Vertrag zur Vorbereitung und Vermittlung eines Schüleraustauschs

AG Siegburg: Vertrag zur Vorbereitung und Vermittlung eines Schüleraustauschs

Die Kläger sind eine Familie, die für ihre Tochter einen Austauschaufenthalt in den USA durch die Beklagte organisieren lassen wollten. Hierbei kam es zu einer Absage der von der Beklagten ausgemachten Gastfamilie, woraufhin die Kläger den Vertrag mit der Beklagten kündigten und eigenmächtig einen Flug für die Tochter in die USA buchten. In der Folge musste die Tochter ein weiteres Mal nach Deutschland fliegen, da ihr ursprüngliches Visum durch die Kündigung des Vertrages ungültig geworden war. Daher verlangten die Kläger von der Beklagten die Rückzahlung der bisherigen Zahlungen an die Beklagte in Höhe von 6.540,00 Euro sowie Schadensersatz für die Flugkosten, das Visum und einen Verdienstausfall des Vaters, der 20 Stunden mit der Recherche zu den Problemen des Falles verbracht habe, insgesamt weiteren 2.552,25 Euro.

Die Beklagte hat die Rückzahlung über 6.540,00 Euro vorgenommen. Die Klage auf den Schadensersatz hat das Gericht abgewiesen. Es sei keine Pflichtverletzung oder kausale Schadensverursachung durch die Beklagte feststellbar.

AG Siegburg 125 C 51/13 (Aktenzeichen)
AG Siegburg: AG Siegburg, Urt. vom 07.07.2017
Rechtsweg: AG Siegburg, Urt. v. 07.07.2017, Az: 125 C 51/13
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Amtsgericht Siegburg

1. Urteil vom 07. Juni 2017

Aktenzeichen 125 C 51/13

Leitsatz:

2. Ein Unternehmen zur Vermittlung eines Schüleraustauschs schuldet keinen Erfolg, wenn der Vermittlungsvertrag lediglich zu „Platzierungsaktivitäten“ verpflichtet.

Zusammenfassung:

3. Die Kläger sind eine Familie, die für ihre Tochter einen Austauschaufenthalt in den USA durch die Beklagte organisieren lassen wollten. Hierbei kam es zu einer Absage der von der Beklagten ausgemachten Gastfamilie, woraufhin die Kläger den Vertrag mit der Beklagten kündigten und eigenmächtig einen Flug für die Tochter in die USA buchten. In der Folge musste die Tochter ein weiteres Mal nach Deutschland fliegen, da ihr ursprüngliches Visum durch die Kündigung des Vertrages ungültig geworden war. Daher verlangten die Kläger von der Beklagten die Rückzahlung der bisherigen Zahlungen an die Beklagte in Höhe von 6.540,00 Euro sowie Schadensersatz für die Flugkosten, das Visum und einen Verdienstausfall des Vaters, der 20 Stunden mit der Recherche zu den Problemen des Falles verbracht habe, insgesamt weiteren 2.552,25 Euro.

Die Beklagte hat die Rückzahlung über 6.540,00 Euro vorgenommen.

Die Klage auf den Schadensersatz hat das Gericht abgewiesen. Es sei keine Pflichtverletzung oder kausale Schadensverursachung durch die Beklagte feststellbar. Die von den Klägern gerügten Pflichtverletzungen waren hierbei insbesondere die mangelnde Information über die Visabestimmungen und das Scheitern des Auffindens einer Gastfamilie. Allerdings hatte die Beklagte bei der Übersendung von Visa-Dokumenten ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie im Rahmen des Austauschprogrammes genutzt werden können. Damit musste den Klägern bewusst sein, dass sie außerhalb des Programmes ihre Gültigkeit verlieren würden. Weiterhin habe die Beklagte keinen erfolgreichen Austausch geschuldet, da die Leistungsbestimmung des Vermittlungsvertrages lediglich zu „Platzierungsaktivitäten“ verpflichtete. Daher wurde die Klage, soweit sie auf Schadensersatz gerichtet war, abgewiesen. Lediglich ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten wurde den Klägern zugestanden.

