Informationspflicht über Flugzeiten
LG Frankfurt: Informationspflicht über Flugzeiten
Ein Ehepaar buchte bei einem Reiseveranstalter einen Pauschalurlaub inklusive Flug. Am Tag vor dem geplanten Reisebeginn werden die Kläger vom Veranstalter darüber informiert, dass der Flug annulliert wurde.
Die Kläger verlangen nun eine Ausgleichszahlung vom Flugunternehmen. Dieses weigert sich der Zahlung, weil es den Reiseveranstalter bereits einen Monat vorher über den Ausfall des Fluges informiert hatte.
Das Landgericht Frankfurt hat der Klage stattgegeben. Der Reiseveranstalter sei nicht zur Weiterleitung der Fluginformationen verpflichtet. Es sei Aufgabe der Airline die Fluggäste über Flugplanänderungen in Kenntnis zu setzen.
LG Frankfurt | 2-24 S 92/11(Aktenzeichen) |
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LG Frankfurt: | LG Frankfurt, Urt. vom 01.09.2011 |
Rechtsweg: | LG Frankfurt, Urt. v. 01.09.2011, Az: 2-24 S 92/11 |
AG Frankfurt, Urt. v. 08.04.2011, Az: 30 C 567/10-47 | |
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Leitsatz:
2. Airline hat Informationspflicht gegenüber Fluggästen.
Zusammenfassung:
3. Eine Ehepaar buchte bei einem Reiseveranstalter einen Pauschalurlaub inklusive Hin- und Rückflug. Einen Tag vor Reisebeginn informiert der Veranstalter die Kläger darüber, dass der Flug annulliert worden sei. Das Ehepaar forder nun vom Luftfahrtunternehmen eine Ausgleichszahlung.
Dieses weigert sich jedoch der Zahlung. Es habe die 2-wöchige Frist zur Unterrichtung über Flugausfälle eingehalten, da es den Veranstalter bereits 4 Wochen vorher über die Annullierung informiert hatte.
Das Landgericht Frankfurt hat den Klägern Recht zugesprochen. Die Informationspflicht der Airline beziehe sich auf die unmittelbar betroffenen Fluggäste, nicht jedoch auf den Reiseverstantalter.
Unterrichte ein solcher einen Flugreisenden nicht 2 Wochen vor der geplanten Abflugzeit, sondern erst einen Tag vor dem geplanten Abflug von der Annullierung des Fluges, obwohl er bereits Monate zuvor von der Fluggesellschaft über die Änderung informiert worden war, gehe dies nicht zu Lasten des Reisenden.
Der Reiseveranstalter sei weder Empfangsvertreter bzw. Wissensvertreter der Flugreisenden oder von ihnen zum Empfangsboten bestellt worden, noch nach der Verkehrsanschauung als zum Empfangsboten bestellt anzusehen.
Die Erklärung der Airline sei den Klägern gegenüber folglich nicht abgegeben worden. Aus diesem Grund stehe ihnen eine Ausgleichszahlung nach Art. 7 der Fluggastrechteverordnung zu.
Tenor:
4. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 08.04.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main, Az.: 30 C 567/10-47, abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.200,– € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
5. Von der Wiedergabe der tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts und der Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen wird abgesehen (§§ 540 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO).
6. Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache Erfolg.
7. Der Klägerin steht aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes der geltend gemachte Ausgleichsanspruch gem. Art. 5 I c, 7 I c FluggastrechteVO (VO EG Nr. 261-04) in Höhe von 600.– € pro Person zu. Der über einen Reiseveranstalter gebuchte Flug war infolge einer Änderung der Flugpläne annulliert worden. Dies löst den Anspruch aus. Er entfällt nicht gem. Art 5 I c ii FluggastrechteVO, weil die Fluggäste hierüber nicht 2 Wochen vor der planmäßigen Abflugszeit informiert worden waren. Die beklagte Fluggesellschaft hat dies den Fluggästen nicht angezeigt. Diese wurden von der Änderung erst einen Tag vor dem geplanten Abflug durch ein Schreiben des Reiseveranstalters in Kenntnis gesetzt. Darauf, dass der Reiseveranstalter die Änderung schon Monate zuvor davon erfahren hatte, kommt es nicht an. Dies ersetzt keine Benachrichtigung der Fluggäste.
8. Es kann dahingestellt bleiben, ob Art 5 I c der Verordnung so auszulegen ist, dass die Anzeige einer Annullierung erst erfolgt ist, wenn die Fluggäste persönlich unterrichtet sind oder ob der Zugang bei einem Dritten, der den Zugang nach nationalem deutschen Recht vermittelt, ausreichen kann. Selbst wenn die autonom auszulegende Verordnung so zu verstehen sein sollte, dass entsprechend nationalem deutschen Recht ein rechtzeitiger Zugang bei einem Empfangsvertreter oder einem Empfangsboten genügen kann, war die Flugplanänderung nicht 2 Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit bekannt gemacht worden.
9. Die Mitteilung an den Reiseveranstalter reicht dazu nicht aus. Dieser war weder Empfangsvertreter beziehungsweise Wissensvertreter der Flugreisenden oder von ihnen zum Empfangsboten bestellt worden, noch nach der Verkehrsanschauung als zum Empfangsboten bestellt anzusehen. Als Wissensvertreter hätte er Empfangsvollmacht haben oder in die Geschäftsorganisation der Fluggäste eingebundener Repräsentant sein müssen. Davon kann hier keine Rede sein. Wer nach der Verkehrsanschauung als Empfangsbote in Betracht kommt, spiegelt sich in § 178 ZPO wieder, in dem der Personenkreis genannt wird, an den ersatzweise zugestellt werden kann. Dazu gehören Hausgenossen oder im Geschäft des Adressaten angestellte Personen. Der Reiseveranstalter gehört bei weitem nicht zu diesem Personenkreis.
10. Die Tatsache, dass die Pauschalreise betreffende Nachrichten der Leistungserbringer in der Regel über den Reiseveranstalter vermittelt werden, schon weil es meistens faktisch anders nicht möglich ist, macht diesen nicht zum Empfangsboten des Reisenden, sondern allenfalls zum Erklärungsboten der Fluggesellschaft.
11. Die unterliegende Partei hat die Kosten gem. § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen
12. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
13. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung besteht nicht, nachdem die Beschwer für eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO in der Fassung des 2. JuMoG vom 22.12.2006 nicht erreicht wird.
14. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Entscheidung über eine Wissenszurechnung weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. II ZPO).
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