Verstoß des Luftbeförderungsunternehmens gegen Informationspflichten

LG Frankfurt: Verstoß des Luftbeförderungsunternehmens gegen Informationspflichten

Ein Reisender buchte bei einer Fluggesellschaft einen Flug. Dieser Flug fiel aus oder wurde verschoben allerdings erhielt der Reisende keine Hinweise auf die daraus entstehenden Ansprüche durch die Fluggesellschaft.

Der Reisende konsultierte einen Anwalt, welche Ansprüche bestünden und wollte sie mit dessen Hilfe durchsetzen. Es wurde zusätzlich zum Leisten der Ausgleichsleistung, die Übernahme der Rechtsanwaltsgebühren gefordert. Die lehnte die Fluggesellschaft ab und wurde vor dem Amtsgericht (kurz: AG) Frankfurt verklagt. Die Fluggesellschaft wurde dazu verurteilt, die Ausgleichsleistung zu zahlen nicht jedoch die Anwaltsgebühren.

Der Reisende und sein Prozessbevollmächtigter legten Berufung gegen das Urteil ein, diese wurde jedoch vom Landgericht (kurz: LG) Frankfurt abgewiesen.

LG Frankfurt 3 C 579/12 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 05.12.2014
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 05.12.2014, Az: 2-24 S 49/14
AG Frankfurt, Urt. v. 26.02.2014, Az: 31 C 3241/13 (17)
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Landgericht Frankfurt

1. Urteil vom 05. Dezember 2014

Aktenzeichen 2-24 S 49/14

Leitsatz:

2. Der Verstoß gegen die Informationspflicht aus Art. 14 der FluggastrechteVO durch ein Luftfahrtunternehmen, ist keine Begründung für einen Ersatzanspruch für vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren, wenn der Fluggast sich deswegen von einem Rechtsanwalt hinsichtlich seiner Ansprüche beraten lässt.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hat bei der beklagten Fluggesellschaft einen Flug gebucht. Beim betreffenden Flug kam es zu einer Störung, die zu einer Annullierung oder großen Verspätung führte und den Kläger so zum geltend machen von Ansprüchen gemäß Art. 7 der FluggastrechteVO berechtigt. Es erfolgte allerdings keine Aufklärung über die Ansprüche, die dem Fluggast durch die Verspätung/Annullierung entstehen, durch die Fluggesellschaft. Dies stellt einen Verstoß gegen Art. 14 der FluggastrechteVO dar.

Der Kläger informierte sich bei einem Rechtsanwalt über die ihm entstandenen Ansprüche und beauftragte den Rechtsanwalt mit der Durchsetzung seiner Ansprüche sowie der Forderung die Rechtsanwaltsgebühren durch die Fluggesellschaft übernehmen zu lassen. Der Rechtsanwalt teilte dies der Fluggesellschaft 24.09.2013 per Schreiben mit. Die Fluggesellschaft lehnte dies ab und es kam zur Klage.

Das AG Frankfurt verurteilten die Beklagte zur Leistung der Ausgleichszahlung, sprachen sie jedoch frei von der Übernahme der Rechtsanwaltsgebühren.

Der Kläger ging daraufhin vor das Berufungsgericht und erneuerte seine Forderung. Das LG Frankfurt urteilte, dass aus Art. 14 der FluggastrechteVO keine Ansprüche entstehen. Die Beklagte ist durch die Art. 14 der FluggastrechteVO lediglich verpflichtet Reisenden mitzuteilen, welche Ansprüche entstehen können, nicht aber welche Ansprüche genau bestehen und wie diese durchgesetzt werden können. Der Kläger hätte sich also auch, wenn er die Hinweise erhalten hätte zu einem Anwalt begeben um die Ansprüche geltend zu machen. Somit fehlte eine klare Verknüpfung zwischen dem entstandenen Schaden in Form der Rechtsanwaltsgebühr und dem Verstoß gegen die Hinweispflicht.

Das LG Frankfurt bestätigte damit das Urteil des AG Frankfurt und wies die Berufung zurück.

