Ausgleichsansprüche VO 261/2004 nur gegen Airline
LG Duisburg: Ausgleichsansprüche VO 261/2004 nur gegen Airline
Ein Fluggast nimmt die Beklagte, ein Reiseunternehmen, auf Ausgleichszahlung über eine Nichtbeförderung in Anspruch.
Das Gericht entschied die Klage abzuweisen.
Das Reiseunternehmen sei für die Nichtbeförderung nach der Fluggastverordnung nicht haftbar, sondern die ausführende Fluggesellschaft.
LG Duisburg | 12 S 67/06 (Aktenzeichen) |
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LG Duisburg: | LG Duisburg, Urt. vom 27.03. 2007 |
Rechtsweg: | LG Duisburg, Urt. v. 27.03. 2007, Az: 12 S 67/06 |
AG Duisburg, Urt. v. 03.05.2006, Az: 35 C 5083/05 | |
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Leitsatz:
2. Ausgleichsansprüche können gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen gerichtet sein, nicht aber gegen den Reiseveranstalter.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall erhebt der Kläger Anspruch auf eine Entschädigung gegenüber der Beklagten wegen einer Nichtbeförderung. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Reiseunternehmen, nicht um die auszuführende Fluggesellschaft.
Das Gericht entschied die Klage abzuweisen. Dem Kläger steht nach Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004 kein Ausgleichsanspruch zu. Ein Vertrag sei zwischen der ausführenden Fluggesellschaft und dem Kläger entstanden. Des Weiteren ist die Verordnung über die Beförderung nur auf Fluggesellschaften anwendbar, nicht jedoch auf Reiseunternehmen.
Tenor:
4. Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004
5. Ausgleichsansprüche gemäß Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004 sind ausschließlich gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen und nicht (auch) gegen den Reiseveranstalter (einer Pauschalreise) gerichtet.
6. Die Berufung wird zurückgewiesen.
7. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
8. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
9. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des AGs Duisburg.
11. unter Abänderung des am 03. Mai 2006 verkündeten Urteils des AGs Duisburg, AZ: 35 C 5083/05, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 676,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus gemäß §247 BGB seit 22.09.2005 sowie weitere 73,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus gemäß §247 BGB seit 22.09.2005 zu zahlen.
Entscheidungsgründe:
14. Die Berufung ist unbegründet.
15. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§546 ZPO) noch rechtfertigen die gemäß §529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§513 Abs. 1 ZPO).
16. Das AG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass dem Kläger kein Ausgleichsanspruch gemäß Art. 7 der VO (EG) Nr. 261/2004 zusteht. Es kann dahinstehen, ob die Verweisung auf einen anderen Flug mit abweichender Destination infolge Überbuchung einen Fall der Nichtbeförderung oder Annullierung im Sinne von Art. 4, 5 der Verordnung darstellt oder ob es sich hierbei, wie das AG angenommen hat, lediglich um eine „Störung im Flugverkehr“ handelt. Jedenfalls sind die hieraus ggf. folgenden Ansprüche gemäß Art. 7, 8 der Verordnung nicht gegen die Beklagte, sondern ausschließlich gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen gerichtet.
17. „Ausführendes Luftfahrtunternehmen“ ist nach der Legaldefinition des Art. 2 b) der Verordnung ein Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen – juristischen oder natürlichen – Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt. Vorliegend oblag die Durchführung des Fluges nicht der Beklagten, sondern der von dieser beauftragten Fluggesellschaft. Die Beklagte selbst – als Veranstalterin der vom Kläger gebuchten Pauschalreise – ist demgegenüber als „Reiseunternehmen“ im Sinne von Art. 2 d) der Verordnung anzusehen. Unmittelbare Ansprüche gegen Reiseunternehmen sieht die VO (EG) 261/2004 indessen nicht vor. Der Umstand, dass die Verordnung ausdrücklich zwischen „ausführenden Luftfahrtunternehmen“ und „Reiseunternehmen“ differenziert, macht deutlich, dass eine Zurechnung des Verhaltens des ausführenden Luftfahrtunternehmens zu dem Reiseunternehmen, in dessen Namen das erstere seine Leistungen erbringt, im Hinblick auf die Ansprüche aus den Art. 7 ff. der Verordnung nicht stattfindet.
18. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 3 Abs. 5 S. 2 der Verordnung, wo es heißt: „Erfüllt ein ausführendes Luftfahrtunternehmen, das in keiner Vertragsbeziehung mit dem Fluggast steht, Verpflichtungen im Rahmen dieser Verordnung, so wird davon ausgegangen, dass es im Namen der Person handelt, die in einer Vertragsbeziehung mit dem betreffenden Fluggast steht.“ Mit „Verpflichtungen im Rahmen dieser Verordnung“ können nach dem Sprachgebrauch und der Systematik der VO (EG) 261/2004 nur die von dem Luftfahrtunternehmen nach den Art. 7 ff. der Verordnung zu erbringenden Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen gemeint sein. Diese Leistungen sind dem Reiseunternehmen im Verhältnis zum Fluggast danach ebenso zuzurechnen wie die von dem Luftfahrtunternehmen gegenüber dem Reiseunternehmen und von diesem gegenüber dem Fluggast vertraglich geschuldete Beförderungsleistung. Die Tatsache, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen somit bei allen von ihm erbrachten – primären und sekundären – Leistungen als Erfüllungsgehilfe des Reiseunternehmens im Sinne von §278 S. 1 BGB anzusehen ist, eröffnet im Verhältnis der Parteien lediglich vertragliche Ansprüche auf Minderung und Schadensersatz nach nationalem Reisevertragsrecht, dem „Ausgleichszahlungen“ der in Art. 7 der VO (EG) 261/2004 bezeichneten Art indessen fremd sind. Sie führt jedoch nicht zu einer Erweiterung des Kreises der Personen, die gemäß den Art. 7 ff. der Verordnung gesetzlich zur Erbringung von Ausgleichs- (und Unterstützungs-) Leistungen verpflichtet sind. Insoweit stellt Art.3 Abs. 5 S. 1 unmissverständlich klar, dass die Verordnung (ausschließlich) für alle ausführenden Luftfahrtunternehmen gilt. Wollte man in Art.3 Abs. 5 S. 2 nichtsdestoweniger eine Regelung der Passivlegitimation erblicken, wäre diese in einer Weise versteckt und verklausuliert, die mit dem – auf einem klaren Aufbau und sprachlicher Präzision beruhenden – Regelungskonzept der Verordnung nicht zu vereinbaren wäre.
19. Schließlich lässt sich eine Haftung der Beklagten aus der VO (EG) 261/2004 auch nicht aus Ziffer 5 der Erwägungsgründe des Europäischen Parlaments und des Rates herleiten, wonach sich der Schutz nicht auf Fluggäste im Linienflugverkehr beschränken, sondern sich auch auf Fluggäste im Bedarfsflugverkehr, einschließlich Flügen im Rahmen von Pauschalreisen, erstrecken sollte. Diese Erwägung hebt nur die Differenzierung zwischen Linien- und Bedarfsflugverkehr auf, trifft aber ebenfalls keine Regelung zum Anspruchsverpflichteten.
20. Die Kostenentscheidung beruht auf §97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§708 Nr. 10, 711 ZPO.
21. Der Streitwert für die Berufung wird auf 676,75 € festgesetzt.
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