Flugverweigerung wegen Beinvenenthrombose
LG Frankfurt: Flugverweigerung wegen Beinvenenthrombose
Die Kläger hatten bei der Beklagten einen Flug in der Business Class gebucht. Nachdem sie in die Economy Class umgebucht wurden, verweigerte der Flugkapitän die Beförderung des Klägers wegen einer Thrombose. Die Kläger verlangen Erstattung der entstandenen Mehrkosten.
Das Landgericht gab der Klage statt. Aus den dem Kapitän vorgelegten Attesten habe sich gerade keine generelle Fluguntauglichkeit des Klägers ergeben. Daher war die Verweigerung der Beförderung fehlerhaft.
LG Frankfurt | 2-24 O 117/16 (Aktenzeichen) |
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LG Frankfurt: | LG Frankfurt, Urt. vom 31.08.2017 |
Rechtsweg: | LG Frankfurt, Urt. v. 31.08.2017, Az: 2-24 O 117/16 |
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Leitsatz:
2. Eine fehlerhafte Beförderungsverweigerung des Kapitäns hat die Fluggesellschaft zu vertreten.
Zusammenfassung:
3. Die Kläger hatten bei der Beklagten einen Flug in der Business Class gebucht. Diese Klasse hatten sie wegen einer Beinvenenthrombose des Klägers und dem resultierenden ärztlichen Rat, nur mit Beinfreiheit zu fliegen, gebucht. Nachdem sie in die Economy Class umgebucht wurden, verweigerte der Flugkapitän die Beförderung des Klägers wegen der Thrombose. Die Kläger verlangen Erstattung der entstandenen Mehrkosten für einen Ersatzflug und für die nicht in Anspruch genommenen Tage im Hotel.
Das Landgericht gab der Klage statt. Aus den dem Kapitän vorgelegten Attesten habe sich gerade keine generelle Fluguntauglichkeit des Klägers ergeben. Den Beweis der Fluguntauglichkeit des Klägers habe die Beklagte nicht geführt. Daher war die Verweigerung der Beförderung fehlerhaft. Diese ermessensfehlerhafte Entscheidung habe sich die Beklagte zurechnen zu lassen. Zudem sei auch die Klägerin als mitreisende Ehefrau ersatzberechtigt.
Tenor:
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.163,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.3.2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 30 % und die Beklagte zu 70 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
5. Der Kläger buchte bei der … für sich und seine Ehefrau eine Reise auf die Seychellen in der Zeit vom 6.2.2016 bis 20.2.2016. Wegen der Buchungsunterlagen wird auf Bl. 13 und 89 d.A. verwiesen. Den Flug zum Urlaubsort buchte der Kläger bei der Beklagten. Er und seine Ehefrau wollten am 5.2.2016 von Frankfurt am Main auf die Seychellen und am 20.2.2016 zurück fliegen. Die Beförderung sollte in der Business-Class erfolgen. Wegen der Buchungsbestätigung wird auf Bl. 8 – 11 d.A. verwiesen.
6. Der Kläger buchte die Business-Class, weil er bereits zuvor an einer Beinvenenthrombose erkrankt war, weshalb ihm sein Arzt von Flugreisen in erheblich beengter Sitzhaltung abgeraten hatte. Der Kläger erhoffte sich in der Business-Class eine größere Beinfreiheit.
7. Am Abflugtag erklärten die Mitarbeiter der Beklagten am Flughafen, dass wegen eines Flugzeugwechsels für den Kläger keine Plätze in der Business-Class zur Verfügung stehen würden, sondern lediglich in der Premium Economy Class. Wegen seiner Vorerkrankung bestand der Kläger jedoch auf einer Beförderung in der Business-Class. Die Beklagte verlangte einen Nachweis einer Erkrankung. Der Kläger zeigte auf seinem Smartphone eine ärztliche Bescheinigung des Arzte … vor. Wegen des Wortlauts des Attestes wird auf Bl. 15 d.A. verwiesen.
