Keine Annullierung bei Flugabbruch nach planmäßiger Zwischenlandung

AG Rüsselsheim: Keine Annullierung bei Flugabbruch nach planmäßiger Zwischenlandung

Die Flugreisenden forderten eine Ausgleichszahlung wegen des Abbruchs eines Fluges und der resultierenden Ankunftsverspätung von 37 Stunden. Die Klage wurde abgewiesen, da weder einer Annullierung noch eine Nichtbeförderung vorlag.

AG Rüsselsheim 3 C 1034/08 (Aktenzeichen)
AG Rüsselsheim: AG Rüsselsheim, Urt. vom 28.11.2008
Rechtsweg: AG Rüsselsheim, Urt. v. 28.11.2008, Az: 3 C 1034/08
Fragen & Antworten zum Thema
Verwandte Urteile
Weiterführende Hinweise und Links
Hilfe und Beratung bei Fragen

Amtsgericht Rüsselsheim

1. Urteil vom 28. November 2008

Aktenzeichen 3 C 1034/08

Leitsatz:

2. Der Abbruch einer Flugreise nach einem planmäßigen Zwischenstopp stellt weder eine Annullierung, noch eine Nichtbeförderung dar.

Zusammenfassung:

3. Die Kläger hatten eine Pauschalreise auf die Malediven mit inbegriffenen Flügen gebucht. Der Hinflug wurde nach der planmäßigen Zwischenlandung in den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht fortgesetzt und die Passagiere später mit einem anderen Flug weiterbefördert. Sie erreichten ihr Reiseziel mit einer 37-stündigen Verspätung. Hierfür begehrten sie eine Ausgleichszahlung gemäß Artikel 7 der Verordnung (EG) 261/2004.

Das Amtsgericht Rüsselsheim wies die Klage ab. Artikel 7 der Verordnung (EG) 261/2004 regelt die Ausgleichsansprüche bei Annullierung und Nichtbeförderung. Beides lag nicht vor, da der Flug pünktlich und mit den Klägern an Bord gestartet war und der Abbruch erst danach erfolgt war. Die vorliegende Fallkonstellation werde von der Verordnung nicht geregelt. Das Gericht wies aber daraufhin, dass dies nicht bedeute, es könne nicht dennoch ein anderweitig anspruchsbegründendes Ereignis vorliegen.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger als Gesamtschuldner zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

5. Die Kläger buchten bei der Beklagten eine Flugbeförderung von F. nach Gan Island (Malediven) für den 4.3.2008 unter der Flugnummer DE 2326. Das Flugzeug startete in F. und landete planmäßig in Ras Al Khaima (Vereinigte Arabische Emirate) zwischen. Ein Weiterflug erfolgte zunächst nicht. Die Kläger und die weiteren Passagiere wurden in ein Hotel verbracht, danach per Bus nach Dubai befördert und von dort mit dem Flug DE 3338 nach Male Hulule geflogen. Die Ankunft erfolgte mit einer Verzögerung von 32 Stunden gegenüber der Reiseplanung. Mit der Klage begehren die Kläger Ausgleichszahlungen nach Art. 7 Verordnung (EG) 261/2004.

6. Die Kläger beantragen,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.200 € sowie 181,64 € vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten, jeweils nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

7. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

8. Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

9. Die Klage war abzuweisen. Sie ist nicht begründet. Ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen nach Art. 7 VO (EG) 261/2004 ist nicht gegeben Ausgleichszahlungen schuldet die Fluggesellschaft bei Annullierung des Fluges oder Nichtbeförderung des Fluggastes. Im vorliegenden Fall ist der Flug mit einer geringfügigen Verspätung in F. gestartet und erst nach einer planmäßigen Zwischenlandung in den Vereinigten Arabischen Emiraten abgebrochen worden. Damit liegt weder eine Annullierung des Fluges noch eine Nichtbeförderung vor. Die vorliegende Fallgestaltung ist in der Verordnung nicht geregelt. Die Verordnung eröffnet Ansprüche für die gegen ihren Willen nicht beförderten Passagiere. Weder aus den einzelnen Artikeln, noch aus den Erwägungsgründen im Vorwort ist ersichtlich, dass auch eine abweichende Beförderung, nachdem bereits eine Teilstrecke zurückgelegt war, Ausgleichszahlungen auslösen soll. Eine Regelung, wie in Art. 8 Absatz 1 Buchstabe a) VO (EG) 261/2004 für zurückgelegte und nicht zurückgelegte Reiseabschnitte enthält die Verordnung einzig bei Verspätungsansprüchen (Art. 6 Abs. 1 lit. iii VO). Eine vergleichbare Bestimmung mit einer Aufspaltung der Flugstrecken hat der Verordnungsgeber im Zusammenhang mit einer Annullierung nicht getroffen.

10. Hieraus folgt nicht, dass die Passagiere diese Abfolge als entschädigungsloses Ereignis hinnehmen müssen. Denn die Verordnung schließt weitergehende Schadenersatzansprüche ausdrücklich nicht aus (Art. 12 VO). Diese sind jedoch vorliegend nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Auch Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter nach §§ 651a ff BGB sind denkbar, können jedoch im vorliegenden Rechtsstreit nicht entschieden werden.

11. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11 ZPO und § 711 ZPO.

Fragen zu diesem Urteil? Diskutiere in unserem Forum.

Fragen & Antworten zum Thema

Fragen & Antworten zum Thema: Keine Annullierung bei Flugabbruch nach planmäßiger Zwischenlandung

Verwandte Entscheidungen

EuGH, Urt. v. 05.10.16, Az: C-32/16
AG Rüsselsheim, Urt. v. 08.02.17, Az: 3 C 742/16 (36)
AG Essen, Urt. v. 12.01.95, Az: 21 C 598/94

Berichte und Besprechungen

Forum Fluggastrechte: Nichtbeförderung nach Zwischenstopp
Passagierrechte.org: Annullierung bei planmäßiger Zwischenlandung

Rechtsanwälte für Reiserecht

Hilfe bei rechtlichen Fragen: Rechtsanwälte für Reiserecht oder Rechtsanwälte für Fluggastrechte