Nichtbeförderungen wegen Nebels im Luftraum

AG Frankfurt: Nichtbeförderungen wegen Nebels im Luftraum

Flugreisende forderten eine Ausgleichszahlung für Nichtbeförderung, weil sie durch die Verspätung des Zubringers nach Paris den Anschlussflug nach Bogota nicht erreichten. Die Klage wurde abgewiesen, da eine Nichtbeförderung nur vorliegt, wenn sich der Fluggast rechtzeitig am Flugsteig einfindet.

AG Frankfurt 32 C 110/07 (Aktenzeichen)
AG Frankfurt: AG Frankfurt, Urt. vom 07.11.2007
Rechtsweg: AG Frankfurt, Urt. v. 07.11.2007, Az: 32 C 110/07
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Amtsgericht Frankfurt am Main

1. Urteil vom 7. November 2007

Aktenzeichen 32 C 110/07

Leitsatz:

2. Es liegt keine willentliche Nichtbeförderung vor, wenn sich der Fluggast nicht rechtzeitig zur Abfertigung eingefunden hat.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der beklagten Fluggesellschaft für sich und seine Partnerin eine Flugreise von Deutschland über Paris nach Bogota gebucht. Am 27. September 2006 startete der erste Flug wegen überfüllten Luftraumes und Nebels in Paris verspätet. Nach der Landung konnte er nicht wie vorgesehen am Flugsteig andocken, sodass die Passagiere, ein weiteres Mal verspätet, mit dem Bus zum Terminal beförderten wurden. Der Check-In für den Anschlussflug nach Bogota war da bereits vorbei. Die Kläger wurden mit dem gleichen Flug am Folgetag dorthin befördert.

Vor dem Amtsgericht Frankfurt verlangte der Kläger für sich und seine Mitreisende eine Ausgleichszahlung wegen Nichtbeförderung. Er behauptete, die Beklagte habe bei der Buchung auf das Problem der Karenzzeit und des Risikos der Zubringerverspätung hinweisen müssen.

Die Klage wurde abgewiesen, denn es lag keine willentliche Nichtbeförderung vor. Der Kläger und seine Partnerin waren nicht befördert worden, da sie nicht rechtzeitig zur Abfertigung für den Anschlussflug erschienen waren. Die Verspätung des Zubringers lag zudem unter 3 Stunden, sodass klägerseits kein Ausgleichsanspruch bestand.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

5. Die Parteien streiten um eine Entschädigungsleistung wegen einer Luftbeförderung aus der EG-VO 261/2004.

6. Der Kläger buchte für sich und die Mitreisende C. X1., die ihre Ansprüche aus dem Luftbeförderungsvertrag an diesen abgetreten hat, über das Buchungssystem der Beklagten eine Flugreise nach Bogota bei der Beklagten. Als Route war vorgesehen der Flug von X2. nach Paris mit … und sodann der Weiterflug mit … von Paris nach Bogota. Planmäßig sollte der Flug in X2. um 7.25 Uhr starten und in Paris um 8.45 Uhr landen. Der Weiterflug sollte um 10.35 Uhr starten. Am 27.09.2006 startete der Flug … erst um 8.35 Uhr, weil – wie in der Maschine den Passagieren gegenüber angegeben wurde – der Luftraum überfüllt und Nebel in Paris sei. Die Maschine landete in Paris um 9.43 Uhr.

7. Das Flugzeug konnte nicht an dem vorgesehenen Flugsteig andocken, von wo die Passagiere das Terminal zu Fuß hätten erreichen können. Die Passagiere wurden per Bus zum Terminal gebracht. Der Bus kam um 10:10 Uhr am Terminal an. Die Check-In-Zeit für den Flug nach Bogota war bei Erreichen des Schalters der Beklagten bereits verstrichen.

8. Hinsichtlich der Passagiere, die für den Weiterflug mit der Maschine … vorgesehen waren, hat die Beklagte keinerlei Bemühungen zum schnellen erreichen des Anschluss flugs unternommen. Der Flug … am 27.9.2006 war lediglich mit 71,3% ausgelastet.

9. Der Kläger und seine Lebensgefährtin wurden am Folgetag mit dem gleichen Flug … von Paris nach Bogota geflogen.

10. Der Kläger ist der Auffassung, es habe sich um eine Nichtbeförderung im Sinne von Art. 4 VO (EG) Nr. 261/2004 gehandelt, weswegen gemäß § 7 Abs. 1 lit. C der genannten VO ihm eine Ausgleichszahlung in Höhe von 600 € pro Person zustünde. Es handele sich um einen einheitlichen Flug von X2. nach Bogota, so dass das Check-In in X2. auch für den Weiterflug auf der Teilstrecke erfolge. Die Beklagte habe in X2. es unterlassen, dem Kläger für den Weiterflug in Paris die Boardkarte auszuhändigen.

