Umfang der Prüfungspflicht eines Reisebüros bei Änderung von Flugzeiten

AG Baden-Baden: Umfang der Prüfungspflicht eines Reisebüros bei Änderung von Flugzeiten

Der Kläger buchte bei der Beklagten, einem Reisebüro,  Hin- und Rückflug von Düsseldorf nach Kapstadt. Auf dem Rückflug verspätet sich ein Zubringerflug um 6 Minuten, weswegen der Kläger seinen Anschlussflug verpasste. Von der Fluggesellschaft erhielt er die Auskunft, er habe sich selbstständig um einen Rückflug zu bemühen. Dadurch entstanden dem Kläger Kosten, deren Erstattung er von der Beklagten fordert. Er ist der Ansicht, die Umsteigezeit zwischen den beiden Flügen sei von vorneherein zu knapp bemessen gewesen.

Das AG Baden-Baden entscheidet die Klage abzuweisen. Der Schadensanspruch sei zwar unstrittig. Allerdings treffe die Beklagte keine Schuld, da sie lediglich die Flugdaten der Fluggesellschaften weitergegeben habe und der Kläger die Änderung der Flugzeiten akzeptiert habe.

AG Baden-Baden 16 C 46/10 (Aktenzeichen)
AG Baden-Baden: AG Baden-Baden, Urt. vom 09.06.2011
Rechtsweg: AG Baden-Baden, Urt. v. 09.06.2011, Az: 16 C 46/10
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Baden-Württemberg-Gerichtsurteile

Amtsgericht Baden-Baden

1. Urteil vom 09. Juni 2011

Aktenzeichen 16 C 46/10

Leitsatz:

2. Nach Abschluss des Reisevertrages ist das Reisbüro im Rahmen der Vermittlungstätigkeit nur zur sorgfältigen Weiterleitung von Informationen sowie zur Erteilung notwendiger Auskünfte verpflichtet.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte bei dem beklagten Reisebüro,  Hin- und Rückflug von Düsseldorf nach Kapstadt. Auf dem Rückflug verspätete sich ein Zubringerflug um 6 Minuten, was dazu führte, dass der Kläger seinen Anschlussflug nicht mehr erreichen konnte. Von der Fluggesellschaft erhielt er die Auskunft, er habe sich selbstständig um einen Rückflug zu bemühen. Dadurch entstanden dem Kläger Kosten, deren Erstattung er von der Beklagten fordert. Er ist der Ansicht, die Umsteigezeit zwischen den beiden Flügen sei von vorneherein zu knapp bemessen gewesen, weil bereits eine marginale Verspätung von 6 Minuten zum Nichterreichen des Anschlussfluges geführt habe.

Das AG Baden-Baden urteilt, dass eine Prüfungspflicht des Reisebüros für Unterlagen des Reiseveranstalters sich auf die Vollständigkeit der Reiseunterlagen, wie die Reisebestätigung, Sicherungsschein, Reisepapiere, Tickets etc. beziehe. Das Reisebüro gebe lediglich die Daten und Auskünfte Dritter weiter, deshalb liege bei einer fehlerfreien Weitergabe der Informationen kein Verschulden des Reisebüros vor. Mangels Pflichtwidrigkeit scheidet ein Schadensersatzanspruch gegen den Reisevermittler in derartigen Fällen aus.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der vollstreckenden Forderung abwenden, wenn nicht der Gläubiger zuvor eine entsprechende Sicherheit leistet.

Tatbestand:

5. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz aus einem Reisevermittlungsvertrag in Anspruch.

6. Der Kläger hat bei der Beklagten am 22.06.2009 eine Flugreise von Düsseldorf nach Kapstadt in Südafrika gebucht, wobei die Hinreise am 28. Dezember 2009 und die Rückreise am 12. Januar 2010 erfolgen sollte. Zunächst wurde folgende Flugverbindung vermittelt:

7. Hinflug ab Düsseldorf 12:00 Uhr, an Tripoli 16:30 Uhr, ab Tripoli 19:30 Uhr, an Kapstadt 7:50 Uhr.

8. Durchgeführt werden sollten die Flüge durch Afriquiyah Airways. Der Rückflug war gebucht am 12.01.2010, 18:00 Uhr. Abflug Kapstadt nach Tripoli, Ankunft dort 6:20 Uhr, Abflug Tripoli 8:40 Uhr nach Düsseldorf, Ankunft 11:00 Uhr.

