Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude

LG Duisburg: Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude

Der Kläger buchte bei der Beklagten eine Urlaubsreise für drei Personen. Die Reise war jedoch mit Mängeln behaftet, daher begehrte der Kläger eine Minderung des Reisepreises sowie eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude.

Das Landgericht (kurz: LG) Duisburg entschied, dass ein solch erheblicher Reisemangel bereits ab einer Minderung in Höhe von 25% für eine Entschädigung entgangener Urlaubsfreude vorliegen kann.

Gericht 12 S 80/04 (Aktenzeichen)
LG Duisburg: LG Duisburg, Urt. vom 21.04.2005
Rechtsweg: LG Duisburg, Urt. v. 21.04.2005, Az: 12 S 80/04
AG Duisburg, Urt. v. 15.04.2004, Az: 33 C 5639/03
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Landgericht Duisburg

1. Urteil vom 21. April 2005

Aktenzeichen 12 S 80/04

Leitsatz:

2. Eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude bedarf einer erheblichen Beeinträchtigung, welche bereits ab einer Minderung von 25% des Reisepreises gegeben sein kann.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger buchte bei der Beklagten eine Urlaubsreise. Bei Ankunft in der gebuchten Unterkunft zeigten sich mehrere Reisemängel. So war keine Warmwasserversorgung gegeben, ebenso war die Wasseroberfläche des Swimmingpools mit Öllachen versehen.  Des Weiteren war eine abstrakte Gefährdung durch abgebrochene Kanten am Rande des Pools gegeben. Der Kläger zeigte dies täglich gegenüber der Reiseleitung an.

Die Beklagte bot daraufhin einen Umzug in eine nahegelegene Unterkunft an. Dies lehnte der Kläger jedoch mit Hinweis auf die familiäre Situation ab, da er mit seiner vierjährigen Tochter reiste. Der Kläger begehrte daher eine Teilrückzahlung des Reisepreises aufgrund einer Minderung des Reisepreises sowie eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreude.

Das LG Duisburg erkannte dem Kläger, aufgrund der vorgetragenen Mängel, ein Recht auf Minderung des Reisepreises in Höhe von 35% des Reisepreises für die Reisemängel zu. Sowie gestand dem Kläger, unter Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung, eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreunde. Damit stellte es auch fest, dass ein erheblicher Reisemangel für die Entschädigung für entgangene Urlaubsfreunden bereits ab einer Minderung von 25% in Betracht gezogen werden kann.

Tenor:

4. Auf die Berufung des Klägers wird das am 15.04.2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Duisburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.439 € sowie Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 623 € seit dem 17.06.2003, auf 816 € seit dem 11.06.2003 und auf 175 € für den Zeitraum vom 17.06.2003 bis 14.07.2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 57 % und der Beklagten zu 43 % auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

5. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 15.04.2004 (Bl. 61 ff. d. A.). Dem Kläger wurde einige Tage nach der Ankunft angeboten, in eine andere Anlage umzuziehen. Er hat behauptet, täglich bei der Reiseleitung Mängel angezeigt zu haben. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger das nach der Behauptung der Beklagten allen sich beschwerenden Reisegästen unterbreitete Umzugsangebot in eine andere Anlage ohne rechtfertigenden Grund ausgeschlagen habe. Da der Kläger die von ihm behaupteten Mängel der Warmwasserversorgung nicht in der gesetzlich dafür vorgesehenen Form bei der Reiseleitung der Beklagten vor Ort gerügt habe, sei er zum Abbruch der Reise nicht berechtigt gewesen. Die vom Kläger behaupteten Öllachen im Wasser des Swimmingpools und die abstrakten Gefährdungen durch abgebrochene Kanten am Rand des Pools seien seien ebenfalls von ihm nicht gegenüber der Reiseleitung in der dafür erforderlichen substanziierten Form gerügt worden.

6. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er macht geltend, dass das Amtsgericht über seine Behauptung, dass er ein Abhilfeverlangen vorgebracht habe, hätte Beweis erheben müssen. Er habe die Umzugsangebote der Beklagten in angeblich vier andere Hotels nicht ohne rechtfertigenden Grund ausgeschlagen. Es hätten die besonderen Umstände vor Urlaubsantritt berücksichtigt werden müssen. Außerdem sei mit Schriftsatz vom 23.03.2004 dargelegt worden, dass keines der angeblich angebotenen Hotels der gebuchten Kategorie entsprochen habe.

7. Der Kläger beantragt,

das am 15.04.2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Duisburg aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.536,45 € nebst 5 % Zinsen über dem Basisdiskontsatz auf 2.416 € seit dem 17.06.2003 und auf weitere 1.330,45 € seit dem 11.06.2003 abzüglich am 15.07.2003 gezahlter 175 € zu zahlen.

8. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

9. Zweitinstanzlich ist Folgendes unstreitig geworden: Dem Kläger wurde am 09.05.2003 als Ersatz nur das Hotel … zum Schlafen und zur Poolbenutzung angeboten. Zu den Mahlzeiten und für jedes einzelne Getränk hätten die Reisenden zurück in das ursprünglich gebuchte Hotel gehen müssen. Auf dem Wasser in dem Swimmingpool der Anlage befanden sich während des gesamten Aufenthalts große schwarze Öllachen und am gesamten Rand waren die Kanten abgebrochen oder eingerissen. Vom ersten Tag an gab es kein warmes Wasser. Die Renovierungsarbeiten fanden auch im Block 6 statt. Die geltend gemachten Reisemängel rügte der Kläger täglich bei der Reiseleitung.

