Sicherungsschein in der Insolvenz
BGH: Sicherungsschein in der Insolvenz
In diesem Urteil buchte die Klägerin eine Busreise bei einem Busunternehmen. Diese Reise wollte die Klägerin im Zuge einer Werbekampagne an mehrere Personen verschenken. Einen entsprechenden Sicherungsschein für diese Reise erhielten die Kläger von der beklagten Reiseagentur. Nachdem die Klägerin die gebuchte Reise verschenkt hat, stellte sich heraus, dass das Busunternehmen die Reise abgesagt hat und in Konkurs gegangen ist. Die Klägerin nahm daraufhin die beklagte Reiseagentur in Anspruch.
Zunächst weigerte sich die Beklagte der Zahlung, jedoch entschied der Bundesgerichtshof, dass diese Zahlen muss. Eine Versicherung ist demjenigen zur Zahlung verpflichtet, wer Inhaber der Sicherungsscheins ist.
BGH | X ZR 17/01 (Aktenzeichen) |
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BGH: | BGH, Urt. vom 16.04.2002 |
Rechtsweg: | BGH, Urt. v. 16.04.2002, Az: X ZR 17/01 |
OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.12.2000, Az: 18 U 22/00 | |
LG Kleve, Urt. v. 07.12.1999, Az: 3 O 266/99 | |
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Leitsatz:
2. Eine Reiseversicherung ist bei Insolvenz demjenigen zur Zahlung verpflichtet, wer Inhaber des Sicherungsscheins ist.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall buchte die Klägerin im Rahmen einer Werbekampagne für 20 Personen eine Busreise bei einer Reiseagentur. Die Reise beinhaltete auch Eintrittskarten für ein Fußballspiel. Bei Vertragsschluss konnte die Klägerin die genauen Personen noch nicht benennen, da dies erst später bekannt wird. Die Beklagte, hier die Reiseagentur, stellte der Klägerin 20 Sicherungsscheine aus, in denen sie sich gemäß § 651k BGB zur Erstattung der Kosten verpflichtet, welche den Reisenden, aufgrund von Zahlungsunfähigkit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Reiseveranstalters, entstehen.
Die Klägerin verschenkte nun die gebuchten Reisen an 20 Personen. Die Beklagte erhielt allerdings nicht die Eintrittskarten für da Fußballspiel, sodass sie die Reise absagen musste. Die Klägerin verlangt folglich die Rückzahlung des bereits gezahlten Reisepreises. Der BGH ihr eine solchen Anspruch auf Rückzahlung zu.
Die Beklagte haftet unmittelbar aus den Sicherungsscheinen für das durch diese abgedeckte Risiko. Auch steht die Verwendung des Begriffs Reisender in §§ 651 a, 651 k BGB dem Anspruch nicht entgegen. Reisender im Sinne dieser Bestimmungen ist der Vertragspartner des Reiseveranstalters, der im eigenen Namen für sich und/oder andere Reiseteilnehmer eine Reise bucht. Reisender kann im Sinne des Gesetzes damit auch derjenige sein, der Reisen für Dritte bucht, wie es vorliegend der Fall ist. Somit hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg.
Tenor:
4. Die Revision der Beklagten gegen das am 14. Dezember 2000 verkündete Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
5. Die Klägerin vertreibt Produkte für Heimtiere. Im Rahmen einer Werbeaktion wollte sie 20 Busreisen an ausgewählte Kunden verschenken. Sie buchte deshalb Mitte März 1998 bei der Reiseagentur F. S. (im folgenden F. S.) 20 Busreisen für den Zeitraum vom 14. bis 16. Juni 1998. Bestandteil der Reisen war unter anderem der Besuch des WM-Fußballspiels Deutschland gegen USA. Die Klägerin behielt sich im Einverständnis mit F. S. bei der Buchung vor, die von ihr auszuwählenden Reiseteilnehmer erst später zu benennen. Am 11. Mai 1998 zahlte die Klägerin den Reisepreis in Höhe von 17.980,– DM. Sie erhielt 20 von der Beklagten ausgestellte Sicherungsscheine, in denen es unter anderem heißt:
6. „Bürgschaft für Reiseleistungen …
7. Wir übernehmen bei Pauschalreisen gegenüber den in der Buchung genannten Reisenden die Bürgschaft gem. § 651 k Bürgerliches Gesetzbuch für die Erstattung vertragsgemäß gezahlter und noch nicht verbrauchter Reisepreiszahlungen, soweit Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Konkurses des umseitig genannten Reiseveranstalters ausfallen, sowie für notwendige Aufwendungen, die den Reisenden infolge Zahlungsunfähigkeit oder Konkurses des Reiseveranstalters für die Rückreise entstehen …“
8. Mit Schreiben vom 19. Mai 1998 benannte die Klägerin gegenüber F. S. die von ihr ausgesuchten 20 Reiseteilnehmer. Mit Schreiben vom 10. Juni 1998 teilte F. S. der Klägerin mit, daß sie von ihrer Ticket-Agentur nicht mit den Eintrittskarten für das Fußballspiel beliefert worden sei und deshalb die Reise absagen müsse. Durch Anerkenntnisurteil des Landgerichts Münster wurde F. S. verurteilt, den Reisepreis nebst Zinsen an die Klägerin zurückzuzahlen. Zahlungen erfolgten nicht. Am 7. Oktober 1998 stellte F. S. Antrag auf Konkurseröffnung.
