Haftungsbegrenzung von Fluggesellschaften unwirksam

BGH: Haftungsbegrenzung von Fluggesellschaften unwirksam

Ein Verbraucherverein nimmt eine Fluggesellschaft auf Abänderung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch. Die von der Fluggesellschaft herausgegeben AGB enthalten überwiegend Standards, so wie sie für Fluggesellschaften empfohlen werden. Eine Klausel enthält aber einen Haftungsausschluss gegenüber den Passagieren, sobald eine Flugplanänderung eintritt. Der Verbraucherschutzverein sieht hier die Rechte der Kunden eingeschränkt, da sie der Willkür der Fluggesellschaft unterworfen sind..

Das Gericht entschied, dass die AGB abgeändert werden müssen, um die Rechte der Kunden hinreichend zu schützen.

BGH VII ZR 105/81 (Aktenzeichen)
BGH: BGH, Urt. vom 20.01.1983
Rechtsweg: BGH, Urt. v. 20.01.1983, Az: VII ZR 105/81
OLG Köln, Urt. v. 20.02.1981, Az: 6 U 151/80
LG Köln, Urt. v. 28.05.1980, Az: 76 O 677/79
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Bundesgerichtshof

1. Urteil vom 20.01.1983

Aktenzeichen: VII ZR 105/81

Leitsatz:

2. Allgemeine Geschäftsbedingungen, welche zugunsten einer Fluggesellschaft, bei Änderung des Flugplanes jegliche Haftung gegenüber dem Kunden ausschließt, sind unzulässig.

Zusammenfassung:

3. Im vorliegenden Fall verlangt ein Verbraucherschutzverein die Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, der Lufthansa. Die Lufthansa hat eine Broschüre zusammengestellt, in denen die Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck nachzulesen sind. In diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen schließt die Beklagte unter anderen aus, dass sie für etwaige eintretende Schäden oder Verspätungen nicht haftbar gemacht werden kann. Es kann nicht garantiert werden, dass Zwischenstopps eingelegt, weggelassen oder kurzfristige Flugplanänderungen vorgenommen werden. Das Erreichen von Anschlussflügen kann ebenfalls nicht garantiert werden. Durch Verspätungen entstandene Schäden oder Ersatzansprüche kann der Kunde der Fluggesellschaft, laut den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nicht in Rechnung stellen.
Das Gericht entschied, dass die Beklagte diese Formulierungen aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu entfernen hat.

Tatbestand:

4. Die von der Bekl. (Lufthansa) ausgegebenen Flugscheine enthalten Vertragsbedingungen, in denen es u. a. heißt:

5. Im übrigen unterliegen Beförderung und sonstige Dienstleistungen des Luftfrachtführers den in diesem Flugschein enthaltenen Bedingungen,  den anwendbaren Tarifen,  den Beförderungsbedingungen und sonstigen Bestimmungen des Luftfrachtführers, die Bestandteil dieses Vertrages sind (und auf Wunsch in den Büros des Luftfrachtführers eingesehen werden können); auf Beförderungen von/nach Orten in den USA oder in Kanada finden die dort geltenden Tarife Anwendung.‘

6. In den von der Bekl. in einer Broschüre zusammengestellten Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (Stand: 1. 1. 1980) sind folgende Beförderungsbedingungen abgedruckt:

7.  Allgemeine Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB-Flugpassage)

8.  Besondere Beförderungsbedingungen für den USA-Verkehr

9.  Besondere Beförderungsbedingungen für den Internationalen Luftverkehr (ausgenommen USA-Verkehr)

10.  Besondere Beförderungsbedingungen bei Flugscheinverkäufen und Platzbuchungen in der Bundesrepublik Deutschland (BBB-Inland)

11.  Besondere Beförderungsbedingungen für die Buchung von Reiseplätzen (BBB-Platzbuchung).’Die ABB-Flugpassage enthalten u. a. folgende Bestimmungen:

12.  Die im Flugschein, Flugplan oder anderenorts angegebenen Verkehrszeiten werden jedoch nicht garantiert und sind nicht Bestandteil des Beförderungsvertrages. Der Luftfrachtführer übernimmt keine Verantwortung für das Erreichen von Anschlüssen (Art. X Nr. 1 a S. 2).

