Mitverschulden bei Verkehrsunfall wegen nicht erfolgter Absicherung der Unfallstelle

OLG Frankfurt: Mitverschulden bei Verkehrsunfall wegen nicht erfolgter Absicherung der Unfallstelle

Ein Pannenhelfer wurde bei einem Auffahrunfall verletzt und forderte Schmerzensgeld und Schadensersatz. Das Gericht stellte fest, dass den Kläger kein Mitverschulden traf, da das Aufstellen eines Warndreiecks nicht möglich gewesen war.

OLG Frankfurt 10 U 184/98 (Aktenzeichen)
OLG Frankfurt: OLG Frankfurt, Urt. vom 09.10.2001
Rechtsweg: OLG Frankfurt, Urt. v. 09.10.2001, Az: 10 U 184/98
BGH, Urt. v. 17.10.2000, Az: VI ZR 313/99
OLG Frankfurt, Urt. v. 30.09.1999, Az: 10 U 184/98
LG Frankfurt, Urt. v. 12.08.1998, Az: 12 O 44/98
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main

1. Urteil vom 9. Oktober 2001

Aktenzeichen 10 U 184/98

Leitsatz:

2. Vom Mitverschulden eines Unfallgeschädigten ist nicht auszugehen, wenn dieser eine üblicherweise erforderliche Absicherung einer Unfallstelle nicht vorgenommen hat, weil dies mit erheblicher Selbstgefährdung einhergegangen wäre.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger wollte einem anderen Autofahrer bei einer Panne auf der Autobahn helfen, indem er ihn abschleppt. Weder dieser noch er selbst stellten ein Warndreieck auf. Die Beklagten fuhren auf das Fahrzeug des Klägers auf, wobei dieser an der Hand und dem Oberkörper mit bleibenden Schäden verletzt wurde. Er forderte Schmerzensgeld und Schadensersatz für eine Haushaltshilfe.

In erster Instanz wurde der Klage vollumfänglich stattgegeben. Die Beklagten gingen zunächst in Berufung und dann in Revision mit Begehren, festzustellen, dass den Kläger ein Mitverschulden traf und die Kosten der Haushaltshilfe geringer angesetzt würden. Der Bundesgerichtshof verwies den Fall an das Berufungsgericht zurück.

Dieses stellte durch eine Besichtigung des Unfallortes fest, dass es aufgrund der Verkehrslage und fehlendem Standstreifen dem Kläger nicht zumutbar gewesen wäre, eine Strecke zu Fuß zurückzulegen, um ein Warndreieck aufzustellen. Hinsichtlich der Höhe der Erstattung der Kosten für eine Haushaltshilfe wurde der Betrag etwas gemindert, sodass der Kläger 30.000,- DM Schmerzensgeld und 14.433,71 DM für materielle Schäden erhielt.

Tenor:

4. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 12.8.1998 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Main unter Zurückweisung der Berufung im übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld von 30.000,00 DM sowie 14.433,71 DM an materiellem Schaden nebst 4 % Zinsen aus 14.433,71 DM seit dem 5.7.1998 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschwer der Beklagten: 33.333,33 DM. Beschwer des Klägers: 1.566,29 DM

Tatbestand:

5. Der Kläger macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich auf der Autobahn … auf der Strecke Stadt1-​Stadt2 am …1996 in Höhe des Autobahnkilometers 103,2 gegen 18.30 Uhr ereignet hat.

6. Die … ist in diesem Bereich vierspurig; die zwei linken Spuren führen in Richtung Stadt2, die zweite Spur von rechts zur … Richtung Stadt3 und die äußerste rechte Spur zur Gegenrichtung der … in Richtung Stadt4. Ein Standstreifen ist nicht vorhanden. In diesem Bereich blieb ein Z1 mit einem Kleintransporter liegen. Dieser schaltete die Warnblinkanlage ein, stellte jedoch nicht das Warndreieck auf. Er fragte vorbeifahrende Fahrzeugführer, ob sie bereit wären, sein Fahrzeug abzuschleppen. Auf diese Art und Weise sprach er auch den Kläger an, der zur Pannenhilfe bereit war und deshalb sein Fahrzeug zum Zweck des Abschleppens des Pannenfahrzeugs vor diesem zum Stehen brachte. Ob der Kläger zuvor hinter dem Pannenfahrzeug angehalten hatte, ist zwischen den Parteien im Streit. Auch der Kläger stellte kein Warndreieck auf.