9. Die Klägerin hat die beklagte Versicherung auf Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 17.980,– DM, Erstattung der Kosten des Vorprozesses gegen den Reiseveranstalter und Zahlung von kapitalisierten Zinsen in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin das Klagebegehren nur noch hinsichtlich der Rückzahlung des Reisepreises nebst Zinsen weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, 17.980,– DM nebst Zinsen an die Klägerin zu zahlen. Mit der zugelassenen Revision möchte die Beklagte die Abweisung der Klage auch in diesem Umfang erreichen. Die Klägerin ist der Revision entgegengetreten.
Entscheidungsgründe:
10. Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
11. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte schulde der Klägerin aus ihrem Zahlungsversprechen gemäß § 651 k Abs. 1, 3 BGB (Sicherungsscheine mit den Nummern K001109132 bis K001109151 ) 17.980,– DM. Bei den gebuchten Reisen habe es sich um Pauschalreisen im Sinne von § 651 a BGB gehandelt. Die Klägerin habe nicht die Absicht gehabt, die Reiseleistungen selbst als Reiseveranstalter zu vermarkten. Vielmehr habe es sich um Incentive-Reisen gehandelt. Die Reiseagentur F. S. habe gewußt, daß die Klägerin einerseits beabsichtigt habe, den 20 Reiseteilnehmern die Reiseleistungen unentgeltlich zuzuwenden, andererseits aber nur sie Vertragspartner der Reiseverträge werden sollte. Hiermit habe sich der Reiseveranstalter ein verstanden erklärt, indem er die Reisebuchungen der Klägerin angenommen habe. Mithin sei der übereinstimmende Wille der Vertragspartner dahin gegangen, die gebuchten Reiseleistungen im Wege des Vertrages zugunsten Dritter den Reiseteilnehmern zukommen zu lassen.
12. Dem stehe nicht entgegen, daß die Reiseteilnehmer im Zeitpunkt der Buchung namentlich noch nicht bekannt gewesen seien, weil die Klägerin die begünstigten Reiseteilnehmer erst nach Vertragsschluß habe bestimmen dürfen. Bei Incentive-Reisen sei die Frage, ob die Reiseleistungen im Rahmen eines Pauschalreisevertrages erbracht werden sollten, aus dem Blickwinkel der Zuwendungsempfänger zu beurteilen. Aus ihrer Sicht handle es sich bei den Reiseleistungen um Pauschalreiseverträge, die darauf gerichtet seien, den Begünstigten Urlaubsfreuden und Erholung zu verschaffen. Daran ändere sich nichts durch den Umstand, daß die Klägerin zugleich eigene gewerbliche Interessen verfolgt habe. Verpflichte sich ein Dritter gegenüber Reisenden im Sinne der §§ 651 a ff. BGB, Reiseleistungen durch Abschluß eines Vertrages zugunsten Dritter zu erbringen, dann müßten die §§ 651 a ff. BGB auf dieses Vertragsverhältnis unabhängig davon angewendet werden, wie die Vertragsbeziehungen zwischen dem Vertragspartner des Reiseveranstalters und dem begünstigten Dritten ausgestaltet seien. Eine Pauschalreise im Sinne des § 651 a BGB liege vor, weil der Veranstalter in jedem Fall Busfahrt und Unterkunft geschuldet habe.