13.  Flugpläne unterliegen Änderungen ohne Vorankündigung. Der Luftfrachtführer kann, wenn die Umstände es erfordern, im Flugschein oder Flugplan genannte Zwischenlandepunkte ändern oder auslassen und kann ohne Vorankündigung andere Luftfrachtführer mit der Beförderung betrauen oder anderes Fluggerät einsetzen (Art. X Nr. 1 b).

14.  Wenn es die Umstände erfordern, kann der Luftfrachtführer ohne Ankündigung einen Flug absagen, beenden, umleiten, verschieben oder verspäten; in allen diesen Fällen wird der Luftfrachtführer nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Fluggastes ihn entweder anderweitig befördern, umleiten oder eine Erstattung gem. den Bestimmungen des Art. VI Abs. 2 durchführen; eine weitergehende Haftung ist ausgeschlossen (Art. X Nr. 2).

15.  Bei Hotelbestellungen oder anderen Abmachungen über Unterkunft oder Verpflegung für Fluggäste oder über Ausflüge am Boden oder ähnliche Veranstaltungen, ob auf Kosten des Luftfrachtführers oder nicht, handelt der Luftfrachtführer nur als Agent des Fluggastes; er haftet nicht für Verluste, Schäden oder Aufwendungen jeglicher Art, die dem Fluggast durch die Inanspruchnahme der Unterkunft oder die Inanspruchnahme der betreffenden Veranstaltung oder in Verbindung damit entstehen, oder die dadurch entstehen, daß andere Personen, Gesellschafter oder Agenturen ihm die Inanspruchnahme verweigern (Art. XIII Nr. 3).

16. Bei der Beförderung von Personen sowie von aufgegebenem Gepäck ist der Luftfrachtführer zum Schadensersatz nur dann verpflichtet, wenn ihm nachweislich Fahrlässigkeit zur Fast fällt (Art. XVII Nr. 2 a S. 1).

17.  Die Haftung des Luftfrachtführers gegenüber einem Fluggast für Tod, Körperverletzung oder Gesundheitsbeschädigung ist auf den Betrag von 250 000 Goldfranken oder deren Gegenwert (ca. US-Dollar 20.000) beschränkt; ist in dem anwendbaren Recht eine andere Haftungsbeschränkung vorgesehen, so findet jene Anwendung (Art. XVII Nr. 2 b).‘

18. Die BBB-Inland lauten wie folgt:

19. Für Fluggäste oder Flugscheinbesteller mit Wohnsitz oder Aufenthalt im Geltungsbereich des AGB-Gesetzes, die innerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes einen von der oder für die Deutsche Lufthansa auszugebenden Flugschein über die Beförderung auf deren oder den Diensten anderer Luftfrachtführer bestellen oder einen Reiseplatz auf einem dieser Dienste mit Abflugort im Inland buchen (§ 12 AGB-Gesetz), gelten die nachfolgenden besonderen Beförderungsbedingungen anstelle der insoweit einschlägigen Bestimmungen in den Allgemeinen Beförderungsbedingungen für Fluggäste und Gepäck (ABB-Flugpassage):

20.  Sofern sich der Luftfrachtführer vorbehalten hat, die von ihm versprochenen Leistungen zu ändern, von ihnen abzuweichen oder sich von ihnen zu lösen, gilt dies nur, wenn dies im Einzelfall unter Berücksichtigung der Interessen des Luftfrachtführers dem Fluggast zumutbar ist (§ 10 Nr. 4 AGB-Gesetz).

21.  Für Umstände, die im Verantwortungsbereich des Luftfrachtführers liegen, trägt dieser die Beweislast (§ 11 Nr. 15 AGB-Gesetz). Art. IX Abs. 9d der ABB-Flugpassage (betreffend die Beweislast bei vorbehaltloser Annahme von Reisegepäck) bleibt unberührt.