11. Da das Buchungssystem der Beklagten die Buchung in der vorliegenden Form zugelassen habe, habe der Kläger davon ausgehen dürfen, dass der Flug auch so habe durchgeführt werden können. Anderenfalls biete die Beklagte ihre Passagieren eine Flugverbindung, an, ohne ihre Passagiere, auf das Problem der Karenzzeit hinzuweisen und auch darauf, dass sie sich im Falle einer Verspätung des Zubringerfluges und das Nichterreichen des Interkohtinentalfluges auf mangelndes Verschulden berufen werde. Sie weise ihre Passagiere ebenfalls nicht darauf hin, dass sie im Falle der Nichtbeförderung wegen Verspätung des eigenen Zubringerfluges freiwillig keine Entschädigung gemäß der Verordnung leisten werde.

12. Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.200 € nebst Zinsen in Hohe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2006 zu bezahlen.

13. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

14. Sie ist der Auffassung, es liege kein Fall für eine Entschädigung nach der EG-VO Nr. 261/2004 vor.

15. Ein Einchecken in X2. für den Flug von Paris nach Bogota sei nicht möglich.

16. Wegen des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

17. Die Klage ist unbegründet.

18. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung, der Ausgleichsentschädigung nach Art. 4 i. V. m. Art. 7 Abs. 1 buchst. c) in Höhe von insgesamt 1.200,- €.

19. Denn es handelt sich bei dem Nichterreichen des Fluges … nach Bogota bereits um keinen Fall der willentlichen Nichtbeförderung. Der Kläger und seine Lebensgefährtin haben den Flug einfach nicht erreicht, da das Check-In tatsächlich nicht mehr, möglich war. Dabei kann dahin stehen, ob das Check-In bereits in X2. hätte durchgeführt werden können oder bereits dort hätte eine Boardkarte ausgehändigt werden müssen. Auf ein Verschulden kommt es nicht an. Bereits aus dem Gesetzestext des Art. 4 der EG-VO Nr. 261/2004 ist ersichtlich, dass lediglich Fälle der Überbuchung gemeint sind. Auch in der Kommentierung (Führich, Reiserecht, 5. Aufl. 2005, Rz. 940 und 100) wird dies so verstanden. Es wäre sonst z. B. nicht verständlich, warum bei einem tatsächlichen Nichterreichen eines Fluges das Luftfahrtunternehmen versuchen soll, andere Passagiere zum freiwilligen Verzicht auf ihre Buchung zu bewegen, so wie es nach Art. 4 der EG-VO vorgesehen ist, Allein der Fall der Überbuchung ist also entschädigungspflichtig. Ein solcher liegt hier nicht vor. Ein Bestreiten mit Nichtwissen der entsprechenden Ausführungen der Beklagten reicht nicht aus und ist daher unerheblich. Der Kläger hätte angesichts des substantiierten Vertrags der Beklagten schon darlegen müssen, warum der von ihr vorgelegte Computerausdruck nicht der Wahrheit entspricht. Abgesehen davon wäre eine tatsächliche Überbuchung auch deshalb unerheblich, weil der Grund für die Nichtbeförderung nicht in einer etwaigen Überbuchung, sondern in dem nicht rechtzeitigen Erreichen des Check-In-Schalters lag.

20. Da die vorliegende Verspätung zudem sich im Rahmen der nicht ausgleichspflichtigen Verspätung (vgl. Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 a) der EG-VO 261/2004) gehalten hat, ist eine weitere Anspruchsgrundlage für die geforderte Entschädigungsleistung nicht ersichtlich.

21. Auf diese Rechtsansicht hätte das Gericht auch nicht erneut hinweisen müssen, da sie bereits Gegenstand der Erörterungen der Parteien und insbesondere in der mündlichen Verhandlung vom 13.6.2007 war.

22. Die Beklagte hätte auch auf das Problem der Karenzzeiten nicht hinweisen müssen. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass es zu Verspätungen kommen kann und dann Anschlussflüge nicht erreicht werden, wobei das jeweilige Risiko sich für jedermann, erkennbar, danach bemisst, wie dicht aufeinander gebucht wird. Dar über aber, dass die Beklagte nach einer gesetzlichen Vorschrift nicht gehalten ist, Entschädigungsleistungen zu zahlen, muss sie nicht aufklären.

23. Die Nebenentscheidungen ergehen nach §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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