9. Unstreitig hat die Buchungsbestätigung der Beklagten den Hinweis enthalten, dass sich die Fluggesellschaft kurzfristige Änderungen der Flugzeiten, der Streckenführung und einen Wechsel des Fluggerätes ausdrücklich vorbehält. Weiter enthielt die Buchungsbestätigung folgenden Hinweis:

10. „Der Check-In beginnt ca. 120 Minuten vor Abflug. Finden Sie sich spätestens 120 Minuten vor Abflug am Schalter ein, da ansonsten die Beförderung verweigert werden kann. Verspätetes Erscheinen gilt als Nichterscheinen. Ihr Fluganspruch verfällt bei Nichterscheinen. Gültig nur zu den angegebenen Flugdaten. Flugumbuchungen nicht möglich.“

11. Im September 2009 wurde dem Kläger über die Beklagte mitgeteilt, dass eine Änderung bei den Flügen vorgenommen wurde und es einen weiteren Zwischenstopp in Johannesburg geben würde, bei dem er auch die Airline wechseln und die Verbindung zwischen Johannesburg und Kapstadt mit South African Airways durchführen würde. Damit erklärte sich der Kläger einverstanden. Er erhielt daraufhin von der Beklagten eine Buchungsbestätigung mit folgendem abgeänderten Inhalt:

12. Hinflug: Düsseldorf ab 12:00 Uhr mit Afriquiyah Airways nach Tripoli, an Tripoli 16:30 Uhr, ab Tripoli 19:30 Uhr mit Afriquiyah Airways nach Johannesburg, an 4:20 Uhr, ab Johannesburg 6:00 Uhr mit South African Airways nach Kapstadt, Ankunft 8:10 Uhr.

13. Rückflug: Kapstadt 17:50 Uhr mit South African Airways nach Johannesburg, dort Ankunft 19:50 Uhr, ab 21:20 Uhr mit Afriquiyah Airways nach Tripoli, dort Ankunft 6:10 Uhr, ab 8:40 Uhr, Ankunft Düsseldorf 11:00 Uhr.

14. Auch diese Buchungsbestätigung erhielt den Hinweis, dass sich die Fluggesellschaft kurzfristige Änderungen der Flugzeiten, der Streckenführung oder einen Wechsel des Fluggerätes ausdrücklich vorbehalte. Hinsichtlich wichtiger Fluginformationen und Check-In enthielt die Buchungsbestätigung folgenden Hinweis:

15. „Die Check-In Zeiten variieren. Konkrete Zeiten erfahren Sie unter der Service-Telefonnummer der Airline oder auf der Website der befördernden Fluggesellschaft. Meist beginnt der Check-In ca. 120 Minuten vor Abflug und sollte sich der Fluggast spätestens 90 Minuten vor Abflug am Schalter einfinden. Besonders bei außereuropäischen Flugzielen beginnt der Check-In jedoch teilweise erheblich früher und schließt der Schalter nicht selten bereits 120 Minuten vor Abflug. Verspätetes Erscheinen gilt als Nichterscheinen.“

16. Der Kläger hatte ein Ticket für sich und seine Begleiterin, die Zeugin … gebucht.

17. Auf dem Rückflug kam es am 12. Januar 2010 auf der Teilstrecke von Kapstadt nach Johannesburg bei dem Flug von South African Airways, angeblich wegen eines Defektes an einem Triebwerk, zu einer geringfügigen Verspätung von 6 Minuten. Anstatt der planmäßigen Landung um 19:50 Uhr landete die Maschine in Johannesburg um 19:56 Uhr. Danach erreichte der Kläger und seine Begleitung den Abflugschalter der Afriquiyah Airways um 20:20 Uhr, somit eine Stunde vor dem planmäßigen Abflug des Anschlussfluges nach Tripoli um 21:20 Uhr. Am Schalter von Afriquiyah Airways teilte man dem Kläger und seiner Begleitung mit, dass ein Einchecken nicht mehr möglich sei, obwohl am Nachbarschalter noch Passagiere standen, die offensichtlich kurz vorher bei Afriquiyah Airways einchecken konnten.