Tenor

4. Die Berufung der Kläger gegen das am 26.02.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az. 31 C 3241/13 (17), wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

5. Die Kläger haben einen Anspruch gegen die Beklagte auf Leistung von Ausgleichszahlungen in Höhe von EUR 600,00 pro Kläger gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/01, ABl. Nr. L 46. S. 1 (im Folgenden: FluggastrechteVO bzw. VO) i.V.m. der Rechtsprechung des EuGH zu Ausgleichszahlungen wegen eines erheblich verspäteten Fluges (Urt. v. 26.02.2013, Az. C-​11/11 „Folkerts“; Urt. v. 23.10.2012, Az. C-​581/10 „Nelson“; Urt. v. 19.11.2009, Az. C- 402/07 „Sturgeon“, NJW 2010, 43ff.) geltend gemacht.

6. Diese Klageforderungen hat die Beklagte erstinstanzlich anerkannt.

7. Weiterhin begehren die Kläger noch die Freistellung von vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 291,55 Euro. Hinsichtlich der Einzelheiten bzgl. der klägerseits berechneten Gebührenforderung wird auf die Klageschrift vom 23.10.2013 (Bl. 1ff. d.A.) Bezug genommen.

8. Die Beklagte wurde erstmals durch den Prozessbevollmächtigten der Kläger mit anwaltlichen Schreiben vom 24.09.2013 aufgefordert, aufgrund des erheblich verspäteten Fluges … am 15.09.2013 Ausgleichsleistungen nach der Fluggastrechteverordnung an die Kläger in Höhe von jeweils 600,- Euro nebst vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Dem kam die Beklagte vorgerichtlich nicht nach. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurden den Klägern seitens ihres Prozessbevollmächtigten bislang noch nicht in Rechnung gestellt.

9. Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die Ersatzpflicht der Beklagten bzgl. vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergäbe sich insbesondere aus dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes wegen pflichtwidrig unterlassener Erteilung von Informationen durch die Beklagte nach Art. 14 VO. Insoweit haben sie behauptet, die Beklagte sei ihren diesbezüglichen Informationspflichten nicht nachgekommen. Sie haben weiter gemeint, einer Rechnungsstellung durch ihren Prozessbevollmächtigten habe es nicht bedurft. Auch sei eine 1,5-​Geschäftsgebühr angemessen.

10. Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, eine Anspruchsgrundlage für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten gäbe es nicht, insbesondere sei Art. 14 VO nicht einschlägig, zumal nach ihrer Behauptung sie ihre Informationspflichten erfüllt habe. Weiterhin sei lediglich eine 1,3-​Geschäftsgebühr angemessen.

11. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 26.02.2014 (Bl. 35 d.A.) gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

12. Durch dieses Urteil hat das Amtsgericht, soweit die Klageforderungen nicht anerkannt worden sind, die Klage bzgl. der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, dass der Prozessbevollmächtigte keine Rechnung gem. § 10 RVG gestellt hätte, was jedoch erforderlich gewesen wäre. Mangels Klagbarkeit dieser Anwaltsgebühren im Innenverhältnis zwischen Kläger und Prozessbevollmächtigten könne auch keine Freistellung begehrt werden. Das Amtsgericht hat die Berufung zugelassen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 36/37 d.A.) Bezug genommen.

13. Dagegen richtet sich die Berufung der Kläger. Die Kläger wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Weiterhin sind die Kläger der Auffassung, dass Amtsgericht hätte die Verfahrenskosten trotz Unterliegens mit den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht gem. § 92 Abs. 1 ZPO quoteln dürfen, da diese nicht streitwerterhöhend seien.

14. Die Kläger beantragen,

15. unter Abänderung des am 26.02.2014 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Frankfurt am Main, die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von Honoraransprüchen ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von 291,55 Euro freizustellen.

16. Die Beklagte beantragt,

17. die Berufung zurückzuweisen.

18. Die Beklagte verteidigt das amtsgerichtliche Urteil. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

19. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

20. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

21. Das Amtsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage bzgl. der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten abgewiesen.

22. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist ein Befreiungsanspruch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Bevollmächtigte den Klägern keine Rechnung gestellt hat. Zwar kann der Rechtsanwalt nach § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG die Vergütung grundsätzlich nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern. Diese Bestimmung betrifft jedoch lediglich die Frage, wann eine entstandene und nach § 8 Abs. 1 Satz 1 RVG mit Erledigung des Auftrags oder Beendigung der Angelegenheit fällige Gebühr von dem Mandanten einforderbar ist. Hiervon zu unterscheiden ist der geltend gemachte Freistellungsanspruch im Rahmen des materiell rechtlich geltend gemachten Verzugsschadens. Der Gegner kann hier nicht einwenden, dass er nicht zur Zahlung verpflichtet sei, weil ihm keine Berechnung vorgelegt worden sei, die den Anforderungen der § 10 RVG entspreche. Diese Vorschrift betrifft lediglich das Innenverhältnis zum Mandanten. (vgl. BGH, NJW 2011, 2509 Rn. 18; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 27.01.2010, AZ. 2-​16 S 162/09, 2/16 S 162/09, zit. nach juris, Urteil der Kammer v. 05.09.2014, Az. 2-​24 S 171/13). Der Befreiungsanspruch als besondere Ausprägung des Aufwendungsersatzanspruchs wird bereits fällig, wenn der Ersatzberechtigte die Verbindlichkeit eingegangen ist. Die Fälligkeit dieser Verbindlichkeit ist – wie S. 2 der Norm zeigt – nicht Voraussetzung (BGH, NJW 2010, 2197 Rn. 21; Krüger in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage, § 257 Rn. 7, Urteil der Kammer v. 05.09.2014, Az. 2-​24 S 171/13).

23. Die Kammer ist jedoch der Auffassung, dass es für den vorliegend geltend gemachten Befreiungsanspruch bzgl. der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten keine durchgreifende Anspruchsgrundlage gibt.

a.

24. Eine Anspruchsgrundlage kann sich regelmäßig aus Verzug gem. §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB ergeben. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor.

25. Vorliegend ist unstreitig, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Beauftragung der klägerischen Prozessbevollmächtigten nicht aufgrund einer Mahnung mit der Zahlung der Ausgleichsleistung in Verzug gewesen ist.

26. Es wird erwogen, hinsichtlich des Verzugseintritts eine Mahnung gem. § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB für entbehrlich zu halten (dazu vgl. den vorgelegten Aufsatz von Ullenboom, Fluggastrechteverordnung und Ersatzfähigkeit von Rechtsanwaltskosten, Bl. 101, 104/105 d.A.).

27. Diese Argumentation vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Ob unter Berufung auf die Durchsetzung der Fluggastrechte besondere Gründe im Sinne von § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB anzunehmen sind, ist zweifelhaft. Die Durchsetzbarkeit der Rechte wird durch das Gebührenrecht der Rechtsanwälte in Deutschland nämlich nicht unangemessen erschwert. Insbesondere dient Art. 14 VO nicht dazu durchzusetzen, dass bei Geltendmachung der Ansprüche durch Anwälte in allen Fällen die Ersatzfähigkeit der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gewährleistet ist. Soweit Ullenboom dann wieder den Vergleich zum Deliktsrecht zieht, bringt er damit die Wertungen des Verzugs bei deliktischen Ansprüchen (siehe dazu unten) durch die „Hintertür“ auch bei Ausgleichsansprüchen zur Geltung, die er selbst nicht als „deliktische Ansprüche“ wertet.

b.

28. Anspruchsgrundlagen gem. §§ 823ff. BGB bzw. § 249 BGB bzw. §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB scheiden aus.

29. Eine erhebliche Flugverspätung im Sinne der FluggastrechteVO erfüllt keinen deliktischen Schadenersatzanspruch gem. § 823 Abs. 1 BGB. Insoweit stellt die FluggastrechteVO auch kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. II BGB dar. Insoweit wird der Anspruch auf Ausgleichszahlung auch nicht als deliktischer Anspruch gewertet. Soweit ersichtlich werden die §§ 823ff. BGB auch nicht ernsthaft als Anspruchsgrundlage für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten herangezogen (vgl. auch Ullenboom a.a.O.).

