Anmeldung von Ansprüchen wegen nutzlos vertaner Urlaubszeit für Mitreisende

LG Frankfurt: Anmeldung von Ansprüchen wegen nutzlos vertaner Urlaubszeit für Mitreisende

Ein Reisender buchte für sich und seine Ehefrau eine Donaukreuzfahrt über einen Reiseveranstalter. Der Reiseveranstalter sendete dem Reisenden eine Rechnung für den Reisepreis, die von diesem auch bezahlt wurde. Der Reiseveranstalter teilte dem Reisenden später jedoch mit, dass die Reise nicht stattfinden könne und bot ihm an zu stornieren oder die Reise für das Jahr darauf zu buchen.

Der Reisende stornierte die Reise und forderte von dem Reiseveranstalter eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreuden für sich und seine Frau, sowie Erstattung zusätzlich gebuchter Bahntickets.

Der Reiseveranstalter überwies dem Reisenden die Erstattung für die Bahntickets sowie die Entschädigung für den Reisenden nicht aber seine Frau. Da der Reiseveranstalter der Ansicht ist der Reisende hat nicht das Recht darauf die Ansprüche für seine Frau geltend zu machen, dies müsse sie selbst tun.

Der Reisende klagte vor dem Amtsgericht (kurz: AG) Frankfurt auf die Zahlung der Entschädigung für entgangene Urlaubsfreuden und bekam Recht. Der Reiseveranstalter zog daraufhin vor das Berufungsgericht, das Landgericht (kurz: LG) Frankfurt und unterlag auch dort.

LG Frankfurt 2-24 S 47/09 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 29.10.2009
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 29.10.2009, Az: 2-24 S 47/09
AG Frankfurt, Urt. v. 13.02.2009, Az: 30 C 2240/08
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Landgericht Frankfurt

1. Urteil vom 29. Oktober 2009

Aktenzeichen 2-24 S 47/09

Leitsätze:

2. Sagt ein Reiseveranstalter eine Reise aus, in seiner Verantwortungssphäre liegenden, Gründen ab, so können betroffene Reisende ein Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 50% des Reisepreises verlangen.

Die Anmeldung von Ansprüchen von Mitreisenden kann ohne Vollmacht von dem Buchenden durchgeführt werden.

Eine vollmachtlose Anmeldung von Ansprüchen für Mitreisende, durch den Buchenden, kann auch rückwirkend genehmigt werden, die Erteilung der Vollmacht muss dabei nicht innerhalb der von Monatsfrist zur Anmeldung von Ansprüchen erfolgen.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte bei der Beklagten am 23.07.2007 eine Donaukreuzfahrt für sich und seine Frau. Die Kreuzfahrt sollte vom 30.05.2008 bis zum 16.062008 stattfinden. Der Preis der Kreuzfahrt betrug 2273,00 € pro Person. Dem Kläger wurde die Rechnung übersandt und dieser zahlte den Reisepreis.

Am 09.05.2008 teilte die Beklagte dem Kläger per Schreiben mit, dass die Reise abgesagt wurde und bot ihm eine Umbuchung auf 2009 oder die Stornierung der Reise an. Der Kläger stornierte die Reise mit einem Schreiben am 18.05.2008. Er forderte mit dem Schreiben vom 17.05.2008 die Rückzahlung des Reisepreises, Erstattung der Kosten für Bahnkarten nach Wien in Höhe von 370,60 €, sowie eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreuden.

Der Anwalt des Klägers forderte am 04.06.2008 die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 50% für entgangene Urlaubsfreuden auf, dies waren insgesamt 2237,00 €. Der Kläger forderte am 28.05.2008 die Beklagte zur Zahlung der Entschädigung für entgangene Urlaubsfreuden für seine Frau auf. Dieses Schreiben hat die Beklagte auch erhalten, da in diesem Schreiben auch Angegeben wurde, dass die Bahnkosten sich nach Stornierung nur noch auf 31,00 € beliefen. Am 04.06.2008 überwies die Beklagte die Entschädigung für den Reisenden sowie die 31,00 € Bahnkosten.

Da die Beklagte die Entschädigung für die Ehefrau des Klägers nicht zahlte klagte dieser vor dem AG Frankfurt, dieses gab ihm Recht. Die Beklagte ging in in Berufung und zog vor das LG Frankfurt.

