Verkürzung der Reise und Ausfall von Ausflügen

LG Hamburg: Verkürzung der Reise und Ausfall von Ausflügen

Die Kläger hatten beim Beklagten eine Pilgerreise zu islamischen Gebetsstätten gebucht.  Sie erhielten eine Reisepreisminderung, weil durch Verschiebung der Ab- und Anreisedaten die Reise verkürzt und durch hygienische Mängel und fehlende Veranstaltungen die Reise mangelhaft war.

LG Hamburg 313 O 55/11 (Aktenzeichen)
LG Hamburg: LG Hamburg, Urt. vom 28.12.2012
Rechtsweg: LG Hamburg, Urt. v. 28.12.2012, Az: 313 O 55/11
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Landgericht Hamburg

1. Urteil vom 28. Dezember 2012

Aktenzeichen 313 O 55/11 

Leitsatz:

2. Eine Verschiebung der Reisedaten stellt eine Mangelhaftigkeit der Reise dar.

Zusammenfassung:

3. Die Kläger sind muslimischen Glaubens und hatten bei dem beklagten Reiseveranstalter eine sogenannte Umra-Reise, eine kleine Pilgerfahrt, gebucht. Kurz vor Reisebeginn informierte der Beklagte die Kläger, dass sich der Hinflug vom 3. auf den 4. April verschiebt und der Rückflug nicht wie geplant am 17.04., sondern bereits am 15.04. stattfinden soll. Außerdem handelte es sich bei beiden Flügen nicht wie im Prospekt beworben um Direktflüge, sondern Flüge mit Zwischenstopp un Aufenthalt. Ferner bemängelten die Reisenden die hygienischen Zustände in den Zimmern, sowie dass die versprochene religiöse Einführung und zwei der drei gebuchten Ausflüge zu Gebetsstätten nicht stattfanden.

Das Gericht sprach den Klägern eine Reisepreisminderung zu. Bereits in der Verschiebung der Reisedaten war die Reise mangelhaft. Hinzu kamen die mangelhaften Hotelzimmer und fehlende Ausflüge. Entgegen der Auffassung des Beklagten war die Frist zur Anspruchsmeldung gewahrt worden, denn einer der Kläger hatte die Mängel im Namen der gesamten Gruppe fristgerecht angezeigt.

Tenor:

4. Der Beklagte wird verurteilt, an

– den Kläger zu 1.€ 1.146,26 sowie weitere € 195,-​,

– die Klägerin zu 2. € 1.241,85 sowie weitere € 195,-​,

– an die Klägerin zu 3. € 823,65 sowie weitere € 195,-

– an die Klägerin zu 4. € 382,08 sowie weitere € 195,-

jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.04.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits sowie den außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Kläger zu 2 und 3 jeweils 11 % und der Beklagte 78 %. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1 und 4 trägt der Beklagte, die außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 2 und 3 trägt der Beklagte zu jeweils 55 % und im Übrigen die Kläger selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Die Kläger zu 2 und 3 können die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert wird auf 5.703,30 € festgesetzt.

Tatbestand:

5. Die Kläger, die jeweils –unabhängig voneinander – bei dem Beklagten als Reiseveranstalter eine sog. Umra-​Reise, also eine kleine Pilgerfahrt nach M1 und M2 gebucht haben, verlangen Minderung des Reisepreises sowie Schadensersatz wegen behaupteter Reisemängel. Der Beklagte hat sich als Reiseveranstalter auf islamische Pilgerfahrten nach M1 und M2 spezialisiert.

6. Die Kläger buchten jeweils mit einer unterschiedlichen Anzahl von Begleitpersonen die von der Beklagten angebotene Reise Umra 3/17 im Jahr 2009. Die Art und Weise der Buchung, insbesondere, ob und ggf. auf welche Weise die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten in das Vertragsverhältnis einbezogen worden sind, sind zwischen den Parteien streitig.

7. Auf das Angebot des Beklagten sind die Kläger Anfang 2009 teils über Bekannte, teils über einen Werbeflyer des Beklagten aufmerksam geworden, den der Beklagte vor Moscheen verteilen ließ. Wegen der Einzelheiten wird auf die mit Schriftsatz der Kläger vom 25.02.2012 eingereichte Anlage (Bl. 134 d.A.) Bezug genommen.