13. Indem die Reiseagentur der Klägerin die 20 Sicherungsscheine der Beklagten ausgehändigt habe, habe die Beklagte, vertreten durch diesen Reiseveranstalter, entsprechend der vertraglichen Ausgestaltung der Pauschalreiseverträge als Verträge zugunsten Dritter die Insolvenzabsicherung dieser 20 Pauschalreisen sowohl gegenüber dem Vertragspartner des Reiseveranstalters als auch gegenüber den 20 Reiseteilnehmern übernommen. Dies bewirke im Ergebnis eine Aufspaltung der Ansprüche aus § 651 k Abs. 1 und Abs. 3 BGB. An dieses Zahlungsversprechen bleibe die Beklagte selbst dann gebunden, wenn die Reiseverträge zwischen der Klägerin und F. S. gar nicht hätten abgesichert werden müssen.
14. Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, die Pauschalreisen hätten nicht stattgefunden, weil die Reiseagentur zahlungsunfähig geworden sei. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, daß die Reiseagentur in dem Moment zahlungsunfähig gewesen sei, als sie erfahren habe, daß ihr die bestellten und zu erheblichen Teilen bereits bezahlten Eintrittskarten weder geliefert noch die dafür gezahlten Beträge erstattet würden. Dies sei der Grund gewesen, weshalb die Reisen nicht mehr hätten durchgeführt werden können.
15. Die Klägerin habe damit ihrer Darlegungs- und Beweislast genügt. Es sei Sache der Beklagten, darzulegen und zu beweisen, daß es der Reiseagentur selbst bei ausreichender finanzieller Ausstattung objektiv unmöglich gewesen wäre, die vertraglich geschuldeten Reiseleistungen – hier die benötigten Eintrittskarten – noch zu beschaffen. Ob die Beklagte dann nicht zur Rückerstattung des Reisepreises verpflichtet wäre, wenn feststünde, daß die Reiseagentur auch dann keine Eintrittskarten zum Marktpreis mehr hätte erwerben können, wenn ihr die finanziellen Mittel hierzu zur Verfügung gestanden hätten, könne dahinstehen.
16. Entsprechend § 279 BGB werde grundsätzlich vermutet, daß es jederzeit möglich sei, auf dem Markt angebotene, nur der Gattung nach bestimmte Güter zum Marktpreis zu beschaffen. Derjenige, der sich darauf berufe, in einem konkreten Fall sei dies ausnahmsweise nicht möglich gewesen, sei hierfür darlegungs- und beweispflichtig. Das gelte in gleicher Weise im Verhältnis der Klägerin zum Reiseveranstalter wie zu dessen Kundengeldabsicherer und stehe auch in Übereinstimmung mit Sinn und Zweck des § 651 k BGB. Die Beklagte habe nicht dargelegt, daß es objektiv unmöglich gewesen sei, mit zumutbarem finanziellen Aufwand Eintrittskarten noch zu beschaffen, ihr Vorbringen erschließe daher nicht die von ihr zu beweisende wirtschaftliche Unmöglichkeit der Beschaffung der Eintrittskarten.
17. Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß die Klägerin von der Beklagten die Rückzahlung des an F. S. vorausgeleisteten Reisepreises auf der Grundlage der in den Sicherungsscheinen enthaltenen Zahlungsversprechen verlangen kann.
18. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erstattung des Reisepreises aus den der Klägerin vom Reiseveranstalter F. S. ausgehändigten 20 Sicherungsscheinen der Beklagten für begründet erachtet. Dieser rechtliche Ausgangspunkt läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die dagegen erhobenen Rügen der Revision sind unbegründet.
19. Nach § 651 k Abs. 1, Satz 1 Nr. 1 BGB hat der Reiseveranstalter sicherzustellen, daß dem Reisenden der gezahlte Reisepreis erstattet wird, soweit Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters ausfallen. Nach § 651 k Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB gilt Entsprechendes für notwendige Aufwendungen, die dem Reisenden im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses des Reiseveranstalters für die Rückreise entstehen. Der Reiseveranstalter kann die Verpflichtung aus § 651 k Abs. 1 Satz 1 BGB nur durch eine Absicherung dieser Ansprüche bei einem Kundengeldabsicherer erfüllen, wobei nach § 651 k Abs. 1 Satz 2 BGB die Kundengeldabsicherung durch Abschluß einer Versicherung bei einem Versicherungsunternehmen oder durch ein Zahlungsversprechen eines Kreditinstituts erfolgen kann. Die Kundengeldabsicherung geschieht nach § 651 k Abs. 3 BGB dadurch, daß der Reiseveranstalter dem Reisenden einen unmittelbaren Anspruch gegen den Kundengeldabsicherer verschafft, indem er ihm einen vom Kundengeldabsicherer oder auf dessen Veranlassung ausgestellten Sicherungsschein übergibt.