Das LG Frankfurt urteilt, dass die Entscheidung des AG Frankfurt rechtens ist. Es ist unerheblich ob die Abtrittserklärung für die Vollmacht erst nach Ende der Monatsfrist erteilt wurde, da die Monatsfrist lediglich dazu dient den Reiseveranstalter die Möglichkeit gibt sich auf entstehende Kosten vorzubereiten, Nachweise vorzubereiten und gegebenenfalls die Versicherung zu informieren. Da der Anspruch für die Ehefrau des Klägers innerhalb der Monatsfrist angemeldet wurde, wurde der Beklagten die Möglichkeit gegeben sich auf die Durchsetzung des Anspruches vorzubereiten. Die Beklagte behauptete zwar, dass die Ansprüche auch nicht rechtzeitig angemeldet wurden, da sie das Schreiben vom 28.05.2008 nie erhielt. Dies konnte die Beklagte nicht glaubwürdig versichern, da der Betrag von 31,00 € für Bahnkosten in eben diesem Schreiben ebenfalls mitgeteilt wurde.

Die Beklage wurde verurteilt 1.186,50 Euro nebst Zinsen sowie 153,00 Euro außergerichtlicher Anwaltskosten an den Kläger zu zahlen.

Tenor

4. Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.2.2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main – Az. 30 C 2240/08-​47 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I .

5. Der Kläger buchte am 23.7.2007 bei der Beklagten eine Donaukreuzfahrt vom 30.5.2008 bis 16.6.2008 für 2 Personen zum Preis von 2.273,00 Euro pro Person. Die Beklagte bestätigte die Reiseanmeldung mit Schreiben vom 26.7.2007 und übersandte dem Kläger eine Rechnung über den Reisepreis. Der Kläger zahlte den Reisepreis an die Beklagte.

6. Mit einem auf den 9.5.2008 datierten Schreiben sagte die Beklagte die Reise ab und bot dem Kläger an, die Reise auf das Jahr 2009 umzubuchen oder sie zu stornieren. Der Kläger entschied sich für die Stornierung und teilte dies der Beklagten mit Schreiben vom 18.5.2008 mit.

7. Mit Schreiben vom 17.5.2008 forderte der Kläger Rückzahlung des Reisepreises, Erstattung der Kosten für die Bahnfahrkarten nach Wien in Höhe von 370,60 Euro sowie einen angemessenen Ausgleich für die entgangenen Urlaubsfreuden. Wegen des Wortlauts des Schreibens wird auf Bl. 17 – 20 d.A. Bezug genommen.

8. Mit Schreiben vom 4.6.2008 forderte der Prozessbevollmächtigte u.a. namens und in Vollmacht des Klägers eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreuden in Höhe von 50 % des vereinbarten Reisepreises, „das sind 2.273,00 Euro.“ Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 21 – 23 d.A. verwiesen. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 4.7.2008 mit, dass „die von Ihrem Mandanten eingereichten Kosten für die Bahn bereits am 4.6.2008 auf das von ihm genannte Konto überwiesen“ worden seien (Bl. 24 d.A.). Die Beklagte hatte dem Kläger insoweit 31,00 Euro überwiesen.

9. Die Prozessbevollmächtigten des Klägers reichten am 1.9.2008 eine Klageschrift vom 28.8.2008 bei dem Amtsgericht Frankfurt am Main ein. In einer Abtretungsvereinbarung vom 23.10.2008 trat die Ehefrau des Klägers ihre Ansprüche auf Schadensersatz wegen vergeblich aufgewendeter Urlaubszeit an den Kläger ab. Der Kläger und seine Ehefrau bestätigten zugleich, „dass diese förmliche Abtretungsvereinbarung zu dem Zweck erfolgt, eine zwischen uns bereits vor dem 28.8.2008 inhaltlich gleichlautende getroffene, mündliche Abtretungsvereinbarung in Schriftform zu fassen“. (Bl. 48 d.A.).

10. Die Beklagte zahlte neben den Kosten für die Bahn den Reisepreis an den Kläger zurück. Vor Rechtshängigkeit der Klage zahlte die Beklagte eine Entschädigung in Höhe von 50 % des auf 1 Person entfallenden Reisepreises an den Kläger (1.136,50 Euro).

11. Mit der Klage forderte der Kläger die Zahlung weiterer 1.246,50 Euro nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 282,87 Euro.

12. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

13. Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 13.2.2009, der Beklagten zugestellt am 20.2.2009, die Beklagte zur Zahlung von 1.186,50 Euro nebst Zinsen sowie 153,00 Euro außergerichtlicher Anwaltskosten verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

14. Das Amtsgericht hat dabei insbesondere einen Anspruch des Klägers aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 1.136,50 Euro für begründet erachtet. Wegen des weiteren Inhalts des Urteils des Amtsgerichts wird auf Bl. 59-​66 d.A. verwiesen.

