Flugverspätung auf die Seychellen

AG Frankfurt: Flugverspätung auf die Seychellen

Reisende buchten bei einer Fluggesellschaft einen Flug. Dieser startete jedoch mit großer Verspätung. Daher forderten die Kläger von der Fluggesellschaft das Zahlen einer Ausgleichsleistung. Die Fluggesellschaft lehnte dies jedoch ab.

Daher klagten die Reisenden vor dem Amtsgericht (kurz: AG) Frankfurt auf das Zahlen der Ausgleichsleistung. Das AG Frankfurt gab den Reisenden recht und sprach ihnen die Ausgleichsleistung zu.

AG Frankfurt 30 C 222/12 (47) (Aktenzeichen)
AG Frankfurt: AG Frankfurt, Urt. vom 18.05.2012
Rechtsweg: AG Frankfurt, Urt. v. 18.05.2012, Az: 30 C 222/12 (47)
Fragen & Antworten zum Thema
Verwandte Urteile
Weiterführende Hinweise und Links
Hilfe und Beratung bei Fragen

Amtsgericht Frankfurt

1. Urteil vom 18. Mai 2012

Aktenzeichen 30 C 222/12 (47)

Leitsätze:

2.Für eine große Verspätung bei einem von der EU ausgehenden oder in der EU landenden Flug, steht den Reisenden eine Ausgleichszahlung von 600,00 € zu, wenn der Flug über eine Distanz von über 3500 km geht.

Der Anspruchsgegner für die Reisenden ist im Fall der Verspätung die Fluggesellschaft, mit der der Beförderungsvertrag abgeschlossen wurde.

Zusammenfassung:

3. Die Kläger buchten bei der Beklagten Fluggesellschaft einen Flug von Mahé auf den Seychellen nach Frankfurt. Der Start sollte am 16.04.2011 um 23:10 Uhr erfolgen. Der Flug startete jedoch erst am 17.04.2011 um 08:30 Uhr. Die Entfernung zwischen Start- und Zielflughafen betrug mehr als 3500 km.

Aufgrund der Verspätung forderten die Kläger jeweils eine Ausgleichsleistung in Höhe von 600,00 € von der Beklagten und berufen sich hierbei auf EG Verordnung Nr. 261/2004. Die Fluggesellschaft lehnte die Zahlung ab, da der strittige Flug nicht mit einem Flugzeug ihrer Flotte durchgeführt wurde, sondern mit dem Flugzeug einer alliierten Fluggesellschaft.

Die Kläger verklagten daraufhin die Beklagte vor dem AG Frankfurt. Das AG Frankfurt gab den Klägern recht, da der Anspruchsgegner der Vertragspartner und nicht die Fluggesellschaft, der das Flugzeug gehört, war. Das AG Frankfurt verurteilte die Beklagte zur Zahlung von jeweils 600,00 € an die Kläger.

 

Tenor:

4. Amtsgericht Frankfurt am Main

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 1) sowie die Klägerin zu 2) jeweils 600,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 26.5.2011 zuzahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

5. Die Kläger nehmen die Beklagte auf Ausgleichszahlungen nach der EG-Verordnung Nr. 261/2004 in Anspruch.

6. Die Kläger hatten bei der Beklagten einen Flug von Mahé (Seychellen) nach F. gebucht. Planmäßiger Start sollte am 16.4.2011 um 23.10 Uhr (Ortszeit) sein. Tatsächlich startete der Flug dann erst am 17.4.2011 um 8.30 Uhr. Im Hinblick auf die dementsprechende Ankunftsverspätung in Frankfurt am Main beanspruchen die Kläger jeweils 600,- Euro Ausgleichszahlung.

7. Wegen des Vorbringens der Kläger im Weiteren wird Bezug genommen auf die Schriftsätze vom 20.1.12 (Bl. 1-5 d. A.) sowie vom 29.3.12 (Bl. 17 und 18 d. A.).

8. Die Kläger beantragen,

9. wie erkannt.

10. Die Beklagte beantragt,

11. die Klage abzuweisen.