Tenor:

4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 871,68 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 603,93 Euro seit dem 11.10.2012 und aus weiteren 267,75 Euro seit dem 27.03.2013 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu 73% und der Beklagte zu 27% zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

5. Die Kläger begehren Schadensersatz nach Beendigung eines Vertrages zur Vorbereitung und Vermittlung eines Schüleraustauschs.

6. Der Beklagte bietet Leistungen zur Vorbereitung internationaler Gastschulaufenthalte an.

7. Bei den Klägern zu 1) und 2) handelt es sich um die Eltern der Klägerin zu 3).

8. Unter dem 06.03.2012/19.03.2012 schlossen die Parteien einen „Vertrag zur Vorbereitung und Vermittlung eines Schüleraustauschs“. Gemäß § 1 Ziff. 1 des Vertrages beauftragten die Kläger den Beklagten, für die Klägerin zu 3) im amerikanischen Schuljahr 2012/2013 einen Gastschulaufenthalt für ein Schuljahr vorzubereiten. Im Einzelnen verpflichtete sich der Beklagte die in § 1 Ziff. 2 genannten Leistungen selbst sowie die in § 1 Ziff. 3 genannten Leistungen durch die H zu erbringen. Wegen der Leistungspflichten im Einzelnen wird auf § 1 Ziff. 2 und 3 des Vertrages (Anlage K1, Bl. 25f. d.A.) Bezug genommen. Im Gegenzug verpflichteten sich die Kläger gemäß § 2 des Vertrages zur Zahlung einer Gebühr für die Beratungs-, Administrations- und Vermittlungsleistungen in Höhe von 5.845,00 Euro. Wegen des weiteren Inhalts des Vertrages wird auf denselben (Anlage K1, Bl. 25-32 d.A.) Bezug genommen.

9. Bei der Auswahl der Gastfamilie besteht die Möglichkeit eines sog. Pre-Placements. Hierbei benennen die Teilnehmer – vorliegend die Kläger – eine Familie, die anschließend entsprechend der geltenden Vorgaben überprüft wird und, soweit diese die Kriterien erfüllen, in deren Nähe sodann eine geeignete Schule gefunden wird.

10. Im Folgenden zahlten die Kläger an den Beklagten folgende Beträge:

11. Gebühr f.d. Beratungs-, Administrations- und Vermittlungsleistungen: 5.845,00

12. Versicherungsgebühr: 695,00

13. SEVIS Fees: 145,00.

14. Nachdem für die Klägerin zu 3) zunächst ein sog. Pre-Placement vorgesehen war, das jedoch scheiterte, entschied sich die Klägerin zu 3) Mitte Juni 2012 für eine reguläre Platzierung und teilte dies dem Beklagten mit Email vom 10.06.2012 mit. Auf die Nachricht (Anlage B 3, Bl. 97 d.A.) wird Bezug genommen.

15. Anschließend begann der Beklagte mit regulären Platzierungsbemühungen, und zwar über die H.

16. Mit Email vom 12.07.2012 übersandte der Beklagte den Klägern eine Kopie eines sog. „DS-2019“-Formulars. Darüber hinaus organisierte er für den 08.08.2012 einen Termin bei dem US-amerikanischen Konsulat zur Beantragung des Visums.

17. Am 06.08.2012 begann das Schuljahr 2012/2013 in Berlin, dem damaligen Wohnort der Klägerin zu 3).

18. Die Klägerin zu 3) wurde im Folgenden bei der Familie M in Michigan platziert. Dies teilte der Beklagte den Klägern am 20.08.2012 mit. In der Folge widerrief die Familie indes die Gastgebervereinbarung und teilte dies der Klägerin zu 3) am 22.08.2012 mit.

