Mängelanzeige und Abhilfeverlangen bei Reisemängeln
BGH: Mängelanzeige und Abhilfeverlangen bei Reisemängeln
Ein Reisegast nimmt einen Reiseveranstalter auf Zahlung einer Reisepreisminderung in Anspruch. Der Gast bemängelte seine Unterkunft im Urlaubsland erst, als er zurück in seiner Heimat war. Er brachte diese Reisemängel aber nicht vor Ort zur Anzeige.
Das Gericht entschied, die Klage abzuweisen. Der Reisegast hat versäumt die Mängelanzeige der Unterkunft vor Ort anzuzeigen und dem Reiseveranstalter dadurch keine Möglichkeit gegeben Abhilfe zu schaffen.
BGH | VII ZR 325/83 (Aktenzeichen) |
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BGH: | BGH, Urt. vom 20.09.1984 |
Rechtsweg: | BGH, Urt. v. 20.09.1984, Az: VII ZR 325/83 |
OLG Celle, Urt. v. 16.09.1983, Az: 11 U 233/82 | |
LG Hannover, Urt. v. 21.07.1982, Az: 6 O 517/81 | |
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Leitsatz:
2. Reisemängel müssen vor Ort dem Reiseveranstalter angezeigt werden, ansonsten kann kein Anspruch auf Preisminderung erhoben werden.
Zusammenfassung:
3. Im vorliegenden Fall buchte der Reisende für sich und seine Ehefrau eine Flugpauschalreise nach Mallorca für einen Zeitraum von 14 Tagen. Die erste Woche verbrachte der Kläger in einen Appartement, während die 2. Woche Aufenthalt in einem Reihenbungalow verbracht werden sollte. Der Reisegast und seine Frau flogen aber bereits nach der 1. Woche wieder zurück. Sie brachten ihre Reisemängel über die Unterbringung bei der Beklagten in Deutschland vor. Diese zahlte ihnen aber nur ein Viertel des Reisepreises. Der Reisende erhebt daher nun Anspruch auf eine Reispreisminderung, vertane Urlaubszeit und die entstanden Umbuchungskosten von der Beklagten.
Das Gericht entschied, dass der Revision der Kläger nicht stattgegeben werden kann. Der Kläger hat versäumt der Beklagten vor Ort, auf Mallorca die Reisemängel vorzutragen. Der Beklagten wurde somit keine Möglichkeit gegeben, die bemängelte Unterkunft durch eine andere zu ersetzen.
Tatbestand:
4. Der Kl. buchte bei der Bekl. für sich und seine Ehefrau eine Flugpauschalreise nach C (Mallorca) mit Aufenthalt vom 11. bis 18.09.1981 in einem Appartement und weiter bis zum 25.09.1981 in einem Reihenbungalow. „
5. Der Reisepreis betrug insgesamt 1.700,00 DM, wovon 806,00 DM auf den Flug, 342,00 DM auf das Appartement und 552,00 DM auf den Bungalow entfielen. Nach Umzug in den Bungalow flogen die Eheleute am 19.09.1981 vorzeitig heim.
6. Mit Anwaltsschreiben vom 23.09.1981 rügte der Kl. Mängel der Unterbringung.
7. Er verlangte mit der Klage Rückerstattung der Reisekosten abzüglich ersparter Aufwendungen (1.445,00 DM), Ersatz der Umbuchungskosten für den vorzeitigen Rückflug (100,00 DM) und eine Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit (2400,00 DM).
8. Der Klage hat das LG nur in Höhe eines Viertel des Reisepreises (425,00 DM) als Schadensersatz stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen.
9. Die auf weitere 3.126,76 DM beschränkte Berufung des Kl. ist erfolglos geblieben.
10. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt der Kl. seinen Berufungsantrag auf die ihm bereits zugesprochenen 425 DM weiter.
Entscheidungsgründe:
11. Soweit die Klage in Höhe von 1.120,00 DM abgewiesen worden ist, erfolgte Zurückverweisung an das BerGer. Im übrigen wurde die Revision zurückgewiesen.
