Hinweis auf die Einreisebestimmungen

AG Worms: Hinweis auf die Einreisebestimmungen

Ein Reisender buchte bei einem Reisebüro einen Pauschalurlaub für sich und seine Ehefrau. Weil diese nicht deutsche Staatsbürgerin war, wurde ihr am Abreisetag der Zutritt zum Flugzeug, wegen fehlender Visaunterlagen, verwehrt. Der Ehemann verlangt nun Schadensersatz vom Reisebüro, das ihn nicht auf die entsprechenden Erfordernisse hingewiesen hatte.

Das Amtsgericht Worms hat die Klage abgewiesen. Es liege nicht im Verantwortungsbereich eines Reisebüros, seine Kunden auf etwaige Einreisebestimmungen im Urlaubsland hinzuweisen.

AG Worm 3 C 121/06 (Aktenzeichen)
AG Worms: AG Worms, Urt. vom 08.05.2007
Rechtsweg: AG Worms, Urt. v. 08.05.2007, Az: 3 C 121/06
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Amtsgericht Worms

1. Urteil vom vom 08. Mai 2007

Aktenzeichen: 3 C 121/06

Leitsatz:

2. Reisebüro ist nicht zur Aufklärung über Visa-Erfordernisse verpflichtet.

Zusammenfassung:

3. Ein Urlauber buchte für sich und seine Ehefrau eine Pauschalreise bei einem Reisebüro. Am Tag des Reiseantritts wurde seiner Gattin der Zutritt zum Flugzeug verwehrt, weil sie keine gültigen Visaunterlagen vorweisen konnte. Weil das Reisebüro den Kläger bei Reisebuchung nicht auf die entsprechenden Einreisebestimmungen hingewiesen hatte, verlangt dieser nun eine Schadensersatzzahlung. Das Reisebüro lehnt dies mit der Begründung ab, dass es nicht seine Pflicht sei, Kunden über Visabestimmungen aufzuklären.

Das Amtsgericht Worms hat die Klage abgewiesen. Ein Reisevermittler sei nicht verpflichtet, den Reisenden auf die Erforderlichkeit eines Visums für seinen Ehegatten als ausländischen Staatsangehörigen hinzuweisen.

Der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen einem Reisevermittler und einem Reisekunden begründe, auch unter Berücksichtigung des Vertrauens des Reisenden in die Sachkunde des Reisebüros, keine Pflicht des Reisebüros, ungefragt über die Einreisebestimmungen des Ziellandes aufzuklären.

Den Reisevermittler treffe auch keine Pflicht, Nachforschungen über die Staatsangehörigkeit des Reisenden und seines Ehegatten anzustellen, um sodann über die Einreisebestimmungen für den speziellen Einzelfall aufzuklären.
Ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe für den Kläger mithin nicht.

Tenor:

4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 650.- EUR nebst 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 13.05.2006 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

5. Die Klägerin, die sich mit der Vermittlung sogenannter Last-Minute-Urlaubsreisen befasst, macht gegen den Beklagten einen Zahlungsanspruch für ein Flugticket geltend.

6. Der Beklagte buchte am 20.03.2006 über die Agentur der Klägerin in Worms einen Nur-Flug nach Südafrika (Frankfurt-Kapstadt-Frankfurt) zum Preis von 644.- EUR.

7. Einige Tage zuvor hatte die Lebensgefährtin des Beklagten, die Zeugin XXXXX, ebenfalls einen Flug nach Kapstadt gebucht. Beide wollten zusammen die Reise in Südafrika verbringen, wobei die Zeugin XXXXX einige Tage früher fliegen wollte. Die Zeugin XXXXX, die Kenianerin ist, konnte jedoch die von ihr gebuchte Reise nicht antreten, da sie nicht über das erforderliche Visum verfügte. Daraufhin nahm auch der Beklagte von der Reise Abstand und wollte das Ticket stornieren. Er widersprach der vereinbarten Abbuchung der Flugkosten von seinem Konto, wofür Rücklastschriftgebühren in Höhe von 6.- EUR entstanden.

8. Die Klägerin trägt vor:

9. Der Beklagte sei nicht berechtigt, Einwendungen aus dem Vertrag betreffend die Zeugin XXXXX geltend zu machen. Sie – die Klägerin – habe auch keine falschen Auskünfte erteilt. Bei der Buchung des Flugs der Zeugin XXXXX habe diese nämlich angegeben, dass sie beabsichtige, nach Südafrika auszuwandern und sich deshalb über eine in Kapstadt lebende Bekannte umfassend Informationen über die Einreisebestimmungen beschafft. Die Zeugin XXXXX sei von ihrer Buchungsmitarbeiterin auch ausdrücklich gefragt worden, ob sie die für sie geltenden Einreisebestimmungen nach Südafrika kenne und auch erfülle, hierauf habe Frau XXXXX mitgeteilt, dass sie über die erforderlichen Einreisepapiere verfügen würde.

10. Die Klägerin beantragt,

11. zu entscheiden wie erkannt.

12. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

13. Er trägt vor, die Klägerin, vertreten durch das Reisebüro in Worms, habe ihre Beratungs- und Informationspflicht verletzt, indem sie über die Visumspflicht nicht richtig informiert habe. Bei der Buchung habe die Zeugin XXXXX darauf hingewiesen, dass sie Kenianerin sei und bisher noch nie in Kapstadt gewesen sei. Ihr sei daraufhin die Auskunft erteilt worden, dies sei überhaupt kein Problem. Da sie beide gemeinsam im Büro der Klägerin in Worms gewesen seien, sei ohne weiteres erkennbar gewesen, dass beide selbstverständlich auch gemeinsam die Reise antreten wollten.

14. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen XXX, XXX und XXXXX. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 12.12.2006 und 17.04.2007 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

15. Die zulässige Klage ist begründet.

16. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 644.- EUR als Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsbesorgungsvertrag gemäß §§ 675, 670 BGB zu sowie in Höhe von 6.- EUR als Schadenersatzanspruch gemäß §§ 280, 675, 670 BGB.

17. Hingegen steht dem Beklagten kein aufrechenbarer Schadenersatzanspruch wegen falscher Beratung bezüglich des Visums seiner Lebenspartnerin Frau XXXXX zu. Zwar steht nach den Bekundungen aller Zeugen fest, dass der Beklagte und Frau XXXXX mindestens einmal zusammen im Reisebüro waren und erkennbar war, dass sie die Reise zusammen verbringen wollten, sodass der Klägerin in entsprechender Anwendung der Grundsätze des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter eine Pflichtverletzung beim Vertrag mit der Zeugin XXXXX entgegengehalten werden kann.

18. Eine solche Pflichtverletzung hat der Beklagte jedoch nicht nachgewiesen.

19. Die Anforderungen an die Hinweis- und Aufklärungspflichten bei Reisen ins Ausland durch den Reiseveranstalter bzw. das Reisebüro werden von der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt. So hat z.B. das AG Kassel (Urteil vom 30.06.2005 Aktenzeichen 432 C 928/05) entschieden, dass ein inländisches Reisebüro seinen (ausländischen) Kunden grundsätzlich nur über Pass- und Visumserfordernisse für inländische Staatsangehörige informieren müsse. Eine weitergehende Auskunftspflicht bestehe selbst dann nicht, wenn es konkreten Anlass habe, an der inländischen Staatsangehörigkeit seines Kunden zu zweifeln. Eine solche Auskunftspflicht bestehe erst dann, wenn der Kunde auf seine ausländische Staatsangehörigkeit hinweise und konkret nach der Erforderlichkeit eines Visums frage.

20. Ebenso LG Baden-Baden 2. Zivilkammer Urteil vom 07.03.2003, Aktenzeichen 2 S 104/02: „Ein Reisevermittler ist nicht verpflichtet, den Reisenden auf die Erforderlichkeit eines Visums (hier: für die Einreise nach Ägypten) für seinen Ehegatten als ausländischen Staatsangehörigen hinzuweisen.

21. Sowie AG Berlin-Mitte Urteil vom 23.02.1996 Aktenzeichen 14 C 690/95: Bei Flügen in das außereuropäische Ausland ist das Reisebüro grundsätzlich nicht verpflichtet, auf Einreisebestimmungen ungefragt hinzuweisen, denn im Gegensatz zur Pauschalreise verzichtet derjenige, der lediglich Flüge und möglicherweise noch andere Teilleistungen bucht und sich diese selbständig zusammenstellt bewusst auf die Führung und Betreuung durch einen Reiseveranstalter. Dieser Verzicht bedeutet zugleich, dass er nur Teilleistungen in Anspruch nimmt und damit grundsätzlich auch das Risiko der Information über Einreisebestimmungen in das jeweilige Zielland trägt.

22. Danach ist festzustellen, dass das Reisebüro (vorliegend als Erfüllungsgehilfe der Klägerin) bei der vorliegenden Buchung eines Nur-Fluges jedenfalls nicht verpflichtet war, von sich aus auf die Einreisebestimmungen hinzuweisen. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Kunde gezielt nach entsprechenden Auskünften fragt, in diesem Fall darf das Reisebüro jedenfalls keine unrichtige Auskunft erteilen.

23. Die Beweislast dafür, dass gezielt nach den entsprechenden Einreisebestimmungen gefragt wurde, trägt der Beklagte. Dieser Nachweis ist ihm jedoch nicht gelungen. Dabei kann dahinstehen, ob die Bekundungen der Zeugin XXX, dass die Zeugin XXXXX auf ihre Nachfrage erklärt habe, dass sie sich umfassend Informationen über die Einreisebestimmungen beschafft habe und dass sie mitgeteilt habe, dass sie über die erforderlichen Einreisepapiere verfügen würde, zutreffend sind. Die vom Beklagten benannte Zeugin XXXXX hat nämlich selbst erklärt, dass sie bei der Buchung nicht gefragt habe, ob es Probleme mit der Einreise gebe und ob sie ein Visum benötige, da sie – die Zeugin XXXXX – selbst davon ausgegangen sei, dass sie als Kenianerin für Südafrika kein Visum benötige. Es ist deshalb nicht nachgewiesen, dass bei der Buchung gezielt nach den Einreisebestimmungen gefragt wurde, sodass auch keine Verletzung einer Hinweis- und Beratungspflicht des Reisebüros vorliegen kann.

24. Der Beklagte ist deshalb antragsgemäß zu verurteilen.

25. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

26. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713.

 

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