19. Am Abend des 22.08.2012 meldeten sich die Kläger beim Notfalltelefon des Beklagten und teilten dem Mitarbeiter des Beklagten mit, dass die Gastfamilie abgesagt habe. Hierauf entgegnete dieser, er könne da jetzt auch nichts machen und werde die Information weitergeben.

20. Am 23.08.2012 wandten sich die Kläger nochmals an den Beklagten, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Die zuständige Sachbearbeiterin war an dem Vormittag indes nicht im Büro, so dass ein telefonischer Kontakt nicht möglich war. Die Kläger erhielten jedoch mehrere Nachrichten, u.a. eine weitergeleitete Nachricht von der Partnerorganisation H, in der mitgeteilt wurde, dass die Familie M abgesagt habe, zwei Alternativfamilien jedoch überprüft würden. Auf die Mail vom 23.08.2012 (Anlage K 10; Bl. 44-45 d.A.) wird Bezug genommen.

21. Unter dem 24.08.2012 kündigte der Kläger zu 2) das Vertragsverhältnis mit dem Beklagten, nach seiner Erklärung mit Ausnahme der Krankenversicherung und des Visums. Weiterhin forderte er den Beklagten zur Rückzahlung der bislang geleisteten Beträge auf. Auf die Kündigungserklärung (Anlage K 11, Bl. 46 d.A.) wird Bezug genommen. Das Fax wurde um 15.53 Uhr abgesandt. Die Kündigung leitete der Beklagte jedenfalls an H weiter.

22. Ebenfalls am 24.08.2012 buchten die Kläger für die Klägerin zu 3) einen Flug nach Chicago. Die Fluggesellschaft bestätigte diese Buchung um 16.34.25 Uhr. Auf die Bestätigung (Anlage K 20, Bl. 123.-130 d.A.) wird wegen ihres weiteren Inhalts verwiesen.

23. Am 26.08.2012 flog die Klägerin zu 3) nach Chicago. In den USA kam sie bei Bekannten der Klägerin zu 1) unter.

24. Unter dem 27.08.2012 bestätigte der Beklagte die Kündigung und teilte den Klägern mit, dass mit dieser auch automatisch eine Kündigung des Visa-Dokuments und der Krankenversicherung verbunden sei. Nach Mitteilung durch die Kläger zu 1) und 2) am 28.08.2012, dass die Klägerin zu 3) bereits am 26.08.2012 in die USA gereist sei, erklärte der Beklagte, dass sie sich ohne gültigen Aufenthaltstitel dort befände. Auf die entsprechenden Schreiben (Anlagen K 12 und 13, Bl. 47/48 d.A.) wird Bezug genommen.

25. Im September 2012 flog die Klägerin sodann nach Berlin, beantragte sowie erhielt dort ein geeignetes Visum und kehrte am 23.09.2012 in die USA zurück.

26. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 27.09.2012 wurde der Beklagte zur Zahlung von 9.237,25 Euro aufgefordert.

27. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

28. Gebühr f.d. Beratungs-, Administrations- und Vermittlungsleistungen: 5.845,00

29. Versicherungsgebühr: 695,00

30. SEVIS Fees: 145,00

31. Kosten für das Visum: 136,00

32. Flugkosten: 896,25

33. Verdienstausfall: 1.520,00

34. Daraufhin zahlte der Beklagte an die Kläger 6.540,00 Euro.

35. Den Restbetrag verlangen die Kläger nunmehr mit der Klage, wobei für die Position „Verdienstausfall“ nur noch ein reduzierter Betrag in Höhe von 886,20 Euro begehrt wird.

36. Die Kläger behaupten, der Kläger zu 2) habe nach Mitteilung durch den Beklagten, seine Tochter halte sich illegal in den USA auf, zwei Wochen lang mehrere Stunden damit verbracht, Informationen über die Rechtslage und eine Lösung für die Situation zu finden. Er habe ungefähr 20 Stunden aufgewandt, in denen er ansonsten für einen Stundenlohn von 14,31 Euro hätte arbeiten können.