12. Das BerGer. stellt fest, die geltend gemachten Reisemängel hätten zwar vorgelegen, seien vom Kl. aber nicht am Urlaubsort angezeigt worden. Ansprüche aus Minderung und Kündigung kämen daher nur insoweit in Betracht, als Abhilfe nicht möglich gewesen sei. Soweit diese Ansprüche mangels Mängelanzeige ausgeschlossen seien, stünden dem Kl. auch Schadensersatzansprüche gem. § 651f. BGB nicht zu. Denn diese Vorschrift sei einschränkend dahin auszulegen, dass sie nur Nachteile abdecke, welche von den voranstehenden Gewährleistungstatbeständen nicht erfasst würden. Das seien insbesondere Begleit- und Folgeschäden, unnütze Aufwendungen und vertane Urlaubszeit.
13. Der Kl. könne jedoch auch keine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit verlangen, weil die festgestellten Mängel die Reise nur unerheblich beeinträchtigt hätten. Dagegen wendet sich die Revision teilweise mit Erfolg.
14. Im Ergebnis zu Recht verneint das BerGer. einen Anspruch des Kl. auf Schadensersatz gem. § 651f BGB, soweit er es unterlassen hat, die schadenverursachenden Reisemängel am Urlaubsort anzuzeigen, und die Bekl. infolgedessen außerstande gewesen ist, Abhilfe zu leisten.
15. Ob der Schadensersatzanspruch gem. § 651f BGB grundsätzlich eine rechtzeitige Mangelanzeige (§ 651d II BGB) oder ein fruchtloses Abhilfeverlangen §§ 651c III 1, 651e II 1 BGB) voraussetzt, ist umstritten.
16. Nach der im Schrifttum überwiegenden Meinung kann auch dann, wenn insofern die Voraussetzungen für Minderung, Aufwendungsersatz oder Kündigung nicht vorgelegen haben, dasselbe Vermögensinteresse als Schaden geltend gemacht werden, so etwa Minderung als Schadensersatz (vgl. Staudinger-Schwerdtner, BGB, 12. Aufl., § 651f Rdnrn. 5 f.; Löwe, in: MünchKomm, § 651f Rdnr. 13; Palandt-Thomas, BGB, 43. Aufl., § 651f Anm. 2c; Derleder, in: AK, § 651f Rdnr. 1; Erman-Seiler, BGB, 7. Aufl., § 651f Rdnr. 4; Jauernig-Teichmann, BGB, 3. Aufl., § 651f Anm. 2c; Larenz, SchuldR, Bd. II, 12. Aufl., S. 313; Bartl, ReiseR, 2. Aufl., S. 75; Bendref, JR 1980, 360; Bernreuther, Die Pauschalreise, S. 102 f.; Blaurock, in: Tourismus und Recht, S. 15; Heinz, Die Rechtsstellung des Reisenden nach Inkrafttreten der Reisevertragsnormen, S. 119 f.; Teichmann, JZ 1979, 742). Begründet wird dies vor allem mit dem Gesetzeswortlaut, wonach Schadensersatz unbeschadet der Minderung oder der Kündigung verlangt werden kann. Ferner wird angeführt, dass dieser Anspruch im Gegensatz zu denen der §§ 651c bise BGB Verschulden voraussetzt. Dementsprechend wird das Unterlassen rechtzeitiger Mangelanzeige als Mitverantwortlichkeit gem. § 254 BGB gewertet.
17. Die Gegenmeinung sieht in dem rechtzeitigen Abhilfeverlangen am Reiseort eine selbstverständliche Anspruchsvoraussetzung, von der nur bei unverschuldeter Unterlassung oder bei Nichtbehebbarkeit des Reisemangels abgesehen werden kann. Danach betrifft die von §635 BGB abweichende Wendung allein die Anspruchsfolgen, nicht die Anspruchsvoraussetzungen. Es wird für unbillig erachtet, dass der Reiseveranstalter Schadensersatz leisten soll, ohne Gelegenheit zu möglicher Abhilfe erhalten zu haben.
18. Der Senat schließt sich der Gegenmeinung (1 b) an. Mangelanzeige oder Abhilfeverlangen am Reiseort, die dem Reiseveranstalter oder dessen Erfüllungsgehilfen eine schnelle Abhilfe ermöglichen, sind selbstverständliche, aus der werkvertraglichen Natur des Reisevertrages folgende Voraussetzung eines jeden Schadensersatzanspruchs gem. § 651f BGB, sofern der Reisende die Unterlassung der Anzeige nicht entschuldigen oder die Nutzlosigkeit eines Abhilfeverlangens nicht dartun kann.
