Umbuchung in ein weiter vom Strand entferntes Hotel

AG Frankfurt: Umbuchung in ein weiter vom Strand entferntes Hotel

Ein Gast besteht darauf seinen Reisevertrag zu kündigen, weil er entgegen seiner Buchung ein Hotel beziehen musste, das sich nicht in unmittelbarer Strandnähe befindet.
Das Amtsgericht Frankfurt spricht dem Kläger ein Sonderkündigungsrecht sowie einen Schadensersatzanspruch wegen vertaner Urlaubszeit zu.

AG Frankfurt 29 C 1527/13 (73) (Aktenzeichen)
AG Frankfurt: AG Frankfurt, Urt. vom 30.10.2013
Rechtsweg: AG Frankfurt, Urt. v. 30.10.2013, Az: 29 C 1527/13 (73)
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Amtgericht Frankfurt

1. Urteil vom 30.10.2013

Aktenzeichen: 29 C 1527/13 (73)

Leitsätze:

2. Wird ein Hotelgast, entgegen der Buchungsbestätigung, in ein weiter vom Strand entferntes Hotel umgebucht, so darf er den Reisevertrag kündigen.

Des Weiteren steht dem Hotelgast ein Schadensersatzanspruch wegen vertaner Urlaubszeit zu.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall buchte ein Kläger am Urlaubsort ein Hotel in unmittelbarer Strandlage. Angekommen am Urlaubsort wurde dem Kläger jedoch ein anderes Hotel zugewiesen. Das neue Hotel ist zwar luxuriöser ausgestattet als das ursprünglich gebuchte, jedoch befindet es sich in einer anderen Lage als der unmittelbaren Strandlage. Nun stellt sich die Frage welche Rechte dem Reisenden gegen den Reiseveranstalter in solch einem Fall zustehen.
Nach Ansicht des Amtsgerichts in Frankfurt ist der Reisende zur Kündigung des Reisevertrages berechtigt. In der Lage des Hotels ist ein wesentlicher Vertragsbestandteil zu sehen, der mit der Umquartierung in ein weiter entferntes Hotel nicht länger erfüllt ist. Entsprechend sind ein Reisemangel sowie ein Anspruch auf Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit zu bejahen.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 29,86 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % – Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, maximal jedoch 9,25 % p.a., seit dem 27.05.2013 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 2.454,50 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % – Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, maximal jedoch 9,25 % p.a., seit dem 25.05.2013 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von einer Forderung wegen vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 808,25 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % – Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, maximal jedoch 9,25 % p.a., seit dem 25.05.2013 durch Zahlung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers freizustellen.

 Wegen der weitergehenden Zinsforderung wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten zu tragen, die durch die mit Schriftsatz vom 23.05.2013 erfolgte Einreichung einer Klage über 4.909,00 € entstanden sind, die vor Klagezustellung durch Schriftsatz vom 10.06.2013 in Höhe von 4.879,14 zurückgenommen worden ist.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird für die Zeit bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung vom 4.909,00 € und für die Zeit danach auf 2.484,36 € festgesetzt.

 

Tatbestand:

5. Der Kläger begehrt Rückzahlung des Reisepreises sowie Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs.

6. Dem liegt eine am 18.02.2013 für die Zeit vom 02.05.2013 bis zum 16.05.2013 zum Gesamtpreise von 4.909,00 € gebuchte Pauschalreise, beinhaltend Linienflug und Unterbringung mit Frühstück im Hotel …/… Sardinien zugrunde. Am 25.04.2013 erhielt der Kläger die telefonische Mitteilung, dass die Unterbringung im gebuchten Hotel so nicht möglich sei. Die Beklagte hat dies auch mit E-​Mail vom 26.04.2013 mitgeteilt. Zugleich wurden dem Kläger alternative Unterbringungsmöglichkeiten angeboten. Der Kläger hat dies abgelehnt und auf Vertragserfüllung bestanden. Mit Schreiben vom 29.04.2013 hat der Kläger mitteilen lassen, dass die angebotenen Vertragsänderungen nicht angenommen werden und die Reise nicht angetreten wird, was dann auch nicht geschehen ist.

7. Mit Schriftsatz vom 23.05.2013, bei Gericht eingegangen am 24.05.2013, hat der Kläger Klage auf Rückzahlung der 4.909,00 € eingereicht. Nachdem die Beklagte noch vor Klagezustellung die 4.909,00 € gezahlt hat, hat der Kläger nach Verrechnung von 29,86 € auf aufgelaufene Zinsen die Klage in Höhe von 4.879,14 € zurückgenommen und diese zugleich bzgl. der Positionen Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs = 2.454,50 € und Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten = 808,25 € erweitert.

8. Wegen der weiteren Details des Klägervorbringens wird auf dessen Schriftsätze und auf die beigefügten Anlagen verwiesen.

9. Der Kläger beantragt:

10. wie erkannt, Zinsen jedoch in Höhe von 9,25 %.

11. Die Beklagte beantragt,

12. die Klage abzuweisen.

13. Sie ist mit der aus ihren Schriftsätzen nebst beigefügten Anlagen ersichtlichen Detailbegründung der Auffassung, der Kläger sei aufgrund der ihm unterbreiteten Alternativangebote nicht berechtigt gewesen, von der Reise zurückzutreten, die Zurückweisung der angebotenen Ersatzhotels erweise sich als unzulässige Rechtsausübung mit der Folge, dass der noch geltend gemachte Anspruch nicht gegeben sei.