37. Die Kläger beantragen,

38. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 2.063,45 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.10.2012 zu zahlen.

39. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger weiteren materiellen Schadensersatz in Höhe von 1.122,65 Euro wegen der außergerichtlich verauslagten nicht anrechenbaren Geschäftsgebühr nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.10.2012 zu zahlen.

40. Der Beklagte beantragt,

41. die Klage abzuweisen.

42. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Rechtsgutachtens des als Rechtskundigen für das Recht der Vereinigten Staaten von Amerika zugelassenen T, auf das (Bl. 278-302 d.A.) wegen des Ergebnisses Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe:

43. Die zulässige Klage ist in dem tenorierten Umfang begründet.

Antrag zu 1)

44. Den Klägern steht dem Beklagten gegenüber der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.063,45 Euro nicht zu. Er ergibt sich weder aus den §§ 280 ff. BGB noch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt.

45. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß den §§ 280 ff. BGB liegen nicht vor. Den Klägern ist nicht aufgrund einer Pflichtverletzung des Beklagten ein erstattungsfähiger kausaler Schaden entstanden.

I.

46. Pflichtverletzung

47. Hinsichtlich der von Klägerseite vorgetragenen potentiellen Pflichtverletzungen gilt im Einzelnen Folgendes:

1.

48. Mitteilung, dass sich die Klägerin zu 3) ohne gültigen Aufenthaltstitel in den USA befände

49. Die Mitteilung durch den Beklagten, dass sich die Klägerin zu 3) ohne gültigen Aufenthaltstitel in den USA befände, stellt bereits deshalb keine Pflichtverletzung dar, da es sich hierbei um eine zutreffende Auskunft handelte. Mit dem der Klägerin zu 3) ausgestellten Visum ist eine rechtmäßige Einreise in die USA nur möglich bei gleichzeitigem Vorliegen des dazugehörigen wirksamen Formulars DS-2019. Das vorgenannte Formular wurde indes mit Kündigung des Vertrages durch die Kläger vom 24.08.2012 automatisch unwirksam. Denn das Formular ist ausschließlich wirksam für Schüler, die unter Einhaltung sämtlicher einschlägigen Gesetze und Verordnungen an dem zugelassenen Programm einer von einem zugelassenen Sponsor vorgesehenen und überprüften Highschool teilnehmen. Diese Voraussetzungen lagen jedoch nach Kündigung des Vertrages mit dem Beklagten nicht mehr vor. Infolge der unrechtmäßigen Einreise verstieß der Aufenthalt der Klägerin zu 3) in den USA gegen das US-amerikanische Einwanderungsrecht. Das Gericht folgt insoweit den Feststellungen des nachvollziehbaren und verständlichen Rechtsgutachtens.

2.

50. Zu frühe Beantragung/Ausstellung des Visums bzw. der dazugehörigen Unterlagen

51. Auch soweit sich die Kläger darauf berufen, der Beklagte habe das Visum beziehungsweise die dazugehörigen Unterlagen zu früh beantragt beziehungsweise ausgestellt, ist eine Pflichtverletzung von Seiten des Beklagten, die zu einem kausalen Schaden geführt hätte, nicht dargelegt. Das Visum selbst hat das US-amerikanische Konsulat ausgestellt. Soweit sich die Kläger darauf berufen, hierdurch sei ein Vertrauenstatbestand dahingehend gesetzt worden, dass die Klägerin mit dem Visum auch zu einem selbst organisierten Austausch in die USA einreisen dürfe, so hat diesen möglichen Vertrauenstatbestand zunächst einmal nicht der Beklagte, sondern das Konsulat gesetzt. Dass dies auf einer zurechenbaren Pflichtverletzung des Beklagten beruhte, haben die Kläger jedoch nicht in hinreichender Weise vorgetragen. Hiervon wäre auszugehen, wenn der Beklagte die Visa-Ausstellung durch unzutreffende Angaben herbeigeführt hätte. Die Kläger haben aber selbst nicht behauptet, dass die zur Antragstellung eingereichten Unterlagen unrichtige Angaben enthielten oder solche anderweitig von Seiten des Beklagten gegenüber dem Konsulat getätigt wurden. Allein der Umstand, dass ein Antrag vor Eintritt der Voraussetzungen gestellt wurde, reicht hierfür nicht aus, sofern die Voraussetzungen nicht vorgespiegelt wurden, wofür keinerlei Anhaltspunkte bestehen.