22.  Sofern in der ABB-Flugpassage ein Ausschluß oder eine Begrenzung der Haftung des Luftfrachtführers oder seiner Leute für Schäden vorgesehen ist, gilt dies nicht für Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grobfahrlässigen Verletzung von vertraglichen Pflichten oder von Pflichten bei den Vertragsverhandlungen seitens des Luftfrachtführers, seiner gesetzlichen Vertreter oder seiner Erfüllungsgehilfen beruhen, es sei denn, daß dieser Haftungsausschluß oder diese Haftungsbeggrenzung der Regelung des Warschauer Abkommens i.d.F. des Haager Protokolls von 1955 entspricht (§ 11 Nr. 7, §8 AGB-Gesetz). Diese besonderen Beförderungsbedingungen finden auch auf bereits abgeschlossene Beförderungsverträge Anwendung.‘

23. Der klagende Verbraucherschutzverein hält die angeführten Bestimmungen der ABB-Flugpassage wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz für unwirksam.

24. Mit der gem. §13 AGBG-Gesetz erhobenen Klage verlangt er von der Bekl., diese Bestimmungen nicht mehr zu verwenden. LG und OLG haben der Klage hinsichtlich der unter 1 bis 5 angeführten Bestimmungen stattgegeben, hinsichtlich der unter 6 wiedergegebenen Bestimmungen die Klage abgewiesen. Die Revision des Bekl. wurde zurückgewiesen, die Anschlußrevision des Kl. hatte Erfolg.

25. Das BerGer. ist der Ansicht, das AGB-Gesetz sei auf die ABB-Flugpassage anzuwenden, weil diese von der Bekl. den Beförderungsverträgen zugrunde gelegten Bestimmungen AGB seien.

26. Der Rechtscharakter der ABB als AGB werde nicht von der in §21 LuftVG vorgeschriebenen Genehmigungspflicht beeinflußt. Der Umstand, daß die ABB/BBB im wesentlichen der Empfehlung 1013 der International Air Transport Association (IATA) entsprächen und teilweise zwingende Regeln des Warschauer Abkommens (WarschAbk.) wiedergäben, berühre ebenfalls nicht die Qualifizierung dieser Bestimmungen als AGB. Der Inhaltskontrolle des AGB-Gesetzes sei die ABB-Flugpassage auch nicht nach §23 II Nrn. 1 bis 3 AGB-Gesetz entzogen; eine entsprechende Anwendung dieser Ausnahmevorschriften sei nicht möglich. Die unter 1 bis 5 angeführten Klauseln der ABB verstießen gegen §10 Nrn. 1, 3, 4 sowie §11 Nrn. 7, 8b, 15a AGB-Gesetz und seien daher unwirksam. Dagegen widerspreche die unter 6 angeführte Klausel, die unmißverständlich abgefaßt sei und eine subsidiäre Regel enthalte, nicht dem AGB-Gesetz.

Entscheidungsgründe:

27. Die Revision der Bekl. bleibt erfolglos.

28. Die ABB, die die Bekl. – wie der in den Flugscheinen enthaltene besondere Abschnitt zeigt – allen von ihr abgeschlossenen Beförderungsverträgen zugrunde legt, sind vorformulierte Vertragsbedingungen und damit AGB i. S. des §1 I AGB-Gesetz.

29. Sie unterliegen deshalb, wie das BerGer. mit Recht ausführt, der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz (vgl. Löwe-Graf v. Westphalen-Trinkner, AGB-Gesetz, Vorb. §§ 8 bis 11 Rdnr. 43; Ulmer-Brandner-Hensen, AGB-Gesetz, 4. Aufl., Anh. §§ 9 bis 11 Rdnr. 484). Ohne Bedeutung ist, daß die ABB im wesentlichen der IATA-Empfehlung 1013 entsprechen, zum Teil Regelungen des Warschauer Abkommens wiedergeben und von einer Behörde genehmigt worden sind. Auch scheidet eine analoge Anwendung des §23 II AGB-Gesetz auf die ABB aus.