15. Gegen diese Verurteilung zur Zahlung von 1.136,50 Euro nebst Zinsen hat die Beklagte mit bei Gericht am 13.3.2009 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Fristverlängerung bis zum 20.5.2009, mit bei Gericht am 13.5.2009 eingegangenen Schriftsatz begründet.

16. In der Berufungsinstanz behauptet die Beklagte, ein weiteres Schreiben des Klägers vom 28.5.2008 nicht erhalten zu haben. Die 31,00 Euro habe die Beklagte aufgrund eines Telefonanrufs des Klägers bei der Mitarbeiterin der Beklagten … am 4.6.2008 überwiesen.

17. Die Beklagte beantragt,

18. das am 13.2.2009 verkündete und am 20.2.2009 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Az. 30 C 2240/08-​47) aufzuheben soweit die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger 1.136,50 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.6.2008 zu zahlen und die Klage abzuweisen.

19. Der Kläger beantragt,

20. die Berufung zurückzuweisen.

21. Der Kläger behauptet, der habe der Beklagten ein weiteres Schreiben vom 28.5.2008 übersandt, in dem er auch für seine Ehefrau einen „Ausgleich für entgangene Urlaubserfolge“ gefordert habe. Wegen des Wortlauts des Schreibens wird auf Bl. 128 – 130 d.A. verwiesen.

22. Der Kläger behauptet ferner, dass die Beklagte das Schreiben auch erhalten habe. Denn in diesem Schreiben habe er mitgeteilt, dass die Bahn einen Großteil der Kosten für die Fahrkarten erstattet habe, weshalb er lediglich die Zahlung von Restkosten in Höhe von 31,00 Euro gefordert und die entsprechenden Belege beigefügt habe. Der Betrag von 31,00 Euro sei in dem Schreiben vom 17.8.2008 noch nicht genannt worden. Gleichwohl habe die Beklagte am 4.6.2008 lediglich 31,00 Euro an den Kläger überwiesen. Mit einer Mitarbeiterin … habe er nicht telefoniert.

II .

23. Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte und fristgemäß begründete Berufung der Beklagten ist in der Sache nicht begründet.

24. Das Amtsgericht hat der Klage zu Recht in Höhe von 1.186,50 Euro nebst Zinsen stattgegeben, wobei sich die Beklagte mit ihrer Berufung nur gegen eine Verurteilung in Höhe von 1.136,50 Euro gewendet hat.

25. Dem Kläger steht aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen Reisevereitelung in Höhe von 50 % des auf die Ehefrau entfallenden Reisepreises, mithin 1.136,50 Euro zu (§ 651 f Abs. 2 BGB).

26. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer, wie sie auch von dem Amtsgericht zutreffend zitiert wird, kann ein Reisender bei einer Reisevereitelung als Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit grundsätzlich einen Betrag von 50 % des Reisepreises verlangen (vgl. RRa 2006, 264, 266; Kammerurteil vom 31.7.2008, Az. 2-​24 S 49/08 sowie BGH NJW 2005, 1047 ff.).

27. Eine Reisevereitelung liegt hier vor, weil die Beklagte die Reise aus allein in ihrer Sphäre liegenden Gründen abgesagt hat.

28. Gegen diese Feststellungen des Amtsgerichts wendet die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung nichts ein.

29. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger auch berechtigt, solche Ansprüche seiner Ehefrau aus abgetretenem Recht geltend zu machen. Auch soweit es sich um höchstpersönliche Ansprüche handelt, können solche Ansprüche an Dritte abgetreten werden (vgl. OLG Düsseldorf RRa 03, 211). Die Aktivlegitimation ergibt sich aus der vorgelegten Abtretungsvereinbarung vom 23.10.2008.

30. Die Ansprüche der Ehefrau sind auch rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist gemäß § 651 g Abs. 1 BGB geltend gemacht worden. Die Anmeldung erfolgte durch den Kläger in seinem Schreiben vom 28.5.2008. Hierfür ist es unschädlich, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt möglicherweise noch nicht bevollmächtigt gewesen ist. Wie auch das Amtsgericht zutreffend angenommen hat, kann die Anmeldung von höchstpersönlichen Ansprüchen von Mitreisenden, hier der mitreisenden Ehefrau, durch den Buchenden erfolgen, ohne dass es der Vorlage einer Vollmacht bedarf. Dies folgt aus § 651 g Abs. 1 S. 2 BGB, wonach § 174 BGB für die Anspruchsanmeldung nicht anzuwenden ist.

