Kosten für Flugneubuchung Im Rahmen von Reisevertragsübertragung als Pflichtverletzung aus dem Reisevertrag
Kosten für Flugneubuchung Im Rahmen von Reisevertragsübertragung als Pflichtverletzung aus dem Reisevertrag
Eine Frau wollte eine über einen Reiseveranstalter gebuchte Reise für zwei Personen auf andere Reisende umbuchen lassen. Die Reiseveranstalter informierten sie daraufhin, dass die Umbuchung der Flugtickets nicht möglich sei. Die Tickets seien nicht übertragbar und müssen neu gebucht werden, wodurch Mehrkosten von über 3.000,00€ anfielen. Die Frau klagte gegen den Reiseveranstalter und erhielt in zweiter Instanz recht.
LG München | 13 S 5113/15 (Aktenzeichen) |
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LG München: | LG München, Urt. vom 27.10.2015 |
Rechtsweg: | LG München, Urt. v. 27.10.2015, Az: 13 S 5113/15 |
AG München, Urt. v. 20.02.2015, Az: 281 C 9715/14 | |
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Leitsatz:
2. Der Reiseveranstalter kann nur die Kosten als Umbuchungskosten geltend machen, die bei der tatsächlichen Umbuchung anfallen. Mehrkosten für den Neukauf von Flugtickets fallen nicht darunter.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin buchte eine Reise, welche sie jedoch kurz vor Reiseantritt auf Dritte umbuchen wollte. Der Reiseveranstalter informierte sie, dass eine Umbuchung der Flugtickets nicht möglich sei und somit für die Umbuchung ein Neukauf der Flugtickets nötig würde. Dadurch würde eine Nachzahlung von 1.648,00€ pro Reisender anfallen.
Die Frau klagte auf Erstattung dieser Mehrkosten und bekam in zweiter Instanz recht. Der Reiseveranstalter kann nur die Mehrkosten verlangen, die für eine Umbuchung an sich anfallen, nicht die Kosten für eine komplette Neubuchung der Flugtickets.
Tenor:
4. Das Endurteil des Amtsgerichts München vom 20.02.2015, 281 C 9715/14, wird abgeändert:
Die Beklagte hat an die Klägerin € 2.099,50 nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Entscheidungsgründe:
5. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Endurteil des Amtsgerichts München wird Bezug genommen.
6. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin den Klageanspruch weiter, die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
7. Die zulässige Berufung erweist sich in der Sache als begründet.
8. Entgegen der Grundregel des § 651 i Abs. 2 S. 2 BGB kann hier der beklagte Reiseveranstalter die geltend gemachte Entschädigung nicht fordern.
9. Denn dieser Anspruch entfällt, wenn der Veranstalter den Rücktritt in einer den Vertrag gefährdenden Weise herbeigeführt hat (Palandt/Sprau BGB 74. Auflage, § 651 i RdNr. 2 m. w. N.).
10. Selbst wenn man dieser Auffassung nicht folgen sollte, bestünde ein Anspruch der Klägerin (bzw. des Zedenten) in Höhe des mit den geforderten Stornokosten verrechneten Reisepreises. Die Beklagte hat das Recht der Klägerin und des Zedenten aus § 651 b Abs. 1 S. 1 BGB verletzt. Die vertraglichen Aufwendungen in Form des Reisepreises wurden in Vertrauen auf den Erhalt der Leistung (hier auch durch den Dritten gemäß § 651 b Abs. 1 S. 1 BGB) gemacht. Insoweit können die Aufwendungen für den Erwerb der Reiseleistung gemäß § 284 BGB ersetzt verlangt werden.
11. Durch das Anfordern eines Betrages von zusätzlich € 1.648,00 je Reisenden für die Neubuchung eines Fluges im Rahmen der begehrten Vertragsübertragung hat die Beklagte in vertragsgefährdender Weise ihre Verpflichtungen aus dem Reisevertrag in Verbindung mit § 651 b BGB verletzt.
12. Der Reiseveranstalter kann
nur solche Mehrkosten verlangen, die erforderlich sind zur Übertragung der gebuchten Reise auf einen Ersatzreisenden. Das heißt, kausal sind nur Kosten der Übertragung selbst. Nicht verlangt werden können Kosten, die wegen des Ertragsmanagements der Luftfahrtunternehmen anfallen.
Derartige Preisgestaltungen dürfen jedenfalls nicht dazu führen, dass eine Übertragung auf den Ersatzreisenden nur durch einen unangemessenen hohen Preis für einen neuen Flugschein möglich ist (Führich, Reiserecht, 7. Auflage, § 6 RdNr. 14 m. w. N.).
13. Diese Fallgestaltung liegt hier indes vor. Jedenfalls nach ihren eigenen Angaben gegenüber den Reisenden hat die Beklagte einen Linienflug gebucht, der nicht auf eine andere Person übertragbar war. Durch die damit erforderlich gewordene kurzfristige Neubuchung nach dem Übertragungsbegehren sind hier Mehrkosten gefordert worden, die den ursprünglichen Reisepreis für Flug und Unterbringung überschreiten.
14. Dabei ergeben sich die geforderten Preisveränderungen nicht aus dem mit dem Eintritt des Dritten verbundenen objektiven Gegebenheiten, sondern aus der jeweiligen Vertragsgestaltung der Beklagten mit ihren Leistungsträgern. Die Mehrkostenerstattungspflicht des § 651 b Abs. 2 BGB ist aber an objektiven Kostenkriterien bzw. an der objektiv nachvollziehbaren Kausalität zwischen Vertragsübertragung und Mehrkosten zu orientieren. Sie stehen damit nicht im Zusammenhang mit der jeweiligen individuellen Vertragsgestaltung des Reiseveranstalters mit seinen Leistungsträgern, zumal nicht vorgetragen wird, dass eine andere Regelung der Rechtsbeziehungen mit dem Leistungserbringer aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich wäre.
15. Zudem handelt es sich beim Anspruch aus § 651 b Abs. 2 BGB um einen Aufwendungsersatzanspruch im Sinne von § 670 BGB. Danach erstreckt sich die Ersatzpflicht nur auf die erforderlichen Aufwendungen. Erfasst werden insoweit Aufwendungen, die nach dem verständigen Ermessen des Beauftragten zur Verfolgung des Vertragszwecks geeignet sind, notwendig erscheinen und in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung und der Geschäftsführung für den Auftraggeber stehen, wobei sich hier der Beauftragte an den Interessen des Auftraggebers zu orientieren hat. Fallen im Rahmen einer Vertragsübernahme allein für die Neubuchung der Beförderung deutlich höhere Kosten als der bisherige Gesamtreisepreis an, sind derartige Kosten nicht als erforderlich anzusehen.
16. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
17. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708, 713 ZPO.
18. Die Revision war sowohl zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als auch zur Fortbildung des Rechts zuzulassen.
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