Auskunft über Visumpflicht
LG Düsseldorf: Auskunft über Visumpflicht
Ein Reisender buchte bei einem Reisebüro einen Pauschalurlaub für sich und seine Ehefrau. Weil diese nicht deutsche Staatsbürgerin war, wurde ihr am Abreisetag der Zutritt zum Flugzeug, wegen fehlender Visaunterlagen, verwehrt. Der Ehemann verlangt nun Schadensersatz vom Reisebüro, das ihn nicht auf die entsprechenden Erfordernisse hingewiesen hatte.
Das Landgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Es liege nicht im Verantwortungsbereich eines Reisebüros, seine Kunden auf etwaige Einreisebestimmungen im Urlaubsland hinzuweisen.
LG Düsseldorf | 22 S 355/05 (Aktenzeichen) |
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LG Düsseldorf: | LG Düsseldorf, Urt. vom 24.02.2006 |
Rechtsweg: | LG Düsseldorf, Urt. v. 24.02.2006, Az: 22 S 355/05 |
AG Düsseldorf, Urt. v. 27.05.2005, Az: 28 C 13523/04 | |
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Leitsatz:
2. Die Verpflichtung des Reiseveranstalters zur Unterrichtung über Pass- und Visumerfordernisse gemäß § 5 Nr. 1 BGB-InfoV gilt nur für Angehörige des EU-Mitgliedstaates, in dem diese Reise angeboten wird. Der Veranstalter ist lediglich zu dem klarstellenden Hinweis verpflichtet, dass möglicherweise andere Pass- und Visumerfordernisse für Ausländer gelten.
Zusammenfassung:
3. Ein Urlauber buchte für sich und seine Ehefrau eine Pauschalreise bei einem Reisebüro. Am Tag des Reiseantritts wurde seiner Gattin der Zutritt zum Flugzeug verwehrt, weil sie keine gültigen Visaunterlagen vorweisen konnte. Weil das Reisebüro den Kläger bei Reisebuchung nicht auf die entsprechenden Einreisebestimmungen hingewiesen hatte, verlangt dieser nun eine Schadensersatzzahlung. Das Reisebüro lehnt dies mit der Begründung ab, dass es nicht seine Pflicht sei, Kunden über Visabestimmungen aufzuklären.
Das Landgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen. Ein Reisevermittler sei nicht verpflichtet, den Reisenden auf die Erforderlichkeit eines Visums für seinen Ehegatten als ausländischen Staatsangehörigen hinzuweisen.
Der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen einem Reisevermittler und einem Reisekunden begründe, auch unter Berücksichtigung des Vertrauens des Reisenden in die Sachkunde des Reisebüros, keine Pflicht des Reisebüros, ungefragt über die Einreisebestimmungen des Ziellandes aufzuklären.
Den Reisevermittler treffe auch keine Pflicht, Nachforschungen über die Staatsangehörigkeit des Reisenden und seines Ehegatten anzustellen, um sodann über die Einreisebestimmungen für den speziellen Einzelfall aufzuklären.
Ein Anspruch auf Schadensersatz bestehe für den Kläger mithin nicht.
Tenor:
4. Die Berufung der Kläger gegen das am 27. Mai 2005 verkündete Urteil des Amtsgerichts D – 28 C 13523/04 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger jeweils zur Hälfte.
Gründe:
5. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Entscheidungserheblicher ergänzender Sachvortrag rechtlicher oder tatsächlicher Natur ist mit der Berufung nicht erfolgt.
6. Die Berufung, mit der die Kläger ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiterverfolgen und die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.439,21 Euro erstreben, ist zulässig.
7. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Berufungsbegründung entspricht den formalen Voraussetzungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO, denn die Kläger rügen Rechtsverletzungen im Sinne des § 546 ZPO durch das Amtsgericht, die – die Ansicht der Berufung als richtig unterstellt – entscheidungserheblich wären.
8. Die Kläger machen zur Begründung ihrer Berufung geltend, entgegen der Ansicht des Amtsgerichts sei der Reiseveranstalter unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 1 Ziffer 6) BGB-InfoVO gehalten gewesen, die Kläger von sich aus auf die Visumspflicht für die Klägerin zu 2) für die Türkei hinzuweisen. Sie rügen, die Regelung in Ziffer 10 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten sei unwirksam, da sie als Verbraucher im Hinblick auf ihre Rechtspositionen aus §4 BGB-InfoVO unangemessen benachteiligt würden. Unter näheren Ausführungen vertreten sie die Ansicht, die Erwägungen des Amtsgerichts im Hinblick auf das Erfordernis einer Mängelanzeige durch den Kläger zu 1) seien praxisfern und nicht nachvollziehbar.