12. Sie trägt vor: „Die Beklagte wendet mangelnde Passivlegitimation ein, da die Beklagte vorliegend nicht ausführendes Luftfahrtunternehmen war. Der Flug wurde durchgeführt von der Fluggesellschaft …“

Entscheidungsgründe

13. Die Klage ist zulässig und begründet.

14. Die Klage ist vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main zulässig. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 29 Absatz 1 ZPO, da nach mittlerweile herrschender Rechtsprechung unabhängig vom Vertragsstatut Erfüllungsort im Sinne des § 29 ZPO sowohl der Ort des vertragsgemäßen Abflugs als auch der Ort der vertragsgemäßen Ankunft des Flugzeugs ist. Vorliegend lag der betroffene Ankunftsort in F. Dementsprechend ist die Klage in Frankfurt am Main zulässig.

15. Die Klage ist auch begründet.

16. Jedem der beiden Kläger steht ein Anspruch auf Ausgleichszahlung in Höhe von 600,- Euro gemäß den Artikeln 5, 6 und 7 der EG-Verordnung Nr. 261/2004 zu. Unstreitig startete der Flug, der die Kläger von den Seychellen nach F. beförderte, mit einer Verspätung von über 9 Stunden, woraus eine entsprechende Ankunftsverspätung resultierte. Die Entfernung zwischen den Seychellen und F. beträgt mehr als 3.500 Kilometer. Aus diesen vorgenannten Tatsachen folgt die Begründetheit eines Ausgleichsanspruches eines jeden der Kläger in Höhe von 600,- Euro, wobei es nach der Entscheidung des EuGH vom EUGH 19.11.2009 (Aktenzeichen: EUGH Aktenzeichen C-402/07 und EUGH Aktenzeichen C-432/07) nicht mehr darauf ankommt, ob es sich insoweit um einen lediglich verspäteten oder aber um einen annullierten Flug handelt.

17. Der Einwand fehlender Passivlegitimation greift nicht durch. Passivlegitimiert für vorliegende Ausgleichsansprüche ist das jeweils ausführende Luftfahrtunternehmen. Ausführendes Luftfahrtunternehmen ist ein Luftfahrtunternehmen, welches im Rahmen eines Vertrages mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen – juristischen oder natürlichen – Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt (Art. 2 Ziffer b)). Unstreitig bestand dieses Vertragsverhältnis vorliegend zwischen den Klägern und der Beklagten. Der betroffene Flug mit der Flugnummer … wurde auch als … durchgeführt. Dass möglicherweise das Flugzeug, welches zur Durchführung dieses Fluges benutzt wurde, nicht der …, sondern einer alliierten Fluggesellschaft gehört, ist rechtlich irrelevant. Auf diesen Punkt hat die Klägerseite mit Schriftsatz vom 29.3.2012 zu Recht hingewiesen. Daraufhin ist vom Gericht großzügigerweise nochmals Schriftsatznachlass für die Beklagtenseite eingeräumt worden, der indes nicht genutzt wurde. Dementsprechend ist der entsprechende Sachverhalt der Entscheidung als unstreitig zugrunde zu legen. Daraus folgt zwanglos die Passivlegitimation der Beklagten für die streitgegenständlichen Ansprüche.

18. Der Zinsanspruch in zuerkanntem Umfang ist begründet gemäß §§ 286, 288 BGB, nachdem die Beklagte am 25.5.2011 die Ansprüche ernsthaft und endgültig zurückgewiesen hatte, eine Mahnung mithin entbehrlich war.

19. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Fragen zu diesem Urteil? Diskutiere in unserem Forum.

Fragen & Antworten zum Thema

Fragen & Antworten zum Thema: AG Frankfurt: Flugverspätung auf die Seychellen

Verwandte Entscheidungen

BGH, Urt. v. 30.04.09, Az: Xa ZR 79/08
LG Bonn, Urt. v. 14.01.98, Az: 5 S 158/97
AG Düsseldorf, Urt. v. 30.05.06, Az: 33 C 13795/05

Berichte und Besprechungen

Zeit Online: Airlines müssen bei verspäteten Charterflügen entschädigen
Forum Fluggastrechte: Flugverspätung eines Charterflugs
Passagierrechte.org: Verspätung angemieteter Flugzeuge

Rechtsanwälte für Reiserecht

Hilfe bei rechtlichen Fragen: Rechtsanwälte für Reiserecht oder Rechtsanwälte für Fluggastrechte.