Wirksamkeit eines generellen Abtretungsverbotes in AGB

BGH: Wirksamkeit eines generellen Abtretungsverbotes in AGB

Der Kläger ist Verwalter im Konkurs über das Vermögen einer Möbel-Vertriebs-GmbH. Von der beklagten Bank fordert der Kläger die Freigabe eines Betrages, den ein Abnehmer der Möbel-Vertriebs-Firma hinterlegt hatte. Die Beklagte verweigerte dies und bezog sich zur Begründung auf ein „Abtretungsverbot“ in deren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Der BGH soll die Frage klären, ob ein solches Abtretungsverbot grundsätzlich wirksam ist.

Der Bundesgerichtshofs entscheidet, dass eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit der der Verwender die Abtretung gegen ihn gerichteter Forderungen ausschließt, grundsätzlich mit § 9 des AGB-Gesetzes vereinbar und damit wirksam sei.

BGH IX ZR 239/89 (Aktenzeichen)
BGH: BGH, Urt. vom 30.10.1990
Rechtsweg: BGH, Urt. v. 30.10.1990, Az: IX ZR 239/89
OLG Koblenz, Urt. v. 15.09.1989, Az: 2 U 304/88
LG Mainz, Urt. v. 22.01.1988, Az: 11 HO 107/87
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Bundesgrichtshof

1. Urteil vom 30. Oktober 1990

Aktenzeichen IX ZR 239/89

Leitsatz:

2. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Regelung, mit der der Verwender die Abtretung gegen ihn gerichteter Forderungen ausschließt, ist grundsätzlich wirksam.

Zusammenfassung:

3. Von der Beklagten, einer Bank, fordert der Kläger, der Verwalter im Konkurs über das Vermögen einer Möbel-Vertriebs-GmbH, die Freigabe eines Betrages, den ein Abnehmer der Möbel-Vertriebs-Firma bei der Beklagten hinterlegt hatte. Die Beklagte verweigerte die Herausgabe jedoch und bezog sich zur Begründung auf ein „Abtretungsverbot“ in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Der BGH soll die Frage klären, ob ein solches Abtretungsverbot grundsätzlich wirksam sei.

Der Bundesgerichtshofs weist die Klage ab und entscheidet, dass eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit der deren Verwender die Abtretung gegen ihn gerichteter Forderungen ausschließt, grundsätzlich mit § 9 des AGB-Gesetzes vereinbar und damit wirksam sei.

Tatbestand:

4. Der Kläger verlangt als Verwalter im Konkurse über das Vermögen der Firma A + B MöbelVertriebs-GmbH (fortan: Gemeinschuldnerin) von der beklagten Bank Freigabe eines Betrages, den ein Abnehmer der Gemeinschuldnerin hinterlegt hat.

5. Die spätere Gemeinschuldnerin vertrieb Möbel, unter anderem an die Firma Möbel M. GmbH in K. (fortan: Firma M.). Grundlage war ein mit der Firma M. am 24. Juni 1983 geschlossener „Rahmenvertrag mit Lieferanten“ „zu den auf der Rückseite abgedruckten Einkaufsbedingungen“ der Firma M.. Die Vertragsparteien vereinbarten, daß abweichende Geschäftsbedingungen der Lieferanten unwirksam seien. Nach Nr. 6 Satz 2 der Vertragsbedingungen war die Abtretung von Forderungen durch Lieferanten aus allen Geschäften mit der Firma M. ausgeschlossen.