20. Die Reiseagentur F. S. ist dieser Pflicht dadurch nachgekommen, daß sie auf Veranlassung der Beklagten der Klägerin 20 Sicherungsscheine für die von der Klägerin gebuchten 20 Reisen ausgehändigt hat. Davon geht auch die Revision aus.
21. Der Text der Sicherungsscheine entspricht dem Wortlaut des § 651 k Abs. 1 Satz 1 BGB und nimmt ausdrücklich auf diese Vorschrift Bezug. Ferner sind die Scheine als „Sicherungsschein“ bezeichnet. Damit kommt eindeutig zum Ausdruck, daß es sich um Sicherungsscheine im Sinne des § 651 k Abs. 3 BGB handelt, die dem Reisenden im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters einen unmittelbaren Anspruch gegen den Versicherer bezüglich der abgesicherten Risiken verschaffen. Die Beklagte haftet daher unmittelbar aus den Sicherungsscheinen für das durch diese abgedeckte Risiko, ohne daß es darauf ankommt, wie das den Sicherungsscheinen der Beklagten zugrunde liegende Rechtsverhältnis zwischen dem Reiseveranstalter und der Beklagten im einzelnen ausgestaltet ist. Die Revision erhebt auch insoweit keine Rügen.
22. Die Rüge der Revision, im Bürgschaftsrecht gelte, daß die Personen der Beteiligten „eindeutig feststehen“ müßten, die Sicherungsscheine ließen die Klägerin als Gläubigerin des Anspruchs nicht eindeutig erkennen, was zu Lasten des Gläubigers gehe, ist unbegründet.
23. In den Sicherungsscheinen ist die Beklagte als Versicherer benannt. Zur Benennung des Gläubigers sehen die Sicherungsscheine die Angabe der Buchungsnummer und des Reisedatums vor. Die dafür vorgesehene Spalte ist in den Sicherungsscheinen ausgefüllt. Gegenteiliges macht die Revision nicht geltend. Die Person des Gläubigers ergibt sich daher eindeutig aus den Sicherungsscheinen in Verbindung mit den dort genau benannten Buchungsdaten. Unabhängig davon, wie das dem unmittelbaren Anspruch der Klägerin gegen die beklagte Versicherung zugrunde liegende Versicherungsverhältnis versicherungsrechtlich ausgestaltet ist und ob es sich bei ihm um ein Versicherungs- oder Bürgschaftsverhältnis handelt, ist die Person des Gläubigers durch die Sicherungsscheine im Streitfall daher in den Sicherungsscheinen in Verbindung mit den Buchungsunterlagen eindeutig bestimmt.
24. Die weitere Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, daß sich die Beklagte nicht zur Insolvenzabsicherung „dieser 20 Personen“ verpflichtet habe, die Sicherungsscheine seien „nur für eine/n Reiseteilnehmer/in“ gültig gewesen, ist unbegründet. Die Klägerin macht Ansprüche aus insgesamt 20 Sicherungsscheinen geltend, die in ihrer Addition die Klagesumme ergeben. Davon ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen, denn es hat die Klage aus den Sicherungsscheinen mit den Nummern K001109132 bis K001109151 für begründet erachtet. Das sind die der Klägerin ausgehändigten Sicherungsscheine der Beklagten für die von der Klägerin gebuchten 20 Reisen.