Entscheidungsgründe:

14. Die Klage ist mit Ausnahme eines geringen Teils der Zinsforderung begründet.

15. Die Beklagte ist aus den unstreitigen und aus den vom Kläger dargelegten Gründen verpflichtet, die noch offenen restlichen 29,86 € des Reisepreises sowie den vom Kläger aus eigenem und abgetretenen Recht geforderten Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs = 2.454,50 € zu zahlen.

16. Unstreitig ist, dass die Beklagte die ihr obliegende Leistungsverpflichtung = Unterbringung des Kläger seiner mitreisenden Ehefrau in dem gebuchten Hotel … ab dem 02.05.2013 nicht, jedenfalls nicht termingemäß, erfüllen konnte. Das rechtfertigt den vom Kläger zunächst wohl mündlich und dann mittels Schreiben vom 29.04.2013 noch einmal schriftlich erklärten Rücktritt vom Vertrag und verpflichtet die Beklagte sowohl zur Rückzahlung des Reisepreises als auch zur Zahlung von Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs in der vom Kläger beantragten Höhe.

17. Das Gegenvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine andere Beurteilung. Der Kläger ist nicht verpflichtet gewesen, die ihm unterbreiteten Alternativangebot … anzunehmen. Dies deshalb, weil die Unterbringung in diesen beiden Hotels objektiv nicht der Unterbringung in dem gebuchten Hotel vergleichbar, jedenfalls dem Kläger subjektiv nicht zumutbar gewesen ist. Bei dem Hotel … folgt dies bereits daraus, dass dieses Hotel ausweislich der Seite 262 des Katalogs der Beklagten nur 4 Rauten, das gebuchte Hotel hingegen 5 Rauten hat. Zudem lässt sich dem Katalog der Beklagten entnehmen, dass sich das angebotene Ersatzhotel in Golfo di Marinella, mithin nicht am Ort des gebuchten Hotels = Porto Rotondo befindet. Entscheidend hinzu kommt, dass bei dem Ersatzhotel … für den hier fraglichen Zeitraum Preise pro Person/Nacht von 99 – 129 €, bei dem gebuchten Hotel hingegen für den hier fraglichen Zeitraum Preise pro Person/Nacht von 215 – 390 € genannt werden. Allein aus dieser doch ganz erheblichen Preisdifferenz folgt, dass von einer objektiven Vergleichbarkeit der beiden Hotels keine Rede sein kann. Hinzu kommt, dass sich dem Vorbringen der Beklagten auch nicht entnehmen lässt, dass sich das Ersatzhotel nur 500 Meter vom Zentrum entfernt befindet – wie das gebuchte Hotel … . Auch bezüglich des als Ersatz angebotenen Hotels … fehlt es schon wegen der deutlichen Ortsverschiedenheit an der Vergleichbarkeit. Hinzu kommt, dass bei dem Hotel … die unmittelbare Strandlage fehlt, denn der Strand befindet sich in einer Entfernung von drei Kilometern und ist nur mit dem Shuttle-​Bus erreichbar. Die aus der Lageverschiedenheit resultierende Ungeeignetheit des Ersatzangebots wird auch nicht dadurch kompensiert, dass dem Kläger im Vergleich zu der Unterbringung im gebuchten Hotel eine zimmermäßig bessere bzw. höherklassige Unterbringung in einer Juniorsuite mit Meerblick und Halbpension oder aber eine Deluxe Suite mit Meerblick und privatem Pool mit Frühstück angeboten worden ist. Dies deshalb, weil es dem Kläger auch dann subjektiv nicht zumutbar ist, auf die Lagevorteile des gebuchten Hotels zu verzichten, wenn ihm stattdessen eine luxuriösere Unterbringung in großzügigen Suiten angeboten und die ausweislich der Reisebuchung wohl nicht gewollte Halbpension „aufgenötigt“ wird. Das sind Vorteile, die der Kläger bei der Reisebuchung offenkundig nicht gewollt hat und deshalb auch nicht im Wege der Kompensation annehmen muss. Weil dem so stellt sich die vom Kläger ausgesprochene Kündigung auch nicht als unzulässige Rechtsausübung dar (so im Ergebnis auch: BGH, Urteil vom 11.01.2005, Az. X ZR 118/03 und LG Frankfurt am Main, Urteil vom 19.11.2012, Az. 2-​24 S 199/11).

18. Die Höhe des geforderten Schadensersatzes wegen vertanen Urlaubs = 50 % des Reisepreises begegnet keinen Bedenken.

19. Der Klage war daher in der Hauptsache stattzugeben.

20. Soweit der Kläger 9,25 % Zinsen begehrt, fehlt es an einer schlüssigen Begründung, denn aus der Angabe, dass dieser Zinssatz dem Kläger tatsächlich in Rechnung gestellt wird folgt noch nicht, dass das Konto des Klägers durchgängig und mindestens in Höhe der Klageforderung im Soll gestanden hat, der Kläger Zinsen in verlangter Höhe also tatsächlich zahlen musste. Mithin war der Zinsausspruch auf den gesetzlichen Zins zu begrenzen.

21. Die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 286 ff. BGB, 3 ff., 269 Abs. 3 S. 3 iVm. 91a, 92, 708 Nr. 11, 709 ZPO. Hinsichtlich der vor Zustellung erfolgten Zurücknahme der Klage in Höhe von 4.879,14 € waren der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, da sie bei Nichtzahlung vor Zustellung aus den oben dargelegten Gründen insoweit unterlegen gewesen wäre. Grund und Höhe der vorgerichtlichen Kosten hat der Kläger unwidersprochen dargelegt. Mithin war dem Freistellungsantrag in dem begehrten Umfang zu entsprechen. Die Streitwertfestsetzung berücksichtigt die vor Beginn der mündlichen Verhandlung erfolgte Teilrücknahme nebst dann erfolgter Klageerweiterung.

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