Unzulässiger Mehrkostenersatz bei Pauschalreiseumbuchung
LG Frankfurt: Unzulässiger Mehrkostenersatz bei Pauschalreiseumbuchung
Die Klägerin hatte bei der Beklagten, einer Reiseveranstalterin, eine Pauschalreise für sich und eine Begleitperson gebucht. Als die Begleitperson die Reise wider Erwarten doch nicht antreten konnte, forderte die Klägerin bei der Beklagten eine Umbuchung auf ihre Mutter als Ersatzreisende. Für diese Umbuchung verlangte die Beklagte einen Mehrkostenersatz der durch die Pauschalreisevertragsübernahme jedoch tatsächlich nicht entstandenen Kosten. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie die von der Beklagten verlangten Kosten nicht zu tragen habe, weil dieser durch die Umbuchung keine Mehrkosten entstanden seien.
Nach Ansicht des Landgerichts in Frankfurt ist der streitgegenständliche Mehrkostenanspruch unzulässig. Ein solcher Anspruch kann nur geltend gemacht werden, wenn dem Reiseveranstalter durch die Umbuchung tatsächlich Mehrkosten entstanden sind, was jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben ist. Eine Vorleistungspflicht bei der Umbuchung ist unzulässig.
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LG Frankfurt | 2-24 T 1/12 (Aktenzeichen) |
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LG Frankfurt: | LG Frankfurt, Urt. vom 12.01.2012 |
Rechtsweg: | LG Frankfurt, Urt. v. 12.01.2012, Az: 2-24 T 1/12 |
AG Frankfurt, Urt. v. 18.01.2012, Az: 30 C 2916/11 (25) | |
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Leitsätze:
2. Der Reiseveranstalter kann nur einen Mehrkostenersatz für eine Umbuchung verlangen, wenn diese Mehrkosten tatsächlich entstanden sind.
Der Reiseveranstalter kann keine Vorleistung für möglicherweise noch entstehende Mehrkosten vom Reisenden verlangen.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin buchte bei der Beklagten, einer Reiseveranstalterin, für sich und eine Begleitperson eine Pauschalreise. Die Begleitperson konnte die Reise allerdings wider Erwarten nicht antreten, woraufhin die Klägerin bei der Beklagten eine Umbuchung auf ihre Mutter als Ersatzreisende tätigte. Für diese Umbuchung verlangte die Beklagte von der Klägerin, dass diese vor Antritt der Reise einen Mehrkostenersatz aufbringen müsse, um die Reise antreten zu können.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie die von der Beklagten verlangten Kosten nicht zu tragen habe, weil dieser durch die Umbuchung keine Mehrkosten entstanden seien.
Nach Ansicht des Landgerichts in Frankfurt ist der streitgegenständliche Mehrkostenanspruch der Beklagten unzulässig. Gem. § 651 b I 1 BGB kann der Reisende bis zum Reisebeginn verlangen, dass statt seiner ein Dritter in die Rechte und Pflichten aus dem Reisevertrag eintritt.
Ein aus der Umbuchung resultierender Mehrkostenanspruch kann nur geltend gemacht werden, wenn dem Reiseveranstalter durch die Umbuchung tatsächlich und nachweisbar Mehrkosten entstanden sind. Es liegt dann jedoch am Reiseveranstalter die behaupteten Mehrkosten einzuklagen Dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Tenor:
4. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren wird auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 26.01.2012 der Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 18.01.2012 (Az. 30 C 2916/11 (25)) wie folgt abgeändert:
Der Antragstellerin wird gestattet, für die Pauschalreise vom 17.02.2012 bis 03.03.2012 auf die Malediven, Ort: Kaafu Atoll (Vorgangsnummer …) die Ersatzteilnehmerin … zu stellen. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.922,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
5. Die Antragstellerin buchte bei der Beklagten die im Tenor näher bezeichnete Pauschalreise für sich und die Mitreisende … .
6. Die ursprüngliche Mitreisende … ist jedoch verhindert, so dass die Antragstellerin mit E-Mail vom 13.12.2011 nunmehr von der Antragsgegnerin verlangt hat, ihr Mutter, Frau …, gem. § 651 b I BGB als Ersatzteilnehmerin für Frau … zu akzeptieren.
7. Die Antragsgegnerin erhebt hinsichtlich der Person der gewünschten Ersatzteilnehmerin, Frau …, keine Einwände. Sie macht die Durchführung der Reise mit der Ersatzteilnehmerin jedoch davon abhängig, dass vorab behauptete Umbuchungskosten von insgesamt 1.882,-- Euro als entstehende Mehrkosten erstattet werden.
8. Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 18.01.2012 zurückgewiesen.
9. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass aus der Antragsschrift der Antragstellerin eine besondere Dringlichkeit nicht ersichtlich sei, da die Teilnahmemöglichkeit der Frau … unstreitig sei und man sich lediglich um die Tragung der Mehrkosten streite. Dieser Streit könne auch in einem Hauptsacheverfahren geführt werden. Der Antragstellerin bliebe es unbenommen, die ihr für die Ersatzbuchung in Rechnung gestellten Kosten unter Vorbehalt der Rückforderung zu zahlen und anschließend im normalen Klageverfahren als unberechtigt zurückfordern.
10. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts vom 18.01.2012 (Bl. 52 d. A.) Bezug genommen.
11. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde.
12. Mit Beschluss vom 30.01.2012 (Bl. 61 d. A.) hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
13. Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
1.
14. Die Antragstellerin hat einen Verfügungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht.
15. Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus § 651 b I BGB.
16. Danach kann der Reisende bis zum Reisebeginn verlangen, dass statt seiner ein Dritter in die Rechte und Pflichten aus dem Reisevertrag eintritt, § 651 b I 1 BGB.
17. Vorliegend handelt es sich unzweifelhaft um einen Pauschalreisevertrag im Sinne von § 651 a BGB. Die Antragstellerin ist als Reiseanmelderin auch berechtigt, die die Ersatzteilnahme eines Ersatzteilnehmers gegenüber der Antragsgegnerin als Reiseveranstalterin zu verlangen. Danach kann die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin den Eintritt der Frau … als Ersatzteilnehmerin verlangen.
18. Dieses Verlangen hat die Antragstellerin auch rechtzeitig vor Reisebeginn gegenüber der Antragsgegnerin angebracht.
19. Widerspruchsgründe in der Person der Ersatzteilnehmerin, Frau …, im Sinne von § 651 b I 2 BGB hat die Antragsgegnerin nicht vorgetragen.
20. Danach ist die zwingende Rechtsfolge des § 651 b I BGB, dass die Antragsgegnerin die von der Antragstellerin benannte Frau … als Ersatzteilnehmerin akzeptieren und insoweit der Vertragsübertragung zustimmen muss.
2.
21. Es liegt auch ein Verfügungsgrund im Sinne von § 940 ZPO vor.
22. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist vorliegend von einer besonderen Dringlichkeit im Sinne von § 940 ZPO auszugehen.
23. Zwar ist zutreffend, dass die grundsätzliche Teilnahmefähigkeit der Frau … nicht im Streit steht. Jedoch verweigert die Antragsgegnerin die Vertragsübernahme solange bzw. macht sie davon abhängig, dass ihr vorab die von ihr behaupteten Mehrkosten der Umbuchung von insgesamt 1.882,-- Euro gem. § 651 b II BGB erstattet werden.
24. Dies ist jedoch unzulässig, da dies gegen die Regelung des § 651 b I BGB verstößt. Insoweit muss sich die Antragstellerin auch nicht darauf verweisen lassen, den Streit über die erforderlichen berechtigten Mehrkosten in einem Hauptsacheverfahren zu klären, also vorab die behaupteten Mehrkosten unter dem Vorbehalt der Rückforderung zu zahlen.
25. Zwar kann der Reiseveranstalter gem. § 651 b II BGB die durch den Eintritt des Dritten entstehenden Mehrkosten ersetzt verlangen. Diesbezüglich handelt es sich um einen Aufwendungsersatzanspruch (vgl. Führich, Reiserecht, 6. Aufl., 2010, Seite 177, Rn. 194). Jedoch kann der Reiseveranstalter nach Sinn und Zweck des § 651 b I BGB die Vertragsübertragung nicht vorab von der Verauslagung der möglicherweise entstehenden Mehrkosten abhängig machen. Insoweit ist eine Vorleistungspflicht des Reisenden nicht ersichtlich. Ansonsten könnte der Reiseveranstalter die nicht abdingbare Verpflichtung zur Vertragsübertragung – soweit kein berechtigtes Widerspruchsrecht besteht – auch durch die „Hintertür“ aushebeln, in dem die Vertragsübertragung von einer weiteren Voraussetzung (Verauslagung der behaupteten Mehrkosten) abhängig gemacht wird, die vom Gesetzgeber nicht gewollt war. Weiterhin ist einem Aufwendungsersatzanspruch immanent, dass die Aufwendungen erst einmal angefallen sein müssen.
26. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass nach allgemeiner Auffassung der Reiseveranstalter die Höhe und die Berechtigung der Mehrkosten darlegen und beweisen muss (vgl. nur Führich, Reiserecht, 6. Aufl., 2010, Seite 179, Rn. 198). Insoweit ist ein Reisender auch nicht verpflichtet, die vom Reiseveranstalter aufgerufenen Mehrkosten unter dem Vorbehalt der Rückforderung vorab zu zahlen. Dies würde eine Umkehr der Beweislast zu Lasten des Reisenden bedeuten.
27. Vielmehr ist der Reiseveranstalter verpflichtet, unter den alleinigen Voraussetzungen des § 651 b I BGB der Vertragsübertragung zuzustimmen und die Reise mit dem berechtigten Ersatzteilnehmer durchzuführen. Im Anschluss daran ist der Reiseveranstalter selbstverständlich berechtigt, die entstandenen berechtigten Mehrkosten geltend zu machen. Besteht darüber Streit, liegt es jedoch am Reiseveranstalter die behaupteten Mehrkosten einzuklagen.
28. Da die Antragsgegnerin die Vertragsübertragung in unberechtigter Weise von der Zahlung von 1.882,-- Euro abhängig macht und Reisebeginn bereits am 17.02.2012 ist, liegt eine Eilbedürftigkeit zweifellos vor.
III.
29. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.
30. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO
31. Eine Rechtsbeschwerde ist im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht zulässig (vgl. BGH, NJW 2003, 1531, 1531).
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