25. Die Revision ist auch im übrigen unbegründet.
26. Allerdings kann der Auffassung des Berufungsgerichts nicht beigetreten werden, nach der die Beklagte aus den Sicherungsscheinen auf Rückerstattung des Reisepreises auch dann haften soll, wenn die Reisen, für die der Klägerin die Sicherungsscheine vom Reiseveranstalter ausgehändigt worden sind, gar nicht hätten versichert werden müssen. Denn die Beklagte hat mit dem Text und der Bezeichnung der Scheine als Sicherungsscheine ausdrücklich auf die Vorschrift des § 651 k BGB Bezug genommen und damit klargestellt, daß sie das Insolvenzrisiko für solche Pauschalreisen übernimmt, für die eine Kundengeldabsicherung durch einen Kunden-geldabsicherer zu erfolgen hat. Die darin liegende Beschränkung der Einstandspflicht der Beklagten auf Pauschalreisen und damit auf Reisen im Sinne von §§ 651 a ff. BGB, für die die Ausgabe von Sicherungsscheinen vorgeschrieben ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil § 651 k BGB – von den engen Ausnahmen in Abs. 6 abgesehen – den gleichen Anwendungsbereich hat wie die übrigen reiserechtlichen Vorschriften (Soergel/H.W. Eckert, BGB 12. Aufl., § 651 k BGB Rdn. 4). Mit der Bezugnahme auf § 651 k BGB in den Sicherungsscheinen ist auch klar zum Ausdruck gebracht worden, daß sich die Beklagte als Kundengeldabsicherer nur für versicherungspflichtige Reiseleistungen zur Übernahme des versicherten Risikos verpflichtet hat.
27. Gleichwohl bleibt die Revision ohne Erfolg, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei die notwendigen Feststellungen für das Vorliegen eines Reisevertrages im Sinne von § 651 a Abs. 1 BGB und damit auch für das Vorliegen der Voraussetzungen getroffen hat, unter denen die Beklagte aus den Sicherungsscheinen für die Rückzahlung des von der Klägerin an den Reiseveranstalter gezahlten Reisepreises einzustehen hat.
28. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß es sich bei den von der Klägerin gebuchten Reisen um solche gehandelt hat, bei denen eine Mehrzahl von Reiseleistungen zu einer Pauschalreise im Sinne von § 651 a Abs. 1 BGB gebündelt angeboten worden seien, weil der Reiseveranstalter F. S. auf jeden Fall die Busfahrt und die Unterkunft geschuldet habe. Das läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht gerügt.
29. Die Revision wendet sich ohne Erfolg dagegen, daß das Berufungsgericht die Klägerin als Reisende im Sinne von § 651 a Abs. 1 BGB angesehen hat.
30. Der Revision ist zuzugeben, daß die Verwendung des Begriffs „Reisender“ in §§ 651 a, 651 k BGB die Annahme nahelegen könnte, mit ihm solle die Person bezeichnet werden, die die Reise tatsächlich antritt und die Reiseleistungen selbst in Anspruch nimmt. Eine solche Bedeutung kommt dem Begriff im Rechtssinne jedoch nicht zu. Reisender im Sinne dieser Bestimmungen ist der Vertragspartner des Reiseveranstalters, der im eigenen Namen für sich und/oder andere Reiseteilnehmer eine Reise bucht (BGHZ 108, 51; MünchKomm./Tonner, BGB 3. Aufl., vor § 651 a BGB Rdn. 13; Führich, Reiserecht 3. Aufl., Rdn. 7, 82; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht 2. Aufl., vor § 651 a BGB Anm. 24). Bucht ein Anmelder nur in eigenem Namen eine Reise für sich und Dritte, so ist nur er Reisender im Sinne des Gesetzes (Palandt/Sprau, BGB 61. Aufl., § 651 a BGB Rdn. 1 m.w.N.). Der lediglich Mitreisende ist nicht Vertragspartner des Reisevertrages und damit nicht Reisender im Rechtssinne, auch wenn ihm gleichwohl Schadensersatzansprüche zustehen können (BGHZ aaO). Reisender im Sinne des Gesetzes kann daher auch derjenige sein, der – wie im Falle von Incentive-Reisen – als Vertragspartei eine Reise für Dritte bucht, ohne selbst eine der gebuchten Reiseleistungen persönlich in Anspruch zu nehmen. Deshalb ist auch ein Unternehmen, das als Vertragspartner des Reiseveranstalters Reisen als Verkaufsförderungsinstrument und damit zu gewerblichen Zwecken bucht, um die gebuchten Reiseleistungen Dritten zu Urlaubs- und Erholungszwecken zuzuwenden, Reisender im Sinne der §§ 651 a, 651 k BGB (vgl. Bidinger/Müller-Bidinger in: DGfR-Jahrbuch 1999, S. 59, 69).