31. Dem Amtsgericht ist auch darin zu folgen, dass eine zunächst vollmachtlose Anmeldung rückwirkend gemäß §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB genehmigt werden kann. Denn die Geltendmachung von Ansprüchen ist eine Erklärung i.S. einer geschäftsähnlichen Handlung (vgl. Palandt/Sprau 68. Aufl. 2009 § 651 g R. 2), auf die die Vorschriften über Willenserklärungen entsprechend anwendbar sind (vgl. Palandt/Ellenberger vor § 104 R. 7). Die Genehmigung der Ehefrau erfolgte hier jedenfalls durch die Abtretungsvereinbarung, weil damit kenntlich gemacht wurde, dass sie ihren Entschädigungsanspruch weiter verfolgen will.

32. Zur Wahrung der Frist des § 651 g Abs. 1 BGB ist dabei nicht erforderlich, dass die Abtretungserklärung innerhalb der Monatsfrist erfolgt, notwendig ist lediglich die Erklärung des vollmachtlosen Vertreters, dass auch für die Mitreisende Ansprüche geltend gemacht werden sollen. Die Genehmigung der Erklärung kann auch noch nachträglich, außerhalb der Monatsfrist erfolgen. Insofern bedarf keiner weiteren Sachaufklärung dazu, zu welchem Zeitpunkt vor dem 28.8.2008 eine Abtretungsvereinbarung bereits mündlich getroffen wurde oder ob die Ehefrau im Zeitpunkt der Anmeldeschreiben „von ihrem Glück noch nichts geahnt haben sollte“, wie das Amtsgericht in Betracht gezogen hat.

33. Zwar wird, soweit gesetzliche oder vertragliche Ausschlussfristen zu wahren sind, grundsätzlich die Auffassung vertreten, dass eine Genehmigung auch innerhalb dieser Frist zu erteilen ist (vgl. BGHZ 32, 375 für ein gesetzliches Vorkaufsrecht; BGHZ 108, 21, 30 für eine satzungsmäßige Klagefrist; BVerwG NJW 99, 3357 für die Ausschlussfrist für einen Restitutionsanspruch). Nach dem Sinn und Zweck der Ausschlussfrist in § 651 g Abs. 1 BGB ist die Kammer jedoch der Auffassung, dass eine Genehmigung einer durch einen vollmachtlosen Vertreter erklärten Anspruchsanmeldung nicht innerhalb der Monatsfrist erfolgen muss. Sinn und Zweck der Ausschlussfrist ist es, dem Reiseveranstalter Gewissheit darüber zu verschaffen, ob und in welchem Umfang Gewährleistungsansprüche auf ihn zukommen, damit er unverzüglich die notwendigen Beweissicherungsmaßnahmen treffen, etwaige Regressansprüche gegen seine Leistungsträger geltend machen und gegebenenfalls seinen Versicherer benachrichtigen kann (vgl. BGHZ 90, 363, 367, 369; 97, 255, 262; 102, 80, 86; 145, 343, 349; Urt. v. 11.01.2005 Az. XZR 163/02, NJW 2005, 1420; Urt. v. 9.6.2009, Az. Xa ZR 99/06, zit nach juris). Durch die Anmeldung von Entschädigungsansprüchen insbesondere durch den Buchenden für mitreisende Familienangehörige besteht für den Reiseveranstalter hinreichenden Anlass schnell die notwendigen Beweissicherungsmaßnahmen zu treffen, auch um ggf. bei der Durchsetzung von Regressansprüchen nicht in Beweisnot zu geraten. Die Veranlassung solcher für eine mögliche nachfolgende Auseinandersetzung nützlichen Maßnahmen ist für den Reiseveranstalter nicht unzumutbar, selbst wenn der jeweilige Anspruchsinhaber eine Genehmigung einer Anspruchsanmeldung durch einen vollmachtlosen Dritten erst wesentlich später oder gar nicht erteilt. Eine Rechtssicherheit und Rechtsklarheit über die Geltendmachung von Ansprüchen (vgl. BVerwG a.a.O.), die für die Notwendigkeit einer Genehmigung innerhalb von gesetzlichen oder vertraglichen Ausschlussfristen zur Begründung herangezogen wird, kann durch die Anspruchsanmeldung gemäß § 651 g Abs. 1 BGB nicht erreicht werden, da es trotz einer Anspruchsanmeldung nicht klar ist, ob die geltend gemachten Ansprüche tatsächlich weiterverfolgt werden. Letztliche Klarheit erlangt der Reiseveranstalter erst mit Ablauf der Verjährungsfrist.