8. Auf der Rückseite des Flyers sind für die Umra Termine im April 2009 ab Flughafen Frankfurt eine Dauer von 14 Tagen, die Zeit vom 03.04 bis 17.04 und ein Preis im 4- Bett Zimmer von 899,- angegeben. Als Option war u.a. ein Zweibettzimmerzuschlag in Höhe von € 140,- angegeben.

9. Ebenfalls auf der Rückseite des Flyers befindet sich ein Hinweis auf eine sog. „VIP Umra“ mit Preisen von € 3.999,- € im Einzelzimmer und € 2.999,- € im Doppelzimmer in einem 5 Sterne Hotel mit H. Sicht, Business Class Flug ab Deutschland Voll Bord, Religiöser Begleitung & Business Service.

10. Die Art und Weise des Zustandekommens der Reiseverträge sowie deren Inhalt ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls erhielten die Kläger von dem Beklagten jeweils Anfang 2009 eine mit „vorläufige Anmeldebestätigung“ überschriebene Mitteilung, mit der der Reisepreis mitgeteilt wurde und die Kläger aufgefordert worden sind, „die Einzahlung des Gesamtpreises oder der entsprechenden Restsumme auf unser Konto zu tätigen, falls bis jetzt nicht geschehen ist.“ Weiter weist der Beklagte in dem Schreiben darauf hin, dass seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten. Ob diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen der vorläufigen Anmeldebestätigung beigefügt waren, ist streitig.

11. Der Kläger zu 1. buchte die Reise für sich, seine Ehefrau und den gemeinsamen Sohn, den Zeugen H. B. zu einem Gesamtpreis in Höhe von € 2.697,-​.

12. Die Klägerin zu 2. buchte die Reise für sich sowie ihre beiden Söhne, die Zeugen Y1 und S. B.-​A. zu einem Gesamtpreis von € 2.922,- inklusive Dreibettzimmerzuschlag in Höhe von € 225,-​.

13. Die Klägerin zu 3. buchte die Reise für sich und ihren Ehemann, den Zeugen Y2Z. zu einem Gesamtpreis von € 1.938,- inklusive einem Zweibettzimmerschlag in Höhe von € 140,-​.

14. Die Klägerin zu 4. buchte die Reise für sich und zahlte einen Preis in Höhe von € 899,-​.

15. Am 02.04.2009, also einen Tag vor dem geplanten Abflug, erhielten die Kläger von dem Beklagten per E-​Mail die Information, dass der Hinflug auf den 04.04.2009 verschoben, der Rückflug von dem geplanten 17.04. auf den 15.04.2009 vorgezogen worden sei.

16. Die Kläger traten die Reise am 04.04.2009 an, wobei der Flug von Frankfurt am Main über München, wo die Kläger zunächst einen mehrstündigen Zwischenstopp hatten, und einem weiteren Zwischenstopp in Wien nach Jeddah führte. Die gesamte Flugreise hatte eine Dauer von 14 Stunden.

17. In Jeddah wurden die Kläger von einem Mitarbeiter des Beklagten, Herrn B. in Empfang genommen und per Bustransfer in ein Hotel nach M2 gebracht, wo sie vom 04.04 bis 09.04.2009 übernachteten. Hiernach wurde die Reisegruppe nach M1 in ein Hotel gebracht. Über den Zustand der den Klägern zugewiesenen Hotelzimmer in M2 sowie in M1 streiten die Parteien.

18. Unter dem 29.04.2009 wandte sich die Klägerin zu 3. schriftlich per E-​Mail an den Beklagten (Anlage K 18) und rügte Mängel der Reise. Sie trat hierbei im Namen der gesamten Umra-​Reisegruppe auf. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die Anlage K 18 Bezug genommen.

19. Die Kläger behaupten, die gebuchte Reise habe folgende Leistungen enthalten:

– Jeweils Direktflug von Frankfurt am Main nach Jeddah und zurück

– Aufenthalt vom 03.04. bis 17.04.2009

– insgesamt drei Ausflüge, einen davon nach M2 und zwei nach M1

– eine religiöse Einweisung in die Pilgerfahrt

– eine Betreuung und Führung während der Umra

20. Insoweit beziehen sich die Kläger auf den Umra-​Reise-​Prospekt (Anlage K 13) sowie einen Auszug aus dem Reiseprogramm (Anlage K 12).

