Zumutbarkeit eines Ersatzfluges mit anderem Zielflughafen

LG Landshut: Zumutbarkeit eines Ersatzfluges mit anderem Zielflughafen

Die Kläger hatten bei der Beklagten Flüge gebucht, die annulliert wurden. Sie buchten daraufhin eigenständig Ersatztickets in der Business-Class. Die Mehrkosten verlangen sie ersetzt.

Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landgericht schloss sich dem an. Es sei den Klägern zumutbar gewesen, auf die Alternativbeförderung der Beklagten zu warten. Die Buchung von Tickets einer anderen Klasse sei nicht angemessen gewesen.

LG Landshut 14 S 3021/17 (Aktenzeichen)
LG Landshut: LG Landshut, Urt. vom 08.02.2018
Rechtsweg: LG Landshut, Urt. v. 08.02.2018, Az: 14 S 3021/17
AG Erding, Urt. v. 02.11.2017, Az: 5 C 756/17
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Landgericht Landshut

1. Urteil vom 08. Februar 2018

Aktenzeichen 14 S 3021/17

Leitsatz:

2. Die eigenständige Buchung von Ersatztickets einer höheren Preisklasse bei Annullierung kann ungerechtfertigt sein, mit der Folge dass die Mehrkosten selbst zu tragen sind.

Zusammenfassung:

3. Die Kläger hatten bei der Beklagten Flüge für sich und ihre kleinen Kinder gebucht, die annulliert wurden. Sie buchten daraufhin eigenständig Ersatztickets in der Business-Class. Die Mehrkosten verlangen sie ersetzt.

Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landgericht schloss sich dem an. Es sei den Klägern zumutbar gewesen, einige Stunden auf die Alternativbeförderung der Beklagten zu warten. Die Buchung von Tickets einer anderen Klasse sei nicht angemessen gewesen, insbesondere da die Tickets einen zehnfachen Preis hatten. Die Angemessenheit sei objektiv zu ermitteln, sodass die mitreisenden Kleinkinder hier die Kläger nicht begünstigen.

Tenor:

4. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Amtsgerichts Erding vom 02.11.2017, Aktenzeichen 5 C 756/17, wird zurückgewiesen.

Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Erding ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.672,55 € festgesetzt.

Gründe

5. Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Erding vom 02.11.2017, Aktenzeichen 5 C 756/17, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung der Kammer das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

6. Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis der Kammer Bezug genommen.

7. Auch die Ausführungen in der Gegenerklärung geben zu einer Änderung keinen Anlass.

8. Soweit die Kläger auf Seite 2 kritisieren, die Kammer habe zu Unrecht als unstreitig unterstellt, auf dem Markt seien lediglich bei A. freie Flugplätze zur Verfügung gestanden, kann die Kammer dies nicht nachvollziehen. In jedem klägerischen Schriftsatz wurde vorgetragen, dass es sich bei den A.-​Flügen um die letzten buchbaren Plätze handelte. Auch das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass zwischen den Parteien Übereinstimmung besteht, dass fünf zusammenhängende Plätze nur unter Berücksichtigung der Businessclass-​Plätze erhaltbar waren, vgl. Seite 6 des Ersturteils.

9. Die Kammer kann lediglich zur Kenntnis nehmen, dass die Kläger die Sichtweise der Kammer ablehnen. Die Kammer bleibt aber bei ihrer Ansicht, dass ein Businessclass-​Flug nicht mehr vergleichbar ist mit einem Economy-​Flug. Es ergeben sich zahlreiche Unterschiede im Service und auch im Sitzkomfort. Die Kläger werden wohl nicht ernsthaft behaupten wollen, dass zwischen Flügen, die pro Sitzplatz über 800 € kosten und Flügen, die pro Sitzplatz nicht einmal 100 € kosten kein Unterschied besteht. Die unterschiedlichen Flugklassen sind nun einmal eine Realität. Diese hat sich die Kammer auch nicht ausgedacht. Wer sich bei der Bahn mit einem 2. Klasse-​Ticket in ein 1.-​Klasse-​Abteil setzt, wird im Normalfall bei einer Kontrolle auch des Abteils verwiesen werden.

10. Nach Ansicht der Kammer hat die Buchungsklasse für die Vergleichbarkeit eine große Bedeutung. Es handelt sich hierbei um ein objektives und griffiges Kriterium. Wegen der gleichen Buchungsklasse hat die Kammer in dem genannten anderen Fall auch eine Vergleichbarkeit bejaht, auch wenn der Service bei L. besser war als beim gebuchten Low-​Cost-​Carrier.

11. Die Kammer hat auch dargelegt, dass es im Einzelfall durchaus sein kann, dass auch Businesclass-​Plätze angeboten werden müssen.

12. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass die Kläger die Meinung vertreten, in ihrem Fall läge ein solcher Einzelfall vor. Die Kammer hat jedoch dargelegt, warum sie diese Auffassung nicht teilt. Entscheidend ist für die Kammer, dass bei nur relativ überschaubarer Mehrwartezeit ein Subcharter zur Verfügung gestanden hätte, der die Kläger unter zumutbaren Bedingungen transportiert hätte. Was zumutbar ist, ist objektiv zu bestimmen und nicht nach der jeweiligen Sondersituation (hier: mehrere kleine Kinder), in der sich die Fluggäste befinden. Die Kammer bleibt dabei, dass der organisierte Ersatzflug zumutbar gewesen wäre.

13. Die Kammer sieht auch keine Veranlassung die Revision zuzulassen. Zwar ist der Kammer bewusst, dass die hier vorliegende Frage unter Umständen von einem anderen Gericht anders gesehen werden könnte. Die Kammer will damit aber nicht zum Ausdruck bringen, dass sie sich ihrer Sichtweise nicht sicher wäre. Für die Kammer ist die Klage eindeutig zu Recht abgewiesen worden.

14. Nach § 534 Abs.2 ZPO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.

15. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Frage, ob vorliegend die Flüge bei A. anzubieten waren, ist eine Einzelfallentscheidung, die mit Sicherheit keine Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen hat.

16. Die Kammer kann auch nicht erkennen, dass die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes erfordern würde. Die hier vorliegende Situation, dass Reisende eines Low-​Cost-​Carrieres im Falle der Annullierung Businesclass-​Flüge buchen, die fast 10 mal so teuer sind wie die Ausgangsflüge, ist ein ausgesprochener Ausnahmefall. Nach Überzeugung der Kammer gibt der hiesige Fall keine Veranlassung für eine Entscheidung durch den BGH.

17. Es liegt auch kein Fall der Divergenz vor. Die Kammer konnte keine einschlägige Rechtsprechung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts recherchieren, die die Auffassung der Kläger stützen würde.

18. Der bloße Umstand, dass sich der BGH zu der hier maßgeblichen Fragestellung noch nicht geäußert hat, rechtfertigt die Zulassung der Revision jedenfalls nicht.

19. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

20. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.

21. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.

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