7. Der Fahrer des Pannenfahrzeugs und der Kläger machten sich sodann daran, das Abschleppseil zwischen den Fahrzeugen zu befestigen. In diesem Augenblick kam auf der Fahrspur Richtung Stadt4 der Beklagte zu 1) mit seinem Auto1 herangefahren, wobei er eine Geschwindigkeit einhielt, die zwischen knapp 100 und etwa 115 km/h lag. Ein Ausweichen auf die linke Fahrspur war verkehrsbedingt nicht möglich. Der Beklagte zu 1) verlor die Beherrschung über sein Fahrzeug, geriet ins Schleudern und fuhr auf das Pannenfahrzeug auf.

8. Der Kläger erlitt durch den Unfall eine Rippenserienfraktur rechts und links, eine Lungenkontusion rechts mit Hämatopneumothorax, eine oberflächliche Leberruptur sowie eine Komplexverletzung der rechten Hand mit vollständigen Décollement D II, subtotaler Amputation D III – Mittelglied – und Décollement IV mit Grundphalanx- und Mittelphalanxfraktur.

9. Im Verlauf der operativen Behandlung erfolgte sodann eine Amputation des Endglieds D Il (Zeigefinger), des Endglieds D IV (Ringfinger) sowie eine Amputation des Mittel- und Endglieds D III (Mittelfingers). Die stationäre Behandlung dauerte bis zum 28.08.1996 an.

10. Als Dauerfolgen des Unfalls bestehen eine deutliche Gebrauchsminderung der rechten Hand, wobei der Kläger Rechtshänder ist. Ferner besteht ein inkompletter Faustschluß rechts, eine erhebliche Funktionseinschränkung in den Langfingergelenken, eine spärliche Stumpfdeckung D II, eine Minderung der Handspanne rechts, eine endgradige Einschränkung der Daumengelenksbeweglichkeit rechts, eine Muskelschwäche im rechten Arm, eine leichte restriktive Ventilationsstörung (Pleuraschwarte) rechts.

11. Der Rentenversicherungsträger hat eine MDE von 40 % anerkannt.

12. Zum Unfallzeitpunkt befand sich der Kläger in einem neuen Probearbeitsverhältnis im A-​Hotel als …, welches seitens des Arbeitgebers noch innerhalb der Probearbeitszeit wegen der Gebrauchseinschränkung der rechten Hand gekündigt worden ist.

13. Der Kläger ist von einer vollen Einstandspflicht der Beklagten ausgegangen und hat ein angemessenes Schmerzensgeld begehrt, das er sich in einer Gesamtgrößenordnung von 75.000,00 DM vorgestellt hat, worauf er einen vorgerichtlich gezahlten Vorschuß von 30.000,00 DM in Anrechnung gebracht hat. Ferner hat er Reparaturkosten für sein Fahrzeug gemäß Gutachten von 2.559,65 DM und Gutachterkosten von 409,40 DM verlangt. Darüber hinaus hat er die Erstattung von Abschlepp- und Standgeldkosten von 300,00 DM begehrt. Für die Besuche seiner Familienangehörigen während seines Krankenhausaufenthalts hat er pauschal 500,00 DM geltend gemacht sowie Telefonkosten von 100,00 DM. Ferner hat er die allgemeinen Kostenpauschale von 50,00 DM begehrt.

14. Im Hinblick auf die Gebrauchseinschränkung der rechten Hand hat er zudem einen Monatsbetrag von 731,59 DM beansprucht. Hierbei hat er die fiktive Tätigkeit einer Haushaltshilfe von 10 Stunden auf der Basis einer Bezahlung nach BAT VII zugrunde gelegt (vgl. hierzu die Berechnung Bl. 10 und 11 der Klageschrift). Der materielle Schaden hat sich damit auf 16.478,01 DM addiert.

15. Darüber hinaus hat der Kläger die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten begehrt.

16. Der Kläger ist der Auffassung gewesen, daß die Beklagten ihm vollen Schadensersatz schulden, er sich insbesondere kein Mitverschulden anrechnen lassen müsse. Bei der gegebenen Verkehrssituation hätte es unverantwortlichen Leichtsinn dargestellt, bei Fehlen einer Standspur auf der Autobahn entlang zu laufen, um ein Warndreieck aufzustellen. Wenn aber, dann hätte diese Verpflichtung jedenfalls nicht ihn als Pannenhelfer, sondern allenfalls den Fahrer den Pannenfahrzeugs getroffen.