30. Ein Schadenersatzanspruch bzgl. vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten kann schon deshalb nicht isoliert aus § 249 BGB hergeleitet werden, da § 249 BGB keine Anspruchsgrundlage darstellt (vgl. Ullenboom a.a.O.).

31. Die §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB scheiden ais Anspruchsgrundlage aus, da die verspätete Flugbeförderung nach der maßgeblichen Rechtsprechung des BGH (NJW 2009, 2743, 2744) keinen Werkmangel darstellt, sondern vielmehr Ansprüche aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht gem. §§ 280 Abs. 1 u. 2, 286 BGB begründet. Diese würden wiederum eine Mahnung voraussetzen. Weiterhin würden die §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1 BGB auch schon dann nicht greifen, wenn mit dem betroffenen Luftfahrtunternehmen kein Beförderungsvertrag besteht (vgl. Ullenboom a.a.O.).

c.

32. In jüngster Zeit wird in der Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Ullenboom a.a.O. und in den Schriftsätzen) als Anspruchsgrundlage Art. 14 Abs. 1 u. 2 VO i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB erörtert und teilweise bejaht.

33. Die Anwendbarkeit von § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 14 VO lässt sich begründen, wenn man von einem gesetzlichen Schuldverhältnis auf der Grundlage der VO ausgeht. Dann könnte ein Verstoß der Fluggesellschaft gegen Art. 14 VO Schadenersatzansprüche nach deutschem Recht begründen (vgl. Ullenboom a.a.O.).

34. Insoweit stellt sich dann die weitere Frage, ob das jeweilige Luftfahrtunternehmen tatsächlich gegen seine Hinweispflichten verstoßen hat. Welche konkret bestehen, müsste geklärt werden. Art. 14 Abs. 1 VO mag zwar noch eindeutig sein. Art. 14 Abs. 2 VO ist diesbezüglich nicht eindeutig. Bezieht sich Absatz 2 auf Absatz 1, muss also sich der Fluggast zwecks Aushändigung der schriftlichen Hinweise zum Abfertigungsschalter oder Flugsteig begeben (Mitwirkungspflicht des Fluggastes, vgl. LG Stuttgart, Beschluss v. 29.05.2014, Az. 5 S 42/14, Bl. 86/87 d.A.) oder muss die Fluggesellschaft von sich aus die betroffenen Fluggäste kontaktieren und die schriftlichen Hinweise aushändigen?

35. Dies kann jedoch alles offen bleiben, da der teilweise vertretenen Auffassung zuzustimmen ist, dass regelmäßig die Kausalität zwischen Hinweispflichtverstoß und geltend gemachtem Schaden in Form der Rechtsanwaltskosten fehlt. Denn hätte die Beklagte ihrer Hinweispflicht genügt, wären die konkret geltend gemachten Rechtsanwaltskosten ebenfalls entstanden. Auch wenn die Beklagte ihrer Hinweispflicht ordnungsgemäß nachgekommen wäre, wären die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten in Form der Geschäftsgebühr angefallen. Zunächst ist auszuführen, dass die Fluggesellschaft gem. Art. 14 VO lediglich eine Hinweispflicht in der Form hat, dass ein schriftlicher Hinweis ausgehändigt werden muss, in dem die Regeln für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen dargelegt werden. Sie muss also lediglich abstrakt darauf hinweisen, dass Ausgleichsansprüche bestehen könnten. Dagegen betreffen die geltend gemachten Rechtsanwaltsgebühren in Form der Geschäftsgebühr nicht nur die pauschale Aufklärung des Mandanten über mögliche Ausgleichszahlungen, sondern konkret schon der Durchsetzung solcher Ansprüche. Diese anwaltliche Durchsetzung wäre aber auch bei Erfüllung der Hinweispflicht notwendig geworden. Wie sich aus dem vorgerichtlichen Geschehen ergibt, war die Beklagte nicht zahlungsbereit. Deshalb ist davon auszugehen, dass wenn die Beklagte Zahlungen gegenüber einem Rechtsanwalt verweigert, sie dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch gegenüber den Klägern persönlich getan hätte, wenn diese aufgrund ordnungsgemäß erteilter Hinweise der Beklagten gem. Art. 14 VO persönlich Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht hätten. Dann wären die Prozessbevollmächtigten ebenfalls zur Durchsetzung der Ansprüche beauftragt worden und die Geschäftsgebühr wäre ebenso entstanden.