3.

52. Unterlassene Aufklärung über Visabestimmungen

53. Der Beklagte hat seine Pflichten aus dem „Vertrag zur Vorbereitung und Vermittlung eines Schüleraustauschs“ auch nicht dadurch verletzt, dass er die Kläger in unzureichender Form über die Nutzungsbedingungen des erteilten J1-Visums aufgeklärt hat.

54. Bereits mit Schreiben vom 23.02.2012 (Anlage B 10, Bl. 150 d.A.) hatte der Beklagte die Kläger darauf hingewiesen, dass ihm weitere Visa-Dokumente zugewiesen worden seien, die von Teilnehmern seines Programms genutzt werden könnten. Durch dieses Schreiben musste den Klägern bewusst sein, dass das über den Beklagten erhaltene Visum zwingend an die Teilnahme in dessen Programm geknüpft war. Zudem beinhaltete der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag eine Vielzahl von Einzelleistungen, die sämtlich dem Zweck der Vorbereitung eines Gastschulaufenthaltes – der Hauptleistung des Beklagten – dienten, darunter auch die Organisation des Visums. Hierbei handelte es sich aufgrund des Vertragsgegenstandes in § 1 Ziff. 1 um ein Gesamtpaket. Auf dieser Grundlage konnten die Kläger nicht davon ausgehen, dass sie Teilleistungen aus dem Vertrag auch nach Kündigung des Vertrages im Übrigen weiter in Anspruch nehmen konnten.

55. Darüber hinaus haben sich die Kläger nach eigenem Vortrag an den Beklagten gewandt, da ein J1-Visum ausschließlich durch Gastschulvermittlungsorganisationen wie den Beklagten erteilt werde. Nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten sind sie selbst an der Organisation eines Gastschulaufenthaltes gescheitert, da sie das entsprechende Visum für eine öffentliche Schule nicht erhalten haben. Legt man diese Kenntnis zugrunde, so musste sich für die Kläger aufdrängen, dass das entsprechende Visum nur bei (fortbestehender) Teilnahme an dem Programm des Beklagten genutzt werden darf.

4.

56. Scheitern des Auffindens einer Gastfamilie

57. Nach § 1 Ziff. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages hat sich der Beklagte verpflichtet, einen Gastschulaufenthalt für die Klägerin zu 3) vorzubereiten. Die hierzu konkret geschuldeten Leistungen sind in den Ziff. 2 und 3 des § 1 näher aufgelistet. In Bezug auf das Auffinden einer Gastfamilie hat sich der Beklagte verpflichtet, durch seinen Erfüllungsgehilfen, die H, folgende Leistungen zu erbringen:

58. „a) Vorlage der Schülerunterlagen bei Schulen und Gastfamilien

59. b) Platzierungsaktivitäten bei Schulen und Gastfamilien nach den Vorgaben des US Department of State …“