17. Der Kläger hat beantragt,

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld aus Anlaß des Unfalls vom …1996 zu zahlen;

2.

die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn 16.478,01 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

3.

festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus Anlaß des Unfalls vom …1996 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger und sonstige Dritte übergegangen sind.

18. Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

19. Sie haben die Auffassung vertreten, mit den vorgerichtlich gezahlten 30.000,00 DM die Ansprüche des Klägers befriedigt zu haben. Er müsse sich nämlich ein überwiegendes Verschulden deshalb anrechnen lassen, weil er kein Warndreieck aufgestellt habe. Die Beklagten haben insoweit gemeint, daß diese Verpflichtung den Kläger auch als Pannenhelfer treffe. Darüber hinaus haben sie die Auffassung vertreten, daß er die Erstattung fiktiver Kosten einer Haushaltsführung dem Grunde nach nicht beanspruchen könne, weil er offensichtlich bislang ohne bezahlte Hilfe ausgekommen sei. Jedenfalls aber müsse im Hinblick auf die Einfachheit des Haushalts des Beklagten die Vergütung auf der Basis von BAT X berechnet werden. Die Kosten für die Verwandtenbesuche haben die Beklagten für überhöht gehalten.

20. Die Akten der Amtsanwaltschaft Frankfurt (Az: 1) hat das Landgericht beigezogen; sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

21. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung dieses Urteils (Bl. 9 8 ff. d. A.) verwiesen.

22. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihren in erster Instanz noch vollumfänglich gestellten Klagabweisungsantrag dem Grunde nach mit der Maßgabe einer Schadensverteilung von 1/3 zu 2/3 zugunsten des Klägers einschränken. Die Einwendungen zur Höhe werden im übrigen auch nur zum Teil aufrechterhalten.

23. Die Beklagten haben zunächst ihr erstinstanzliches Vorbringen weiterverfolgt, daß nämlich der Kläger, der mit seinem Fahrzeug zunächst hinter dem Pannenwagen – entgegen § 18 Abs. 8 StVO – gehalten habe, grundsätzlich verpflichtet gewesen sei, seinerseits die Unfallstelle durch Aufstellen eines Warndreiecks abzusichern. Dies sei ihm auch gefahrlos möglich gewesen, da der Seitenstreifen jenseits der Leitplanke begehbar gewesen sei. Mit der Verletzung der Absicherungspflicht – die vor allem zu beachten sei habe er gegen § 15 StVO verstoßen. In der Abwägung könne dem Beklagten zu 1) nur eine geringe Überschreitung der: zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h angelastet werden, so daß insgesamt der Kläger nur 2/3 seines Schadens verlangen könne.

24. In Bezug auf die Höhe haben sich die Beklagten gegen das erstinstanzliches Urteil nur insoweit gewendet, als dieses die Kosten einer Haushaltshilfe auf der Basis von BAT VII und nicht BAT X berechnet habe.

25. Mit Urteil vom 3.9.1999 hat der Senat die Berufung der Beklagten in vollem Umfang angenommen hat zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründung des Senatsurteils (Bl. 185 ff. d. A.) Bezug genommen.

26. Mit Urteil vom 17.10.2000 hat der Bundesgerichtshof der Revision der Beklagten stattgegeben und das Verfahren zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen. In der Begründung ist ausgeführt worden, der Kläger habe mit Rücksicht darauf, daß das Pannenfahrzeug wegen des nicht aufgestellten Warndreiecks unzureichend gesichert gewesen sei, nicht jegliche Sorgfalt i. S. des § 254 Abs. 1 BGB außeracht- lassen dürfen. Den Kläger habe zwar keine Rechtspflicht aus § 15 StVO zur Aufstellung eines Warndreiecks getroffen; § 254 Abs. 1 BGB verstehe jedoch unter dem Begriff des Mitverschuldens nicht die vorwerfbare Verletzung einer Dritten gegenüberbestehenden Rechtspflicht, sondern die Außerachtlassung derjenigen Sorgfalt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflege. Diesen Anforderungen hätte der Kläger genügt, wenn er, bevor er sich zwischen die beiden auf der Fahrbahn stehenden Fahrzeuge zur Befestigung des Abschleppseils begab, die vorgeschriebene Absicherung des Pannenfahrzeugs durch Aufstellung eines Warndreiecks entweder selbst nachgeholt oder seine Hilfeleistung von dessen Aufstellung durch den. Fahrer des liegengebliebenen Fahrzeugs oder einen Mitinsassen abhängig gemacht hätte.