8. Der hinzugezogene Flugkapitän entschied aufgrund des Inhalts des Attestes, dass der Kläger nicht mitfliegen könne. Daraufhin verließen der Kläger und seine Ehefrau das Flugzeug.
9. Der Kläger buchte für sich und seine Ehefrau Ersatzflüge bei einer anderen Fluggesellschaft und zahlten dafür 7.661,96 €. Er und seine Ehefrau flogen daraufhin am 8.2.2016 nach Mahe und flogen am 21.2.2016 zurück. Sie trafen deshalb erst 3 Tage später am Urlaubsort ein. Den weiteren Tag bis zum Rückflug verbrachten sie in der gebuchten Hotelanlage.
10. Mit der Klage fordert der Kläger die Kosten der Ersatzbeförderung in Höhe von 7.661,96 €, Ersatz der anteiligen Kosten für die ersten drei Tagen in Höhe von 5.032,29 €, die Kosten für den zusätzlichen Tag in Höhe von 1.677,43 € sowie eine Ausgleichsleistung von 1.200 € wegen Beförderungsverweigerung. Die Beklagte überwies auf das Kreditkartenkonto des Klägers am 18.2.2016 2.530,66 €.
11. Der Kläger hat die Klage in Höhe von 2.530,66 € und in Höhe von weiteren 1.677,23 € zurückgenommen.
12. Der Kläger behauptet, auch trotz seiner Vorerkrankung hätte er in der Business-Class wegen der größeren Beinfreiheit ohne gesundheitliche Beeinträchtigung befördert werden können. Auf dem beabsichtigten Flug habe er Thrombosestrümpfe getragen. Vor dem Abflug habe er eine Tablette des Präparats … eingenommen.
14. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 11.363,79 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.3.2016 zu zahlen.
17. Die Beklagte behauptet, der Flugkapitän habe, nachdem ihm das Attest des Arztes … zur Kenntnis gebracht worden sei, versucht, den Arzt zu erreichen, was nicht gelungen sei. Daraufhin habe der Kapitän eine Ärztin vom medizinischen Dienst hinzugezogen, die von einer Beförderung abgeraten habe. Auch eine ihm bekannte Notärztin habe von einer Beförderung abgeraten.
18. Aufgrund seiner Vorerkrankung an einer Beinvenenthrombose sei der Kläger generell nicht flugtauglich gewesen. Deswegen sei der Kläger zu Recht gebeten worden, das Flugzeug zu verlassen. Die Versagung der Beförderung sei nur gegenüber dem Kläger ausgesprochen worden. Die Ehefrau habe mitfliegen können.
19. Das Gericht hat durch Beschluss vom 20.10.2016 eine Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten angeordnet. Die Beklagte hat vor Ausführung der Beweisaufnahme ihr Beweismittel zurückgezogen.
20. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Gründe
21. Die Klage ist zum Teil begründet.
22. Der Kläger kann von der Beklagten die Zahlung von 10.163,79 € verlangen.
23. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung einer Ausgleichspauschale wegen Nichtbeförderung nach Art. 4 Abs. 3 i. V. m. Art. 7 Abs. 1 lit. c Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und Rates vom 11.02.2004 (im Folgenden: VO) in Höhe von 1.200,00 €.
24. Die Beklagte hat die Beförderung des Klägers hinsichtlich des streitgegenständlichen Fluges von Frankfurt am Main nach Mahé/Seychellen am 5.2.2016 unberechtigt verweigert. Die Beklagte hat den ihr obliegenden Beweis, dass vertretbare Gründe für die Nichtbeförderung des Klägers vorlagen, nicht geführt.
25. Eine Nichtbeförderung liegt gemäß Art. 2 lit. j VO in der Weigerung, Fluggäste zu befördern, die sich unter den in Art. 3 Abs. 2 VO genannten Bedingungen am Flugsteig eingefunden haben, sofern keine vertretbare Gründe für die Nichtbeförderung, z.B. im Zusammenhang mit der Gesundheit, gegeben sind.