21. Sie machen folgende Reisemängel geltend:

22. Anstelle des vereinbarten Direktfluges habe man einen mehrstündigen Aufenthalt und München und einen weiteren Stopp in Wien gehabt.

23. Die Reisedauer habe sich um drei Tage verkürzt.

24. Die Hotelzimmer in M. und M2 seien mangelhaft, die hygienischen Verhältnisses nicht hinnehmbar gewesen. Die Hotelzimmer, insbesondere die Badezimmer seien völlig verdreckt gewesen. Abhilfe sei trotz Aufforderung nicht oder nur unzureichend geschaffen worden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darstellung in der Klage auf den Seiten 15 ff Bezug genommen. Der Reiseleiter Herr B. sei über die Probleme mit den Zimmern informiert worden. Dieser habe jedoch nur erklärt, dass er nicht zuständig sei und die Kläger ihre Beschwerden gegenüber Herrn A. abgeben sollten. Diesen hätten die Kläger jedoch erstmals kurz vor Ende der Reise in M. angetroffen.

25. Von den drei gebuchten Ausflügen habe nur einer stattgefunden. Eine religiöse Einweisung in die Pilgerfahrt oder Betreuung und Führung während der Umra habe ebenfalls nicht stattgefunden, wobei dies zu einem Bestandteil der gebuchten Reise gehört habe. Grund und Zweck der Reise für die Kläger habe darin bestanden, den Ablauf der religiösen Riten kennenzulernen und die Pilgerfahrt nach den vorgegebenen Riten zu erkunden und durchzuführen.

26. Die Klägerin zu 2. habe ein Einzelzimmeraufschlag bezahlt aber nur ein Dreibettzimmer erhalten. Die Klägerin zu 2. habe ebenso für ein Zweibettzimmer einen Aufschlag bezahlt, jedoch nur ein normales Dreibettzimmer erhalten.

27. Die Kläger vertreten die Auffassung, dass ihnen ein Minderungsanspruch in Höhe von 45 % für die Klägerin zu 1 und 4 sowie 65 % für die Klägerin zu 2 und 3 des jeweiligen Reisepreises zustehe. Darüber hinaus stehe ihnen ein Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit für die drei Tage der verkürzten Reisezeit zu. Jeder der Kläger macht insoweit einen Schadensersatzanspruch in Höhe von € 195,- geltend.

28. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen seien nicht Bestandteil des Vertrages geworden.

29. Die Kläger beantragen,

30. die Beklagte zu verurteilen,

31. an den Kläger zu Ziffer 1 einen Betrag in Höhe von € 1.213,65 zuzüglich weiterer € 195,-​,

32. an die Klägerin zu Ziffer 2 einen Betrag in Höhe von € 2.045,40 zuzüglich weiterer € 195,-​,

33. an die Klägerin zu Ziffer 3 einen Betrag in Höhe von € 1.259,70 zuzüglich weiterer € 195,-​,

34. an die Klägerin zu Ziffer 2 einen Betrag in Höhe von € 404,55 zuzüglich weiterer € 195,-​,

35. jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

36. zzgl. € 459,40 netto Gebühr nach Nr. 2300, 7002 VV-​RVG.

37. Die Beklagte beantragt,

38. die Klage abzuweisen.

39. Die Kläger hätten dem Rügeerfordernis nach § 651 d Abs. 2 BGB nicht Rechnung getragen. Insbesondere hinsichtlich der angeblichen Mängel im Hotel sei den Reiseleitern B. H. und I. A. nichts bekannt. Die Ansprüche seien entgegen § 651 g BGB auch nicht innerhalb der Frist von einem Monat gegenüber dem Beklagten vorgetragen worden. Schließlich erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung und führt hierzu aus, durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei die Verjährungsfrist vertraglich auf ein Jahr verkürzt worden. Die AGB des Beklagten seien auch Vertragsinhalt geworden. Abgesehen davon, dass die Kläger bereits in der Klage hierauf hingewiesen hätten, hätten die Mitarbeiter der Beklagten stets die Anweisung erhalten, dass die Allgemeinen Reisebedingungen der (damaligen) vorläufigen Reisebestätigung beizufügen seien. Dies sei auch erfolgt.