19. Nach dem Wortlaut des §651f I BGB ist allerdings der Schadensersatzanspruch schon dann gegeben, wenn der Veranstalter den Mangel der Reise zu vertreten hat, wie es §635 BGB entspricht. Anders als nach dieser Bestimmung kann der Reisende Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Reisevertrages jedoch nicht statt der Wandelung oder der Minderung, sondern unbeschadet der Minderung oder der Kündigung verlangen. Für das Verhältnis mehrerer Gewährleistungsansprüche zueinander hat der Gesetzgeber sich nicht §635 BGB, sondern §538 I BGB zum Vorbild genommen. Die Ansprüche sollen – anders als im Werkvertragsrecht – nebeneinander geltend gemacht werden können (vgl. Begr. des Rechtsausschusses, BT-Dr 8/2343, S. 10).
20. Dabei versteht es sich wie bei §538 BGB von selbst, dass ein durch Minderung abgegoltener Vermögensverlust nicht noch einmal im Wege des Schadensersatzes geltend gemacht werden kann (vgl. Palandt-Putzo, § 538 Anm. 1; Staudinger-Emmerich, § 538 Rdnr. 24). Andererseits soll der Schadensersatzanspruch gem. §651f BGB wie der gem. § 538 BGB nicht nur Mangelschäden – zu denen auch nutzlose Aufwendung von Urlaubszeit gehört – umfassen, sondern nach dem Willen des Rechtsausschusses des Bundestags auch Begleit- und Folgeschäden (BT-Dr 8/2343, S. 10; zum Umfang des Schadensersatzanspruchs gem. § 538 BGB vgl. Gelhaar, in: RGRK, 12. Aufl., § 538 Rdnr. 15).
21. Die Angleichung an §538 BGB statt §635 BGB betrifft somit nach Wortlaut und Begründung des Gesetzes allein den Anspruchsumfang, nicht die Anspruchsvoraussetzungen. Eine unverzügliche Mangelanzeige oder Abhilfeforderung wird in § 651f BGB nach seinem Wortlaut ebensowenig gefordert wie in §538 BGB. b) Für das Mietrecht ergibt sich dieses Erfordernis jedoch aus §545 Abs. 1 BGB, so dass der Mieter alle Gewährleistungsansprüche, auch den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung, verliert, soweit der Vermieter infolge Unterlassung einer Mangelanzeige Abhilfe zu schaffen außerstande war ( § 545 II BGB). Zwar fehlt eine entsprechende Bestimmung im Reisevertragsrecht. Der Gesetzgeber hat aber insoweit nicht bewusst sowohl vom Werkvertragsrecht als auch vom Mietrecht abweichen wollen. Vielmehr ist er unter Berücksichtigung der sich schon aus den §§ 651c bise BGB ergebenden Obliegenheiten des Reisenden von dem vorangegangenen Abhilfeverlangen bzw. einer Mangelanzeige als Voraussetzung auch des Schadensersatzanspruchs gem. § 651f BGB ausgegangen, es sei denn, Abhilfe ist unmöglich oder ein Schaden ist auch bei erfolgreicher Abhilfe nicht zu vermeiden.
22. Die Abweichung von § 635 beruht nämlich auf denselben Erwägungen wie die entsprechende Änderung des § 538 BGB durch das 2. Mietrechtsänderungsgesetz im Jahre 1964 (vgl. dazu Voelskow, in: MünchKomm, § 53 Rdnr. 1; Staudinger-Emmerich, § 538 Rdnr. 24; Gelhaar, in: RGRK, § 538 Rdnr. 1). Auch dort ist das Verhältniswort statt durch unbeschadet ersetzt worden, um klarzustellen, dass Minderung und Schadensersatz einander nicht ausschließen. Wenn der Gesetzgeber die einzelnen Rechte kumulativ gewähren wollte, so kann daraus ebensowenig wie bei der Änderung des § 538 BGB geschlossen werden, dass er abweichend von der früheren Rechtslage den Ersatz desselben Vermögensinteresses – etwa des Minderwerts einer Reise – von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig machen wollte, – je nachdem ob der Anspruch als Minderung oder als Schadensersatz geltend gemacht wird. Es spricht vielmehr alles dafür, dass er es auch im Recht des Reisevertrags als einer besonderen Art des Werkvertrags (vgl. BGHZ 85, 50 (55)) bei dem Grundsatz hat belassen wollen, wonach der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung grundsätzlich ein fruchtloses Abhilfeverlangen bzw. eine Mangelanzeige voraussetzt.