18. Der Kläger trägt weiter vor, beide Fluggesellschaften, die Afriquiyah Airways und die African Airways hätten sich vor Ort wechselseitig die Schuld für das Verpassen des Anschlussfluges gegeben. Er musste erfahren, dass sein Gepäck mit dem verpassten Flugzeug weitertransportiert worden war. Da von den Fluggesellschaften keine Hilfe und Unterstützung erlangt werden konnte, habe er sich an einen Mitarbeiter im Hause der Beklagten gewandt, von dort habe er den Rat erhalten, sich selbstständig um einen Rückflug zu bemühen, alles andere könne von Deutschland aus geregelt werden.

19. Der Kläger hat daraufhin bei einer dritten Fluggesellschaft Rückflüge erworben. Für diese Rückflugtickets, Unterkunft, Telefonate und Parkgebühren sind ihm Kosten in Höhe von 1.470,46 € entstanden.

20. Der Kläger ist nun der Auffassung, die Beklagte hafte als Vermittlerin für den ihm entstandenen Schaden, da in der zweiten Flugverbindung, die über die Beklagte an den Kläger weitergeleitet wurde, der Übergang von Johannesburg zum Flug nach Tripoli zu knapp bemessen gewesen sei. Hierdurch sei der Schaden des Klägers entstanden. Aufgrund des Reisevermittlungsvertrages hätte die Beklagte die Verpflichtung getroffen, diese Zeiten konkret zu prüfen und den Kläger auf etwaige Risiken beim Umsteigen hinzuweisen. Dies stützt der Kläger insbesondere darauf, dass die Beklagte selbst auf Check-In Zeiten von 120 Minuten hingewiesen habe mit dem Risiko, dass bei verspätetem Erscheinen eine Mitnahme verweigert werden könne. Er vertritt die Auffassung, dass sich der Schadenersatzanspruch gegen die Beklagten darauf gründet, dass diese Umbuchungsmitteilung ohne Prüfung, ob die jetzigen Zeiten für den Check-In bei den Zwischenaufenthalten ausreichend sind, an den Kläger weitergeleitet habe. Sie habe sich damit im Widerspruch zu ihrem eigenen Hinweis, für einen Check-In werde mindestens 120 Minuten benötigt, gestellt. Die Beklagte treffe aufgrund des Reisevermittlungsvertrages eine Verpflichtung zur inhaltlichen Prüfung, insbesondere auch eines Umbuchungspaketes.

21. Der Kläger stellt folgenden Antrag:

22. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.470,46 € nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 186,24 € zu bezahlen.

23. Die Beklagtenseite beantragt Klagabweisung.

24. Sie ist der Auffassung, dass dem Kläger keinerlei Schadenersatzansprüche gegenüber der Beklagten als Reisevermittlerin zustünden. Die Beklagte habe mit den angeblich mangelhaften Reiseleistungen nicht das geringste zu tun. Die von der Beklagten vermittelte Flugverbindung sei unstreitig nicht zu beanstanden gewesen. Mit der Vermittlung dieser Flüge sei die Tätigkeit der Beklagten abgeschlossen gewesen. Die nachträgliche Flugzeitenänderung habe allein im Verantwortungsbereich von Afriquiyah Airways gelegen, sie habe diese Flugzeitenveränderung weder veranlasst noch habe sie Einfluss darauf gehabt, sie habe diese Zeiten dem Kläger lediglich pflichtgemäß mitgeteilt und die neuen Unterlagen an ihn weitergeleitet.

25. Die Beklagte habe den Flug, den Afriquiyah Airways über die Buchungsplattform in G…/A… angeboten habe, vermittelt. Sie habe weder auf die Zusammenstellung der ursprünglichen Flugstrecke noch auf die Zusammenstellung der geänderten Flugstrecke den geringsten Einfluss gehabt.

26. Höchst fürsorglich hat die Beklagte bestritten, dass der Kläger zu spät am Schalter von Afriquiyah Airways erschienen ist. Die Nichtbeförderung sei nicht auf einem verspäteten Erscheinen am Check-In Schalter begründet, sondern in einem Fehlverhalten der Mitarbeiter von Afriquiyah Airways zu sehen, da eine Verspätung von 6 Minuten nicht zu einer Zurückweisung des Reisenden führen könne, hierfür hafte sie nicht.

