Lange Wartezeit bei Gepäckaufgabe
LG Frankfurt: Lange Wartezeit bei Gepäckaufgabe
Ein Flugreisender forderte für sich und mitreisende Person eine Ausgleichsleistung weil das Flugzeug wegen Verzögerungen bei der Gepäckkontrolle ohne sie gestartet war. Die Klage wurde abgewiesen, weil der Kläger nicht rechtzeitig am Flugstieg erschienen war.
LG Frankfurt | 24 S 258/11 (Aktenzeichen) |
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LG Frankfurt: | LG Frankfurt, Urt. vom 16.06.2012 |
Rechtsweg: | LG Frankfurt, Urt. v. 16.06.2012, Az: 24 S 258/11 |
AG Frankfurt, Urt. v. 25.11.2011, Az: 32 C 2202/11 | |
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Leitsatz:
2. Eine Nichtbeförderung liegt vor, wenn sich der Fluggast am Flugsteig eingefunden hat und ihm die Beförderung verweigert wird.
Zusammenfassung:
3. Ein Flugreisender forderte für sich und seine Begleiterin eine Ausgleichsleistung wegen einer vermeintlichen Nichtbeföderung. Ihr beider Flug nach Tripolis am 18. Dezember 2010 startete pünktlich um 11.15 Uhr, jedoch ohne sie, da sie bei der Gepäckkontrolle aufgehalten worden waren. Der Kläger behauptete, bereits 8 Uhr am Flughafen erschienen zu sein, sein Gepäck aber erst 14 Uhr habe aufgeben können.
Das Amtsgericht Frankfurt wies die Klage ab, woraufhin der Kläger vor dem Landgericht Berufung einlegte. Dieses stellte fest, dass der Kläger schon für eventuelle Ansprüche seiner Mitreisenden mangels Abtretung nicht aktivlegitimiert war. Ferner setze der Tatbestand der Nichtbeförderung voraus, dass sich der Fluggast rechtzeitig am Flugsteig einfinde. Da das nicht geschehen war, wurde die Berufung zurückgewiesen.
Tenor:
4. Die Berufung des Klägers gegen das am 25.11.11 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt a/M – Az. 32 C 2202/11 (18) – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen, soweit der Kläger einen Anspruch aus eigenem Recht geltend macht.
Gründe:
I.
5. Der Kläger verlangt für sich und seine Reisebegleiterin jeweils 400,- € Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung. Die Beklagte hatte beide mit dem Flug 18.12.10 um 11.15 Uhr nicht von Frankfurt am Main nach Tripolis befördert, obwohl sie im Besitz gültiger Tickets waren. Der Kläger behauptet, er und seine Begleiterin seien bereits um 8.00 Uhr am Flughafen erschienen, hätten wegen einer extrem langen Schlange ihr Gepäck aber erst gegen 14.00 Uhr aufgeben können.
6. Das Amtsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, durch etwaige Verzögerungen bei der Gepäckabgabe sei ihnen die Beförderung nicht verweigert worden.
7. Von der Wiedergabe der weiteren tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts und der Darstellung etwaiger Änderungen und Ergänzungen wird abgesehen (§§ 540 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO).
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen,
jeweils 400,- € an den Kläger und an Frau Dr. … nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins hieraus seit dem 1.1.2011 sowie 124,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins hieraus seit Rechtshängigkeit (29.9.11) zu zahlen.
die Berufung zurückzuweisen.
II.
10. Die zulässige, insbesondere fristgemäß eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
11. Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
12. In Höhe von 400,- € war die Klage schon deshalb abzuweisen, weil der Kläger nicht Inhaber des Ausgleichsanspruchs der Mitreisenden Dr. … ist. Abgetreten wurde ihm deren angebliche Forderung nicht.
13. Er ist auch nicht befugt, deren Forderung als gewillkürter Prozessstandschafter in eigenem Namen geltend zu machen und Zahlung an sie zu verlangen. Die Voraussetzungen hierfür (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, Rn. 42 ff vor § 50) fehlen. Ein berechtigtes Eigeninteresse des Klägers an der Prozessführung für seine Begleiterin ist nicht vorhanden. Eine Ermächtigung der Rechtsinhaberin liegt ebenfalls nicht vor. Mit dem Vortrag, er sei für den Anspruch der Mitreisenden aktivlegitimiert, er sei berechtigt, deren Forderung in eigenem Namen geltend zu machen, trägt er eine (unzutreffende) Rechtsauffassung vor, aber keine Tatsachen, die den Schluss auf eine wirklich erfolgte Ermächtigung zulassen. Es liegen keinerlei Umstände vor, die dies vermuten ließen.
14. Die Voraussetzungen für einen eigenen Anspruch des Klägers sind schon nach seinem eigenen Vorbringen nicht gegeben. Der Abflug (und die Ankunft) des Flugzeugs waren pünktlich. Der Flug wurde nicht annulliert. Eine Nichtbeförderung gem. Art. 2 j der Verordnung liegt nicht vor. Diese liegt nur dann vor, wenn Fluggästen die Beförderung verweigert wird, obwohl sie sich am Flugsteig eingefunden haben. Der Kläger war nicht am Flugsteig erschienen. Ihm wurde die Beförderung nicht verweigert. Die Fluggastrechteverordnung regelt standardisierte Fälle von Zeitverlust. Der vorliegende Sachverhalt gehört nicht zu den dort geregelten Fällen. Der Europäische Gerichtshof hat für alle in der Verordnung genannten Fälle als Rechtsfolge eine Ausgleichszahlung vorgesehen. Eine Ausdehnung der Fluggastrechteverordnung auf Fälle, in denen der Fluggast wegen verspäteter Abfertigung nicht am Fluggaststeig erscheint, hat er nicht vorgenommen. Diese wäre nicht sachgerecht, weil die Verordnung nur Ansprüche gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen regelt, die Abfertigung aber durch das vertragliche Luftfahrtunternehmen erfolgen kann, das mit ersterem nicht identisch sein muss. Aus Mängeln bei der Abfertigung können sich nur Ansprüche auf vertraglicher Ebene ergeben, die die Verordnung nicht regelt.
15. Damit entfällt auch ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten.
16. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, weil das Rechtsmittel erfolglos war.
17. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
18. Die Revision war teilweise zuzulassen, weil die Rechtssache hinsichtlich der Frage, ob die Fluggastrechteverordnung auf den vom Kläger erlittenen Zeitverlust anwendbar ist, grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. II ZPO).
19. Das betrifft aber nicht den Anspruch der Mitreisenden Frau Dr. … da die Voraussetzungen, unter denen eine Prozessstandschaft zulässig ist, in der Rechtsprechung geklärt sind.
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