Reisepreisminderung bei Flugverspätung

AG Hamburg: Reisepreisminderung bei Flugverspätung

Ein Reisender buchte bei einer Fluggesellschaft eine Flugpauschalreise. Wegen einer Verspätung des Zubringerfluges verpasste der Kläger seinen Anschlussflug und kam erst 7 Stunden später, als usrpünglich geplant, am Urlaubsort an. Er verlangt nun eine nachträgliche Minderung des Reisepreises.

Das Amtsgericht Hamburg hat dem Kläger teilweise Recht zugesprochen. In der mehrstündigen Verspätung sei eine Schlechtleistung des Veranstalters zu sehen, die eine 10%tige Minderung des Reise-Tagespreises begründe.

AG Hamburg 8B C 194/10 (Aktenzeichen)
AG Hamburg: AG Hamburg, Urt. vom 02.09.2010
Rechtsweg: AG Hamburg, Urt. v. 02.09.2010, Az: 8B C 194/10
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Amtsgericht Hamburg

1. Urteil vom 02. September 2010

Aktenzeichen: 8B C 194/10

Leitsatz:

2. Eine Flugverspätung bei einer Flugpauschalreise begründet einen Anspruch auf Reisepreisminderung.

Zusammenfassung:

3. Ein Reisender buchte bei einer Fluggesellschaft eine Flugpauschalreise nach Ägypten. Weil sein Zubringerflug erst verspätet startete, verpasste der Kläger seinen Anschlussflug und musste in der Folge die Nacht am Flughafen verbringen. Erst mit insgesamt 7-stündiger Verspätung kam er am Folgetag in seinem Hotel an.

Der Kläger verlangt von der Beklagten nun im Nachhinein eine anteilige Reisepreisminderung, wegen des vertanen Urlaubstages am Flughafen. Die Airline weigert sich der Zahlung und verweist darauf, dass kein ganzer Urlaubstag, sondern lediglich ein Teil der ersten Nacht verlorengegangen sei.

Das Amtsgericht Hamburg hat dem Kläger teilweise Recht zugesprochen. Der Reiseveranstalter sei grundsätzlich dazu verpflichtet, die Reiseleistung wie im Vertrag festgelegt zu erfüllen. Erbringe er Inhalte, die zu wesentlichen Bestandteilen des Reisevertrags geworden sind nicht, so stehe dem Urlauber eine Entschädigungsleistung zu.

In der verspäteten Beförderung und dem erzwungenen 7-stündigen Flughafenaufenthalt sei hier eine reisevertragliche Schlechtleistung im Sinne von §651d BGB zu sehen.
Aufgrund dieser sprach das Amtsgericht dem Kläger eine anteilige Reisepreisminderung von 10% auf den entsprechenden Tagespreis zu.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17,11 € (siebzehn 11/100 EURO) zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2010.

Die weitere Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt zu 90 % der Kläger, zu 10 % die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Von der Mitteilung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a, 495 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

6. Die Klage ist nur zum Teil, nämlich in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.

7. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 17,11 € zu. Der Kläger kann von der Beklagten wegen der verzögerten Hinreise nach Hurghada/Ägypten Minderung des Reisepreises gemäß § 651 d Abs. 1 BGB verlangen.

8. Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Flugpauschalreise für die Zeit vom 17.10.2009 bis 24.10.2009 mit Hotelunterbringung im Doppelzimmer und All-inclusiv-Verpflegung gebucht und den Gesamtreisepreis von 1.198,00 € an die Beklagte gezahlt.

9. Bei dem Hinflug am 17.10.2009 kam es zu einer Verspätung. Der Abflug in Berlin verzögerte sich um mehr als 3 Stunden. Infolge dessen wurde der Anschlussflug in Kairo nach Hurghada verpasst. Der Kläger und seine Mitreisende mussten auf dem Flughafen in Kairo ca. 7 Stunden auf den Weiterflug nach Hurghada warten und kamen statt um ca. 2.00 Uhr um ca. 7.15 Uhr am 18.10.2009 an der Rezeption des Hotels an.

10. Im vorliegenden Fall ist es unter Verlust von Nachtruhe zu einer Flugverspätung von mehr als 5 Stunden gekommen. Unstreitig hatte der Kläger nach den in der Reisebestätigung mitgeteilten Flugzeiten sein Hotel in Hurghada am 18.10.2009 gegen 2.00 Uhr erreichen sollen. Tatsächlich erreicht hatte er es nach der schriftlichen Bestätigung des Hotels um 7.15 Uhr, also mit mehr als 5 Stunden Verspätung. Dies bestätigt sich auch darin, dass der Kläger in Kairo ca. 7 Stunden auf seinen Anschlussflug nach Hurghada warten musste, statt wie in der Reisebestätigung angegebene knapp 2 Stunden. Rein rechnerisch startete daher der Anschlussflug von Kairo gegen 3.40 Uhr am Folgetag, dem 18.10.2009, und landete gegen 4.40 Uhr in Hurghada.

11. Die Grenze des Zumutbaren ist nach der Auffassung des Gerichtes bei einer Flugverschiebung überschritten, wenn der Hinflug nicht an dem in der Reisebestätigung angegebenen Tag beendet war, sondern erst in der folgenden Nacht mit der Folge, dass der Reisende den Urlaubsort erst in den frühen Morgenstunden erreicht und dadurch die – wenn auch verkürzte – Nachtruhe komplett entfällt. Den Änderungsvorbehalt hinsichtlich der Flugzeitangaben in der Reisebestätigung versteht das Gericht dahingehend, dass er sich auf Flugzeitänderungen am genannten Tage bezieht. Im Zeitalter des Massentourismus muss mit einer Veränderung der Flugzeit grundsätzlich gerechnet werden.

12. Deshalb kommt die Zubilligung eines Minderungsanspruches nur in Betracht, wenn die Grenzen des Zumutbaren überschritten sind. Flugverspätungen bis zu 4 Stunden sind nach der Auffassung des Gerichtes als bloße Unannehmlichkeit noch hinzunehmen. In Anlehnung an die Frankfurter Tabelle und die Rechtsprechung des LGes Frankfurt hält das Gericht für jede über diesen Zeitraum hinausgehende angefangene Stunde einen Minderungsanspruch von 5 % des Tagespreises, vorliegend mithin eine Minderung in Höhe von 10 % des Tagespreises für begründet (LG Frankfurt, Rra 2009, 72 bis 74; Führich, Reiserecht, 5. Aufl. Rn. 329).

13. Da die Beklagte dem Kläger auf dessen Anspruchsanmeldung hin insgesamt zwei Schecks à 25,00 € übersandt hatte, ist vorprozessual ein Zahlungsverzug der Beklagten nicht gegeben; der Kläger kann daher auf den zugesprochenen Betrag nur Prozesszinsen nach § 291 BGB, jedoch nicht Verzugszinsen verlangen. Die Scheckeinlösung hat die Beklagte dem Kläger nach Zustellung der Klage erst untersagt.

14. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziff. 11, 711 und 713 ZPO.

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