Preisminderung bei Hotelwechsel

AG Duisburg: Preisminderung bei Hotelwechsel

Eine Reisende buchte bei einem privaten Reiseveranstalter eine Pauschalreise. Weil sie am ersten Reisetag im falschen Hotel untergebracht wurde und bis zum zweiten Tag auf ihren Umzug warten musste, verlangt sie nun vom Reiseveranstalter Schadensersatz im Sinne von §651c BGB.

Das Amtsgericht Duisburg hat der Klage stattgegeben. In der Falschbuchung des Hotels sei eine reisevertragliche Schlechtleistung im Sinne von §651 BGB zu sehen.

AG Duisburg 73 C 4598/05 (Aktenzeichen)
AG Duisburg: AG Duisburg, Urt. vom 11.01.2006
Rechtsweg: AG Duisburg, Urt. v. 11.01.2006, Az: 73 C 4598/05
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Amtsgericht Duisburg

1. Urteil vom 11. Januar 2006

Aktenzeichen: 73 C 4598/05

Leitsatz:
2. Die Buchung des falschen Hotels begründet einen Reisemangel im Sinne von §651c BGB.

Zusammenfassung:
3. Eine Urlauberin buchte bei einem privaten Reiseveranstalter eine Pauschalreise. Im Urlaubsort angekommen musste sie feststellen, dass der Veranstalter sie in einem falschen Hotel untergebracht hatte. Im Anschluss an ihre Reklamation wurde die Klägerin erst am darauf folgenden Reisetag in das ursprünglich von ihr gebuchte Hotel umquartiert. Wegen der entstandenen Unannehmlichkeiten und der vertanen Urlaubszeit verlangt sie nun vom Veranstalter eine Schadensersatzzahlung im Sinne von §651 c BGB.
Der Veranstaltert weigert sich der Zahlung. Das fehlerhaft ausgewählte Hotel stehe dem gebuchten Hotel in nichts nach. Insoweit sei der Klägerin die Möglichkeit des Ausnutzens ihrer Urlaubszeit nicht genommen worden.
Das Amtsgericht Duisburg hat der Klägerin Recht zugesprochen. Gemäß § 651 c BGB liege eine schadensersatzbegründender Reisemangel vor, soweit der Reise zugesicherte Eigenschaften fehlen oder sie mit Mängeln behaftet sei, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder den nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.
Wäre die Urlauberin von vornherein im richtigen Hotel untergebracht worden, so hätte sie sich bereits am ersten Tag in ihrem Zimmer einrichten können und den Abend sowie den darauf folgenden Morgen entsprechend freien Aktivitäten nachgehen können.
Durch die falsche Zuweisung des Hotels und die Obliegenheit sich auf Abruf zum Umzug bereit zu halten sei der Klägerin dieses Urlaubsgefühl in den ersten beiden Tagen genommen worden. Hierin sei in Folge eine Schlechtleistung und somit ein Reisemangel im Sinne von §651 c BGB zu sehen.

Tenor:

4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 136,00 EUR zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung der anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

5. Die Kläger buchte für die Zeit vom 27.02.2005 bis zum 13.03.2005 für sich und die Mitreisende … eine Flugpauschalreise nach Kuba. Sie buchte eine einwöchige Rundreise und anschließend einen Hotelurlaub in der Anlage der gehobenen Mittelklasse Sol Coral Resort. Der Reisepreis für die Rundreise betrug bei Verpflegung mit Vollpension 945,– EUR, der für den Hotelaufenthalt mit all-inclusive Verpflegung 2.428,00 EUR. Weiter kamen 80,00 EUR Flugaufpreis hinzu.

6. Der Rückflug sollte am 13.03.2005 um 22:25 Uhr Ortszeit erfolgen. Tatsächlich erfolgte der Rückflug erst am 14.03.2005 um 4:30 Uhr. Die für 12:55 Uhr Ortszeit geplante Landung in Frankfurt erfolgte um 18:09 Uhr Ortszeit.

7. Die Klägerin wurde bei Ankunft am 28.02.2005 um 00:00 Uhr zunächst im falschen Hotel untergebracht. Ein Essen wurde der Klägerin am Anreiseabend im Hotel nicht angeboten. Am 01.03.2005 mussten die Klägerin und ihre Mitreisende tagsüber auf den Hotelwechsel warten. Erst gegen 18:00 Uhr konnten sie das richtige Hotel beziehen. Am Rundreiseprogramm nahmen sie an diesem Tag nicht teil.

8. Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht insgesamt die Erstattung von 1.930,67 EUR. Wegen der Zusammensetzung dieser Summe wird auf die Auflistung Seite 6 der Klageschrift vom 22.09.2005 Bezug genommen. Des weiteren verlangt sie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 123,48 EUR.

9. Die Klägerin beantragt die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.930,67 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.04.2005 sowie weitere 123,48 EUR zu zahlen.

10. Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.

