Zuspätkommen zur Abfertigung
AG Offenbach: Zuspätkommen zur Abfertigung
Vorliegend buchte die Klägerin einen Rückflug bei einem Luftfahrtunternehmen, welche hier die Beklagte ist. Die Klägerin erschien zu spät am Abfertigungsschalter bevor sie die Flug antreten wollte, sodass sie nicht mehr befördert wurde. Die Klägerin verlangt nun von der Beklagten Ausgleichszahlungen, da es nicht ihr Verschulden sei, sondern das der Beklagten. Diese habe sie auf der ersten Teilstrecke mit 30-minütiger Verspätung befördert.
Das Amtsgericht Offenbach wies die Klage ab, da es nicht auf ein Verschulden ankommt und die Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch, durch das verspätete Erscheinen der Klägerin, somit nicht vorliegen.
AG Offenbach | 33 C 2/06 (Aktenzeichen) |
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AG Offenbach: | AG Offenbach, Urt. vom 06.01.2006 |
Rechtsweg: | AG Offenbach, Urt. v. 06.01.2006, Az: 33 C 2/06 |
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Leitsatz:
2. Wenn sich der Fluggast nicht spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einfindet, liegen die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch nach der VO nicht vor.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall buchte die Klägerin bei der Beklagten einen Rückflug, welcher zwei Teilstrecken beinhaltete. Die Beklagte, als ausführendes Luftfahrtunternehmen beförderte die Klägerin auf der ersten Teilstrecke mit einer 30 minütigen Verspätung. Sie kam dadurch nicht rechtzeitig zur Abfertigung an, sodass sie nicht befördert werden konnte.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten eine Ausgleichszahlungen. Des Weiteren läge ihrer Meinung nach eine Flugannullierung vor, da sie erst am nächsten Tag mit einem Ersatzflug befördert wurde. Das Amtsgericht Offenbach wies die Klage ab.
Für einen Anspruch auf Ausgleichszahlung müsste der Fluggast sich nach der VO, spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einfinden. Dies war hier nicht der Fall. Keine Rolle spielt es für diesen Anspruch, was der Grund für eine Verspätung ist und wen hieran ein Verschulden trifft. Außerdem konnte sich die Beklagte für die Flugannullierung exkulpieren, da ihr die Starterlaubnis aufgrund von schlechten Wetterverhältnissen untersagt war. Damit liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor, für diesen sie nicht zu haften braucht. Folglich besteht kein Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszahlung .
Tenor:
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Abwendungsbefugnis durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, sofern nicht die Beklagte vor einer Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
5. Die Klägerin wollte von D nach H und zurück fliegen. Sie buchte bei der Beklagten.
6. Nunmehr begehrt sie Ausgleich wegen a) Nichtbeförderung und b) Annullierung eines Fluges.
7. Hierzu trägt die Klägerin vor, zum Flug A – H sei sie nicht verspätet erschienen, sondern von der Beklagten entgegen ihren vertraglichen Verpflichtungen verspätet dorthin befördert worden (mit dem Flug D – A). Dass sie unter Umständen knapp vor der Abfertigung der Maschine angekommen sei, könne nicht zu ihren Lasten gehen. Es habe jedenfalls noch ausreichend Zeit bestanden, der Klägerin den Zutritt zur Maschine zu gewähren.
8. Hierfür begehrt die Klägerin Ausgleich in Höhe von Euro 600,00.
9. Weitere Euro 600,00 stehen der Klägerin ihrer Ansicht nach zu, weil der vorgesehene Rückflug annulliert, sie erst am nächsten Tag befördert wurde.
10. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Euro 1.200,00 nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.03.2005 zu zahlen.
11. Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
12. Sie macht geltend, die Klägerin sei in A zu spät zur check-in-deadline des Anschlussfluges erschienen, weshalb ihr der Zutritt verweigert wurde.
13. Der Rückflug sei wegen katastrophaler Witterungsverhältnisse in A nicht wie vorgesehen möglich gewesen.
14. Wegen aller weiterer Einzelheiten wird verwiesen auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze.
Entscheidungsgründe:
16. Warum sich der erste Flug von D nach A um ca. 30 Minuten verspätete, kann dahinstehen. Die Klägerin macht hieraus keine Rechte geltend.
17. Zahlung in Höhe von Euro 600,00 wegen Nichtbeförderung kann sie nicht verlangen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
18. Art. 4 Abs. 3 VO Nr. 261/2004 verpflichtet das Unternehmen zu Ausgleichszahlungen, wenn einem Fluggast gegen dessen Willen die Beförderung verweigert wird. Unter welchen Voraussetzungen von einer Nichtbeförderung auszugehen ist, wird in Art. 2 Buchst. j i. V. m. Art. 3 Abs. 2 VO geregelt. Dazu gehört u. a., dass sich der Fluggast spätestens 45 Minuten vor der veröffentlichten Abflugzeit zur Abfertigung einfindet. Dass sie so rechtzeitig da war, behauptet die Klägerin selbst nicht. Damit liegen die Voraussetzungen für eine Ausgleichszahlung nicht vor.
19. Allein dies ist aber der Streitgegenstand. Es kann daher dahinstehen, ob es der Beklagten wegen der Verzögerung beim ersten Flug anzulasten ist, dass die Klägerin nicht rechtzeitig zum Anschlussflug erschien; es kann dahinstehen, ob der Klägerin Zusagen wegen des Abholens gemacht und diese nicht eingehalten wurden; es kann selbst dahinstehen, ob der Klägerin noch Zutritt hätte gewährt werden können. All diese Sachverhalte, die die Klägerin vorträgt, sind möglicherweise geeignet, Schadenersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu begründen, aber solche sind gerade nicht Gegenstand des Rechtsstreits.
20. Streitgegenstand ist ausschließlich eine Ausgleichszahlung und deren Voraussetzungen liegen wegen des nicht rechtzeitigen Erscheinens der Klägerin nicht vor, denn Art. 4 Abs. 3, Art. 2 Buchst. j, Art. 3 Abs. 2 VO stellen nur darauf ab, ob der Fluggast sich 45 Minuten vorher einfindet oder nicht. Keine Rolle spielt es für diesen Anspruch, was der Grund für eine Verspätung ist und wen hieran ein Verschulden trifft.
21. Auch aus der Annullierung des Rückfluges kann die Klägerin keine Rechte herleiten. Richtig ist, dass die Beklagte haftet, wenn sie sich nicht exculpiert (Art. 5 Abs. 3 VO). Der Beweis hierfür ist der Beklagten aber gelungen. Sie erhielt in Hongkong keine Starterlaubnis wegen der Wetterverhältnisse in Amsterdam. Hierbei handelt es sich um außergewöhnliche Umstände i. S. d. Art. 5 Abs. 3 VO i. V. m. Nr. 14 der Erwägungen:“ mit der Durchführung des betreffenden Fluges nicht zu vereinbarenden Wetterbedingungen“. Diese Wetterbedingungen sind ausreichend belegt (Bl. 72 – 77, B1 – B4), und es ist auch nicht erkennbar, welche zumutbaren Maßnahmen die Beklagte hätte ergreifen sollen/können, um dennoch eine Starterlaubnis zu erhalten.
22. Dass der Flugbetrieb am Zielflughafen erst gänzlich zum Erliegen gekommen sein muss, um den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 3 VO zu eröffnen, ergibt sich aus der VO selbst nicht und ist auch sonst nicht zu verlangen.
23. Nebenentscheidungen: §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
24. Streitwert (§ 63 II 1GKG): Euro 1.200,00.
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