26. Grundsätzlich kann auch die körperliche Verfassung eines Fluggastes, beispielsweise die ernsthafte Gefahr einer Thromboseerkrankung, zu einer Beförderungsverweigerung berechtigen (AG Bad Homburg, Urt. v. 29.10.2002, Az. 2 C 331/02 (19), 2 C 331/02, juris, Rn. 13). Hinsichtlich des Vorliegens einer solchen Gefahr besteht ein Ermessensspielraum des Luftkapitäns. Hierbei wird ihm insbesondere die Möglichkeit zugestanden, eine abstrakt-typisierende Betrachtungsweise anzustellen und solche Fluggäste von der Beförderung auszuschließen, die objektiv an einem Gebrechen leiden, das erhebliche Gesundheitsrisiken im Falle der Flugbeförderung mit sich zu bringen geeignet ist (vgl. AG Bad Homburg, Urt. v. 29.10.2002, Az. 2 C 331/02 (19), 2 C 331/02, juris, Rn. 13). Eine unberechtigte Beförderungsverweigerung ist nur dann gegeben, wenn dem Flugkapitän bei seiner Entscheidung ein Ermessensfehler vorgeworfen werden kann (AG Duisburg, Urt. v. 29.10.2009, Az. 49 C 3398/09, juris, Rn. 26). Die Beklagte wäre also dann berechtigt gewesen, dem Kläger die Beförderung zu verweigern, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte für dessen generelle Fluguntauglichkeit vorgelegen hätten; der Kläger also insbesondere auch dann nicht in der von ihm gebuchten Business Class hätte befördert werden können, wenn er Thrombosestrümpfe getragen und eine Tablette des Präparats … eingenommen hätte.
27. Dass der Luftkapitän das Vorliegen diesbezüglicher konkreter Anhaltspunkte annehmen durfte, sein Ermessen also fehlerfrei ausgeübt hat, hat die Beklagte nicht bewiesen.
28. Das vom Kläger vorgelegte ärztliche Attest bescheinigt eine generelle Fluguntauglichkeit desselben, insoweit entgegen der Ansicht der Beklagten, nicht explizit. Zwar wird dem Kläger in diesem „aus medizinischem Grund (…) dringend von Flugreisen in erheblich beengter Sitzhaltung abgeraten.“ Aus dem zweiten Absatz, wonach der Kläger bei der beabsichtigten Flugreise von seiner Frau begleitet werde, ergibt sich jedoch, dass der behandelnde Arzt den Kläger gerade nicht als generell fluguntauglich einstuft, sondern vielmehr von dessen grundsätzlicher Flugfähigkeit ausgeht.
29. Von der Fluguntauglichkeit des Klägers kann auch nicht auf anderer Grundlage ausgegangen werden. Vielmehr ist die Beklagte mit ihrer Behauptung beweisfällig geblieben, nachdem sie ihr Beweisangebot auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zurückgezogen hat. Nur durch ein solches Sachverständigengutachten hätte der Beweis der Fluguntauglichkeit des Klägers geführt werden können.
30. Dem Vortrag der Beklagten, aus der dem Kläger attestierten Vorerkrankung ergebe sich die sehr wahrscheinliche Gefahr, dass sich ein eventuell gewachsener Thrombus während des Fluges lösen und zu einer lebensgefährlichen Lungenembolie führen könnte (vgl. Bl. 35 d. A.), ist der Kläger unter näherer Ausführung der von seinem behandelnden Arzt vertretenen medizinischen Ansicht substantiiert entgegengetreten, sodass es diesbezüglich einer Beweiserhebung bedurft hätte.
31. Den erforderlichen Beweis ist die Beklagte durch die Ablehnung des Sachverständigengutachtens fällig geblieben. Der Kammer ist bewusst, dass eine Partei nicht bloß aufgrund eines unterbliebenen Beweisantritts durch Sachverständigenbeweis als beweisfällig angesehen werden darf, sondern vielmehr zu prüfen ist, ob der Beweis auf andere Weise geführt werden kann (vgl. zu diesem Erfordernis LG Essen, Urt. v. 18.3. 2013, Az. 20 O 140/12, juris, Rn. 56 unter Verweis auf BGH NJW 2007, 2122 [BGH 20.03.2007 – VI ZR 254/05]). Jedoch sind weder der bisherige Parteivortrag noch die übrigen Beweisangebote geeignet, den Beweis zu führen.