27. Den Vorwurf eines Mitverschuldens wäre der Kläger nach Ansicht des Bundesgerichtshofs in diesem Zusammenhang allerdings dann nicht ausgesetzt, wenn die Nachholung der entsprechenden Absicherung wegen der an der Pannenstelle vorhandenen Gegebenheiten gefahrlos (nicht möglich oder in sonstiger Weise untunlich gewesen wäre. Dies lasse sich nicht allgemein, sondern nur nach dem Ausmaß der Selbstgefährdung im konkreten Fall beantworten.

28. Der Bundesgerichtshof hat ferner die Entscheidung des Senats insoweit beanstandet, als es um die Höhe der von den Kläger beanspruchten Kosten einer Haushaltshilfe geht. Insofern wird auf die Ausführungen in Entscheidungsgründen des Urteils des Bundesgerichtshofs (dort S. 12 ff.) verwiesen.

29. Die Beklagten beantragen weiterhin,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1.

sie als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger lediglich 30.667,00 DM mit der Maßgabe, daß bei der Berechnung des dem Kläger zustehenden Betrages nur eine Haushaltshilfe mit BAT X zugrunde gelegt werden soll, nebst 4 % Zinsen aus 10.985,34 DM zu zahlen;

2.

festzustellen, daß die sie als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus Anlaß des Unfalls vom …1996 zu 2/3 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind;

und im übrigen die Klage abzuweisen.

30. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

31. Er verteidigt weiterhin das angefochtene Senatsurteil.

32. Der Senat hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der Unfallstelle. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift vom 5.7.2001 (Bl. 87-​88 Band II d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

33. Beide Parteien haben sich mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter einverstanden erklärt.

34. Der Berufung der Beklagten bleibt im wesentlichen der Erfolg versagt.

35. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs über die Revision der Beklagten und der Zurückverweisung der Sache an den Senat ist nur noch über zwei Fragen zu entscheiden, nämlich darüber, ob und in welcher Höhe den Kläger ein Mitverschulden (§ 254 BGB) trifft, und in welcher Höhe die von ihm begehrten Kosten einer Haushaltshilfe angemessen sind.

I.

36. Als Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme durch Inaugenscheinnahme des Unfallorts ist davon auszugehen, daß den Kläger ein Mitverschulden im Sinne eines nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes anzunehmenden Verschuldens gegen sich selbst nicht trifft.

37. Die Autobahn ist in dem betreffenden Abschnitt ohne Standstreifen gebaut, der Unfallort befindet sich in einer leichten, dennoch für den nachfolgenden Verkehr nur eingeschränkt überschaubaren Kurve. Dies und der zum Unfallzeitpunkt (ca. 17.30 Uhr) herrschende starke Feierabendverkehr lassen es ohne weiteres als unzumutbar erscheinen, auf der Fahrbahn selbst eine angemessene Strecke zurückzugehen, um ein Warndreieck aufzustellen. Die Ortsbesichtigung hat ferner ergeben, daß das Gelände unmittelbar hinter der die Fahrbahn nach rechts begrenzenden Leitplanke sofort stark abfällt und mit dichtem Buschwerk bewachsen ist, so daß die Möglichkeit, jenseits der Leitplanke die erforderliche Strecke zum Aufstellen eines Warndreiecks zurückzulegen, ebenfalls entfällt.

38. Unter den gegebenen Bedingungen war es daher dem Kläger nicht zuzumuten, vor seiner Hilfeleistung seinerseits die erforderliche Absicherung der Unfallstelle nachzuholen, da dies ohne eine erheblich gesteigerte Selbstgefährdung nicht möglich gewesen wäre.

39. Soweit der Beklagtenvertreter in der letzten mündlichen Verhandlung die Ansicht geäußert hat, daß den Kläger ein Mitverschulden in dem von den Beklagten für richtig gehaltenen Umfang allein schon deshalb treffe, weil der Kläger überhaupt sich zur Hilfeleistung entschlossen habe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Insofern ist auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in dem Revisionsurteil unter II. 1 b (S. 7) zu verweisen, denen der Senat nichts hinzuzufügen hat.

40. Ein Mitverschulden des Klägers im Sinne des § 254 BGB und eine prozentuale Kürzung der von ihm geltend gemachten Ersatzansprüche kommt daher nach alledem nicht in Betracht.