60. Davon ausgehend, schuldete der Beklagte nicht den konkreten Erfolg der Unterbringung der Klägerin zu 3) in einer Gastfamilie zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern lediglich entsprechende Vermittlungsbemühungen. Dass der Beklagte gegen diese Verpflichtung verstoßen hat, haben die Kläger nicht hinreichend dargelegt. Eine entsprechende Pflichtverletzung liegt auch nicht nahe. Vielmehr spricht der Umstand, dass der Beklagte am 20.08.2012 eine Gastfamilie sowie eine Schule für die Klägerin zu 3) gefunden hatte, dafür, dass der Beklagte sich in hinreichender Weise um das Auffinden einer Gastfamilie gekümmert hat. Dass diese im Folgenden ihre Zusage zur Aufnahme der Klägerin zu 3) widerrufen hat, liegt nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten nicht in dessen Einflussbereich. Denn die Gastfamilien sagen die Aufnahme eines Gastschülers unentgeltlich sowie freiwillig zu. Im Übrigen haben die Kläger auch nicht vorgetragen, dass das Auffinden der Gastfamilie am 20.08.2012 nicht mehr rechtzeitig gewesen sei. Aus ihrem Vortrag lässt sich vielmehr ableiten, dass sie mit der Unterbringung der Klägerin zu 3) bei der Familie M zu diesem Zeitpunkt einverstanden gewesen wären. Zudem ist zu berücksichtigen, dass bis Mitte Juni 2012 ein sog. Pre-Placement stattfinden sollte, d.h. der Beklagte erst ab diesem Zeitpunkt mit einer allgemeinen Vermittlung beginnen konnte.

61. Soweit sich der Vorwurf unzureichender Vermittlungsbemühungen auf den Zeitraum nach Absage der Familie M beziehen soll, so kann auch insoweit keine Pflichtverletzung des Beklagten festgestellt werden. Da die Kläger den Vertrag bereits am 24.08.2012 gekündigt haben, kann sich der Vorwurf nur auf den Zeitraum bis zu diesem Tag beziehen, da der Beklagte nach Zugang der Kündigung nicht mehr zu Platzierungsaktivitäten verpflichtet war. Dies zugrunde gelegt, ist bereits fraglich, ob der Beklagte von Mittwochabend bis Freitagnachmittag überhaupt zu sofortigem Handeln verpflichtet war, oder ob ein Tätigwerden in der darauffolgenden Woche ausreichend gewesen wäre. Dies kann indes dahinstehen, da die – darlegungs- und beweisbelasteten – Kläger jedenfalls das Unterlassen von Vermittlungsbemühungen nicht ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt haben. Einer etwaig bestehenden sekundären Darlegungslast wäre der Beklagte durch den Vortrag, am 23.08.2012 seien zwei weitere potentielle Gastfamilien überprüft worden, nachgekommen. Dieser Vortrag wird durch die Email von H von demselben Tage bestätigt. Vor dem Hintergrund sowie der auf Klägerseite bestehenden Darlegungs- und Beweislast ist das bloße Bestreiten der von Beklagtenseite geschilderten Bemühungen nicht ausreichend.

5.

62. Fehlende telefonische Erreichbarkeit

63. Unstreitig hatte der Beklagte eine Notfallnummer eingerichtet, die jederzeit erreichbar war. Soweit sich die Kläger darauf berufen, dass bei einem Anruf am 22.08.2012 der Mitarbeiter des Beklagten auf die Mitteilung des Klägers zu 2), die Gastfamilie habe abgesagt, entgegnet habe, er könne da jetzt auch nichts machen und werde dies weitergeben, ist hierin zunächst kein pflichtwidriges Verhalten zu erkennen. Denn dem Mitarbeiter des Beklagten musste zu diesem Zeitpunkt – einem Mittwochabend – nicht bewusst sein, dass es sich bei der von dem Kläger geschilderten Situation um eine solche handelte, die einer sofortigen Lösung vor Beginn der regulären Dienstzeit am nächsten Tag bedurfte. Dies haben die Kläger im Übrigen selbst auch nicht vorgetragen, zumal die Kläger an diesem Tag den Flug für die Klägerin zu 3) noch nicht gebucht hatten. Auch im Weiteren haben die Kläger den Beklagten über die – eigens herbeigeführte – Eilbedürftigkeit durch Buchung des Fluges für den 26.08.2012 nicht informiert. Sofern sich die Kläger wegen des ersten Telefonats über die Notfallnummer im weiteren Verlauf vom 24. bis 27.07.2012 nicht mehr an diese wandten, fällt dies in ihren eigenen Risikobereich, da der Inhalt des Telefonats – wie erläutert – nicht zu beanstanden war.