32. Insbesondere eine Vernehmung des Luftkapitäns hätte in der beweisgegenständlichen Frage keine nähere Aufklärung gebracht, mag der dieser auch in seiner Eigenschaft als Rettungsassistent über medizinisches Fachwissen verfügen. Denn der Flugkapitän hätte nur über seine eigene medizinische Einschätzung berichten können, die er aufgrund des vom Kläger vorgelegten Attests gewonnen hat. Diese Einschätzung beinhaltet aber keine Gewähr für die Richtigkeit. Denn die Richtigkeit dieser Ansicht weicht gerade von der Fachansicht des behandelnden Arztes Dr. … ab und wird von der Klägerseite bestritten. Insoweit stehen sich auf Kläger- und Beklagtenseite zwei unterschiedliche medizinische Einschätzungen gegenüber. Diese betreffen eine medizinische Fachfrage, deren Beantwortung das laienhafte medizinische Allgemeinwissen weit übersteigt und das Gericht sich nicht aus eigener Sachkunde der einen oder anderen Seite anschließen kann.
33. Aus demselben Grund wäre auch die Vernehmung der von dem Flugkapitän kontaktierten – von der Beklagten allerdings auch nicht als Beweis angebotenen – Ärztinnen ungeeignet gewesen, sodass ein diesbezüglicher Hinweis gemäß § 139 Abs. 1 S. 2 ZPO unterbleiben konnte.
34. Auch wenn dem Flugkapitän ein Ermessen bei der Beurteilung von Gefahren für die Durchführung eines Fluges zuzubilligen ist, gehen gleichwohl Fehleinschätzungen und Irrtümer zu Lasten der Beklagten. Es muss zumindest eine bestimmte Plausibilität für die Richtigkeit der Einschätzung bestehen. Diese hat sich aus dem vorgelegten Attest aber gerade nicht ergeben. Eine berechtigte Nichtbeförderung läge nur dann vor, wenn sich die Einschätzung des Flugkapitäns im Nachhinein als richtig herausstellt. Dazu hätte es aber der vom Gericht beabsichtigten Beweisaufnahme bedurft.
35. Auch hinsichtlich der Ehefrau des Klägers liegt eine unberechtigte Beförderungsverweigerung vor. Zwar ist insoweit offen geblieben, ob die an beide Eheleute gerichtete Aufforderung des Flugkapitäns, das Flugzeug zu verlassen, als Beförderungsverweigerung auch hinsichtlich der Ehefrau zu verstehen war – so der Vortrag des Klägers – oder ob diese Aufforderung erst erging, nachdem die Ehefrau bekundet hatte, ebenfalls nicht mitfliegen zu wollen – so der Vortrag der Beklagten. Dies kann jedoch dahinstehen, da in jedem Fall eine Beförderungsverweigerung gegenüber der Ehefrau des Klägers gegeben ist. Die Beförderungsverweigerung des Ehepartners stellt zumindest dann zugleich eine Beförderungsverweigerung gegenüber dem mitreisenden Ehepartner dar, wenn sich die Ehepartner auf einem reinen Urlaubsflug befinden und den Flug gemeinsam gebucht haben. Für den verbliebenen Ehepartner ist die Reise in einem solchen Fall entwertet. Sinn und Zweck eines solchen Urlaubs ist es für gewöhnlich gerade, gemeinsame Zeit jenseits des Alltags- und Berufslebens zu verbringen (vgl. für die Beförderungsverweigerung gegenüber einem minderjährigen Kind LG Frankfurt a.M., Urt. v. 9.4.2015, Az. 2-24 S 53/14, juris, Rn. 28, m. w. N.).
