Haftung des Parkplatzeigentümers für Schäden an Fahrzeugen

LG Magdeburg: Haftung des Parkplatzeigentümers für Schäden an Fahrzeugen

Nachdem sie ihr Fahrzeug auf einem privaten Parkplatz abgestellt hatte, löste sich eine Lawine aus Schnee vom Dach eines anliegenden Gebäudes und beschädigte das Auto der Klägerin. Aus diesem Grund verlangt sie von dem Eigentümer des Parkplatzes eine Schadensersatzzahlung.

Das Landgericht Magdeburg hat die Klage abgewiesen. Während ein vertraglicher Schadensersatzanspruch am Fehlen eines entsprechenden Vertragsverhältnisses scheitere, scheide ein deliktischer Anspruch wegen einer fehlenden Verschuldens des Grundstückeigentümers aus.

LG Magdeburg 9 O 1296/10 (Aktenzeichen)
LG Magdeburg: LG Magdeburg, Urt. vom 03.02.2011
Rechtsweg: LG Magdeburg, Urt. v. 03.02.2011, Az: 9 O 1296/10
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Landgericht Magdeburg

1. Urteil vom 03. Februar 2011

Aktenzeichen: 9 O 1296/10

Leitsatz:

2. Keine Haftung des Grundstückseigentümers für beschädigtes Auto, bei Sachschäden durch Dachlawine auf Privatparkplatz.

Zusammenfassung:

3. Die Halterin eines PKW parkte ihren Wagen auf einem privaten Parkplatz. Obwohl das Dach eines nah angrenzenden Hauses sichtbar mit einer großen Menge Schnee bedeckt war, stellte sie ihr Auto direkt unter der Kante des Daches ab. Als die Fahrerin nach einiger Zeit zu ihrem Wagen zurückkehrte, hatte sich eine Dachlawine gelöst und Beschädigungen an der Karosserie verursacht. Die Fahrerin verlangt nun von dem Eigentümer des Parkplatzes den Schaden an ihrem Auto zu ersetzen.

Der Parkplatzeigentümer weigert sich der Zahlung. Schon zum Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeuges sei absehbar gewesen, dass das Dach mit einer immensen Menge Schnee bedeckt gewesen war. Das Abrutschen der Lawine sei mithin vorhersehbar gewesen und sei nicht durch ihn zu entschädigen.

Das Landgericht Magdeburg hat die Klage abgewiesen. Durch das Abstellen des Fahrzeuges auf dem Grundstück des Beklagten sei zwischen den beiden Parteien kein Vertragsverhältnis zustandegekommen. Entsprechend scheide ein Schadensersatz auf vertraglicher Grundlage aus.

Ein deliktischer Schadensersatzaspruch im Sinne von § 823 I BGB scheitere hingegen am mangelnden Verschulden des Beklagten. Da das Dach unstreitig von Anfang an mit einer beträchtlichen Menge Schnee bedeckt gewesen war, war der Sturz der Schneelawine abzusehen. Eine Warn- oder Beseitigungspflicht habe nicht bestanden. Entsprechend falle die Beschädigung nicht in den Veranwortungsbereich des Parkplatzeigentümers.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aus diesem Urteil noch zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

5. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz. Sie fährt einen Opel Corsa C. Der Beklagten gehört das Grundstück … in … Die Klägerin mietete ab dem 1.10.2008 von einer Mieterin der Beklagten einen zum Grundstück gehörenden Parkplatz.

6. Nicht nur die Dachneigung, sondern auch die damaligen Witterungsverhältnisse ließen am 5.2.2010 eine Dachlawine mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarten. Die Wochen vor dem Unfallereignis schneite es sehr viel. Es war der schneereichste Winter seit über 20 Jahren. Teilweise lag der Schnee meterhoch auf den Dächern. Dazu kamen erhebliche Temperaturschwankungen, die den Abgang sehr gefährlicher Dachlawinen begünstigten.

7. Die Klägerin behauptet, sie habe auf diesem Parkplatz am 5.2.2010 gegen 9:00 Uhr das Fahrzeug abgestellt, das ihr Eigentum sei. Gegen 11:00 Uhr habe sich vom Dach des Hauses eine Schnee- und Eislawine gelöst und das Fahrzeug beschädigt.

8. Die Klägerin vertritt die Auffassung, sie sei nicht als ortskundig anzusehen. Zwar habe sie den Parkplatz angemietet, aber sie wohne dort nicht und nehme die Umgebung daher nicht bewusst wahr. Aufgrund der Eröffnung des Parkplatzes sei die Beklagte verpflichtet gewesen, Schneefanggitter anzubringen. Sie habe zudem das Anbringen von Warnschildern oder die Sperrung des Parkplatzes unterlassen.

9. Die Klägerin beantragt die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5041,61 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 13.10.2010 zu zahlen, festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin infolge des Geschehens vom 5.2.2010 noch weitere Schadensersatzpositionen zu 100% zu ersetzen hat die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 546,69 € jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 13.10.2010 zu zahlen.

10. Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

11. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

12. Die Klage ist unbegründet.

13. Aus Vertrag haftet die Beklagte schon deshalb nicht, weil zwischen den Parteien keine vertragliche Beziehung besteht. Die Beklagte haftet aber auch nicht aufgrund Delikts.

14. Insoweit kann dahinstehen, ob das Vorbringen zum Ereignis und zum Eigentum zutrifft und ob die die Beklagte eine Verkehrssicherungspflichtverletzung trifft. Die Klägerin muss sich nämlich entgegenhalten lassen, dass die behauptete Dachlawinengefahr für sie zumindest ebenso wie für die Beklagte erkennbar und sich aufdrängend war.

15. Die Klägerin hat in der Klageschrift gut nachvollziehbar dargestellt, dass eine Dachlawine mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. Sie kann sich auch nicht auf Ortsunkundigkeit berufen. Die Klägerin nutzte den Parkplatz seit langem. Ihr kann auch nicht entgangen sein, welche Witterungsverhältnisse herrschten. Unter diesen Umständen hat sich die Klägerin geradezu sehenden Auges in die Gefahr begeben. Die Klägerin hätte den Schaden ohne weiteres vermeiden können, wenn sie das Fahrzeug nicht an einer Stelle geparkt hätte, an der eine Beschädigung durch eine Dachlawine mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. Ihr eigenes Verschulden wiegt so schwer, dass es ein etwaiges Verschulden der Beklagten völlig überwiegt.

16. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§91, 708Nr.11, 711 ZPO.

17. Der Streitwert beträgt € 5.836,24

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