11. Sie bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin zur Geltendmachung der Ansprüche der Mitreisenden ….

12. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

13. Die Klage ist in Höhe von 136,00 EUR begründet, im übrigen ist sie unbegründet.

14. Die Klägerin hat Anspruch auf Minderung in vorgenannter Höhe gegen die Beklagte.

15. Eine Minderung des Reisepreises tritt gemäß §§ 651d Abs. 1, 651c Abs. 1 BGB dann ein, wenn zugesicherte Eigenschaften fehlen oder die Reise mit Mängeln behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder den nach dem Vertrag vorausgesetzten Vertrag aufheben oder mindern. Dieses entspricht einem subjektiven Fehlerbegriff, der sich nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien richtet. Bei der Beurteilung kommt dem Reisekatalog des Reiseveranstalters eine besondere Bedeutung zu. Hierbei kommt es darauf an, wie ein verständiger potenzieller Durchschnittsreisender die Beschreibung im Reiseprospekt des Veranstalters verstehen durfte, wobei auch der Art der Reise, dem Preis und der Ortsüblichkeit Bedeutung zukommt (Staudinger/Eckert, BGB, Neubearb. 2001, § 651 c Rn. 10). Voraussetzung ist jedoch, dass der Mangel die Reise als solche in ihrem Nutzen als beeinträchtigt erscheinen lässt und es sich nicht um eine Unannehmlichkeit handelt, die im Zeitalter des Massentourismus entschädigungslos hinzunehmen ist (Palandt/Sprau, § 651 c, Rz. 2).

16. Danach lag zunächst ein Reisemangel in der Unterbringung der Klägerin im falschen Hotel und des dadurch bedingten Ausfalls des ersten Tages der gebuchten Rundreise einschließlich der gebuchten Vollpension. Die Klägerin hat diesen Umstand unstreitig gegenüber der Reiseleitung gerügt, § 651 d BGB.

17. Für den kompletten Ausfall des gebuchten Programms einschließlich der gebuchten Verpflegung am 28.02.2005 ist eine Minderung von 100 % des Reisepreises für diesen Tag anzusetzen. Es ergibt sich ein Minderungsbetrag von 123,64 EUR. Bei der Berechnung ist auszugehen von dem Gesamtreisepreis für die Klägerin. Maßgeblich für die Reisepreisminderung ist auch bei zusammengesetzten Reisen der Gesamtreisepreis und nicht der Teilpreis der mängelbehafteten Einzelleistung, da der Gesamtzweck der Reise betroffen ist (vgl. Tonner, Der Reisevertrag, § 651 d Rn. 3 m.w.N.). Der Gesamtreisepreis für die Klägerin beträgt 1.731,00 EUR, er setzt sich zusammen aus dem Grundpreis und dem Flugaufpreis in Höhe von 40,00 EUR.

18. Soweit die Klägerin auch Rechte für die Mitreisende D einklagt, war die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation abzuweisen. Denn bei Buchungen für namensverschiedene erwachsene Personen kommt je ein separater Reisevertrag mit jedem erwachsenen Reiseteilnehmer zustande. Bei Namensverschiedenheit des Anmeldenden und der übrigen Teilnehmer ist nämlich nach den Umständen davon auszugehen, dass der Anmeldende seine Erklärung bezüglich der anderen Reiseteilnehmer in Vertretung für diese abgibt und damit mehrere Reiseverträge vorliegen. Maßgebend ist der objektive Erklärungswert der Bekundungen des Anmeldenden für den Reiseveranstalter, der die inneren Bezüge zwischen den Personen regelmäßig nicht kennt. Bei Reiseverträgen ist dabei nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass derjenige, des es übernommen hat, andere, mit denen er nicht verwandt ist oder sonst in enger Beziehung steht, für eine Reise anzumelden in der Regel nicht den Willen hat, dies im eigenen Namen zu tun und damit erhebliche Ansprüche des Reiseveranstalters gegen sich zu begründen.

19. Ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises für den 27.02.2005 ist nicht erkennbar. Der Anreisetag dient der Anreise und nicht der Erholung, so dass keine Beeinträchtigung der Reise durch die Ankunft im falschen Hotel gegeben ist.

20. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 550,00 EUR für die Flugverspätung auf dem Rückflug. Eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Entschädigung ist nicht erkennbar. Nach Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11.02.2004 über die Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen stehen den Fluggästen Ausgleichszahlungen zu, wenn in weiteren Artikeln der Verordnung auf Art. 7 Bezug genommen wird. Die Verspätung ist in Art. 6 der Verordnung geregelt, der jedoch nicht auf Art. 7 Bezug nimmt. Nach Art. 6 stehen den Fluggästen im Falle der Verspätung Betreuungsleistungen nach Art. 9 der Verordnung zu, nicht aber Ausgleichszahlungen nach Art. 7. Im Falle der Verspätung von mindestens fünf Stunden hat der Fluggast gemäß Art. 8 Abs. 1 a) Anspruch auf vollständige Erstattung der Flugscheinkosten für nicht zurückgelegte Reiseabschnitte sowie für bereits zurückgelegte Reiseabschnitte, wenn der Flug im Hinblick auf den ursprünglichen Reiseplan des Fluggastes zwecklos geworden ist. Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor, denn die Klägerin hat den Reiseabschnitt, nämlich den Rückflug, zurückgelegt.

