habe für eine „all-inclusive“ Leitung zu wenig Getränke gegeben. Die Getränkebehälter seien nicht nachgefüllt worden. Insoweit hätten sich lange Wartezeiten ergeben. Infolge zu wenig Personals habe auch das Abräumen und Eindecken der Tische zu lange gedauert. Darüber hinaus sei nicht die im Prospekt angekündigte vier mal wöchentliche abendliche Animation angeboten worden. Eine Minderung von 5 % sei insoweit berechtigt.
12. Die Reiseleitung sei unangemessen gewesen. Sie habe die vor Ort vorgebrachten mündlichen Rügen gar nicht erst entgegengenommen, sondern lediglich auf die schriftlich auszufüllende Gästemeldung verwiesen mit dem gleichzeitigen Bemerken, man habe eine Billigreise gebucht und dies solle man bei seinen Rügen immer berücksichtigen. Auch insoweit sei eine Minderung von 5 % angemessen.
13. Die Unterkunft sei schließlich ebenfalls mängelbehaftet gewesen und zwar dadurch, dass das Appartement nur 20 m von einer Bar entfernt gewesen sei. Durch die Barbesucher, insbesondere die an- und abfahrenden Autos, die über einen losen Gullydeckel gefahren seien, wäre die Nachtruhe ganz erheblich gestört worden. Entsprechend sei dafür eine Minderung von 10 % angemessen.
14. Neben der Minderung sei auch ein Schadensersatz wegen entgangenen Urlaubsgenusses begründet. Bei den vorliegenden erheblichen Mängeln seien die Voraussetzungen des § 651 f Abs. 2 BGB erfüllt.
16. die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.864,26 € als Minderung sowie Entschädigung gemäß § 651 f Abs. 2 BGB nebst Zinsen auf diese Forderung in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 1.3.2002 zu zahlen.
19. Sie hält zunächst eine Abtretung der Entschädigungsansprüche bezüglich des entgangenen Urlaubsgenusses für unwirksam. Im übrigen erfülle das Rügeschreiben der Klägerin vom 28.6.2001, indem auf den Vortrag im Parallelverfahren verwiesen worden sei, nicht den Erfordernissen des § 651 g BGB.
20. Abgesehen davon seien mit Ausnahme der Beeinträchtigung durch die benachbarte Baustelle, keine zur Minderung berechtigten Mängel vorhanden gewesen, abgesehen davon, dass diese auch nicht rechtzeitig gerügt worden seien.
21. Wegen des Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
22. Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 6.12.2002 (Bl. 90 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 18.7.2002 mit dem dazugehörigen Vermerk Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
23. Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet bezüglich der geltend gemachten Minderung, während der Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangenen Urlaubsgenusses erfolglos bleibt.
24. Das Rügeschreiben der Klägerin vom 28. August 2001, in dem keine einzelnen Mängel enthalten sind, sondern auf eine Mängelliste Bezug genommen wird, die für eine Vielzahl anderer Verfahren ebenfalls Verwendung gefunden hat, erfüllt die Voraussetzungen des § 651 g BGB. Denn es ist ausreichend, wenn von Seiten des Reisenden unzweifelhaft Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden, auch wenn diese nicht im einzelnen ausführlich begründet werden. Diesen Erfordernissen entspricht das genannte Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin.
25. Die Mängel sind auch von der Klägerin rechtzeitig vor Ort gerügt worden. Nach den glaubwürdigen Angaben des Ehemanns der Klägerin, dem Zeugen Haag, geht die Kammer davon aus, dass die von der Klägerin behaupteten Mängel alsbald nach ihrem Auftreten und damit vor Abfassung der schriftlichen Gästemeldung vom 13.8.2001 mündlich gegenüber der örtlichen Reiseleitung gerügt worden sind.