6. Am 7. August 1984 schlossen die Gemeinschuldnerin und die Beklagte einen „StandardFactoring-Vertrag“. Der Vertrag lautet auszugsweise:

7. I. … Die (Beklagte) kauft im Rahmen der von ihr für die Abnehmer eingeräumten Limite alle ab Vertragsbeginn entstehenden Forderungen aus Lieferungen und Leistungen des Kunden an. Alle nicht angekauften Forderungen verwaltet die (Beklagte) treuhänderisch. Damit übernimmt die (Beklagte) im Rahmen der Delkrederevereinbarung das Ausfallrisiko für die angekauften Forderungen.
II. … Der Kaufpreis für die Forderungen wird dem Kunden nach Rechnungsregulierung durch den Abnehmer, spätestens jedoch 120 Tage nach Fälligkeit (Delkrederefall), gutgebracht. Die (Beklagte) wird dem Kunden jedoch die Gegenwerte sofort nach Rechnungseinreichung im Rahmen der vertraglichen Verpflichtungen … zur Verfügung stellen … Die (Beklagte) ist nicht verpflichtet, Forderungen, die einem Abtretungsverbot unterliegen, … zu bevorschussen … In allen Fällen, in denen die (Beklagte) eine Bevorschussung nicht durchführt, wird sie den Forderungsgegenwert erst nach Eingang der Zahlung bei ihr … vergüten.
III. … 2. Durch die Delkrederezusage übernimmt die (Beklagte) das wirtschaftliche Risiko in Höhe der dem Kunden zugesagten Limite … Die (Beklagte) wird für jeden Abnehmer ein Limit festsetzen, bis zu dem sie das Delkredererisiko trägt …
IV. … 1. Der Kunde tritt der (Beklagten) seine sämtlichen diesen Vertrag betreffenden Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen ab gegen Abnehmer im Inland. …
5. Kann eine Forderung nur mit Zustimmung des Abnehmers abgetreten werden, so wird die Abtretung mit dieser Zustimmung wirksam. Wird ein Abtretungsverbot später durch Vertrag zwischen dem Kunden und dem Abnehmer aufgehoben oder stimmt der Abnehmer nachträglich zu, so wird die Abtretung im Augenblick der Aufhebung bzw. der Zustimmung wirksam. (Die Beklagte) und der Kunde sind sich darüber einig, daß die Zahlung durch den Abnehmer an die (Beklagte) für diesen schuldbefreiend wirkt und als Zustimmung zur Abtretung gilt. …
6. … Die (Beklagte) ist berechtigt, 1. ihrerseits die Abnehmer von der Zahlung der Forderungen zu unterrichten. Zu diesem Zweck ermächtigt der Kunde die (Beklagte), Abtretungsanzeigen für ihn zu unterschreiben und zu versenden …
2. sich von den Abnehmern jederzeit die Forderungen bestätigen zu lassen …“

8. Am 5. Juni 1985 gewährte die Beklagte der Gemeinschuldnerin einen zusätzlichen Kredit über 1 Mio DM, zu dessen Sicherung diese alle bisher nicht erfaßten Forderungen gegen Abnehmer im Inland abtrat. Die hier streitigen Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen die Firma M. verbuchte die Beklagte zunächst auf dem für diesen Kredit vorgesehenen Sonderkonto, und zwar mit der Erläuterung „Abtretungsverbot“.

9. Am 4. Juli 1986 fand eine Besprechung zwischen den Geschäftsführern der Gemeinschuldnerin und Vertretern der Gläubigerbanken, unter anderem der Beklagten, statt, auf der die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in die die Gemeinschuldnerin geraten war, erörtert wurden. Mit Schreiben vom 11. Juli 1986 legte die Beklagte der Firma M. das Factoring-Verhältnis nebst Forderungsabtretungen offen. Mit Fernschreiben vom 14. Juli 1986 kündigte sie den der Gemeinschuldnerin eingeräumten Sonderkredit mit sofortiger Wirkung und belastete das Kundenabrechnungskonto, auf dem die angekauften Forderungen gutgebracht wurden, mit dem Rückzahlungsbetrag. Durch diese Buchung geriet dieses Konto in das Soll.