21. In der Abflugverspätung von 6 Stunden und 5 Minuten ist jedoch ein Reisemangel zu sehen. Zwar können gerade im Charterflugverkehr Verzögerungen auftreten, berechtigte Erwartungen eines verständigen Reisenden werden aber bei Verzögerungen um mehr als fünf Stunden auch bei Transatlantikflügen nicht mehr erfüllt. Das Gericht hält es dabei für angemessen, sich an der o.g. Verordnung zu orientieren, denn nach Ziff. 5 der Verordnung soll der mit der Verordnung bezweckte Schutz sich auch auf Fluggäste im Rahmen auch Pauschalreisen erstrecken. Art. 6 der Verordnung ist zu entnehmen, dass eine Verspätung von mindestens 5 Stunden als derart gravierend anzusehen ist, dass der Fluggast grds. nicht nur Anspruch auf die in Art. 9 genannten Betreuungsleistungen hat, sondern auf darüber hinausgehende Erstattungsansprüche. Die Grenze der bloßen Unannehmlichkeit dürfte danach jedenfalls bei einer Verspätung von mehr als 5 Stunden überschritten sein.

22. § 651 d II BGB steht der Berechtigung der Minderung nicht entgegen. Eine Mängelanzeige war entbehrlich. Dass sich am Flughafen überhaupt ein Reiseleiter der Beklagten befand, ist nicht erkennbar. Darüber hinaus war eine Anzeige zwecklos. Es ist nicht ersichtlich, dass der Rückflug bei einer entsprechenden Anzeige gegenüber der örtlichen Reiseleitung früher hätte stattfinden können.

23. Den Umfang der Minderung bemisst das Gericht mit 12,36 EUR. Das sind 10 % des auf einen Reisetag entfallenden Reisepreises. Bei der Bemessung schließt sich das Gericht der überwiegend vertretenen Auffassung an, nach der nach Ablauf der hinzunehmenden Verspätung für jede angefangene Stunde eine Minderung von jeweils 5 % des Tagespreises berechtigt ist (vgl. Tonner, a.a.O., Anh. nach § 651 c, Rn. 1 m.w.N.).

24. Kein Reisemangel liegt darin, dass die Klägerin nach Ankunft im Hotel um 0:00 Uhr kein Abendessen mehr bekam, denn ein Abendessen im Hotel am Anreisetag schuldete die Beklagte nicht. Die aus der Reisebestätigung ersichtliche Ankunftszeit ergibt, dass die geplante Ankunft im Hotel nach den üblichen Restaurantöffnungszeiten erfolgen sollte. Gemäß § 3 der Allgemeinen Reisebedingungen für Pauschalreisen ist dann ein Abendessen nicht geschuldet.

25. Soweit die Klägerin zusätzliche Verpflegungskosten am 28.02.2005 geltend macht, ergibt sich aus den vorgelegten Quittungen nicht, welche Beträge für Mahlzeiten angefallen sind. Nur für diese zusätzlichen Aufwendungen hätte die Klägerin grds. einen Anspruch auf Erstattung, da sie bei der gebuchten Vollpension nicht angefallen wären. Dies gilt jedoch nicht für etwaige Getränke, diese sind bei gebuchter Vollpension nicht inklusive.

26. Hinsichtlich der Telefonkosten ist der Vortrag der Klägerin unsubstantiiert. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Klägerin hätte darlegen müssen, wann sie mit wem zu welchem Preis telefoniert hat.

27. Die Klägerin hat überdies keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 651 f Abs. 2 BGB. Denn insoweit ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise erforderlich, die aufgrund der vorgenannten Umstände nicht vorliegt. Es kann dahinstehen, ob die Grenze der Erheblichkeit bei 50 % oder niedriger anzusetzen ist (vgl. Tonner aaO., § 651 f, Rz. 33 ff.), da der Minderungsanteil gemessen am Gesamtreisepreis bei nur 7,86 %, und damit jedenfalls unter der Erheblichkeitsgrenze im Sinne des § 651 f Abs. 2 BGB liegt.

28. Gleiches gilt für etwaige Schadensersatzansprüche der Mitreisende D, so dass es unerheblich ist, ob diese ihre Ansprüche wirksam an die Klägerin abgetreten hat.

29. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zinsen gemäß §§ 286, 288 BGB, denn die Beklagte war mit ihrer Zahlungspflicht nicht in Verzug. Sie hat der Klägerin mit vorgerichtlichem Schreiben vom 20.04.2005 unter Beifügung eines Verrechnungsschecks die Zahlung von 500,00 EUR angeboten.

30. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten gemäß § 280, 286 BGB, denn die Beklagte war zum Zeitpunkt der Beauftragung des Anwaltes noch nicht in Verzug.

31. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 II ZPO.

32. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

33. Streitwert: 1.930,67 EUR

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