23. Das ist auch sach- und interessengerecht. Die dem Reisenden obliegende Mangelanzeige soll dem Reiseveranstalter Gelegenheit geben, dem Mangel abzuhelfen und für die Zukunft eine vertragsgemäße Leistung sicherzustellen. Sie liegt damit nicht nur im berechtigten Interesse des Reiseveranstalters, der sich Gewährleistungsansprüchen ausgesetzt sieht, sondern auch im wohlverstandenen Interesse des Reisenden, dem vorrangig an einem möglichst ungestörten Urlaub gelegen sein muss. Mängel, die zu beheben sind, stillschweigend in Kauf zu nehmen, um nach Rückkehr daraus Regressansprüche herleiten zu können, entspricht nicht redlicher Vertragsabwicklung (so auch Staudinger-Schwerdtner, § 651f. Rdnr. 4 a. E.). Deshalb ist das Interesse des Reiseveranstalters an unverzüglicher Unterrichtung und Abhilfemöglichkeit unabhängig davon anzuerkennen, welche Rechte für den Reisenden sich aus einem Mangel ergeben können.
24. Der Einwand, der Schadensersatzanspruch setze im Gegensatz zu Minderung, Aufwendungsersatzanspruch und Kündigung Verschulden voraus, greift demgegenüber nicht durch. Auch die Ansprüche aus den §§ 538 I Alt. 2 und 3, 635 BGB setzen Verschulden voraus, erfordern jedoch zusätzlich unverzügliche Mängelrüge oder im Regelfall Fristsetzung für die Mängelbeseitigung (§§ 545, 634 BGB).
25. Gründe für eine andere Wertung ergeben sich aus den Eigenarten des Reisevertrags nicht. Vielmehr würde der vom Gesetzgeber mit der Anzeigepflicht und dem Abhilfeverlangen verfolgte Zweck in vielen Fällen vereitelt, wollte man für den Schadensersatzanspruch von der Beachtung der Obliegenheit grundsätzlich absehen. Bei den typischen Reisemängeln in Transport, Unterbringung und Verpflegung sowie bei Abweichungen von den Angaben im Reiseprospekt trifft nämlich in aller Regel entweder den Reiseveranstalter selbst oder seinen Erfüllungsgehilfen der Vorwurf des Verschuldens, so dass das Erfordernis der Mangelanzeige oder des Abhilfeverlangens weitgehend leerlaufen würde. Zudem sind die Kontrollmöglichkeiten des Reiseveranstalters gegenüber seinen Leistungsträgern vielfach, insbesondere im Ausland, geringer, als dies gemeinhin bei werkvertraglichen Erfüllungsgehilfen der Fall ist. Um so berechtigter ist sein Interesse, selbst oder in der Person eines erreichbaren Vertreters am Ort alsbald von einem Reisemangel unterrichtet zu werden.
26. Demgegenüber macht die Mangelanzeige mit Abhilfeverlangen dem Reisenden verhältnismäßig geringe Mühe, falls sie ihm unter zumutbaren Umständen alsbald möglich ist. Sie versteht sich von selbst, wenn er auf eine einwandfreie Reiseleistung Wert legt und erwägt, bei Fortdauer der Beeinträchtigung Ausgleichsansprüche geltend zu machen. Die Unterlassung lediglich als Mitverantwortlichkeit gem. §254 BGB zu werten, wird der beiderseitigen Interessenlage nicht gerecht, mag eine solche Wertung auch gelegentlich zum Verlust aller Ersatzansprüche führen können. Vor allem würde dies auf eine Umkehrung der Beweislast zum Nachteil des Reiseveranstalters hinauslaufen; er müsste die Nichtanzeige beweisen. Das erscheint unangemessen.
