Mängel des Busses bei einer Rundreise

AG Hannover: Mängel des Busses bei einer Rundreise

Die Klägerin hatte bei der Beklagten einen Busrundreise mit Hin- und Rückflug gebucht. Dabei wurde sie durch verschiedene Umstände, insbesondere den Zustand des Busses und den Busfahrer, der wenig Deutsch sprach und nur begrenzte Ortskenntnisse hatte, gestört. Daher verlangt sie Minderung des Reisepreises und Ersatz der Flugkosten. Vorprozessual leistete die Beklagte eine teilweise Rückzahlung.

Das Gericht wies die Klage ab.

AG Hannover 511 C 8509/01 (Aktenzeichen)
AG Hannover: AG Hannover, Urt. vom 02.11.2001
Rechtsweg: AG Hannover, Urt. v. 02.11.2001, Az: 511 C 8509/01
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Amtsgericht Hannover

1. Urteil vom 02. November 2001

Aktenzeichen 511 C 8509/01

Leitsatz:

2. Bei einer Rundreise ist die Hauptleistungspflicht des Reiseunternehmens das Anfahren aller vereinbarten Orte. Fehlende Sprach- oder Sachkenntnisse des Reiseführers können, anders als bei einer Studienreise, nur einen geringfügigen Mangel begründen.

Zusammenfassung:

3. Die Klägerin hatte bei der Beklagten einen Busrundreise im Süden der USA mit Hin- und Rückflug gebucht und durchgeführt. Dabei wurde sie durch verschiedene Umstände, insbesondere den Zustand des Busses und den Busfahrer, der wenig Deutsch sprach und nur begrenzte Ortskenntnisse hatte, gestört. Daher verlangt sie Minderung des Reisepreises und Ersatz der Flugkosten. Vorprozessual leistete die Beklagte eine Rückzahlung von 20 % der Kosten der Rundreise.

Das Gericht wies die Klage ab. Ein über die Rückzahlung hinausgehender Minderungsanspruch bestehe nicht. Die Busreise sei zwar als mangelbehaftet zu bewerten, diese Mängel wögen aber nicht schwerer als die bereits geleistete Zahlung. Die fehlenden Sprach- und Sachkenntnisse des Reiseführers seien, da eine Rund- und keine Studienreise gebucht wurde, zwar Mängel, aber nicht besonders schwerwiegend. Dass der Bus schmutzig war und die Klimaanlage nicht immer funktionierte, wäre ebenfalls bereits abgegolten. Einige gerügte Umstände seien auch zu unpräzise formuliert gewesen, um einen Mangel genau festzustellen. Insbesondere der Zeitverlust durch Irrfahrten oder die Zeiten, in denen die Klimaanlage nicht funktionierte, und welche Temperaturen dies bedeutete, hätten genannt werden müssen. Dass auf den Bus zu Beginn der Reise für 90 Minuten gewartet werden musste, stelle lediglich eine hinzunehmende Unannehmlichkeit dar. Da die Reise als insgesamt erfolgreich zu bewerten war, sei eine Rückerstattung der Flugkosten ausgeschlossen.

Tenor

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 680,– abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

5. Die Parteien streiten um Minderung und Schadensersatzansprüche aus Reisevertrag.

6. Die Klägerin buchte bei der Beklagten eine Rundreise in die Vereinigten Staaten mit dem Namen „der klassische Süden“ mit anschließendem Hotelaufenthalt und den entsprechenden Flügen. Für die reine Busrundreise zahlte die Klägerin einen Betrag von DM 2.220,–, für den Hinflug DM 643,–, für den Rückflug DM 660,–.

7. Im Katalog der Beklagten hieß es unter „eingeschlossene Leistungen“ u.a.: „Fahrt im klimatisierten Reisebus, ausschließlich deutschsprechende Reiseleitung, (…), Stadtrundfahrten (…), Gepäckträgerservice für einen Koffer / Person“. Des weiteren hieß es „geschulte Reiseleiter sorgen dafür, dass sie sich um die Organisation nicht kümmern müssen.