34. Für die Annahme, dass für die Anspruchsanmeldung gemäß § 651 g Abs. 1 BGB eine Genehmigung einer Anmeldung durch einen vollmachtlosen Vertreter nicht innerhalb der Frist erfolgen muss, spricht auch die Intention des Gesetzgebers, dass bei einer solchen Anmeldung keine strengen Formvorschriften einzuhalten sind. Denn der Gesetzgeber hat durch die Einfügung von § 651 f Abs. 1 S. 2 BGB, wonach bei der Anmeldung durch einen bevollmächtigten Dritten die Vollmacht nicht vorgelegt werden muss (§ 174 BGB), zum Ausdruck gebracht, dass die Geltendmachung reisevertraglicher Ansprüche nicht den gleichen strengen Formvorschriften unterliegt wie es bei einseitigen Rechtsgeschäften der Fall ist. Im Sinne erleichterter Durchsetzung reisevertraglicher Ansprüche insbesondere im Lichte des Verbraucherschutzes erscheint es deshalb nicht als notwendig, bei der nachträglichen Genehmigung vollmachtloser Erklärungen von strengen Voraussetzungen auszugehen.

35. Das Schreiben vom 28.5.2008 enthält eine Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen auch für die Ehefrau des Klägers. Auf S. 3 des Schreibens wird insbesondere die Ehefrau benannt und sowohl für den Kläger selbst („als Rentner“) als auch für die Ehefrau („als Hausfrau“) ein Ausgleich für entgangene Urlaubserfolge gefordert. Diese Passage des Schreibens ist als eine Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen i.S.d. § 651 f Abs. 2 BGB hinreichend deutlich und konnte von der Beklagten auch nicht missverstanden werden.

36. Die Kammer ist auch davon überzeugt, dass die Beklagte dieses Schreiben erhalten hat und das Bestreiten des Zugangs wider besseres Wissen erfolgt. Denn unstreitig hat die Beklagte dem Kläger für die Auslagen für die Bahnfahrkarten 31,00 Euro überwiesen. Diesen Betrag konnte sie nur aufgrund der Informationen im Schreiben vom 28.5.2008 überweisen, da in den Schreiben vom 17.5.2008 noch die vollen Fahrtkosten erstattet verlangt wurden. Das Schreiben der Prozessbevollmächtigten konnte Zahlungsgrund nicht sein, weil dieses Schreiben erst am 4.6.2008 verfasst wurde, die Zahlung aber bereits an diesem Tag veranlasst wurde. Der Anlass der Zahlung erfolgte auch nicht aufgrund eines Telefonats mit einer Mitarbeiterin der Beklagten. Einerseits wird dieses Telefonat nicht näher nach Anlass und Zeitpunkt konkretisiert. Andererseits deutet der Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 4.7.2008 daraufhin, dass die Zahlungsanweisung nicht aufgrund eines Telefonats, sondern aufgrund schriftlicher Unterlagen erfolgte. Denn die Beklagte nimmt Bezug auf durch den Kläger „eingereichte Kosten“. Insoweit kann ein Zusammenhang mit den mit dem Schreiben vom 28.5.2008 eingereichten Belegen hergestellt werden. Bei einer lediglich telefonischen Durchsage solcher Kosten hätte es nahe gelegen, nicht von „eingereichten“ Kosten, sondern von „mitgeteilten“ Kosten zu sprechen.

37. Der Kläger ist auch nicht mit der Bezugnahme auf das Schreiben vom 28.5.2008 i.S.d. § 531 Abs. 1 ZPO präkludiert. Denn da das Amtsgericht den Anspruch des Klägers für begründet erachtet hat, lag keine Notwendigkeit vor, das Schreiben vom 28.5.2008, das bereits in der Klageschrift bezeichnet wurde, auch tatsächlich vorzulegen. Die Notwendigkeit ergab sich erst, als die Beklagte mit der Berufungsbegründung gegen eine Erklärung des Klägers in fremden Namen gewandt hat.

38. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB. Verzug der Beklagten trat mit Ablauf der im Schreiben vom 4.6.2008 gesetzten Frist ein. Demgegenüber hat die Beklagte in der Berufungsbegründung gegen den Zinsanspruch keine weiteren Einwendungen erhoben.

39. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos war (§ 97 Abs. 1 ZPO).

40. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

41. Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache insofern grundsätzliche Bedeutung hat, weil die Frage, ob die Genehmigung einer Anspruchsanmeldung durch einen vollmachtlosen Vertreter für den Anspruchsinhaber bisher – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden wurde.

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