27. Somit ist dem BerGer. im Ergebnis darin beizupflichten, dass dem Kl. das von den §§ 651c bise BGB erfasste Vermögensinteresse auch im Wege des Schadensersatzes grundsätzlich nur dann zu ersetzen ist, wenn die in diesen Vorschriften genannten Voraussetzungen erfüllt worden sind. Darüber hinaus könnte der Kl. auch bei erheblicher Beeinträchtigung oder Vereitelung der Reise Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit nur dann verlangen, wenn er den ursächlichen Mangel alsbald angezeigt und Abhilfe verlangt hätte, es sei denn, der Mangel wäre nicht zu beheben gewesen.
28. Die Revision rügt jedoch zu Recht die verfahrensfehlerhafte Feststellung des BerGer., der Kl. habe die Mängel des Bungalows, die ihn zur vorzeitigen Abreise veranlasst haben sollen, bei der örtlichen Reiseleitung nicht angezeigt.
29. Der Kl. hat im ersten Rechtszug seine Ehefrau als Zeugin zum Beweis dafür benannt, dass er die behaupteten Mängel bei der örtlichen Vertretung der Bekl. gerügt habe. Vor dem LG hat sie dazu ausgesagt, die erste Beanstandung sei der Bekl. gegenüber ausgesprochen worden, als die Eheleute bereits in den Bungalow eingezogen gewesen seien. Im Appartement hätten sie noch gehofft, die Zustände würden sich ändern. Das BerGer. durfte demnach davon ausgehen, dass der Kl. die Mängel im Appartement zunächst nicht gerügt hatte. Zur Mangelanzeige nach Bezug des Bungalows durfte es aber die protokollierte Bekundung der Zeugin vor dem LG nicht als zu wenig konkret abtun. Das Vernehmungsprotokoll enthält keinen Anhalt dafür, dass die Zeugin danach gefragt worden ist, zu welcher Zeit und Gelegenheit und wem gegenüber der Befund im Bungalow beanstandet worden sei. Wie sowohl der Beweisbeschluss vom 10. 3. 1982 als auch das Urteil des LG erkennen lassen, ist es diesem auf Zeitpunkt, Inhalt und Adressaten der Mangelanzeige gar nicht angekommen. Daher durfte das BerGer. nicht annehmen, die Zeugin sei nicht in der Lage, auf Befragen konkrete Auskünfte zu geben. Damit hat es § 286 ZPO verletzt. Es hätte die Zeugin zu den Umständen der Mangelanzeige vernehmen müssen. Das muss nun nachgeholt werden.
30. Zu Recht geht das BerGer. davon aus, dass der Reisende für Mangelanzeige oder Abhilfeverlangen als Anspruchsvoraussetzung – wie der Besteller für die Fristsetzung gem. § 634 BGB (vgl. RGRK-Glanzmann, 12. Aufl., § 634 Rdnr. 10) und der Mieter für die Mängelanzeige gem. § 545 BGB (vgl. Gelhaar, in: RGRK, § 545 Rdnr. 6) – beweispflichtig ist (so auch Baumgärtel, Hdb. der Beweislast im PrivatR, 1981, § 651d Rdnr. 1; Staudinger-Schwerdtner, § 651d Rdnr. 35; Bartl, ReiseR, S. 75 Rdnr. 62; a. A. wohl Löwe, in: MünchKomm, § 651d Rdnr. 8; Palandt-Thomas, § 651d Anm. 5; Derleder, in: AK, § 651d Rdnr. 3).
31. Ohne Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Feststellung des BerGer., die Reise der Eheleute sei durch die festgestellten Mängel nicht so erheblich beeinträchtigt worden, dass eine Entschädigung gem. § 651f II BGB in Betracht komme.
32. Die Bewertung von Reisemängeln auf ihre Erheblichkeit unterliegt weitgehend tatrichterlicher Beurteilung und ist – ähnlich wie die Bemessung einer Entschädigung (vgl. Senat, NJW 1983, 35 (37)) – mit der Revision nur beschränkt anzugreifen (vgl. auch BGHZ 85, 168 (173)). Die Begründung des BerGer. lässt insofern Rechtsfehler nicht erkennen.
33. Nach alledem ist das angefochtene Urteil nur wegen eines Restbetrages von 1.120,00 DM aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur neueren Verhandlung und Entscheidung an das BerGer. zurückzuverweisen. Im übrigen ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.
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