II.

41. Hinsichtlich der Kosten für eine Haushaltshilfe vermag der Senat im Ergebnis allerdings nicht mehr der Auffassung des Klägers zu folgen, daß eine Berechnung auf der Grundlage von BAT VII stattzufinden habe.

42. In seiner Revisionsentscheidung hat der Bundesgerichtshof hierzu ausgeführt, daß weitere Feststellungen notwendig seien sowohl zum konkreten Zuschnitt des Haushalts des Klägers wie auch zu seiner Behauptung, daß es nach den Gegebenheiten des Arbeitsmarktes heute oft nicht möglich sei, auch nur eine ungelernte Reinigungskraft zu finden, die bereit wäre, für einen Stundenlohn entsprechend BAT X zu arbeiten.

43. Der Kläger hat jedoch im weiteren Verfahren diese Punkte nicht vertieft und insbesondere keinen substantiierten Vortrag beigebracht, aus dem sich für den einen oder anderen seitens des Bundesgerichtshofes angesprochenen Sachverhalt verwertbare und den Senat zu einer Beweiserhebung zwingende Anhaltspunkte ergäben. Solche sind auch dem Vortrag des Klägers vor Durchführung des Revisionsverfahrens nicht zu entnehmen. Soweit der Kläger in der Revision darauf verweist, daß nach Auskunft des Arbeitsamtes in Frankfurt am Main 15,00 DM bis 18,00 DM pro Stunde für eine Reinigungskraft zu zahlen sind, was bei einer monatlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden einen Verdienst von 2.483,00 DM bis 2.980,00 DM ergäbe, während eine Einstufung nach der Vergütungsgruppe X des BAT einen Verdienst von 2.727,15 DM erbringe, läßt sich diesem Vortrag nicht entnehmen, weshalb der Kläger angesichts dessen auf eine Einstufung nach BAT VII und einen Verdienst von 3.011,50 DM angewiesen ist, um eine Reinigungskraft beschäftigen zu können. Die nach BAT X zu zahlende Vergütung von 2.727,15 ergibt umgerechnet einen Stundenlohn von ca. 16,50 DM, liegt damit über der üblichen Vergütung von 15,00 DM pro Stunde, die nach den eigenen Erfahrungen des Senats für den hier fraglichen Zeitraum von 1996 bis 1998 im Umland von Stadt1 (der Kläger ist in Stadt5 ansässig) für ungelernte Reinigungskräfte im Haushalt bezahlt worden ist.

44. Unter Berücksichtigung dessen ist der im übrigen nicht angegriffenen Berechnung des Klägers der sich aus der Tabelle bei Schulz-​Borck/Hofmann (Schadenersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt, 5. Aufl.) ergebende Betrag von 618,33 DM pro Monat bei einem Einsatz der Hilfskraft von 10 Wochenstunden einzusetzen. Für die vom Kläger genannten Zeiten folgt daraus:

vom 26.8. – 31.8.1996 618,33 DM : 30 x 5 = 103,05 DM
vom 1.9.1996 – 31.1.1998 618,33 x 17 Monate = 10.511,61 DM
zusammen 10.614,66 DM
Hieraus ergibt sich unter Berücksichtigung

der Ausführungen in dem landgerichtlichen

Urteil die folgende Gesamtabrechnung:

restliches Schmerzensgeld 30,000,00 DM
Reparaturkosten 2.559,65 DM
Sachverständigenkosten 409,40 DM
Abschlepp-, Standkosten 300,00 DM
Telefon-, Fahrtkosten 500,00 DM
Haushaltshilfe 10.614,66 DM
Kostenpauschale 50,00 DM
zusammen 44.433,71 DM

45. Der sich ergebende Betrag von 44.433,71 DM steht dem Kläger ohne weitere Abzüge zu.

46. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO. Eine Kostenbeteiligung des Klägers konnte unterbleiben, nachdem seine Zuvielforderung geringfügig ist und auch keine besonderen Kosten verursacht hat.

47. Die Revision war nicht zuzulassen, denn der Senat weicht mit dieser Entscheidung in der rechtlichen Beurteilung des Mitverschuldens des Klägers nicht von den Grundsätzen ab, die sich aus der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs ergeben.

48. Die von dem Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung zur Grundlage seiner Zulassungsbitte gemachte Rechtsfrage ist vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung bereits eindeutig beantwortet worden.

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