27. Der Fluggesellschaft wurde von Klägerseite der Streit verkündet, sie ist dem Rechtsstreit jedoch nicht beigetreten.

28. Bezüglich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen bezuggenommen.

Entscheidungsgründe:

29. Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Schadenshöhe ist unstreitig, der Kläger hat aber keinen Anspruch gegenüber der Beklagten auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens.

30. Zwischen dem Kläger und der Beklagten ist ein Reisevermittlungsvertrag zustande gekommen. Vorliegend hat die Beklagte in den Vertragsunterlagen klar zum Ausdruck gebracht, dass sie lediglich eine Vermittlungstätigkeit vornimmt und einen Vertrag zwischen den Reisenden und den vermittelten Reiseleistungsträger besorgt.

31. Eine Haftung der Beklagten aus diesem Geschäftsbesorgungsvertrag kommt daher allenfalls aufgrund der §§ 675, 666, 631 ff, 280 Abs. 1. BGB in Betracht.

32. Der Beklagten wird nicht vorgeworfen, bei Abschluss des Reisevertrages eine Falschberatung vorgenommen zu haben, sondern nach Abschluss des Reisevermittlungsvertrages eine Überprüfungspflicht verletzt zu haben, weil sie eine von der Fluggesellschaft vorgenommene Umbuchung kommentarlos und ohne eigene Prüfung an den Kläger weitergeleitet hat.

33. Die Fluggesellschaft hat sich in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Änderung der Flugzeiten und der Fluggeräte ect. Vorbehalten. Hierauf hat die Beklagte in den Buchungsbedingungen ausdrücklich hingewiesen (AS 17). Die Airline hat ohne Einflussmöglichkeit der Beklagten von diesem Recht Gebrauch gemacht und eine Änderung vorgenommen, welche der Kläger akzeptiert hat.

34. Eine Haftung der Beklagten würde sich hier nur ergeben, wenn sie bzgl. des Inhalts der Umbuchung durch einen Dritten, nämlich die Fluggesellschaft Afriquiyah Airways eine eigene Prüfungspflicht träfe.

35. Eine wie von Klägerseite behauptete Prüfungspflicht der von dritter Seite vorgenommenen Umbuchung besteht jedoch nicht.

36. Zu den Verpflichtungen eines Reisebüros im Zusammenhang mit seiner Vermittlungstätigkeit gehören nach Abschluss des Reisevertrages nur noch die sorgfältige Weiterleitung von Informationen und die Erteilung notwendiger Auskünfte.

37. Bereits das Oberlandesgericht Zweibrücken hat in seiner Entscheidung vom 10.05.1984 darauf hingewiesen, dass Störungen im Reiseablauf vom Luftfrachtführer zu vertreten sind und nicht vom Reisebüro als Reisevermittler. Im dort entschiedenen Fall waren Flugscheine am Flughafen falsch hinterlegt. Hier wird der Beklagten vorgeworfen, die Abfolge der Flüge habe zu wenig Übergangszeiten beinhaltet. Das Eine wie das Andere hat das Reisebüro als Reisevermittler aber nicht zu vertreten, weshalb eine Haftung ausscheidet.

38. Eine Pflichtverletzung kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die Check-In Zeiten von mindestens 120 Minuten nicht eingehalten wurden. Es wird in den Reisebedingungen nicht zwischen dem ersten Check-In und einem Durchchecken im Rahmen einer Zwischenlandung unterschieden. Es ist jedoch zu beachten, dass die Beklagte hier die Bedingungen des Reiseveranstalters weitergegeben und nicht eigene Bedingungen für den Check-In aufgestellt hat. Diese Informationen sind somit dem Reiseveranstalter und nicht dem Reisevermittler zuzurechnen, wie sich auch aus der Angabe von Freigepäckgrenzen für Handgepäck und Hinweise zum Reisegepäck etc. (AS 19) sowie daraus ergibt, dass die Beklagte in der Buchungsbestätigung für die geänderten Flugzeiten unter dem Abschnitt: „Wichtigen Fluginformationen und Check-In“ (AS19) darüber aufgeklärt hat, dass die Check-In Zeiten variieren und die konkreten Zeiten unter der Servicenummer der Airline oder auf der Website der beförderten Fluggesellschaft zu finden ist.

