AG Bad Homburg: Abweichender Flugzeugtyp kein Reisemangel
AG Bad Homburg: Abweichender Flugzeugtyp kein Reisemangel
Der Kläger möchte aufgrund eines abweichenden Flugzeugtyps bei seiner Rückreise aus dem Urlaub einen Reisemangel gegen die Beklagte geltend machen. Da der Kläger nicht dazu bereit war, mit einem abweichenden Flugzeugtyp am Folgetag der eigentlich geplanten Abreise zu fliegen, entstanden ihm Kosten für einen mehrtägigen Hotelaufenthalt für die er Ersatz fordert. Des Weiteren fordert dieser Schadensersatz für nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit sowie Ersatz für die vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Das Amtsgericht Bad Homburg lehnte die Klage ab und verneinte einen Reisemangel. Dem Kläger stehen lediglich 75 EUR Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit, in Höhe von einem Tag, zu.
AG Bad Homburg | 2 C 1264/06 (19) (Aktenzeichen) |
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AG Bad Homburg: | AG Bad Homburg, Urt. vom 11.07.2006 |
Rechtsweg: | AG Bad Homburg, Urt. v. 11.07.2006, Az: 2 C 1264/06 (19) |
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Leitsatz:
2. Ein abweichender Flugzeugtyp stellt keinen Reisemangel im Sinne des BGB dar.
Zusammenfassung:
3. Vorliegend buchte der Kläger bei der Beklagten, für sich und seine Ehefrau, eine Reise mit dazugehörigen Hin-und Rückflügen. Diese waren als „Nonstop“ Flüge gekennzeichnet und sollten mit einer Boing 767 durchgeführt werden. Tatsächlich fand der Rückflug zur gebuchten Rückflugszeit jedoch nicht statt. Stattdessen wurde dem Kläger ein Ersatzflug am Folgetag angeboten, welcher allerdings eine Zwischenlandung beinhaltet und mit einem anderen Flugzeugtyp, eine Boing 757, ausgeführt wird. Der Kläger lehnte diesen Flug ab, da er unter Platzangst leide und die Boing 757 im Gegensatz zur Boing 767 über einen kleineren Innenraum verfüge. So musste dieser noch mehrere Tage Aufenthalt mit dazugehörigen Hotelkosten in Kauf nehmen, bis er letztenendes mit einer Boing 767 zurückbefördert wurde. Der Kläger fordert nun Schadensersatz für die nutzlos aufgewendete Urlaubszeit sowie Ersatz für die Hotelkosten und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
Das Gericht sprach dem Kläger Schadensersatz für einen nutzlos aufgewendeten Urlaubstag zu. Ansonsten sieht dieses keine weiteren Ansprüche die der Kläger aufgrund eines Reisemangels geltend machen könnte. Der unterschiedliche Flugzeugtyp stelle keinen Reisemangel im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB dar. Die Änderung des Flugzeugtyps ist ein bloßer Fehler der weder den Wert noch die Gebrauchstauglichkeit der Reise aufhebt oder herabsetzt. Die Platzangst des Klägers führe nicht zu einer Wertminderung oder einer Herabsetzung der Gebrauchstauglichkeit der Reise. Der verlängerte Urlaubsaufenthalt sowie die Hotelkosten sind also nicht auf einen Reisemangel zurückzuführen, wodurch dem Kläger hierfür kein Ersatz für die entstandenen Kosten zusteht. Auch ein Ersatz für die nutzlos verwendete Urlaubszeit ist damit ausgeschlossen. Die entstandenen Rechtsanwaltskosten muss der Kläger ebenso selbst tragen, da es ihm zumutbar gewesen wäre, die Ersatzansprüche für den einen verlängerten Urlaubstag, selbst bei der Zentrale der Beklagten zu melden.
Die Klage wurde vom Amtsgericht Bad Homburg folglich zurückgewiesen.
Tenor:
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 72,– EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.03.2006 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
5. Der Kläger macht Ansprüche aus einem Reisevertrag wegen mangelhafter Reiseleistungen geltend.
Er buchte bei der Beklagten gemäß Reisebestätigung vom 09.01.2006 (Bl. 6 d. A.) für sich und seine Ehefrau eine Flugpauschalreise nach Kenia für die Zeit vom 12.01.2006 bis zum 03.02.2006 zu einem Endpreis von 2.330,– EUR (Halbpension). In dem für die Buchung des Klägers maßgeblichen Reisekatalog der Beklagten befindet sich auf Seite 90 ein Hinweis, dass es sich bei den Flügen von M nach F während der streitgegenständlichen Reisezeit um „Nonstop“-Flüge handeln würde. Dem Kläger wurde in dem die Buchung vermittelnden Reisebüro außerdem mitgeteilt, dass der Flugtransport auf dem Hin- und Rückflug mit einer Boing 767 erfolgen würde.
Der für den 03.02.2006 vereinbarte Rückflug des Klägers fand nicht statt, da die von der beauftragten Fluggesellschaft hierfür vorgesehene Boing 767 zum fraglichen Zeitpunkt nicht einsatzbereit war. Den Reisenden wurde mitgeteilt, dass der vereinbarte Rückflug stattdessen am 04.02.2006 stattfinden würde.