36. Soweit Ullenboom (a.a.O.) argumentiert, dass wenn das Luftfahrtunternehmen hingewiesen hätte, hätte der Fluggast zunächst selbst Ansprüche geltend machen und das Luftfahrtunternehmen in Verzug setzen können und danach hätte er bei Ablehnung einen Anwalt mit der Durchsetzung der Ansprüche beauftragen können, was grds. zu einer Erstattungspflicht der Anwaltskosten aus Verzug geführt hätte, greift dies nicht durch. Dies ist zwar auf den ersten Blick zutreffend, aber im Hinblick auf die Kausalität nicht überzeugend. Denn gem. Art. 14 VO wird nur ein Hinweis auf mögliche Ausgleichsansprüche geschuldet. Geltend gemacht werden Rechtsanwaltskosten, die konkret für die Durchsetzung der Ansprüche anfallen. Der eingetretene Schaden sind die Rechtsanwaltskosten in Form der Geschäftsgebühr und nicht deren fehlende Ersatzfähigkeit. Die Ersatzfähigkeit ist ja gerade zu prüfen. Es stellt auch keinen Fall der ungerechtfertigten Ungleichbehandlung dar. Es gilt grds. auf allen zivilrechtlichen Rechtsgebieten, dass derjenige, der sich von Anfang an eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung seiner Ansprüche bedient, Gefahr läuft, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten mangels Verzugs des Schuldners nicht ersetzt zu bekommen. Auch der vermeintliche Schuldner, der sich in der vorgerichtlichen Auseinandersetzung eines Rechtsanwalts bedient und im Rechtsstreit obsiegt, hat regelmäßig keinen Erstattungsanspruch wegen der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gegen den Anspruchsteller.

37. Eine Kausalität für Rechtsanwaltskosten könnte höchstens dann bejaht werden, wenn der Fluggast einen Anwalt konsultiert, um lediglich zu erfragen, ob grds. Ansprüche auf Ausgleichsleistungen in Betracht kommen. Dabei würde es sich aber lediglich um eine anfallende Gebühr nach § 34 RVG handeln. Diese wäre aber auch nur dann ersatzfähig, wenn der Fluggast daraufhin persönlich seine Ansprüche gegenüber der Fluggesellschaft geltend macht und diese zahlt. Weigert sich die Fluggesellschaft und beauftragt der Fluggast daraufhin einen Anwalt, fehlt wiederum die Kausalität für die Ersatzfähigkeit der Geschäftsgebühr im Rahmen des Art. 14 VO. Die Gebühr nach § 34 RVG kann dann auch nicht isoliert geltend gemacht werden, denn die dann anfallende Geschäftsgebühr umfasst die Gebühr nach § 34 RVG bzw. diese wird auf die Geschäftsgebühr angerechnet.

38. Nach all dem findet sich keine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Befreiungsanspruch bzgl. vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

2.

39. Zu Recht hat das Amtsgericht das Unterliegen der Kläger mit den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten bei der Kostenentscheidung berücksichtigt und die Kosten gem. § 92 Abs. 1 ZPO gequotelt.

40. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach dem Anerkenntnis der Beklagten bzgl. der Hauptforderung die zunächst als Nebenforderung geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zur Hauptforderung geworden sind.

III.

41. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

42. Die Revision war zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO vorliegen. Die Frage der Ersatzfähigkeit vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bei der Geltendmachung von Ausgleichszahlungen nach der FluggastrechteVO, soweit kein Verzug der Fluggesellschaft mit der Zahlung vorliegt, ist in der Instanzrechtsprechung umstritten. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung war die Revision zuzulassen.

43. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

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