39. Die Check-In Zeiten gelten offensichtlich für Passagiere, die sich rechtzeitig zum Flughafen und zum Abflug einfinden sollen. Dass Passagiere mit Weiterflug von der Fluggesellschaft, die für die Ausgestaltung und die Durchführung des Vertrages verantwortlich war, wegen Nichteinhaltung der eigenen Check-In Zeiten zurückgewiesen werden würden, ist für die Beklagte nicht vorhersehbar gewesen. Dass sich die Fluggesellschaft hier gegen eigene Vertragsverpflichtungen verhalten würde, war für die Beklagte nicht erkennbar. Im Übrigen sind Übergangszeiten von 90 Minuten normalerweise kein Grund für die Besorgnis, der Weiterflug mit dem eigenen Reiseveranstalter könnte gefährdet sein.

40. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass es auch an einem Verschulden der Beklagten fehlen würde, sollte tatsächlich eine Prüfungspflicht angenommen werden. Es ist üblicherweise davon auszugehen, dass 90 Minuten für ein Umsteigen ausreichend sind. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Verspätung, wenn es auch nur 6 Minuten waren, ausreichend waren, um das Erreichen des Anschlussfluges zu vereiteln. Dafür würde sprechen, dass nach dem Vortrag des Klägers am Nachbarschalter unmittelbar vor dem eigenen Eintreffen noch Passagiere abgefertigt wurden. Diese Verspätung war für die Beklagten jedoch nicht vorhersehbar. Hier spricht insgesamt viel dafür, dass, von Beklagtenseite vorgetragen, ein Fehlverhalten der Streitverkündeten in Johannesburg bei Abfertigung vorlag, welches der Beklagten keinesfalls zuzurechnen ist, da die Fluggesellschaft nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagen ist.

41. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, den Reisekunden über in Erfahrung gebrachte Umstände, welche die vermittelte Reiseleistung beeinträchtigen könnten nicht informiert hat, sind darüber hinaus nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht vorgetragen, dass es bei ähnlich gelagerten Fällen zur Nichtbeförderung gekommen wäre, und die Beklagte hiervon Kenntnis erlangt hätte. Nur in einem solchen Fall könnte eine Hinweispflicht aus § 666 BGB bestehen.

42. Soweit eine Prüfungspflicht des Reisebüros für Unterlagen des Reiseveranstalters angenommen wird, so erstreckt sich diese auf die Vollständigkeit der Reiseunterlagen, wie die Reisebestätigung, Sicherungsschein, Reisepapiere, Tickets etc. Die Flugtickets sind vom Reisevermittler auf ihre Richtigkeit zu kontrollieren und Änderungen der Leistung, wie Abflugszeiten des Charterflugs oder Linienfluges sind pünktlich mitzuteilen. Gibt der Vermittler jedoch lediglich Daten und Auskünfte Dritter weiter, wie hier, fehlt es an einem Verschulden, wenn das Reisebüro die Informationen fehlerfrei weitergegeben hat. Dies ist deshalb anzunehmen, weil die Fluggesellschaft nicht als Erfüllungsgehilfe des Vermittlers anzusehen ist und somit ein Verschulden der Informanten nicht nach § 278 BGB dem Reisebüro zuzurechnen ist.

43. Das von Klägerseite benannte Urteil des Amtsgerichts Grevenbroich vom 27.11.2003 behandelt einen völlig anderen Sachverhalt und ist hier nicht einschlägig. Im dortigen Fall war es Pflicht des Reisevermittlers, Tickets zum Preis von 38,00 € zu vermitteln. Trotz Buchung der Tickets standen diese nicht zur Verfügung, weil der Vermittler seiner Verpflichtung diese zu besorgen nicht nachgekommen ist.

44. Dem Kläger ist der Nachweis einer objektiven Pflichtwidrigkeit nach § 280 Abs. 1 BGB nicht gelungen.

45. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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