10. Am 16. und 17. Juli 1986 wandte sich die Beklagte durch ihren Mitarbeiter F. telefonisch an den Mitarbeiter H. der Firma M.. Der Inhalt der Telefonate ist streitig. Unter dem 18. Juli 1986 richtete die Beklagte an die Firma M. „z. Hd. Herrn H.“ folgendes Schreiben:

11. „Sehr geehrter Herr H., wir beziehen uns auf das am 17.07.1986 geführte Telefonat, wonach Sie eine Abtretung der gegen Sie gerichteten Forderungen an uns zustimmen. Wie gewünscht erhalten Sie anliegend eine Kopie einer Ermächtigung, wonach wir berechtigt sind, die Abtretung der Forderungen anzuzeigen …“

12. Am 21. Juli 1986 hob die Beklagte das für Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen die Firma M. wegen des bestehenden Abtretungsverbotes bisher auf Null festgesetzte Limit auf 200.000 DM an und buchte die streitgegenständlichen Forderungen unter Abzug von 10% von dem Sonderkonto auf das Kundenabrechnungskonto um. Am 29. Juli 1986 wurde auf Antrag der Geschäftsführer vom 28. Juli 1986 über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt.

13. Mit Schreiben vom 28. August 1986 wandte sich die Firma M. an den Kläger. Darin heißt es unter anderem:

14. “ … Laut unseren allgemeinen Einkaufsbedingungen ist eine Forderungsabtretung durch Lieferanten aus allen Geschäften mit M. ausgeschlossen. Vor Kenntnis der Konkurseröffnung hatten wir uns jedoch bereit erklärt, Schecks zugunsten der (Gemeinschuldnerin) ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an die (Beklagte) zu adressieren. Wir bitten Sie hiermit, uns zu bestätigen, ob Zahlungen für noch offenstehende Rechnungen von uns an die (Beklagte) mit schuldbefreiender Wirkung durchgeführt werden können …“

15. Der Kläger gab die gewünschte Erklärung nicht ab. Er hält die Abtretung für unwirksam und verlangte mit der am 20. Juli 1987 erhobenen Klage Freigabe des von der Firma M. unter Ausschluß der Rücknahme zugunsten der Parteien hinterlegten Betrages von 176.458,26 DM nebst Hinterlegungszinsen. Hilfsweise berief er sich auf Konkursanfechtung.

16. Das Landgericht hat seiner Klage bis auf einen Teil der Zinsforderungen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

17. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

18. Der Berufungsrichter nimmt an, die Beklagte habe die Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen die Firma M. wegen des Abtretungsverbots in Nr. 6 Satz 3 des Rahmenvertrages zunächst nicht erworben. Diese Auffassung, welche die Revision als ihr günstig hinnimmt, ist richtig.

19. 1. Der Abtretungsausschluß verstößt nicht gegen § 9 AGB-Gesetz.

20. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Regelung, mit der der Verwender die Abtretung gegen ihn gerichteter Forderungen ausschließt, grundsätzlich wirksam. Der Abtretungsausschluß führt an sich zu keiner unangemessenen Benachteiligung des Gläubigers, andererseits schützt er die berechtigten Interessen des Schuldners an der Klarheit und Übersichtlichkeit der Vertragsabwicklung. Dem Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann deshalb grundsätzlich nicht verwehrt werden, durch Vereinbarung eines Verbots oder zumindest einer Beschränkung der Abtretungsmöglichkeit die Vertragsabwicklung übersichtlich zu gestalten und damit zu verhindern, daß ihm eine im voraus nicht übersehbare Vielzahl von Gläubigern entgegentritt (BGHZ 77, 274, 275; 102, 293, 300; BGH, Urt. v. 15. Juni 1989 – VII ZR 205/88, WM 1989, 1429, 1430; Urt. v. 9. Februar 1990 – V ZR 200/88, WM 1990, 464, 465). Eine solche Klausel kann allenfalls unwirksam sein, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an einem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit vertraglicher Forderungen das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen (BGHZ 65, 364, 366; BGH, Urt. v. 15. Juni 1989 aaO S. 1431; Urt. v. 9. Februar 1990 aaO S. 465). Der Berufungsrichter hat diese Rechtsgrundsätze beachtet. Er hat ein überwiegendes Interesse der Gemeinschuldnerin an der freien Verfügbarkeit ihrer Forderungen gegen die Firma M. in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint. Auch die Revisionserwiderung zeigt insoweit keinen Rechtsfehler auf.

