Weitergehender Schadensersatz

LG Frankfurt: Weitergehender Schadensersatz

Ein Ehepaar kommt mit einer mehr als 3-stündigen Verzögerung an seinem Zielflughafen an. Grund war eine von der Airline verschuldete Verspätung. Weil sich die Airline weigert eine Ausgleichszahlung zu leisten, fordern die Kläger diese nun gerichtlich ein. Zudem verlangen sie den Ersatz der vorgerichtlichen Kosten.

Das Landgericht Frankfurt hat den Klägern Recht zugesprochen. Die Ausgleichszahlung stehe ihnen, ebenso wie der Ersatz der vorgerichtlichen Kosten, zu.

LG Frankfurt 2-24 S 1/11 (Aktenzeichen)
LG Frankfurt: LG Frankfurt, Urt. vom 15.03.2011
Rechtsweg: LG Frankfurt, Urt. v. 15.03.2011, Az: 2-24 S 1/11
AG Frankfurt, Urt. v. 30.11.2010, Az: 30 C 1785/10
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Hessen-Gerichtsurteile

Landgericht Frankfurt

1. Urteil vom 15. März 2011

Aktenzeichen: 2-24 S 1/11

Leitsatz:

2. Die Luftfahrtgesellschaft muss bei nicht gezahltem Ausgleichsanspruch vorgerichtliche Kosten übernehmen.

Zusammenfassung:

3. Ein Ehepaar bucht bei einem Luftfahrtunternehmen eine Flugreise. Weil der Hinflug mehr als 3 Stunden verspätet hatte, fordern die Kläger nun eine Ausgleichszahlung vom Luftfahrtunternehmen. Als dieses eine Zahlung ablehnt, klagt das Ehepaar Durchsetzung des Anspruchs und Ersatz der entstandenen Kosten.

Die Beklagte sieht die vorgerichtlichen Kosten bereits im Rahmen eines möglichen Ausgleichsanspruch wegen Flugverspätung befriedigt.

Das Landgericht Frankfurt hat der Klage stattgegeben. Nach Art. 5 der Fluggastrechteverordnung stehe Fluggästen bei einer Abflugverspätung von mehr als 3 Stunden eine entsprechende Ausgleichszahlung zu.
Diese sei vorliegend unstreitig und im amtsgerichtlichen Urteil bereits von der Beklagtenseite anerkannt worden.

Die Kosten, die den Klägern durch die Nicht-Zahlung der Entschädigungssumme entstanden sind, seien ebenfalls durch die Airline zu ersetzen. Anders als von der Beklagten vorgetragen basierten beide Ansprüchen eben nicht auf der selben Grundlage.
Während die Ausgleichszahlung eine direkte Konsequenz aus der Verspätung ist, resultiert der Anspruch auf vorgerichtlichen Kostenersatz aus der Nicht-Zahlung der Airline.

Die Versagung eines entsprechenden Anspruchs würde die Verbraucher rechtswidrig benachteiligen, weil Luftfahrtunternehmen fällige Zahlungen ohne Konsequenzen ignorieren könnten.

Tenor:

4. In dem Rechtsstreit

wird die Beklagte und Berufungsklägerin darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung gem. § 522 II ZPO zurückzuweisen.

Die Beklagte mag binnen 3 Wochen Stellung nehmen.

Entscheidungsgründe:

5. Die zulässige Berufung der Beklagten bietet nach derzeitiger Aktenlage keine Aussicht auf Erfolg. Zudem weist die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung auf und die Fortbildung des Rechts- oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts aufgrund mündlicher Verhandlung nicht.

6. Das Urteil des AGs Frankfurt am Main vom 30.11.2010 (Az. 30 C 1785/10 – 71) ist nach derzeitiger Kammerauffassung nicht zu beanstanden.

7. Das AG hat dem Kläger einen Ausgleichsanspruch wegen einer erheblichen Abflugs- und Ankunftsverspätung auf der Grundlage der neueren EuGH-Rechtsprechung (Urteil v. 19.11.2009, Az. C-402/07 Sturgeon, RRa 2009, 282ff.) zugesprochen.

8. Weiterhin wurde die Beklagte verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten freizustellen.

9. Die Berufung greift das AGliche Urteil lediglich in Bezug auf die vom AG unterlassene Anrechung der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten auf die Ausgleichszahlung im Sinne von Art. 12 I Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) in Höhe von 83,54 Euro an.

10. Weitergehende Angriffe gegen das AGliche Urteil liegen nicht vor.

11. Die Berufungsbegründung zeigt jedoch keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.

12. Zu Recht hat das AG ausgeführt, dass vorliegend eine Anrechnung nach Art. 12 I 2 FluggastrechteVO nicht erfolgt.

13. Die Kammer teilt die Auffassung des AGs, dass mit weitergehendem Schadenersatz im Sinne von Art. 12 I FluggastrechteVO die Schäden gemeint sind, die aufgrund der Annullierung, Verspätung oder Nichtbeförderung entstanden sind, nicht aber der Schaden, der sich dadurch ergibt, dass das Luftfahrtunternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen (hier: Zahlung der Ausgleichsleistung) nicht nachkommt.

14. Insoweit heißt es auch bei Führich (Reiserecht, 6. Aufl., 2010), dass eine nach der Verordnung gewährte Ausgleichsleistung auf einen Schadenersatzanspruch nach §§ 631, 280 BGB angerechnet werden kann, Art. 12 I 2 VO.

15. In der vorliegenden Fallkonstellation geht es jedoch um einen Schadenersatzanspruch aus Verzug, der unmittelbar darauf beruht, dass die Beklagte als Luftfahrtunternehmen den berechtigten Ausgleichsanspruch nicht bezahlt hat und gerade nicht unmittelbar darauf, dass vorliegend der Flug verspätet war.

16. Insofern liegen unterschiedliche Haftungsgründe vor.

17. Ein anderes Ergebnis wäre auch nicht mit dem Zweck der Fluggastrechteverordnung, ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherzustellen, vereinbar. Insoweit hätten die Luftfahrtunternehmen nämlich keine finanziellen Nachteile, den Anspruchstellern ihre berechtigten Ausgleichsleistungen vorzuenthalten und diese zu der Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zu zwingen.

18. Danach stellt sich das AGliche Urteil derzeit als richtig dar.

19. Nach all dem hat die Berufung derzeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

20. Die Beklagte mag zu den Hinweisen der Kammer und zur Möglichkeit einer Berufungsrücknahme binnen 3 Wochen Stellung nehmen.

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