Nachdem der Kläger und seine Ehefrau am 04.02.2006 auf dem Flughafen in M erschienen waren, erhielten sie beim Einchecken die Nachricht, dass der Rückflug mit einem Flugzeug des Typs Boing 757 stattfinden würde und dass der Flug durch einen Zwischenstop in K zum Auftanken unterbrochen werden würde. Der Kläger lehnte eine Teilnahme an dem Flug unter diesen Bedingungen ab, woraufhin lediglich seine Ehefrau den Flug in Anspruch nahm. Der Kläger verblieb auf eigene Kosten während der nächsten Tage in dem ursprünglich gebuchten Hotel E, bis er von der Beklagten am 15.02.2006 durch einen Nonstopflug mit einer Boing 767 nach F zurückbefördert wurde. Durch den weiteren Aufenthalt im Hotel E vom 04.02.2006 bis zum 15.02.2006 entstanden dem Kläger zusätzliche Hotelkosten in Höhe von 275,– EUR.
Der Kläger behauptet, er habe eine Teilnahme an dem Rückflug vom 04.02.2006 deshalb abgelehnt, weil er unter Platzangst leide und ihm ein Flugtransport mit einer Boing 757, die im Gegensatz zu einer Boing 767 über einen kleineren Innenraum mit lediglich einem Mittelgang verfügte, aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar gewesen sei.
Der Kläger begehrt mit vorliegender Klage Ersatz der von ihm verauslagten Hotelkosten von 275,– EUR, Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit für die Zeit vom 03.02.2006 bis zum 15.02.2006 in Höhe von 472,40 EUR sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 75,37 EUR.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 747,40 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.03.2006 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 75,37 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklage beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie stellt das Vorliegen von Reisemängeln in Abrede und beruft sich auf die Nichteinhaltung der Anmeldefrist des § 651 g Abs. 1 BGB.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
6. Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der von ihm aufgewendeten Hotelkosten in Höhe von 275,– EUR aus § 651 f Abs. 1 BGB. Diese Kosten stellen keinen erstattungsfähigen Schaden des Klägers dar, da sie nicht auf einen Reisemangel im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB zurückzuführen sind. Wie sich aus den §§ 651 d Abs. 1, 651 e Abs. 1 BGB ergibt, ist eine Reise dann mangelhaft, wenn ihr entweder eine zugesicherte Eigenschaft fehlt oder sie mit einem Fehler behaftet ist, der den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufhebt oder mindert.
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte keine Zusicherung des Inhalts abgegeben, dass der Flugtransport des Klägers von M nach F mit einem Flugzeug des Typs Boing 767 stattfinden würde. Soweit seitens des die Buchung vermittelnden Reisebüros der Einsatz einer Boing 767 mitgeteilt wurde, kann hierin keine Eigenschaftszusicherung, sondern allenfalls eine bloße Leistungsbeschreibung erblickt werden, deren Fehlen höchstens einen gewöhnlichen „Fehler“ der Reise im Sinne von § 651 c BGB zweite Alternative begründen könnte. Ob sich die Beklagte die Erklärung des Reisebüros mit der Folge zurechnen lassen muss, dass sie für die sich dann ergebende Abweichung von Soll- und Istbeschaffenheit der Reise grundsätzlich einzustehen hätte, kann indessen offen bleiben. Denn nicht jeder Fehler einer Reise führt zu einer Gewährleistungspflicht oder Haftung des Reiseveranstalters; nach dem Wortlaut von § 651 c Abs. 1 BGB muss vielmehr hinzutreten, dass durch den besagten Fehler der Wert oder die Gebrauchstauglichkeit der Reise aufgehoben oder herabgesetzt wird.
Eine Herabsetzung des Wertes oder der Gebrauchstauglichkeit der Reise durch den Umstand, dass der für den Kläger vorgesehene Rückflug nicht mit einer Boing 767, sondern stattdessen mit einer Boing 757 durchgeführt wurde, kann indessen nicht festgestellt werden. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Flugzeugtypen liegt nach dem eigenen Vortrag des Klägers darin, dass der Innenraum bei einer Boing 767 großzügiger ist und sie im Gegensatz zu einer Boing 757 über zwei Mittelgänge verfügt. Dieser Unterschied mag zwar für einen Reisenden, der unter Platzangst leidet, von erheblicher Bedeutung sein. Bei der Beurteilung, ob sich ein Fehler auf den Wert oder die Gebrauchstauglichkeit auswirkt und damit Gewährleistungsansprüche des Reisenden auslösen kann, ist indessen nicht auf die Person eines überempfindlichen Reisenden abzustellen; es ist vielmehr eine Wertung aus der Sicht eines normal empfindenden Durchschnittsreisenden zu treffen. Dies folgt schon daraus, dass es sich bei Pauschalreisen um ein Massengeschäft handelt und das Risiko des Reiseveranstalters kalkulierbar bleiben muss (vgl. hierzu Staudinger-Eckert (2003), § 651 c Randnummer 40). Aus der Sicht eines gewöhnlichen Reisenden macht es indessen keinen nennenswerten Unterschied, ob er in einem Flugzeug mit größerem Innenraum und zwei Mittelgängen oder in einem Flugzeug mit einem relativ kleineren Innenraum und einem Mittelgang befördert wird, da sich diese Merkmale auf die Qualität seines individuellen Sitzplatzes und den Komfort bei der Flugbeförderung nicht weiter auszuwirken pflegen.