21. 2. Die Vertragsbestimmung in Nr. 6 Satz 3 des Rahmenvertrages ist nicht überraschend im Sinne des § 3 AGB-Gesetz. Abtretungsverbote in Einkaufsbedingungen sind, wie auch der vorliegende Fall zeigt, üblich (vgl. MünchKomm/ Roth, BGB 2. Aufl. § 399 Rdn. 26). So trug der von der Beklagten verwendete vorformulierte Standard-Factoring-Vertrag Abtretungsverboten in zahlreichen Vertragsbestimmungen Rechnung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Gemeinschuldnerin und die Beklagte das Abtretungsverbot der Firma M. auch nicht übersehen, sondern die gegen diesen Abnehmer gerichteten Forderungen bis zum 17. Juli 1986 stets als nicht abtretbare Forderungen behandelt.

22. 3. Schließlich trifft die der Revision günstige Auffassung zu, das Abtretungsverbot erfasse sämtliche Abtretungen und damit auch die an eine Factoring-Bank im Rahmen eines echten Factoring-Geschäfts. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 40, 156, 160; 70, 299, 303) läßt eine Abrede über den Ausschluß der Abtretbarkeit einer Forderung (§ 399 BGB) diese von vornherein als ein unveräußerliches Recht entstehen mit der Folge, daß eine der Vereinbarung zuwiderlaufende Abtretung schlechthin und gegenüber jedem Dritten unwirksam ist und keinerlei Gläubigerrechte übertragen kann. Allerdings hat der Bundesgerichtshof auch entschieden, ein vereinbartes Abtretungsverbot hindere nicht, die vom Klauselverwender (Vorbehaltsverkäufer) erteilte Einzugsermächtigung dahin auszulegen, daß dem Vorbehaltskäufer die Zession der Forderungen aus dem Weiterverkauf der Vorbehaltsware im Rahmen eines echten Factoring-Geschäfts gestattet sei. Seinem erkennbaren Sinn und Zweck nach untersage ihm das Abtretungsverbot lediglich, zusätzlich zu dem gewährten Warenkredit mittels einer Sicherungszession Geldkredit in Anspruch zu nehmen, das heißt durch Eingehen von neuen Darlehensverbindlichkeiten die Sicherung des Warenkredites zu schmälern oder ganz auszuhöhlen (BGHZ 72, 15, 22).

23. Diese Auslegungsgrundsätze sind auf den vorliegenden Fall eines nicht mit dem Vorlieferanten, sondern mit dem Abnehmer vereinbarten Abtretungsverbots nicht übertragbar. Hier ist keine Einzugsermächtigung auszulegen. Die Interessenlage ist eine andere. Für den Abnehmer, der – wie hier – nicht in Vorleistung tritt, ist es belanglos, welche Zwecke sein Lieferant mit der Abtretung verfolgt und wie sich diese wirtschaftlich auf dessen Vermögen auswirkt. Ohne besondere Umstände des Einzelfalles, die das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, kommt deshalb eine einschränkende Auslegung des Abtretungsverbotes dahin, daß die im Wege des echten FactoringGeschäfts verkauften Forderungen ausgenommen sind, nicht in Betracht.

24. II. Danach kann die Beklagte nur Inhaberin der Forderungen geworden sein, wenn das vertraglich vereinbarte Abtretungsverbot vor Konkurseröffnung aufgehoben worden ist.