36. Das Handeln des Luftkapitäns muss sich die Beklagte als eigenes Handeln zurechnen lassen. Der Luftkapitän nimmt insoweit die ihm als Vertreter der Fluggesellschaft zustehenden privatrechtlichen Weisungsbefugnisse wahr (vgl. AG Duisburg, Urt. v. 29.10.2009, Az. 49 C 3398/09, juris, Rn. 26).
37. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs beläuft sich gemäß Art. 7 Abs. 1 S. 1 lit c) auf insgesamt 1.200 €.
38. Der Kläger hat weiterhin einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung für die Ersatztickets in Höhe von 5.131,30 Euro gemäß §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB.
39. Zwischen den Parteien besteht ein Schuldverhältnis in Form eines Beförderungsvertrages. Indem die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau die Beförderung verweigerte, hat sie ihre aus dem Schuldverhältnis resultierende Leistungspflicht verletzt. Das Verschulden der Beklagten wird gemäß § 280 Abs. 1 S. 1 BGB vermutet. Es ist nach dem voranstehend Gesagten vorliegend auch gegeben. Die Beklagte muss sich das Verschulden des Flugkapitäns gemäß § 278 BGB als eigenes Verschulden zurechnen lassen.
40. Dem Kläger ist hierdurch zunächst ein Schaden von 7.661,96 Euro für die Ersatztickets entstanden. Der Kläger hat sowohl die Schadensentstehung als auch die Schadenshöhe durch die Kreditkartenabrechnung vom 6.3.2016 in Verbindung mit dem Reiseplan vom 8.2.2016 und den Bordkarten belegt. Die Kreditkartenabrechnung weist eine vom 6.2.2016 datierende Buchung zweier Flugtickets von Frankfurt am Main nach Mahé/Seychellen und Retour zu je 3.810,98 Euro zuzüglich 40,00 Euro Servicegebühr auf, was den ursprünglich als Schaden geltend gemachten 7.661,98 Euro entspricht (vgl. Bl. 82. d. A.). Als Fluggäste sind der Kläger und seine Ehefrau namentlich aufgeführt. Die ebenfalls aufgeführten Flugscheinnummern stimmen mit jenen überein, die sich auf dem Reiseplan vom 8.2.2016 und den Bordkarten finden (vgl. Bl. 88-91 d. A. sowie Bl. 86, 87 d. A.). Ebendiese Bordkarten belegen zudem, dass der Kläger und seine Frau tatsächlich die gebuchten Flüge angetreten haben. Dass es sich hierbei auch um Ersatzflüge infolge der von der Beklagten verweigerten Beförderung handelt, ergibt sich aus dem Buchungsdatum – sie wurden am 6.2.2016, mithin einen Tag nach der Beförderungsverweigerung gebucht – sowie dem Flugziel.
41. In Höhe von 2.530,66 Euro war der Anspruch gemäß § 362 BGB schon vor Klageerhebung erfüllt. Folgerichtig hat der Kläger in Höhe dieses Betrages die Klage zurückgenommen.
42. Der Kläger hat zudem einen Anspruch auf Schadensersatz neben der Leistung in Höhe von 3.832,29 Euro wegen nutzlos aufgewandter Übernachtungskosten aus § 280 Abs. 1 BGB.