Entscheidungsgründe:

10. Die Berufung ist zulässig und hat in der Sache teilweise Erfolg.

11. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte ist in Höhe von 1.439 € gegeben. Dem Kläger steht gemäß §§ 651 d Abs. 1, 638 Abs. 4 BGB ein Anspruch auf Minderung und Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 798 € (dies entspricht einer Minderung des Reisepreises von 2.280 € um 35 %) – ab vorzeitiger Abreise als fiktive Minderung – sowie ein Anspruch gemäß § 651 f Abs. 2 BGB in Höhe von 816 € zu. Dies sind insgesamt 1.614 €, wobei der Anspruch auf Minderung durch die vorgerichtliche Zahlung von 175 € in dieser Höhe erloschen ist.

12. Die von der Beklagten veranstaltete Reise war nach dem Vorbringen der Parteien teilweise mangelhaft im Sinne des § 651 c BGB.

13. Ein Mangel ist darin zu erblicken, dass sich auf dem Wasser des Swimmingpools große schwarze Öllachen befanden und am gesamten Rand die Kanten abgebrochen oder eingerissen waren. Dadurch war der Swimmingpool nicht zu benutzen. Dies rechtfertigt eine Minderung des Reisepreises um 10 %.

14. Des Weiteren stellt es einen Reisemangel dar, dass es kein warmes Wasser gab. Dafür ist eine Minderung um 5 % ausreichend und angemessen.

15. Die umfangreichen Bau- und Renovierungsarbeiten, die auch im Block 6 noch stattfanden, waren geeignet, den Urlaub des Klägers und seiner Familie zu beeinträchtigen. Dafür hält die Kammer eine Minderung des Reisepreise um 20 % für angemessen.

16. Diese Mängel hat der Kläger während seines Aufenthalts täglich bei der örtlichen Reiseleitung gemäß § 651 d Abs. 2 BGB angezeigt. Erstinstanzlich hat er mit Schriftsatz vom 23.02.2004 (Bl. 52 d. A.) behauptet, die fehlende Wasserversorgung, den Baulärm und den Schmutz täglich gegenüber der Reiseleitung gerügt zu haben. Nachdem die Beklagte dies nunmehr unstreitig gestellt hat, ist eine Beweisaufnahme entbehrlich geworden.

17. Ansprüche des Klägers scheitern auch nicht daran, dass dieser ein zumutbares Abhilfeangebot der Beklagten abgelehnt hat. Das Abhilfeangebot der Beklagten – Umzug in die Anlage … zum Schlafen und zur Poolbenutzung und wegen der Mahlzeiten und Getränke jeweils Rückkehr in die gebuchte Anlage – war für den Kläger und seine Familie aufgrund der dabei mit der vierjährigen Tochter zurück zu legenden Wege nicht zumutbar.

18. Bei der vorliegenden Minderung des Reisepreises um 35 % ist auch ein Anspruch gemäß § 651 f Abs. 2 BGB in Höhe von 816 € (jeweils 25 € für die erwachsenen Reisenden und ein Drittel von 25 € für das Kind für 14 Tage) gegeben. Die Kammer kann der früher herrschenden Meinung nicht mehr folgen, dass die einen Entschädigungsanspruch gemäß § 651 f Abs. 2 BGB begründende Beeinträchtigung erst bei einer begründeten Minderung des Reisepreises um 50 % anzunehmen ist. Nach dem Leitner-​Urteil des EuGH vom 12.02.2002 (NJW 2002, 1255) ist § 651 f Abs. 2 BGB unter Beachtung von Art. 5 Pauschalreiserichtlinie 90/314/EWG dahin richtlinienkonform auszulegen, dass bereits deutlich unter der 50% Grenze liegende Minderungen für die Bejahung einer Urlaubsbeeinträchtigung ausreichen.

19. Nicht anschließen kann sich die Kammer der Auffassung von Tonner/Lindner (NJW 2002, 1475), in jedem Fall einer schuldhaften Urlaubsbeeinträchtigung – also auch bei Urlaubsbeeinträchtigungen, die zu geringeren Minderungen als 25 % führen – sei Schadenersatz zuzusprechen. Diese Auffassung verlässt den Bereich der Gesetzesauslegung und führt mit der einer Streichung gleichkommenden Nichtbeachtung des Tatbestandsmerkmals „erheblich” zu einer Gesetzesänderung.

20. Die Kammer sieht nunmehr in ständiger Rechtsprechung die Erheblichkeitsgrenze bei einer Minderung von 25 % für die Gesamtreisezeit als erreicht an. Diese Grenze ist vorliegend überschritten, wobei bei der vorliegenden Gesamtminderung um 35 % eine Tagespauschale von 25 € für die Erwachsenen und von einem Drittel von 25 € für das Kind zugrunde gelegt wird.

21. Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug.

22. Ein Anspruch gemäß § 651 e Abs. 3 BGB scheitert an der nicht erfolgten Fristsetzung durch den Kläger. Gemäß § 651 e Abs. 2 BGB ist die Kündigung erst zulässig, wenn der Reiseveranstalter eine ihm vom Reisenden bestimmte angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhilfe zu leisen. Eine Fristsetzung war nicht entbehrlich, weil eine sofortige Kündigung durch ein besonderes Interesse des Klägers gerechtfertigt gewesen wäre. Der Kläger hat erst nach einer Woche konkludent die Kündigung erklärt. Das Verhalten der Beklagten vor Reiseantritt begründet kein besonderes Interesse des Klägers. Es hat sich nur um eine besondere Zusicherung gehandelt, die bei Nichteinhaltung den Kläger bei Einhaltung der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen zur Kündigung berechtigt hätte.

23. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.

24. Berufungsstreitwert: 3.546,45 €

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