25. 1. Der Berufungsrichter bejaht dies. Er meint, für eine Aufhebung des Abtretungsverbots reiche es aus, daß der Schuldner sein Einverständnis mit der Abtretung der Forderung dem neuen Gläubiger gegenüber erkläre. Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

26. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügt im allgemeinen die einseitige Zustimmung des Schuldners, um das Abtretungsverbot aufzuheben (BGH, Urt. v. 25. September 1958 – VII ZR 181/57, LM BGB § 326 (Ea) Nr. 3; Urt. v. 6. Februar 1962 – VI ZR 223/61, WM 1962, 525, 527; Urt. v. 20. November 1967 – VIII ZR 137/65, WM 1968, 195). Ein das Schuldverhältnis abändernder Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner, den ein Teil des Schrifttums fordert (Soergel/ Zeiss, BGB 11. Aufl. § 399 Rdn. 9; Staudinger/Kaduk, BGB 10./11. Aufl. § 399 Rdn. 109; Larenz, Schuldrecht AT 14. Aufl. § 34 II S. 581 f; Furtner NJW 1966, 182, 186), ist hiernach nicht notwendig. Auf diese Frage kommt es vorliegend jedoch nicht an. Nr. IV. 5. des FactoringVertrages sieht vor, daß etwaige Abtretungsverbote entweder durch Vertrag zwischen der Gemeinschuldnerin und ihrem Abnehmer oder durch Zustimmung des Abnehmers aufgehoben werden, wobei Zahlungen an die Beklagte als Zustimmung zur Abtretung gelten. Danach war die Beklagte ermächtigt, mit der Firma M. die Aufhebung des Abtretungsverbotes zu vereinbaren. Dies ist – die Zustimmung der Firma M. unterstellt – geschehen. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte mit Schreiben vom 18. Juli 1986 die angebliche Zustimmung der Firma M. vom 17. Juli 1986 bestätigt.

27. 2. Der Berufungsrichter vertritt weiter die Auffassung, es könne offenbleiben, ob H. am 17. Juli 1986 fernmündlich das Einverständnis der Firma M. erklärt habe und er hierzu bevollmächtigt gewesen sei. Bei dem Schreiben der Beklagten vom 18. Juli 1986 handele es sich zwar nicht um ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, sondern um eine schriftliche Mitteilung, mit der ersichtlich eine Klarstellung der Sach- und Rechtslage bezweckt sei. Aber auch in einem solchen Fall könne der Vertragspartner des Kaufmanns nach Treu und Glauben entsprechend der Übung ordentlicher Kaufleute einen ausdrücklichen Widerspruch erwarten. Unterbleibe er, dürfe der Absender darauf vertrauen, daß seine Darstellung auch dem Willen des Adressaten entspreche. Bestehe die
Darstellung in der Bestätigung einer ihm zugegangenen mündlichen Erklärung des anderen Teils, gelte diese bei dessen schweigender Hinnahme als abgegeben.

28. Diese Ausführungen tragen das angefochtene Urteil nicht. Sie verletzen, wie die Revision zutreffend rügt, das materielle Recht und § 286 ZPO.

29. a) Richtig ist, daß Schweigen im kaufmännischen Geschäftsverkehr ausnahmsweise als Zustimmung gewertet werden kann, wenn nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs der Erklärungsempfänger eine Rechtspflicht zu widersprechen, jedenfalls zur Anmeldung von Vorbehalten hat, so daß der Erklärende bei deren Ausbleiben darauf vertrauen darf, sein Geschäftspartner sei mit dem Inhalt des Schreibens einverstanden (BGHZ 1, 353, 355; 18, 212, 216; BGH, Urt. v. 24. September 1980 – VIII ZR 299/79, WM 1980, 1397, 1399).

30. b) Das angefochtene Urteil kann jedoch keinen Bestand haben, weil das Berufungsgericht wesentlichen Prozeßstoff zur Frage der rechtlichen Wirkung des Schreibens vom 18. Juli 1986 übergangen und angetretene Beweise nicht erhoben hat.