40. Der Beklagte habe auch keinen Non-​Stop-​Flug geschuldet. Die Hotels hätten dem geforderten Standard entsprochen, wobei bei dem Reisepreis auch keine Luxusunterkunft erwartet werden könne. Der Beklagte bestreitet, dass die Kläger nicht an den Ausflügen hätten teilnehmen können. Der Zeuge M. habe selbst einen Ausflug veranstaltet und könne bestätigen, dass er am Treffpunkt gewesen sei, die Kläger jedoch nicht.

41. Die religiöse Einweisung habe stattgefunden und zwar zweimal, nämlich einmal in M2 und einmal in M..

42. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen J.-​S., Y2Z., M. A.-​A., Y. B.-​A., S. B.-​A., H. B. und A. E.. Wegen der Beweisthemen wird auf die Beweisbeschlüsse vom 19.01.2012 (Bl. 105 d,A,) und 26.06.2012 (Bl. 139 d.A), wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf die Sitzungsprotokolle vom 23.02.2012 (Bl. 123 d.A.) und 19.11.2012 (Bl. 169 d.A.) Bezug genommen.

43. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

44. Die Klage ist überwiegend begründet.

45. Die Kläger haben einen Anspruch auf Minderung des vereinbarten Reisepreises wegen Reisemängeln in Höhe von 42,5 % des jeweils gezahlten Reisepreises und somit einen Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten. Darüber hinaus haben die Kläger noch ein Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von jeweils € 195,-​.

1.

46. Die von dem Beklagten erbrachten Reiseleistungen waren mangelhaft.

A.

47. Die Reise war zunächst wegen der Verschiebung der Ab- und Rückflugzeiten mangelhaft, wodurch den Klägern insgesamt 3 Reisetage verlorengegangen sind. Der Beklagte hatte sich zur Erbringung einer 14-​tägigen Pauschalreise vom 03.04 bis 17.04.2009 verpflichtet. Tatsächlich wurde der Abflugtermin auf den 04.04.2009 nach hinten verlegt, der Rückreisetermin dagegen um zwei Tage auf den 15.04.2009 vorgezogen. Werden Hin- und Rückflugtermine so verlegt, dass dem Reisenden Urlaubstage verloren gehen, so liegt ein Reisemangel vor (AG Düsseldorf RRa 17, 96). Je verlorengegangenem Urlaubstag ist dabei eine anteilige Minderung von 100 % bezogen auf den gesamten Reisepreis und die ursprünglich vereinbarte Reisedauer gerechtfertigt. Dies ergibt eine Minderung in Höhe von rechnerisch 21,43 %. Im Hinblick darauf, dass der durch die Zwischen-​Stopps in München und Wien mit entsprechendem Aufenthalt auf dem Flughafen An- und Abreisetag nicht als vollwertiger Reisetag gewertet werden könne, hält das Gericht hier eine Minderung in Höhe von 25 % des jeweiligen Reisepreises wegen der verkürzten Reisezeit für angemessen.

B.

48. Die Reise war auch wegen der verschmutzten Hotelzimmer mangelhaft. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die hygienischen Verhältnisse in den den Klägern zugewiesenen Hotelzimmern – auch nach Umzug in ein anderes Zimmer – auch unter Berücksichtigung des geringen Reisepreises für die 14-​tägige Reise nicht mehr dem entsprach, was die Kläger bei Vertragsschluss erwarten konnten. Hierbei war jedoch die Reisepreisminderung im Hinblick auf das Erfordernis nach § 651 g BGB, die Ansprüche binnen eines Monats bei dem Reiseveranstalter geltend zu machen, auf die in der E-​Mail der Klägerin zu 3. dargestellten Mängelpunkte zu beschränken. In dieser Anzeige wird indes lediglich beschrieben, dass die Hotelzimmer in M2 schmutzig und voller Ungeziefer gewesen (trotz dreimaligen Umzugs) und während des Aufenthaltes nicht gereinigt worden seien. Das Hotelzimmer in M1 sei ebenfalls schmutzig gewesen und Handtücher habe man nur nach längerer Diskussion mit dem Hotelpersonal erhalten und dies auch nur ein Mal. Weiter seien die Schlüsselkarten defekt gewesen.