31. Diese Auslegung des Begriffs des „Reisenden“ wird durch Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie des Rates vom 13. Juli 1990 über Pauschalreisen (AblEG Nr. L 158 v. 23.6.1990, S. 59, im folgenden Pauschalreiserichtlinie) bestätigt. Danach ist Verbraucher im Sinne der Richtlinie eine Person, welche die Pauschalreise bucht oder zu buchen sich verpflichtet („der Hauptkontrahent“). Zwar gilt auch jede Person, in deren Namen der Hauptkontrahent sich zur Buchung der Pauschalreise verpflichtet, als Verbraucher („die übrigen Begünstigten“); daraus läßt sich aber nicht herleiten, daß nur derjenige, der die Reise in Person antritt, in den Schutz der Vorschriften der Richtlinie einbezogen wäre, nicht aber der „Hauptkontrahent“, der die Reise in eigenem Namen bucht oder zu buchen sich verpflichtet. Entgegen der Auffassung der Revision widerspricht es daher auch nicht der Pauschalreiserichtlinie, die Klägerin als juristische Person als Reisenden im Rechtssinne anzusehen. Die Revision übersieht in diesem Zusammenhang, daß der in Art. 2 Nr. 4 der Pauschalreiserichtlinie enthaltene Verbraucherbegriff nicht das in anderen Verbraucherschutzrichtlinien und in § 13 BGB vorausgesetzte Merkmal des Vertragsschlusses außerhalb einer selbständigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit umfaßt und sich damit praktisch auf jeden Kunden eines Reiseveranstalters erstreckt (Staudinger/J.Eckert, BGB Bearb. 2001, § 651 a BGB Rdn. 47; vgl. auch MünchKomm./Tonner, aaO, vor § 651 a BGB Rdn. 13; Soegel/H.W.Eckert, aaO, § 651 a BGB Rdn. 33).
32. Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob – wie das Berufungsgericht ausgeführt hat und die Revision rügt – den für die Busreisen vorgesehenen Kunden der Klägerin die Rechtsstellung eines Dritten aus einem Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 Abs. 1 BGB zugekommen ist. Auf die Frage kommt es zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht an, da Streitgegenstand allein der Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des von ihr gezahlten Reisepreises ist.
33. Das Berufungsgericht hat schließlich rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Sicherungsfall der Zahlungsunfähigkeit vorgelegen hat und die Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters für den Ausfall der Reise ursächlich geworden ist. Die dagegen erhobenen Rügen der Revision sind unbegründet.
34. Das Berufungsgericht ist auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, daß die die gebuchten Reisen veranstaltende Reiseagentur F. S. in dem Moment zahlungsunfähig geworden sei, in dem sie von ihrer Ticket-Agentur nicht mit den bestellten und zum überwiegenden Teil bereits bezahlten Eintrittskarten für die Fußball Weltmeisterschaft beliefert worden ist.
35. Die Tatsachenwürdigung zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts kann in der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüft werden, ob der Tatrichter sich mit dem Prozeßstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr, vgl. BGH Urt. v. 14.1.1993 – IX ZR 238/91, NJW 1993, 935). Solche Fehler zeigt die Revision nicht auf.
36. Mit den in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen, das Berufungsgericht habe bei der Beurteilung der Darlegungs- und Beweislast im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten nicht darauf abstellen dürfen, daß es sich bei der Verpflichtung des Reiseveranstalters zur Beschaffung der Eintrittskarten um eine Gattungsschuld gehandelt habe, die Darlegungs- und Beweislast zwischen ihr und der Klägerin könne nicht mit derjenigen zwischen der Klägerin und dem Reiseveranstalter „gleichgeschaltet“ werden, kann die Revision keinen Erfolg haben.
37. Der Reisende, der den Kundengeldabsicherer aus einem im Rahmen des § 651 k Abs. 1 BGB erteilten Zahlungsversprechen in Anspruch nimmt, hat das Entstehen und die Fälligkeit des Anspruchs darzulegen und zu beweisen. Dazu gehört, daß Reiseleistungen infolge der Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters ausgefallen sind. Kommt der Reisende dem nach, obliegt es dem Kundengeldabsicherer, darzulegen und zu beweisen, daß die Reiseleistung auch ohne die Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters ausgefallen wäre. § 651 k BGB bezweckt ebenso wie Art. 7 der Pauschalreiserichtlinie den vollständigen Schutz der in diesen Vorschriften genannten Rechte der Verbraucher und damit den Schutz der Verbraucher gegen sämtliche Risiken, die sich aus der Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters ergeben (vgl. BGH Urt. v. 28.3.2001 – IV ZR 19/00, NJW 2001, 1934 unter Hinweis auf EuGH, Urt. v. 15.6.1999 – Rs. C 140/97 – Rechberger, Slg. 1999 I 3499 = NJW 1999, 3181, 3185).