30.  Die ABB-Flugpassage stimmen, abgesehen von einigen Änderungen meist redaktioneller Art (vgl. ZLW 1971, 233 Fußn.), mit den von der IATA als Empfehlung 1013 aufgestellten, am 01.04.1971 in Kraft getretenen General Conditions of Cariage (Passenger) (ZLW 1971, 214) wörtlich überein. Diese von der IATA empfohlenen Beförderungsbedingungen sind – ebenso wie die 1931 und 1949 vereinbarten Beförderungsbedingungen (zur Vorgeschichte vgl. Rudolf, ZLW 1971, 153 ff.; Specht, Die IATA, 1973, S. 34 ff.) – keine Rechtsnormen.

31. Als Zusammenschluß von Luftverkehrsunternehmen ist die IATA kein Völkerrechtssubjekt, sondern ein internationaler nichtstaatlicher Verband (vgl. Specht, S. 5; Böckstiegel, NJW 1974, 1018; Rinck, in: Festschr. f. Riese, S. 498 f.); sie kann keine Völkerrechtsnormen setzen. Daß in diesem Verband über die von den einzelnen Staaten betriebenen Luftverkehrsgesellschaften nahezu ausschließlich Staaten zusammengeschlossen sind, ist für die Rechtsnatur der Beförderungsbedingungen ebenfalls ohne Bedeutung. Insbesondere können aus diesem Grund die empfohlenen Beförderungsbedingungen nicht etwa als Völkergewohnheitsrecht angesehen werden. Die Empfehlungen der IATA binden nur ihre Mitglieder. Sie haben keine Außenwirkung und werden erst dann Teil der von den einzelnen IATA-Mitgliedern mit den Fluggästen abgeschlossenen Beförderungsverträge, wenn die jeweilige Luftverkehrsgesellschaft – wozu sie als IATA-Mitglied verpflichtet ist (vgl. Specht, S. 42) – die Beförderungsbedingungen zu ihren Bedingungen erklärt, den Beförderungsverträgen zugrunde gelegt hat und zwingendes Recht nicht entgegensteht (so ausdrücklich Art. II Nr. 6 ABB).

32. Als allgemein formulierte Regeln sind die auf den IATA-Beförderungsbedingungen beruhenden ABB der Bekl. somit – wie von Rechtsprechung und Schrifttum einhellig angenommen wird – typische AGB (so Böckstiegel, NJW 1974, 1019; Rudolf, ZLW 1971, 163; Specht, S. 42 ff.; Riese, RabelsZ 1956, 193; Rudolf, ZLW 1969, 93; Sand, ZLW 1969, 211 f.; Schleicher-Reymann-Abraham, Das Recht der Luftfahrt I, 3. Aufl., S. 415 f.; Schweickhardt, in: Beiträge zum Int. LuftR, Festschr. f. Alex Meyer, 1954, S. 119). Sie unterliegen daher der gerichtlichen Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz. Die weltweite Verwendung der ABB und die damit beabsichtigte Rechtseinheitlichkeit vermag daran – entgegen der Auffassung der Revision – nichts zu ändern. Es erscheint bereits zweifelhaft, ob eine solche weltweite Rechtseinheitlichkeit‘ überhaupt besteht. Schon für die vor den ABB von 1971 geltenden Beförderungsbedingungen wurde darauf hingewiesen, daß sich aufgrund der zwingenden Natur nationaler Gesetzesnormen abweichende Bestimmungen der Beförderungsbedingung nicht durchzusetzen vermögen (vgl. Schweickhardt, S. 119); dies gilt auch für die ABB. So wurden IATA-Bedingungen in Einzelfällen für unwirksam erklärt (vgl. die Hinw. auf Entscheidungen französischer Gerichte bei Sand, ZLW 1969, 214 f.).

33. Selbst wenn die ABB-Flugpassage in allen Staaten, deren Luftverkehrsgesellschaften Mitglieder der IATA sind, unverändert gelten, besteht kein Anlaß, die ABB der Bekl. als Internationale AGB von einer inhaltlichen Kontrolle durch die Gerichte auszunehmen und sie nicht dem AGB-Gesetz zu unterwerfen. Der mit dem AGB-Gesetz bezweckte Schutz des Verbrauchers sowie der Zweck des Gesetzes, den Rechtsverkehr von unwirksamen AGB freizuhalten (vgl. BGHZ 84, 109 (116)), gebietet es, auch solche Klauseln einer gerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen, die inhaltsgleich als AGB in anderen Ländern gelten. Das inländische Interesse an einem wirksamen und unbeschränkten Verbraucherschutz geht in diesem Fall dem Streben nach internationaler Rechtseinheitlichkeit vor.