49. Diese Mängel sind von den von den Klägern benannten Zeugen bis auf das Vorhandensein von „Ungeziefer“ insgesamt bestätigt worden. Soweit die Kläger in dem vorliegenden Verfahren weitere Mängel, wie z.B. nicht funktionierende Toiletten, Kanalgeruch verschmutzte Bettwäsche etc. rügen und die Zeugen diese Mängel bestätigen, war die innerhalb der Monatsfrist bei dem Beklagten eingehende Mängelanzeige nicht ausreichend konkret. Vom Umfang her muss diese Erklärung die Mängel nach Ort, Zeit, Ablauf und Folgen so konkret benennen, dass es dem Veranstalter möglich ist, diese zu überprüfen. Zwar ist eine rechtliche Einordnung und gar eine Bezifferung nicht erforderlich, wohl aber eine konkrete Benennung der Mängel. Wegen der verbleibenden Mängel der Hotelzimmer, insbesondere der nicht funktionierenden Schließanlage in dem Hotel in M1, die auch für diejenigen Teilnehmer der Reise, die eine Schlüsselkarte besaßen, als Mangel einzustufen ist, dass ausweislich der Aussagen der Zeugen sämtliche Hotelzimmer mit jeder beliebigen Karte zu öffnen war, hält das Gericht hier eine Minderung insgesamt in Höhe von 10 % für angemessen, dies bezogen auf die restlichen 11 Reisetage, bzw. 75 % des Reisepreises. Dies ergibt rechnerisch eine Minderung des Gesamtreisepreises in Höhe von 7,5 %.

C.

50. Die Kläger können weiter von dem Beklagten Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von jeweils € 195,- verlangen. Nach § 651 f Abs. 2 BGB kann der Reisende dann, wenn die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wird, eine angemessene Entschädigung in Geld wegen der nutzlos aufgewendeten Urlaubszeit verlangen. Die erhebliche Beeinträchtigung der Reise liegt in der unmittelbar vor Reiseantritt den Klägern mitgeteilten Verschiebung der Reisedaten und der hiermit verbundenen Verkürzung der Reisezeit um drei Tage sowie dem Entfall der weiteren 2 Ausflüge. Es kann hierbei die Streitfrage offen bleiben, ob bei der Frage nach der erheblichen Beeinträchtigung auch auf einzelne Reisetage abzustellen ist (so Tempel, NJW 1999, 2012). Die hier streitgegenständliche Umra-​Reise, die der Beklagte selbst als die Erfüllung eines Traumes anpreist, ist nicht mit den Erholungsurlaubsreisen zu vergleichen, sondern stellt, wie die Kläger persönlich angehört ausgeführt haben, eine im Leben einmalige Reise dar. Eine Verkürzung dieser Reise um drei Tage sowie der Ausfall der zu der Umra gehörenden Ausflüge stellt damit bereits für sich eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise dar. Das Gericht hält hier die von den Klägern in Ansatz gebrachte Höhe (Reisepreis je Tag x 3) von € 195,- für eine angemessene Entschädigung.

3.

51. Die Ansprüche scheitern auch nicht an einer fehlenden Rüge durch die Kläger. Richtig ist, dass nach § 651 d Abs. 2 BGB die Minderung des Reisepreises nicht eintritt, wenn und soweit der Reisende es schuldhaft unterlässt, den Mangel anzuzeigen.