9. Die Berufung ist unbegründet.
10. Zutreffend hat das Amtsgericht entschieden, dass den Klägern der mit vorliegender Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch aus keinem in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt zusteht.
11. Ein Schadensersatzanspruch – gerichtet auf die Rückzahlung des Reisepreises und Erstattung der Mietwagenkosten – setzt gemäß § 651 f Abs. 1 BGB die schuldhafte Verletzung einer vertraglichen Leistungspflicht des Reiseveranstalters aus dem Reisevertrag voraus. Daran fehlt es vorliegend.
12. Grundsätzlich ist eine Aufklärung- und Informationspflicht des Reiseveranstalters über Einreisebestimmungen gegenüber dem Reisenden zu bejahen. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung in der Literatur und Rechtsprechung gilt diese Verpflichtung zur Unterrichtung über Pass- und Visumserfordernisse gemäß § 5 Ziffer 1 BGB-InfoVO jedoch nur für Angehörige des Mitgliedsstaates, in dem diese Reise angeboten wird (vgl. Führich, Reiserecht, 5. Auflage, Rdn. 663 mit weiteren Nachweisen). Das bedeutet in dem vorliegenden Fall nur für Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Die Klägerin zu 2) besitzt diese unstreitig nicht.
13. Während der Reisende, der die Staatsangehörigkeit des Angebotslandes besitzt, auf die Sachkunde und die Detailkenntnisse des dort tätigen Reiseveranstalters vertrauen darf, gilt dies nicht ohne Weiteres für den nicht dazugehörenden Personenkreis. Dies wäre eine Überspannung der Anforderungen angesichts der Fülle von Einreise- und Visumbestimmungen sämtlicher Länder und deren wechselseitiger Beziehungen untereinander. Dazu kämen dann möglicherweise noch rechtliche Probleme hinsichtlich der Staatsangehörigkeit bzw. des Status des betreffenden Reisenden. Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen.
14. Der Veranstalter ist lediglich zu dem klarstellenden Hinweis verpflichtet, dass möglicherweise andere Pass- und Visumerfordernisse für Ausländer gelten. Dieser Pflicht hat die Beklagte dadurch genügt, dass sie in Ziffer 10.1 ihrer Allgemeinen Reise- und Geschäftsbedingungen hingewiesen hat, insbesondere nichtdeutsche Staatsangehörige sollten sich rechtzeitig bei dem jeweils zuständigen Konsulat selber und auf eigene Verantwortung Auskunft über Pass-, Visa- und Zollvorschriften einholen. Diese Klausel ist nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer nicht zu beanstanden und damit – auch im Licht der Pauschalreise-Richtlinie der Europäischen Union – wirksam. Auf die Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil wird verwiesen.
15. Unabhängig von der Frage der Verletzung einer reisevertraglichen Informationspflicht steht dem Kläger zu 1) gegen die Beklagte ohnehin kein Anspruch auf Schadensersatz zu, denn es lässt sich nicht feststellen, dass für ihn die Reise mangelbehaftet im Sinne des § 651 c Abs. 1 BGB war. Die Behauptung der Kläger, der Kläger zu 1) sei am Flughafen Antalya zurückgewiesen worden und sein Gepäck sei bereits in dem die Klägerin zu 2) nach Deutschland zurückbringenden Flugzeug verfrachtet worden, hat die Beklagte bestritten, ohne dass die Kläger für ihre Behauptung Beweis angetreten haben. Zu Recht hat die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass für den Kläger zu 1) überhaupt kein Hindernis für die Einreise in die Türkei bestanden habe. Mit diesem Vorbringen haben sich die Kläger nicht auseinander gesetzt, so dass davon auszugehen ist, dass es die freiwillige Entscheidung des Klägers zu 1) war, die gebuchte Reise abzubrechen und die Klägerin zu 2) auf ihrem Rückflug zu begleiten. Wenn die türkische Polizei dem Kläger zu 1) die Einreise tatsächlich verweigert haben sollte, so wäre die Beklagte hierfür nicht verantwortlich, denn sie hatte für die Einreise des Klägers zu 1) alles Erforderliche getan. Eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadensersatz besteht daher nicht.
16. Die Kostenentscheidung beruht auf 97 Abs. 1 ZPO.
17. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.
18. Der Streitwert für die Berufung wird auf 1.439,21 Euro festgesetzt.
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