26. Bezüglich der einzelnen von der Klägerin behaupteten Mängel gilt sodann folgendes:
28. Das Vorhandensein der Baustelle in unmittelbarer Nähe der von der Klägerin gebuchten Ferienanlage ist unstreitig. Dass von einer derartigen Baustelle ganz erhebliche Beeinträchtigungen in Form von Lärm und Staub ausgehen, entspricht der Lebenserfahrung und ist der Kammer auch aus verschiedenen Parallelverfahren hinsichtlich derselben Anlage bekannt. Die von der Klägerin insoweit begehrte Reisepreisminderung von 30 % ist bei einer solchen Großbaustelle, wie sie hier vorgelegen hat, durchaus angemessen und damit begründet.
30. Insoweit liegt kein Mangel vor. Im Prospekt der Beklagten (Bl. 60 d.A.) heißt es ausdrücklich, dass die Appartements je nach Lage vom Strand und vom Haupthaus 100 m bis 800 m entfernt sein können. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin betrug die Entfernung ihres Appartements bis zum Strand einschließlich baustellenbedingter Umwege 700 m. Damit lag diese Entfernung aber noch in dem von der Beklagten im Prospekt angegebenen Rahmen, so dass ein Mangel nicht vorliegt.
32. Auch hierzu ist ein Mangel nicht festzustellen. Wartezeiten an Getränkeautomaten und beim Ab- und Eindecken der Tische sind in einer 3-Sterne-Anlage im Zeitalter des Massentourismusses fast unabwendbar und von den Reisenden als bloße Unannehmlichkeit hinzunehmen. Auch der Hinweis der Klägerin darauf, dass entgegen der Prospektangabe nicht viermal ein abendliches Unterhaltsprogramm stattgefunden hat, sondern lediglich zweimal, wie es der Zeuge … bestätigt hat, ist zwar ein Mangel, dem aber kein minderungswürdiges Gewicht beizumessen ist.
34. Soweit die Klägerin ein unfreundliches Verhalten der Reiseleitung und insbesondere in diesem Zusammenhang deren Hinweis darauf, dass Mängelrügen schriftlich gerügt werden müßten, vorträgt, stellt dies keinen Mangel dar, sondern ist ebenfalls nur als eine Unannehmlichkeit zu werten.
36. Nach den Angaben des Zeugen … ist die Nachtruhe in empfindlicher Weise durch die in der Nähe befindliche Bar und insbesondere durch die ab- und anfahrenden Autos, die oft über einen losen Gullydeckel gefahren sind was erheblichen Krach ausgelöst hat, beeinträchtigt worden. Dies ist ein Mangel, den die Beklagte hätte abhelfen müssen, was aber nicht geschehen ist. Die von der Klägerin dafür geltend gemachte Minderung von 10 % ist nach Überzeugung der Kammer durchaus angemessen.
37. Entsprechend steht der Klägerin insgesamt eine Minderung von 40 % zu. Bei einem Reisepreis von 11.860,00 DM ergeben 40 % = 4.744,00 DM. Davon sind abzusetzen die von der Beklagten vorprozessual gezahlten 2.700,00 DM, so dass ein Betrag von noch 2.044,00 DM verbleibt, dies entspricht eine Summe von 1.045,08 €.
38. Ein Anspruch auf entgangenen Urlaubsgenuß nach § 651 f BGB steht der Klägerin nicht zu. Diese Vorschrift (Abs. 2) setzt eine erhebliche Beeinträchtigung der Reiseleitung voraus. Dabei kann es dahinstehen, ob eine solche Erheblichkeit erst bei einer Minderung von über 50 % anzunehmen ist, wie es die ganz herrschende Rechtsprechung bisher durchgängig getan hat. Bei einer Minderung von lediglich 40 % kann nach Überzeugung der Kammer jedenfalls von einer solchen Erheblichkeit noch nicht ausgegangen werden.
39. Der Zinsanspruch beruht auf § 288 BGB.
40. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11 ZPO.
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