43. Ein Schuldverhältnis und eine der Beklagten zurechenbare Pflichtverletzung liegen vor.
44. Dem Kläger ist für die ersten drei Nächte ein Schaden von insgesamt 5.032,29 Euro entstanden. Diesbezüglich war der Vortrag des Klägers der Entscheidung gem. § 138 Abs. 3 ZPO allein zugrunde zu legen. Der Kläger hat zum Anfall der Kosten umfangreich vorgetragen. Wie sich aus dem Reiseplan und den Bordkarten ergibt, sind der Kläger und seine Ehefrau erst am 9.2.2016 am Urlaubsort angekommen. Damit konnte das gebuchte Hotelzimmer vom 6.2.-8.2.2016 nicht genutzt werden. Ausweislich der vom Kläger vorgelegten Buchungsbestätigung/Rechnung war eine Stornierung vom 21.1.2016-6.2.2016 nur gegen den vollen Preis möglich (vgl. Bl. 13 d. A.). Bei dieser Sachlage genügt das einfache Bestreiten des Kostenfalls durch die Beklagte nicht, sodass der Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden zu werten ist. Die Beklagte hat nämlich keine Umstände vorgetragen, nach denen es entgegen der vertraglichen Vereinbarung zu einer Rückzahlung des Betrags für drei Tage gekommen sein soll. Dies gilt umso mehr, als sich der Hotelbetreiber dem Kläger gegenüber bereits entgegenkommend gezeigt hat und eine zusätzliche Nacht, die der Kläger aufgrund der neuen Rückflugzeiten hinzubuchen musste, aus Kulanzgründen nicht in Rechnung gestellt hat. Es ist nicht ersichtlich, weshalb das Hotel, dem selbst kein Fehler unterlaufen ist, über die letzte Nacht hinaus noch weitere Zugeständnisse gemacht haben soll, zumal auch nichts – was die Beklagte auch nicht aufgezeigt hat – dafür spricht, dass das Zimmer für diese drei Tage kurzfristig noch hätte gewinnbringend vermietet werden können, bevor es dann von dem Kläger und seiner Ehefrau bezogen wurde.
45. Der Kläger hat auch nicht seine Schadensminderungspflicht gemäß § 254 BGB verletzt.
46. Insbesondere war es dem Kläger nicht möglich, einen früheren Ersatzflug zu buchen, um die nutzlos aufgewendeten Übernachtungskosten geringer zu halten. Den Eheleuten stand ihr Fluggepäck nämlich erst am 7.2.2016 wieder zur Verfügung. Der Kläger hat insofern plausibel dargelegt, wie er zunächst an der Gepäckausgabe auf die Koffer wartete, mit dem Dutymanager Rücksprache hielt und das Gepäck schließlich am 7.2.2016 zuhause in Empfang nahm. Die Beklagte ist diesem Vortrag nicht substantiiert entgegen getreten. Der bloße Verweis auf die Sicherheitsvorschriften, die den Transport von unbegleitetem Gepäck verbieten, ist angesichts der Ausführungen des Klägers nicht ausreichend.
47. Auf den Schadensersatzanspruch von 5.032,29 Euro sind die gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 2 VO angefallenen Ausgleichszahlungsansprüche in Höhe von 1.200 Euro zu verrechnen. Sinn des Art. 12 Abs. 1 S. 2 VO ist es, Überkompensationen des Fluggastes aus der Nichtbeförderung zu verhindern (vgl. LG Bonn, Urt. v. 26.09.2013, Az. 8 S 156/13, juris, Rn. 28 m. w. N.). Da die Übernachtungskosten sowieso angefallen wären, stünde der Kläger ohne Anrechnung der Ausgleichszahlungsansprüche auf den Ersatz für die unnütz aufgewendeten Übernachtungskosten materiell besser als ohne das schädigende Ereignis.
48. Mit Blick auf die vom Kläger ursprünglich ebenfalls als Schaden geltend gemachten Übernachtungskosten für die Nacht vom 20.2. auf den 21.2.2016 in Höhe von 1.677,23 Euro wurde die Klage in der mündlichen Verhandlung vom 18.7.2017 wirksam zurückgenommen. Durch den vorbehaltslos in der mündlichen Verhandlung am 18.7.2017 gestellten Klageabweisungsantrag hat die Beklagte die gemäß § 269 Abs. 1 ZPO erforderliche Einwilligung konkludent erteilt.
49. Der Kläger hat schließlich einen Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.3.2016 gemäß § 288 Abs. 1 BGB.
50. Mit dem Schreiben vom 18.3.2016 hat der Kläger die Beklagte durch eine befristete Mahnung in Verzug gesetzt.
51. Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, hat er die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 269 Abs. 3 S. 2 ZPO). Die übrigen Kosten des Rechtsstreits sind im Verhältnis des jeweiligen Obsiegens zu verteilen (§ 92 Abs. 1 ZPO). Die einheitliche Kostenentscheidung führt zu einem Verhältnis von 30 % zu 70 % zu Lasten der Beklagten.
52. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
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