31. aa) Nach ständiger Rechtsprechung und allgemeiner Ansicht im Schrifttum (BGHZ 40, 42, 44; 61, 282, 286 f; BGH, Urt. v. 25. Februar 1987 – VIII ZR 341/86, ZIP 1987, 584, 586; Schlegelberger/Hefermehl, HGB 5. Aufl. § 346 Rdn. 128; Baumbach/Duden/Hopt, HGB 28. Aufl. § 346 Anm. 3 D m.w.N.) braucht der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens nicht zu widersprechen, wenn sich dessen Inhalt so weit von dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung entfernt, daß der Absender mit dem Einverständnis des Empfängers nicht rechnen kann. Diese Schutzgrenze gilt erst recht in den Fällen, in denen das Schweigen auf ein kaufmännisches Schreiben als Zustimmung gewertet wird. Verhält sich der Absender selbst unredlich, kann er nicht darauf vertrauen, daß sein Geschäftspartner mit dem Inhalt des Schreibens einverstanden ist.

32. bb) Das Berufungsgericht hat diese Frage nicht erörtert, obwohl sich der Kläger ausdrücklich auf einen derartigen Sachverhalt berufen und unter Beweisantritt ausgeführt hatte, in dem bestätigten Telefongespräch vom 17. Juli 1986 habe es H. ausdrücklich abgelehnt, das Abtretungsverbot aufzuheben. Es sei lediglich in Aussicht gestellt worden, künftige Schecks zugunsten der Gemeinschuldnerin ohne Anerkennung einer Rechtspflicht an die Beklagte zu adressieren (Bl. 4, 224, 251 GA i.V.m. dem Schreiben der Firma M. vom 18. Dezember 1986). Träfe diese Behauptung zu, läge in der Bestätigung einer Zustimmung der Beklagte zur Abtretung eine so weitgehende Abweichung von dem wirklichen Inhalt der Vereinbarung, daß die Beklagte nach Treu und Glauben entsprechend der Übung ordentlicher Kaufleute nicht darauf vertrauen durfte, daß diese Darstellung dem Willen der Firma M. entsprach. Bei dieser Sachlage hätte das Berufungsgericht den Inhalt des Telefongesprächs vom 17. Juli 1986 nicht offenlassen dürfen.

33. III.  1. Da das Berufungsgericht weder die vor dem Landgericht erhobenen Beweise gewürdigt noch die Zeugen H. und F. erneut vernommen hat, mußte das angefochtene Urteil aufgehoben werden.

34. 2. Der Rechtsstreit ist nicht im Sinne einer Verurteilung der Beklagten entscheidungsreif.

35. a) Allerdings kann mit der Begründung des Berufungsgerichts die Konkursanfechtung nach § 30 Nr. 2 KO nicht verneint werden. Der Berufungsrichter meint, daß die Beklagte aus dem FactoringVertrag einen Anspruch auf Aufhebung des Abtretungsverbots habe. Diese Auffassung ist von Rechtsirrtum beeinflußt.

36. Im Factoring-Vertrag vom 7. August 1984 ist lediglich geregelt, daß die Abtretung wirksam werden sollte, falls das Abtretungsverbot vertraglich aufgehoben wird oder der Abnehmer der Abtretung zustimmt. Eine Verpflichtung der Gemeinschuldnerin, das Abtretungsverbot vertraglich aufzuheben oder die Firma M. als ihre Abnehmerin zur Zustimmung zur Abtretung zu bewegen, kann dem Factoring-Vertrag dagegen nicht entnommen werden. Die Kreditvereinbarung vom 5. Juni 1985 begründete ebenfalls keinen solchen Anspruch der Beklagten. Die Auffassung, daß der Beklagten durch das Wirksamwerden der Abtretung lediglich etwas gewährt werde, was sie in dieser Weise zu beanspruchen habe, trifft deshalb nicht zu.

37. Eine abschließende Entscheidung über die Konkursanfechtung ist dem Senat nicht möglich, weil die erforderlichen Feststellungen zum Zeitpunkt der Zahlungseinstellung und zur Kenntnis der Beklagten bisher nicht getroffen worden sind. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht für den Fall, daß es auf die Anfechtung ankommen sollte, Gelegenheit, ergänzende Feststellungen zu treffen und die Anfechtung neu zu prüfen.

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