52. Für den Mangel der verkürzten Reisezeit galt die Rügeobliegenheit ohnehin nicht, da dieser Mangel dem Beklagten selbst bekannt war. Die weiteren Mängel, soweit sie zu einer Minderung geführt haben, sind gerügt worden. Dies steht nach Überzeugung des Gerichts aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme fest. Der Zeuge Z. hat glaubhaft berichtet, dass der Reiseleiter B. sowohl auf die Situation in den Hotelzimmern als auch auf die Ausflüge angesprochen worden sei, dieser sich aber als nicht zuständig erklärt und auf den Zeugen A. verwiesen habe. Dieser hat Beschwerden der Kläger jedenfalls für das Hotel in M. insoweit bestätigt, dass die „Hauptbeschwerde“ darin bestanden habe, dass die Schließkarten für die Hotelzimmer nicht funktionierten und allgemein die Reise den Reisenden nicht gefallen habe. Selbst wenn die Kläger die Mängel nicht unverzüglich gerügt haben sollten, wäre dies vor dem Hintergrund, dass der Beklagte den Klägern keine der BGB-​InfoV 6 entsprechende Reisebestätigung zugesandt hat, in der über die Obliegenheit des Reisenden, dem Reiseveranstalter einen aufgetretenen Mangel anzuzeigen, hingewiesen wird, nicht schuldhaft.

4.

53. Die Ansprüche scheitern auch nicht an der fehlenden Anmeldung innerhalb der Monatsfrist des § 651 g BGB. Die Klägerin zu 3 hat im Namen und mit Wirkung für die anderen Kläger in ihrer E-​Mail vom 29.04.2009, also innerhalb der Monatsfrist, die Ansprüche angemeldet.

5.

54. Die Ansprüche sind auch nicht verjährt. Der Beklagte hat nicht nachweisen können, dass seine Allgemeinen Reisebedingungen Vertragsinhalt geworden sind. Dass die Kläger selbst in der Klage auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgestellt haben, ist dabei unschädlich. Weder handelt es sich um ein Geständnis im Sinne des § 288 ZPO, noch ergibt sich aus den Ausführungen der Kläger in der Klage, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam Vertragsbestandteil geworden sind. Bereits nach dem eigenen Vortrag des Beklagten sind die Allgemeinen Reisebedingungen nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden. Nach § 305 Abs. 2 BGB werden Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Vertragsbestandteil, wenn die andere Vertragspartei mit der Geltung einverstanden ist. Dieses Einverständnis kann zwar auch schlüssig erklärt werden und ist in aller Regel anzunehmen, wenn nach vorheriger Erfüllung der in § 305 Abs. II Nr. 1 und 2 BGB dargestellten Voraussetzungen es zu einem Vertrag kommt. Nimmt der Verwender jedoch erstmals in der Auftragsbestätigung auf beigefügte AGB Bezug, bedeutet auch das Schweigen der anderen Vertragspartei hierauf in aller Regel kein Einverständnis. Auch die Entgegennahme der Leistung im nichtkaufmännischen Verkehr kann in der Regel nicht als Einverständnis gewertet werden. Der Beklagte trägt jedoch zur Einbeziehung der AGB vor, diese seien den Klägern mit der vorläufigen Auftragsbestätigung übersandt worden und somit erst nach der auf Abschluss eines Reisevertrages gerichteten Willenserklärung der Kläger. Ein nachträgliches Einverständnis der Kläger mit der Geltung der Allgemeinen Reisebedingungen hat der Beklagte nicht vorgetragen. Dies gilt auch für die Klägerin zu 3., die eingeräumt hat, jedenfalls die Anmeldeformulare im Internet auf der Seite des Beklagten ausgefüllt zu haben, wenngleich sie nicht mehr wusste, ob sie die Anmeldung auch über das Internet abgeschickt oder lediglich das Formular ausgefüllt und sodann ausgedruckt und per Post abgeschickt hat. Dass die Anmeldung tatsächlich über das Internet erfolgt ist, hat der Beklagte auch auf die Angaben der Klägerin zu 3. im Termin vom 23.02.2012 nicht behauptet.

II.

55. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten können die Kläger nicht ersetzt verlangen. Dass der Beklagte sich vor der Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Kläger bereits in Verzug befunden hat, ist nicht dargelegt. Auch fehlt es an einer Darlegung, dass ihnen insoweit ein Schaden entstanden ist. Ob und ggf. welcher der Kläger in welcher Höhe die Geschäftsgebühr ihres gemeinsamen Prozessbevollmächtigten bezahlt hat, ist nicht erkennbar.

III.

56. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs.1 BGB.

IV.

57. Die weiteren prozessualen Entscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1,2, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

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