34.  Das AGB-Gesetz ist für die von der Bekl. verwendeten ABB auch nicht etwa deshalb unanwendbar, weil die ABB auf dem von der Bundesrepublik Deutschland ratifizierten Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im Internationalen Luftverkehr (Warschauer Abkommen i.d.F. von Den Haag 1955, BGBl 1958 II, 312) beruhen (vgl. Böckstiegel, NJW 1974, 1018, 1020; Löwe-Graf v. Westphalen-Trinkner, Anh. §§ 9 bis 11 Rdnr. 484). Trotz ihrer Beziehung zum Warschauer Abkommen und der damit gegebenen Anknüpfung an geltendes Recht verlieren die ABB nicht den Rechtscharakter als AGB.

35.  Die gerichtliche Überprüfung der ABB nach den AGB-Gesetz wird auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beförderungsbedingungen nach §21 I 2 LuftVG mit Verfügung des Bundesministers für Verkehr vom 11.06.1971 genehmigt worden sind. Dabei kann offenbleiben, ob das Genehmigungsverfahren im öffentlichen Interesse aus Gründen einer öffentlichrechtlichen Kontrolle der Bekl. (so Böckstiegel, NJW 1974, 1021, 1025 f; Specht, S. 75, 169) oder – wie die Revision meint – im Interesse der Flugpassagiere vorgesehen ist. Nach der im Schrifttum fast einhellig vertretenen Meinung wird die gerichtliche Kontrolle von AGB nicht dadurch beschränkt oder gar ausgeschlossen, daß die Genehmigung einer Verwaltungsbehörde vorgesehen ist (vgl. Erman-Hefermehl, BGB, 7. Aufl., § 1 AGB-Gesetz Rdnr. 4; Vorb. §§ 8, 9 Rdnr. 9; Gerlach, in: MünchKomm, § 16 AGB-Gesetz Rdnr. 1; Helm, NJW 1978, 129; Löwe-Graf v. Westphalen-Trinkner, § 1 Rdnr. 34, Vorb. §§ 8 bis 11 Rdnrn. 35 f., 43; Palandt-Heinrichs, BGB, 42. Aufl., § 1 AGB-Gesetz Anm. 1, Vorb. § 8 Anm. 5a; Staudinger-Schlosser, AGB-Gesetz, Einl. Rdnr. 21, § 1 Rdnr. 2; Ulmer, BB 1982, 587; Ulmer-Brandner-Hensen, § 1 Rdnr. 71, § 9 Rdnr. 46). Dem schließt sich der Senat an. Prüfungsmaßstab und Zweck dieser Genehmigung unterscheiden sich wesentlich von der Überprüfung nach §§ 9 ff. AGB-Gesetz (vgl. Erman-Hefermehl, Vorb. §§ 8, 9 Rdnr. 9; Ulmer-Brandner-Hensen, § 9 Rdnr. 46). Der Gesetzgeber hat deshalb bewußt darauf verzichtet, im AGB-Gesetz ein Sonderrecht für genehmigte AGB vorzusehen (vgl. zur Entstehungsgeschichte Gerlach, in: MünchKomm, § 16 AGB-Gesetz Rdnr. 1; Ulmer-Brandner-Hensen, § 16 Rdnrn. 1, 2). Aufgrund der Genehmigung des Bundesministers für Verkehr verlieren die ABB daher nicht ihren Rechtscharakter als AGB, sie unterliegen vielmehr in vollem Umfang der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz (so ausdrücklich Löwe-Graf v. Westphalen-Trinkner, Vorb. §§ 8 bis 11 Rdnr. 43; 2. Aufl., § 23 II Nr. 1 Rdnr. 2; Ulmer-Brandner-Hensen, Anh. §§ 9 bis 11 Rdnrn. 484).

