Reisepreisminderung wegen Abflugverzögerung bei einem Kurzurlaub

AG Hannover: Reisepreisminderung wegen Abflugverzögerung bei einem Kurzurlaub

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Reise gebucht. Der Hinflug verzögerte sich dabei. Daher verlangt er Minderung des Reisepreises.

Dem gab das Gericht statt. Es sei zwar vertraglich keine Abflugzeit bestimmt worden. Durch die Mitteilung einer Abflugzeit durch die Klägerin sei aber eine Bestimmung der Leistungspflicht der Beklagten eingetreten. Diese Pflicht sei durch die Verspätung minderungsbegründend verletzt worden.

AG Hannover 502 C 6301/01 (Aktenzeichen)
AG Hannover: AG Hannover, Urt. vom 02.10.2001
Rechtsweg: AG Hannover, Urt. v. 02.10.2001, Az: 502 C 6301/01
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Amtsgericht Hannover

1. Urteil vom 02. Oktober 2001

Aktenzeichen 502 C 6301/01

Leitsatz:

2. Durch die Mitteilung einer vertraglich vorher nicht festgelegten Flugzeit verpflichtet sich das Reiseunternehmen, diese Flugzeit einzuhalten; eine Verspätung kann dann ein Reisemangel sein.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten eine einwöchige Reise gebucht und durchgeführt. Der Hinflug verzögerte sich dabei. Daher verlangt er Minderung des Reisepreises.

Dem gab das Gericht statt. Der Kläger hatte eine Verzögerung von 4 Stunden und 35 Minuten behauptet, die das Gericht wegen unzureichendem Entgegentreten der Beklagten als gegeben ansah. Es sei zwar vertraglich keine Abflugzeit bestimmt worden. Durch die Mitteilung einer Abflugzeit durch die Klägerin sei aber eine Bestimmung der Leistungspflicht der Beklagten eingetreten. Diese Pflicht sei durch die Verspätung minderungsbegründend verletzt worden. Grundsätzlich seien im Charterflugverkehr Verzögerungen bis zu vier Stunden hinzunehmen und für jede weitere Verspätungsstunde Minderung von 5 % des Tagesreisepreises anzusetzen. Da der Kläger aber einen nur siebentägigen Urlaub gebucht hatte, sei durch die Verspätung eine spürbare Verkürzung der Reisezeit eingetreten. Daher sei eine weitere Minderung um 3 % des Gesamtreisepreises angemessen.

Tenor

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 134,75 DM nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungs-Gesetzes seit dem 09.07.2000 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 76% und die Beklagte 24%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

5. Von der Darstellung eines Tatbestandes wurde gemäß § 495a Abs. 2 Satz 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

6. Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung eines Teils des Reisepreises in Höhe von 134,75 DM zu. Der Reisepreis war in dieser Höhe gemäß § 651d BGB gemindert. Die Reise war aufgrund des verspäteten Abflugs mangelhaft.

7. Dass der Abflug erst am 30.04.2000 um 0:05 Uhr steht aufgrund des entsprechenden Vortrags des Klägers fest. Diesen hat die Beklagte nicht substantiiert genug bestritten. Soweit sie lediglich behauptet, dass der Flug vor Mitternacht stattgefunden habe, genügt sie ihrer Darlegungslast nicht. Da der Kläger eine präzise Abflugszeit nannte, hätte es ihr oblegen, ebenfalls einen konkreten Zeitpunkt des Starts zu benennen. Dies war ihr auch zuzumuten, weil sie sich entsprechende Informationen problemlos hätte beschaffen können.

8. Aufgrund dieses Mangels tritt eine Minderung in Höhe von 134,75 DM ein. Es lag eine Verspätung des Hinfluges um vier Stunden und 35 Minuten vor. Dabei ist als planmäßige Abflugszeit von 19:30 Uhr auszugehen. Im Zeitpunkt der Buchung über das Reisebüro sind keine festen Flugzeiten zwischen den Parteien vereinbart worden. Das ergibt sich aus dem handschriftlichen Zusatz „Geplante Flugzeiten“. Weitergehende mündliche Zusagen durch Mitarbeiter des Reisebüros würden die Beklagte mangels Vertretungsmacht nicht vertraglich binden. Der Beklagten ist somit ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der Flugzeiten im Sinne von § 315 BGB eingeräumt worden. Die dem Kläger vier Tage vor Abflug mitgeteilte neue Abflugzeit von 19:30 Uhr stellte daher keine Änderung, sondern deren erstmalige Bestimmung dar, die als die von Anfang geschuldete anzusehen ist.

9. Hinsichtlich der Höhe der Minderung wegen dieser Verspätung sind zwei verschiedene Aspekte zu berücksichtigen: Zum einen die Unannehmlichkeiten, die dem Kläger dadurch entstanden, dass er auf dem Flughafen 4 Stunden und 35 Minuten auf seinen Flug warten musste. Insoweit tritt nach ständiger Rechtsprechung lediglich für die vier Stunden überschreitende Verspätung eine Minderung von 5% des Tagesreisepreises je Stunde ein. Bei einem Tagesreisepreis von 563,42 DM ergibt sich insoweit für die vier Stunden überschreitende Verspätung von 35 Minuten eine Minderung von 16,43 DM.

10. Zum anderen ist aber zu berücksichtigen, dass die tatsächliche Reisedauer sich durch die Verspätung des Hinflugs um dieselbe Zeit minderte. Dabei ist auch zu berücksichtigen der geplante Ablauf der Reise, insbesondere die Tatsache, dass der Kläger einen ohnehin sehr kurzen Urlaub von nur sieben Tagen gebucht hatte (so auch LG Frankfurt a. M., NJW-RR 1997, S. 820-821). Insoweit ist nach Ansicht des Gerichts jedenfalls dann, wenn es sich um derart kurze Reisen handelt, die gesamte und nicht lediglich die vier Stunden überschreitende Verspätung maßgeblich. Denn es handelt sich hierbei nicht mehr um die bloße Unannehmlichkeit des Wartens, mit der Reisende in Zeiten des Massentourismus rechnen müssen, sondern um eine fühlbare Verkürzung der vertraglich geschuldeten Reisezeit. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes hält das Gericht eine weitere Minderung von 3 % des Gesamtreisepreises für gerechtfertigt. Es ergibt sich danach ein weitere Minderungsbetrag von 118,32 DM, so dass insgesamt eine Minderung in Höhe von 134,75 DM eintrat.

11. Der Anspruch auf Zinsen ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 BGB.

12. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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