II.

64. Kausaler Schaden

65. Unabhängig von der fehlenden Pflichtverletzung des Beklagten ist den Klägern überdies kein kausaler Schaden entstanden.

1.

66. SEVIS Fees / Kosten der Visa-Ausstellung

67. Die Kosten der Visa-Ausstellung wären bei ordnungsgemäßer Durchführung des Vertrages ebenso angefallen. Sie stellen daher keine aufgrund der behaupteten Pflichtverletzungen erlittene Vermögenseinbuße dar. Die Voraussetzungen eines Aufwendungsersatzanspruchs gemäß den §§ 284 bzw. 280 Abs. 1, 3, 281 BGB sind nicht hinreichend dargelegt, insbesondere in Bezug auf die erforderliche Fristsetzung beziehungsweise deren Entbehrlichkeit.

2.

68. Kosten für den zusätzlichen Flug

69. Die Kosten für den zusätzlichen Flug sind kein kausal auf die behaupteten Pflichtverletzungen durch den Beklagten zurückzuführender Schaden. Denn der Plan am 24.08.2012, d.h. nach erfolgter Kündigung, ohne Mitteilung an den Beklagten einen Flug für die Klägerin zu 3) in die USA zu buchen und deren Abflug am 26.08.2012 beruhten auf einem eigenverantwortlichen Entschluss der Kläger und wurden auch nicht durch das Verhalten des Beklagten herausgefordert. Dies gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass gemäß § 1 Ziff. 2 lit. j) des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages die Organisation des Hin- sowie des Rückfluges in den Pflichtenkreis des Beklagten gehörte, dieser dementsprechend mit einer eigenmächtigen Abreise der Klägerin zu 3) ohne vorherige Rücksprache nicht rechnen musste.

3.

70. Verdienstausfall

71. Für den eigenen Zeitaufwand des Geschädigten besteht bei der außergerichtlichen Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen grundsätzlich keine Ersatzpflicht (Vgl. Palandt/Grüneberg, 76. Auflage, 2017, § 249, Rn. 59). Im Übrigen ist der Vortrag zu Umfang und Erforderlichkeit der von dem Kläger durchgeführten Arbeiten sowie auch zu einer hierdurch entstandenen Schadensminderung vollkommen unsubstantiiert. Schließlich fehlt es an einem Beweisangebot für den streitigen Vortrag.

Antrag zu 2)

72. Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß den §§ 288 Abs. 1, 286 BGB. Die Kläger haben den Beklagten vor Einschaltung ihres Prozessbevollmächtigten zur Rückzahlung der an den Beklagten gezahlten Beträge sowie zur Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten können aus einem Streitwert von bis zu 7.000,00 Euro geltend gemacht werden, da es sich bei den zurückgezahlten 6.540,00 Euro um den von Beklagtenseite anerkannten Betrag handelt. Dieser betrifft nicht die im hiesigen Prozess streitigen Schadenspositionen. Unter Zugrundelegung einer 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich einer 0,6 Erhöhung ergibt sich ein Bruttobetrag in Höhe von 871,68 Euro. Zinsen ab dem 11.10.2012 können hierbei nur aus einem Betrag in Höhe von 603,93 Euro verlangt werden, da nur dieser Betrag mit Schreiben vom 27.09.2012 angemahnt wurde. Im Übrigen besteht der Zinsanspruch erst ab Rechtshängigkeit gemäß § 291 BGB.

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