Verletzung eines Gütesiegels

OLG Frankfurt: Verletzung eines Gütesiegels

Ein Verein zum Schutz von Verbraucherinteressen klagt gegen ein gewerbliches Unternehmen auf Unterlassung. Die Beklagte hatte an Reiseunternehmen, gegen die Entrichtung einer Lizenzgebühr, ein eigenes Gütesiegel ausgegeben.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat dem Klägerbegehren entsprochen. Weil für die Nutzung des Siegels die Abgabe einer Gebühr von Nöten sei, stelle es keinen zuverlässigen Indikator für die Tauglichkeit eines Unternehmens dar und verstoße somit gegen § 1, 3 UWG.

OLG Frankfurt 6 W 16/94 (Aktenzeichen)
OLG Frankfurt: OLG Frankfurt, Urt. vom 08.03.1994
Rechtsweg: OLG Frankfurt, Urt. v. 08.03.1994, Az: 6 W 16/94
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Oberlandesgericht Frankfurt

1. Urteil vom 08. März 1994

Aktenzeichen: 6 W 16/94

Leitsatz:

2. Verleiht ein gewerbliches Unternehmen an Touristik-​Unternehmen – die nicht zu den „schwarzen Schafen“ gehören – ein Gütesiegel und erhebt für die Benutzung des Gütesiegels Lizenzgebühren, so liegt darin ein Verstoß gegen § 1 UWG, weil der Verkehr bei dem „Gütesiegel“ davon ausgeht, dass das Unternehmen, das dieses Siegel führt, von einem fachkundigen und unbeteiligten Dritten begutachtet worden ist.

Zusammenfassung:

3. Ein Verein zum Schutz von Verbraucherinteressen klagt gegen ein gewerbliches Touristik-Unternehmen auf Unterlassung. Das Unternehmen hatte an Reiseveranstalter ein Gütesiegel ausgegeben, um für deren Tauglichkeit zu werben. Zur Erlangung des Siegels hatten die betroffenen Unternehmen eine Lizenzgebühr entrichten müssen. Aus diesem Grund hält der Kläger die Vergabe des Siegels für unzulässig.

Ein Gütesiegel sei ausschließlich dann zur Kategoriesierung von Unternehmen geeignet, wenn es ausnahmslos jeden Marktteilnehmer aufgrund von sachgerechten Kriterien bewertet.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat dem Klägerbegehren entsprochen. Die Vergabe eines kostenpflichtigen Gütesiegels verstoße gegen §§ 1, 3 UWG. Hiernach sind geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie der unternehmerischen Sorgfalt widersprechen und dazu geeignet sind, das Verhalten der Verbraucher wesentlich zu beeinflussen.

Wegen der kommerziellen Vergabe des Gütesiegels sei dieses nicht dazu geeignet die Stellung der Martkteilnehmer neutral und sachgerecht zu bewerten.

Gründe:

4. Das Eilbegehren ist zulässig und begründet, denn die angegriffene Werbemaßnahme verstößt gegen §§ 1, 3 UWG.

5. Bei der angegriffenen Werbung für das „Gütesiegel“ der Antragsgegnerin handelt es sich um eine Maßnahme, mit der die Antragsgegnerin den Wettbewerb ihrer Lizenznehmer fördert, indem diesen mit der Verleihung des „Gütesiegels“ die Möglichkeit eröffnet wird, ggü. Kunden und Geschäftspartnern als Unternehmen aufzutreten, das von einer neutralen Instanz auf seriöses Geschäftsgebaren geprüft ist und deshalb nicht zu den „schwarzen Schafen“ der Touristikbranche zählt. Das „Gütesiegel“ dient mithin der Empfehlung der Leistungen Dritter, so daß die Antragsgegnerin mit der Verleihung fremden Wettbewerb fördert und damit zu Zwecken des Wettbewerbs handelt. Die Antragsgegnerin zieht dies auch nicht in Zweifel.

6. Eine solche Maßnahme kann wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden sein, wenn das Siegel nach einer sachgerechten Prüfung durch eine neutrale Instanz verliehen wird. Daran fehlt es im Streitfall. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es eine sachgerechte Prüfung seriösen Geschäftsgebarens im Bereich der Touristik-​Unternehmen darstellt, wenn die an der Führung des Siegels Interessierten lediglich Gewinn und Verlust aus den letzten 3 Jahren angeben, die weiteren Angaben des Antrags ausfüllen und einem Steuerberater Einblick in ihre Bilanzen geben müssen. Denn die Antragstellerin läßt die Überprüfung der an der Führung des Siegels interessierten Unternehmen nicht von einem neutralen Dritten, sondern von einem von ihr beauftragen Steuerberater vornehmen, sie verlangt für das Führen des „Gütesiegels“ eine Lizenzgebühr, läßt sich also die in der Verleihung des „Gütesiegels“ liegende Empfehlung bezahlen.

7. Wie in Fällen der Gutachtenwerbung, so geht der Verkehr auch bei dem umstrittenen „Gütesiegel“ davon aus, daß ein Unternehmen, das dieses Siegel führt, von einem fachkundigen und unbeteiligten Dritten begutachtet und seine Seriosität als außer Zweifel stehend befunden worden ist. An einer durch einen unbeteiligten Dritten durchgeführten unabhängigen Begutachtung fehlt es, wenn für das Führen der in dem Siegel liegenden Empfehlung Lizenzgebühren zu entrichten sind.

8. Der angefochtene Beschluß ist daher abzuändern und die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen.

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