Unterbringung auf dem Notsitz im Flugzeug kein Reisemangel

LG Nürnberg: Unterbringung auf dem Notsitz im Flugzeug kein Reisemangel

Der Kläger hatte bei einer Reiseveranstalterin eine Pauschalreise inklusive Hinflug gebucht. Weil ihm und seiner Ehefrau als Sitzplatz nur die Notsitze angeboten worden waren, trat er die Reise nicht an und verlangte Reisepreiserstattung. Die Klage wurde in zwei Instanzen abgewiesen, weil kein Reisemangel vorlag.

LG Nürnberg 16 S 1175/04 (Aktenzeichen)
LG Nürnberg: LG Nürnberg, Urt. vom 25.06.2004
Rechtsweg: LG Nürnberg, Urt. v. 25.06.2004, Az: 16 S 1175/04
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Landgericht Nürnberg

1. Urteil vom 25. Juni 2004

Aktenzeichen 16 S 1175/04

Leitsatz:

2. Eine Unterbringung auf dem Notsitz im Flugzeug ist für eine kurze Reisedauer zumutbar.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte für sich und seine Ehefrau bei einer Reiseveranstalterin eine Flugreise ins Ausland gebucht. Dauer des Fluges sollte 3 Stunden betragen. Für den Flug wurden den Reisenden mangels Sitzplatzreservierung lediglich die Notsitze angeboten, weswegen sie den Flug nicht an- und vom Reisevertrag zurücktraten. Darum forderte er gerichtlich die Erstattung des Reisepreises.

In zweiter Instanz wurden alle Begehren des Klägers abgewiesen. Das Gericht sah keinen Reisemangel vorliegen. Ein 3-stündiger Flug auf dem Notsitz war dem Kläger zuzumuten, da es sich um einen normalen Passagiersitz handelte. Damit war der Rücktritt vom Reisevertrag unwirksam und der Kläger hatte bei einer Stornogebühr von 95% des Reisepreises lediglich Anspruch auf Rückzahlung eines Betrages von 45,45 €, die allerdings bereits vorgerichtlich erfolgt war.

Tenor:

4. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des Amtsgerichtes Nürnberg vom 09.12.2003, dahin abgeändert, dass die Klage in vollem Umfange abgewiesen wird.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf EURO 908,– festgesetzt.

Gründe:

I.

5. Für die der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das Amtsgericht Nürnberg hat die seiner Entscheidung zugrunde gelegten Tatsachen verfahrensfehlerfrei erhoben und nach gründlicher Beweiswürdigung überzeugend festgestellt, so dass diese auch einer Entscheidung des Berufungsgerichtes zugrunde zu legen sind, § 529 Abs. 1 ZPO.

6. Die Beklagte begehrt in der Berufungsinstanz Klageabweisung in vollem Umfange.

7. Der Kläger hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

8. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Anspruch auf die ihm in I. Instanz zuerkannten EURO 908,–.

1.

9. Hinsichtlich eines Teilbetrages von EURO 45,40 ist das Urteil des Amtsgerichtes schon deshalb aufzuheben, weil die Beklagte in I. Instanz unbestritten vorgetragen hat, diesen Anteil am Reisepreis dem Kläger rückvergütet zu haben. In dieser Höhe ist somit ein allfälliger Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises – den das Amtsgericht bejaht – bereits erfüllt.

2.

10. Jedoch auch im übrigen steht dem Kläger der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Zwar kann der Kläger unter den Voraussetzungen des § 651 e Abs. 1 und Abs. 2 BGB den Reisevertrag kündigen und es hat die Beklagte dann Ansprüche lediglich im Rahmen des § 651 e Abs. 3 BGB.

11. Die Kündigung des Klägers im vorliegenden Fall war jedoch unwirksam, weil ein Reisemangel nicht vorlag.

12. Dass ein Mangel nicht … und dem Wechsel … lag, bedarf keiner weiteren Begründung. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass durch diese Umstände der Nutzen der Reise beeinträchtigt gewesen wäre. Zudem war der Kläger damit einverstanden gewesen, dass die Beklagte auf die genannte Art und Weise Abhilfe schaffte.

13. Ein Mangel könnte damit allenfalls im … des … liegen. Insoweit hat der Zeuge … jedoch ausgesagt, ein Notsitz, auf dem der Kläger und seine Lebensgefährtin platziert werden sollte, bedeute keine Einschränkung der Sicherheit für den Fluggast und keine Einschränkung des Komforts, abgesehen von fehlenden Armlehnen. Letzteres wiegt bei einer Flugzeit von nur drei Stunden jedoch nicht schwer. Somit bleibt als Beeinträchtigung des Klägers, dass die angebotenen Plätze nicht nebeneinander lagen. Bei dem Kläger und seiner Freundin handelt es sich jedoch um erwachsene Menschen. Grundsätzlich ist es diesen zumutbar, auf kurzen Flügen nicht nebeneinander zu sitzen. Warum dies im konkreten Fall nicht so gewesen sein sollte, hat der Kläger nicht vorgetragen.

14. Somit ist die Weigerung des Klägers, die Reise anzutreten, als Rücktritt des Klägers vom Reisevertrag gemäß § 651 i BGB anzusehen. Als Folge muss der Kläger zwar den Reisepreis nicht bezahlen, die Beklagte hat jedoch Anspruch auf eine angemessene Entschädigung. Die nach unstreitigem Sachvortrag in den Reisebedingungen der Beklagten enthaltene Stornogebühr von 95 % bei Rücktritt am Reisetag, ist nicht zu beanstanden. Rückzahlungsansprüche stehen dem Kläger somit nicht zu.

3.

15. Schadensersatz kann der Kläger, nachdem die Reiseleistung der Beklagten bereits nicht mangelhaft war, ebenfalls nicht geltend machen.

III.

16. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

IV.

17. Die Revision war nicht zuzulassen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichtes, § 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO.

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