38. Davon ist das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen. Die Revision verkennt mit ihren Rügen, daß das Risiko der Beschaffung von der Gattung nach bestimmten Reiseleistungen, zu denen auch Eintrittskarten zu bestimmten Ereignissen wie einer Fußballweltmeisterschaft gehören, bei dem Reiseveranstalter liegt, der Pauschalreisen mit einem entsprechenden Leistungsangebot anbietet. Kann der Reiseveranstalter die gebuchten Reiseleistungen deswegen nicht erbringen, weil er – wie das Berufungsgericht festgestellt hat – zahlungsunfähig ist, liegt entgegen der Auffassung der beklagten Versicherung kein Fall wirtschaftlicher Unmöglichkeit vor. Vielmehr realisiert sich das Risiko, um dessentwillen der Reiseveranstalter gemäß § 651 k BGB die vorausgezahlten Kundengelder mittels Sicherungsscheinen von Kundengeldsicherern abzusichern hat.
39. Der Revision kann auch nicht darin gefolgt werden, daß der zwischen F. S. und der Klägerin abgeschlossene Reisevertrag durch das Schreiben der Reiseagentur vom 10. Juni 1998 gekündigt worden sei und die Beklagte nicht für Ansprüche aus diesem Rückgewährschuldverhältnis hafte.
40. Ob in dem Schreiben der Reiseagentur eine Kündigungserklärung zu sehen sein könnte, wie die Revision meint, kann dahingestellt bleiben. Denn die Reiseagentur war zur Kündigung nicht berechtigt. Für ihren gegenteiligen Standpunkt kann sich die Beklagte nicht auf die Regelung in § 8 Satz 5 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von F. S. berufen. Diese Regelung entspricht § 651 j BGB. Höhere Gewalt im Sinne von § 651 j BGB und damit im Sinne des § 8 Satz 5 der AGB von F. S. ist ein von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes und auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis (BGHZ 100, 185). Der Ausfall von Vorlieferanten und die dadurch hervorgerufenen Schwierigkeiten bei der Beschaffung des Leistungsgegenstandes sind grundsätzlich dem Betriebsrisiko des Reiseveranstalters zuzurechnen und schließen daher die Annahme höherer Gewalt im Sinne des § 651 j BGB aus.
41. Der Senat sieht davon ab, entsprechend der Anregung der Revision das Verfahren auszusetzen, um den Rechtsstreit zur Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 234 Abs. 1 lit. b, Abs. 3 EGV dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Auslegung der Pauschalreiserichtlinie vorzulegen. Zwar ist ein Gericht, dessen Entscheidungen mit Rechtsmitteln nicht mehr angefochten werden können, zur Vorlage verpflichtet, wenn die Frage der Auslegung des Gemeinschaftsrechts in einem vor ihm anhängigen Verfahren Bedeutung erlangt. Einer Vorlage bedarf es jedoch dann nicht, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, daß für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Fragen für den betreffenden Rechtsstreit kein Raum bleibt (EuGH, Urt. v. 6.10.1982, Rs. 283/81 – „C.I.L.F.I.T.“, Slg. 1982, 3415, 3431 f.; BGH Urt. v. 22.5.1989 – II ZR 206/88, RIW 1989, 745, 746). So liegt der Fall hier. Wie bereits ausgeführt worden ist, sind die Begriffe des Reisenden im Sinne von § 651 a BGB und des Verbrauchers im Sinne von Art. 2 Nr. 4 Pauschalreiserichtlinie in ihrem Anwendungsbereich deckungsgleich (vgl. nur Staudinger/Eckert, aaO, § 651 a BGB Rdn. 47 m.w.N.). Im übrigen verbietet die Pauschalreiserichtlinie wegen des in ihrem Art. 8 enthaltenen Mindeststandardprinzips nicht, von der Richtlinie nicht erfaßte touristische Leistungen in den Anwendungsbereich der deutschen reiserechtlichen Schutzvorschriften einzubeziehen (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf zur Durchführung der Pauschalreiserichtlinie, BTDrucks. 12/5354, S. 6).
42. Die Revision ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
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