Ein zur Gewährleistung führender Mangel der Reiseleistung im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB aufgrund des abweichenden Flugzeugtyps kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die für den Rückflug vorgesehene Boing 757 im Gegensatz zu einer Boing 767 keine hinreichende Distanzreichweite hatte, um ohne Zwischenlandung mit Tankstop den vereinbarten Zielflughafen zu erreichen. Das Fehlen der hinreichenden Distanzreichweite führt nämlich wiederum zu einem separaten Reisemangel, der sich aus einer Abweichung von der Sollbeschaffenheit „Nonstopflug“ ergibt. Ein „Fehler“ der Reise führt jedoch als solcher nicht deshalb zu einer Herabsetzung von deren Gebrauchstauglichkeit, weil er seinerseits eine notwendige Bedingung für einen weiteren Reisemangel darstellt.
Dieser in der Nichteinhaltung der gebuchten Beförderungsleistung „Nonstopflug“ liegende weitere Reisemangel ist indessen nicht ursächlich für die Entstehung der als Schaden geltend gemachten Hotelkosten, da der Kläger den für ihn vorgesehenen Rückflug vom 04.02.2006 nicht wegen der vorgesehenen Zwischenlandung in K, sondern wegen des abweichenden Flugzeugtyps abgelehnt hat.
Der Kläger hat demgegenüber einen Anspruch auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 72,– EUR aus § 651 f Abs. 2 BGB. Nach herrschender Rechtsprechung, der das erkennende Gericht folgt, ist eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise im Sinne dieser Vorschrift dann gegeben, wenn Mängel mit einem Gesamtgewicht von mindestens 50 % vorgelegen haben. Diese Voraussetzung trifft zumindest auf den letzten Tag der Reise, den 03.02.2006, zu. Da sich der an diesem Datum geplante Rückflug um einen vollen Tag verzögert hat und zudem entgegen den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien nicht als „Nonstopflug“, sondern mit einer Zwischenlandung in K durchgeführt wurde, erscheint die Zuerkennung einer pauschalen Entschädigung für den letzten Tag der Reise von 72,– EUR als angemessen (vgl. LG Frankfurt am Main, NJW-RR 2003, 640).
Die Beklagte vermag sich gegenüber dem Anspruch des Klägers auch nicht auf die Versäumung der Anmeldefrist des § 651 g Abs. 1 BGB zu berufen, da das bei der Beklagten unter dem 06.03.2006 eingegangene Anspruchsschreiben des Klägers die Monatsfrist des § 651 g Abs. 1 BGB gewahrt hat. Verzögert sich wie im vorliegenden Fall die Rückbeförderung des Reisenden, ist nach ganz herrschender Meinung im Interesse eines effektiven Schutzes des Reisenden davon auszugehen, dass diesem auf jeden Fall nach seiner Rückkehr noch die volle Monatsfrist zur Verfügung steht (vgl. Staudinger-Eckert (2003), § 651 g Randnummer 9 m. w. N.). Selbst wenn man den Kläger für verpflichtet gehalten hätte, den auf den 04.02.2006 verschobenen regulären Heimflug anzutreten und er sich deshalb so stellen lassen müsste, als sei er bereits am 04.02.2006 und nicht erst am 15.02.2006 wieder nach Hause zurückgekehrt, würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Da für die Berechnung der Frist § 193 BGB analoge Anwendung findet und der 04.03.2006 auf einen Sonnabend fiel, wäre die Frist frühestens am 06.03.2006, dem Tag des Eingangs des Anspruchsschreibens bei der Beklagten, abgelaufen.
Soweit der Kläger für den weiteren Zeitraum vom 04.02.2006 bis zum 15.02.2006 eine Entschädigung aus § 651 f Abs. 2 BGB begehrt, steht ihm demgegenüber kein dahingehender Anspruch zu, da der über den 04.02.2006 hinausgehende Aufenthalt des Klägers am Urlaubsort nach dem oben Gesagten nicht auf einen Reisemangel zurückzuführen ist.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 75,37 EUR aus § 651 f Abs. 1 BGB. Der Kläger hat durch die Beauftragung seiner Anwälte mit der außergerichtlichen Geltendmachung seiner Forderung gegen seine Schadensgeringhaltungspflicht aus § 254 Abs. 2 BGB verstoßen, da es ihm bei dem vorliegenden, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht einfach gelagerten Fall möglich und zumutbar gewesen wäre, seine sich aus der Verzögerung der Heimreise um einen Tag ergebenden Entschädigungsansprüche selbst bei der Zentrale der Beklagten anzumelden (vgl. LG Hannover, Reiserecht aktuell 2002, 71).
Der geltend gemachte Zinsanspruch ist aus §§ 286, 288 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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