Reiseversicherung und Ferienhaus
LG Köln: Reiseversicherung und Ferienhaus
Der verstorbene Ehemann der Klägerin hatte Aktien eines Unternehmens gekauft, die statt einer Dividende Wohnpunkte generierten, mit denen man die Ferienhäuser des Unternehmens zeitweise bewohnen durfte („Time-Share-Modell“). Die Klägerin und ihr Ehemann hatten eine solche Buchung storniert und in der Folge sowohl die Wohnpunkte verloren als auch eine Bearbeitungsgebühr zahlen müssen. Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen, bei dem der Ehemann eine Reiserücktrittversicherung hatte. Von diesem fordert die Klägerin die Zahlung der Gebühr und Wertersatz für die verfallenen Punkte.
Dem gab das Amtsgericht in erster Instanz nicht statt. Es handele sich hier nicht um die Anmietung eines Ferienhauses und damit nicht um eine versicherte Reise, sondern die Wohnberechtigung folge aus dem Rechtskauf an den Aktien.
Dies bestätigte auch das Berufungsgericht. Der Klägerin stehe kein Ersatzanspruch zu.
LG Köln | 20 S 31/15 (Aktenzeichen) |
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LG Köln: | LG Köln, Urt. vom 01.06.2016 |
Rechtsweg: | LG Köln, Urt. v. 01.06.2016, Az: 20 S 31/15 |
AG Köln, Urt. v. 29.10.2015, Az: 139 C 96/15 | |
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Leitsatz:
2. Generieren Aktienanteile an einem Unternehmen Punkte, mit denen man im Rahmen eines „Time-Share-Modells“ ein Ferienhaus zeitweise bewohnen darf, wird über das Ferienhaus kein Mietvertrag geschlossen.
Zusammenfassung:
3. Der verstorbene Ehemann der Klägerin hatte Aktien eines schweizerischen Unternehmens gekauft, das Ferienhäuser betreibt. Statt einer Dividende generierten diese Aktienanteile Wohnpunkte, mit denen der Aktieninhaber die Ferienhäuser des Unternehmens zeitweise bewohnen durfte („Time-Share-Modell“). Die Klägerin und ihr Ehemann hatten eine solche Buchung durch Wohnpunkte zunächst getätigt und dann storniert und in der Folge sowohl die Wohnpunkte verloren als auch eine Bearbeitungsgebühr zahlen müssen. Die Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen, bei dem der Ehemann eine Reiserücktrittversicherung hatte. Von diesem fordert die Klägerin die Zahlung der Gebühr in Höhe von 100 EUR und Wertersatz für die verfallenen Punkte in Höhe von 579,89 EUR.
Dem gab das Amtsgericht in erster Instanz nicht statt. Es handele sich hier nicht um die Anmietung eines Ferienhauses und damit nicht um eine versicherte Reise, sondern die Wohnberechtigung folge aus dem Rechtskauf an den Aktien.
In der Berufung stellte die Klägerin außerdem darauf ab, dass aus der Versicherung nicht ersichtlich gewesen sei, was von der Versicherung umfasst ist.
Das Landgericht wies die Berufung ab. Der Einwand des unklaren Versicherungsumfangs sei verspätet erfolgt und finde keine weitere Berücksichtigung. Im Übrigen habe das Amtsgericht die Rechtslage richtig beurteilt. Der Klägerin stehe kein Ersatzanspruch zu.
Tenor:
4. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 29.10.2015 – 139 C 96/15 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I.
5. Das Amtsgericht Köln hat durch Urteil vom 29.10.2015 – Az.: 139 C 96/15 die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ein Versicherungsfall mangels versicherter Reise i.S.d. § 3 der Versicherungsbedingungen der Klägerin nicht vorliege. Die Nutzungsberechtigung an dem Ferienhaus der Fa. I AG beruhe auf einer Beteiligung an dieser Gesellschaft durch Rechtskauf und nicht auf einem Mietvertrag.
6. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
7. Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 04.11.2015 zugestellt worden ist, hat sie mit einem am 27.11.2015 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 01.02.2016 eingegangenen Schriftsatz begründet.
8. In der Berufungsbegründung beruft die Klägerin sich auf eine Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO. Sie ist der Auffassung, dass die in § 3 der Versicherungsbedingungen aufgeführte Mietleistung nicht ausschließlich den Mietvertrag i.S.v. § 535 BGB umfasse. Ferner sei für den Ehemann der Klägerin als Versicherungsnehmer in den Versicherungsbedingungen, die ihm nicht mit dem Versicherungsschein mit übersandt worden seien, nicht zweifelsfrei ersichtlich gewesen, „was versichert sei, wie sich der Versicherungsfall definiere und welche Rechte er mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages beim Versicherer gekauft habe“.
10. unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Amtsgerichts Köln vom 29.10.2015, Az. 139 C 96/15, die Klage entsprechend dem von der Klägerin in der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz gestellten Antrag zuzusprechen.
12. die Berufung zurückzuweisen.
II.
13. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form – und fristgerecht eingelegt und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden.
14. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen.
15. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf einen Ausgleich der Belastung des Punktekontos bzw. auf Erstattung der Bearbeitungsgebühr aus der Reiserücktrittsversicherung.
16. Der Reiserücktrittsversicherung liegen die Versicherungsbedingungen der Beklagten – Stand 01.04.2005 – zugrunde. Neu und damit im Sinne des § 531 ZPO verspätet ist das Vorbringen der Klägerin, dass ihrem Ehemann die Versicherungsbedingungen nicht übermittelt worden seien.
17. Nach § 5 der Versicherungsbedingungen übernimmt der Versicherer für den Fall, dass der Versicherungsnehmer eine Reise aus einem der in § 7 genannten Gründe nicht antreten kann, die Stornokosten, die der Versicherungsnehmer auf Grund der Buchung oder Reservierung bezahlen muss. Nach § 3 Nr. 1 S. 1 der Versicherungsbedingungen gelten als versicherte Reisen sowohl Pauschalreisen wie auch einzeln gebuchte Transport- oder Mietleistungen (z.B. nur Flug, ein gebuchtes Hotelzimmer oder eine Ferienwohnung).
18. Die Kammer schließt sich der Auffassung des Amtsgerichts an, wonach die Nutzungsberechtigung an dem Ferienhaus der I AG nicht auf einem Mietvertrag beruht, sondern auf gesellschafsrechtlichen Vereinbarungen. Der Ehemann der Klägerin hatte zu einem früheren Zeitpunkt drei Aktien bei I gekauft, eine über 200 sFr. und zwei über je 100 sFr. Nach Ziffer 1.2 der Allgemeinen Bestimmungen Mitgliedschaft werden dem Partner jährlich 12 Wohnpunkte pro Aktie gutgeschrieben. Mit Vertragsunterzeichnung erwirbt der Partner das Anrecht, gemäß seinem Guthaben an Wohnpunkten, in allen jeweils verfügbaren I Ferienanlagen Urlaub zu verbringen, Ziffer 1.1 der Allgemeinen Bestimmungen Mitgliedschaft. Die Fa. I ist insoweit in Bezug auf die Ferienanlagen nicht Anbieter von individuellen Mietleistungen, sondern räumt ihren Aktionären Nutzungsrechte an bestimmten Ferienanlagen gemäß deren Guthaben an Wohnpunkten ein.
19. Der Partner wird Aktionär der I, einer Schweizer Aktiengesellschaft, mit den sich aus deren Statuten in Verbindung mit dem Schweizer Aktienrecht ergebenden Rechten, Ziffer 2.1 der Allgemeinen Bestimmungen Mitgliedschaft. Nach dem klägerischen Vorbringen erwerben die Mitglieder die Wohnpunkte als Rendite für ihren Kapitaleinsatz. Bei den Wohnpunkten handelt es sich daher um eine Ausgestaltung von gesellschaftsrechtlichen Bezugspunkten.
20. In Ziffer 6.3 der Allgemeinen Bestimmungen Mitgliedschaft ist geregelt, dass die Wohnpunkte nur mittels vorgegebenem Formular auf das Partnerkonto eines anderen Partners übertragen werden können. Nach Ziffer 6.5 der Allgemeinen Bestimmungen Mitgliedschaft ist ein kommerzieller Handel mit Punkten und Urlaubsbestätigungen nicht zulässig. In Ziffer 8 Artikel 28 der Statuten der I ist geregelt, dass allfällige erwirtschaftete Ergebnisse nicht ausgeschüttet werden, sondern der Gesellschaft zur Erreichung ihres Zwecks verbleiben. Dadurch, dass keine Barausschüttungen an die Gesellschafter erfolgen und Wohnpunkte nur aufgrund von gesellschaftsrechtlicher Beteiligung neu entstehen können, handelt es sich bei den Punkten um eine alternative Form der Dividende.
21. Die Kammer schließt sich den Ausführungen des KG Berlin im Urt. vom 19.12.1996, Az.: 25 U 5139/96 – im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage an, wonach durch I nicht gleich einem Reiseveranstalter oder Verkehrsverein Ferienwohnungen zur Miete angeboten werden, sondern ein langfristiges, wenn auch zeitlich begrenztes Wohnrecht als Folge des Erwerbs einer eigentümerähnlichen Stellung, also ein Nutzungsrecht im Rahmen eines Time-Sharing-Modells.
22. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
23. Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen, da höchstrichterlich – soweit ersichtlich – in Bezug auf die Fa. I AG bislang nicht entschieden ist, wie die gebuchte Nutzung einer Ferienwohnung rechtlich einzuordnen ist. Lediglich in Bezug auf ein österreichisches Time-Sharing Modell hat der BGH (Urt. vom 16.12.2009, Az.: VIII 119/08) entschieden, dass es sich bei dem Vertrag über eine Clubmitgliedschaft, der es den Mitgliedern ermöglicht, ein Teilnutzungsrecht zu erwerben, um eine Vereinsmitgliedschaft und nicht um einen Mietvertrag handelt.
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