8. Die Klägerin trägt vor, die Reise sei auf Grund eines schlechten Reiseleiters, Busfahrers und Busses so mangelhaft gewesen, dass sie die gesamten Kosten für die Busrundreise und die Flugkosten zurückfordern könne.

9. Im einzelnen bemängelt die Klägerin insbesondere folgendes: Der Bus sei am Abfahrtstag 1 1/2 Stunden zu spät gekommen. Am 3. Tag sei der Bus gegen einen alten, abgenutzten, zum Teil defekten und schmutzigen Bus ausgewechselt worden. Es habe im Bus, insbesondere im Bereich der verschmutzten Toiletten, gestunken, die Klimaanlage habe den Bus zum Teil überhitzt. Der Busfahrer sei orientierungslos gewesen und habe immer direkt hinter dem zweiten … Bus hinterherfahren müssen, um den Anschluss nicht zu verlieren. Dadurch sei die „Rund-um-Sicht“ der Reisenden eingeschränkt gewesen. Oft habe der Bus der Klägerin den Anschluss an den ersten Bus verloren und man sei durch die Gegend geirrt, zu spät zu Zielen gekommen und viele uninteressante Autobahnstrecken gefahren.

10. Der Reiseleiter des Busses sei – im Gegensatz zur Reiseleiterin des ersten …-Busses der Reise – unqualifiziert und desinteressiert gewesen. Er habe kaum deutsch und englisch gesprochen und habe kaum Kenntnisse über die Route sowie Land und Leute besessen. Erklärungen habe er kaum abgeben können, zum Teil seien diese unverständlich oder falsch gewesen. Beschwerden ihm gegenüber seien ständig erfolglos geäußert worden. Mehrere Versuche, unter den Nummern des örtlichen Reiseveranstalters oder der … jemanden zu erreichen, seien mißglückt. Erst bei der örtlichen Reiseleitung der Beklagten am Endpunkt der Busreise hätten die Beschwerden vorgebracht werden können.

11. Vorprozessual zahlte die Beklagte an die Klägerin auf Grund der nach Reiseende schriftlich vorgetragenen Bemängelungen DM 450,–. Mit Fristsetzung zum 12.01.2000 forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung des ihr seiner Ansicht nach noch zustehenden Restbetrages erfolglos auf.

12. Die Klägerin beantragt,

13. die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 3.073,– nebst 9,5% Zinsen hieraus ab dem 08.12.2000 zu zahlen.

14. Die Beklagte beantragt,

15. die Klage abzuweisen.

16. Die Beklagte trägt vor, dass die Klägerin ihrer Rügepflicht nicht nachgekommen sei. Die Mängel seien erstmals am Endpunkt der Rundreise gegenüber der dortigen örtlichen Reiseleiterin der Beklagten geäußert worden. Unter den angegebenen Service – Telefonnummern hätte die Klägerin während der Reise seine Beanstandungen vortragen können. Im übrigen seien die vorgetragenen Mängel – so überhaupt vorhanden – zum Teil bloße Unannehmlichkeiten oder nicht einlassungsfähig vorgetragen.

Entscheidungsgründe

17. Die Klage ist unbegründet. Durch die vorprozessuale Zahlung hat die Beklagte der Klägerin 20% des für die Busrundreise aufgewandten Reisepreises erstattet. Der Klägerin stehen darüber hinausgehende Minderungs- und Schadensersatzansprüche nach den §§ 651 d, 651 f BGB nicht zu.

18. Selbst wenn der Vortrag der Klägerin zu den Mängeln der Reise und ihre vergeblichen Versuche, diese während der Reise der Beklagten oder dem örtlichen Reiseveranstalter mitzuteilen, als gegeben unterstellt werden, hält das Gericht Minderungsansprüche von über 20% nicht für gerechtfertigt.

19. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin eine Rund- und keine Studienreise gebucht hat und nur einige geführte Stadtrundfahrten versprochen waren. Der Reiseleiter einer Rundreise muss in erster Linie die Fahrt zu den einzelnen Reisezielen organisieren und nicht – wie bei einer Studien- oder Bildungsreise – über wissenschaftsbezogene Qualifikationen und besonderes Fachwissen über das Reiseziel verfügen. Die Klägerin hat unstreitig alle versprochenen Reiseziele und Hotels erreicht – damit ist die Hauptreiseleistung erbracht worden. Sicherlich sind verständliche und deutsche Grundinformationen über Land und Leute, die wichtigsten Sehenswürdigkeiten und die Reiseroute auch vom Reiseleiter einer Busrundreise zu erwarten. Zweifelsohne stellt es auch einen Mangel dar, wenn der Reiseleiter bei den versprochenen Stadtführungen die englischen Erklärungen nicht übersetzen kann.

20. Aus den Beschreibungen der einzelnen Ereignisse, soweit diese überhaupt substantiiert vorgetragen wurden, wie z.B. Falschübersetzungen, Fehlinformationen, Desinteresse, läßt sich ein verständlicher Ärger der Reisenden herleiten, jedoch in der Zusammenschau mit den unten noch zu behandelnden Mängeln des Busses und der Reiseroute keine über 20% hinausgehende Beeinträchtigung der gesamten Reise. Zu berücksichtigen ist auch, dass sich die Klägerin – wenn auch nicht jederzeit – an die offensichtlich qualifizierte weitere Reiseleiterin des ersten Busses wenden konnte.

21. Die Bemängelungen betreffend den Bus, den Busfahrer und die Art des Transfers lassen in ihren zum Teil recht pauschalen Beschreibungen die Annahme einer insgesamt über die 20%ige Minderung hinausgehende Beeinträchtigung der Reise nicht zu.

22. Ein schmutziger Bus mit nicht ständig funktionierender Klimaanlage, die im Katalog versprochen worden war, und einige Irrfahrten sind damit jedenfalls abgegolten.

23. Eine einmalige 1 1/2-stündige Wartezeit zu Beginn der Reise stellt eine hinzunehmende Unannehmlichkeit, jedoch keinen minderungsrelevanten Reisemangel dar. Gleiches gilt für die durch den vorfahrenden Bus eingeschränkte Sicht. Der Blick aus den Seitenfenstern war ohne weiteres möglich. Im übrigen gibt es in Reisebussen grundsätzlich Plätze, auf denen man besser sieht, als auf anderen, weshalb bei Busrundreisen üblicherweise das „Rotationsprinzip“ praktiziert wird, wie auch bei der von der Klägerin gebuchten Reise, so dass alle Reisenden einmal in den Genuss von Plätzen mit optimalerer Sicht gelangen konnten.

24. Eine genauere Bewertung der Mängel kann auf Grund fehlender Angaben im Detail (z. B. wie oft waren die Reisenden wie lange welchen Temperaturen im Bus ausgesetzt? Wieviel Zeit ging insgesamt durch „Irrfahrten“ verloren?) nicht erfolgen. Keinesfalls erscheint die Busreise „völlig wertlos“. Da der Reisepreisminderungsbetrag nicht aus einer Addition der ansetzbaren Einzelquoten zu bilden ist, sondern sich aus der Gesamtschau der Beeinträchtigungen ergibt, erscheint der Ansatz einer Gesamtminderungsquote von 20% zum Ausgleich der beschriebenen und bewertbaren Reisebeeinträchtigungen angemessen.

25. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gem. § 651 f BGB ist bei einer 20%igen Beeinträchtigung der Busrundreise nicht gegeben, da eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise erst ab 50%iger Minderung angenommen werden kann. Aus diesem Grund besteht kein Anspruch auf Rückerstattung der Flugkosten. Die Flüge stellten einen von der Busrundreise als Pauschalreise unabhängigen Vertragsteil teil, der ordnungsgemäß erbracht wurde.

26. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

27. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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