36.  Eine Inhaltskontrolle der ABB scheitert schließlich auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung des §23 II AGBG-Gesetz. Zwar finden nach dieser Vorschrift einzelne Bestimmungen des AGB-Gesetzes auf Beförderungsbedingungen der Straßenbahnen, O-Busse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr sowie auf Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen, die aufgrund von internationalen Übereinkommen erlassen wurden, keine Anwendung. Als eng begrenzte Ausnahmevorschrift kann diese Regelung für die ABB der Bekl. jedoch nicht herangezogen werden.

37. Die vom Kl. beanstandeten, unter 1. bis 5. aufgeführten Klauseln in den ABB verstoßen, wie das BerGer. zutreffend annimmt, gegen §§9 bis 11 AGB-Gesetz. Sie sind daher unwirksam und dürfen von der Bekl. nicht mehr verwendet werden.

38.  Aufgrund der in Art. X Nr. 1 a S. 2 enthaltenen Bestimmung werden die im Flugschein, Flugplan oder anderenorts angegebenen Verkehrzeiten nicht garantiert und sind nicht Bestandteil des Beförderungsvertrags; auch übernimmt der Luftfrachtführer keine Verantwortung für das Erreichen von Anschlüssen. Mit dieser Klausel schließt die Bekl. – entgegen der Auffassung der Revision – jede Haftung für besondere Verspätungsschäden aus. Wer – wie die Bekl. – keine Verantwortung für das Erreichen von Anschlüssen übernimmt, bringt zum Ausdruck, daß er für Schäden, die sich aus nicht eingehaltenen Flugzeiten und dem dadurch bedingten Nichterreichen von Anschlüssen ergeben, nicht einstehen will. Die beanstandete Klausel hat somit einen eigenen Regelungsgehalt; die Haftung für solche Verspätungsschäden ist – im Gegensatz zur Auffassung der Revision – in Art. XVII Nr. 2 c, der sich allgemein mit der Haftung für Verspätungsschäden befaßt (vgl. Senat, NJW 1979, 495), und in Art. XVII Nr. 3 i, der sich auf Schäden wegen unterlassener Beförderung trotz ordnungsgemäßer Buchung (sogenannte Überbuchung) bezieht, nicht enthalten.

39. Die Klausel kann auch nicht – wie die Revision meint – lediglich als Präzisierung des Leistungsinhalts angesehen werden. Aufgrund der im Flugplan und im Flugschein angegebenen Ankunftszeiten bringt die Bekl. zum Ausdruck, daß sie die Beförderung des Fluggastes zu einer bestimmten Zeit übernimmt. Der Fluggast bucht gerade deshalb einen im Flugplan aufgeführten Flug, um nach der vorgesehenen Ankunftszeit einen Termin wahrzunehmen oder – bei Weiterflug – einen bestimmten Anschluß zu erreichen. Es gehört deshalb zum Inhalt der von der Bekl. geschuldeten Leistungspflicht, Anschlüsse an andere Fluglinien zu ermöglichen.

40. Auch wenn die Bekl. aufgrund der Besonderheiten des Luftverkehrs eine Garantie für das Erreichen von Anschlüssen nicht übernehmen will, kann sie doch ihre Haftung für einen Schaden, der einem Fluggast aufgrund von ihr zu vertretender Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung – sofern man in dem Beförderungsvertrag ein absolutes Fixgeschäft sieht (vgl. BGHZ 60, 14 (16); BGHZ 77, 320 (323); NJW 1974, 1046 (1047)) – bzw. von ihr zu vertretenden Leistungsverzugs – sofern man den Beförderungsvertrag als relatives Fixgeschäft betrachtet – entsteht, gem. § 11 Nr. 8b AGB-Gesetz nicht ausschließen. Auch der Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens nach § 286 I BGB fällt unter § 11 Nr. 8 b AGB-Gesetz (vgl. Kötz, in: MünchKomm, § 11 Rdnr. 71; Löwe-Graf v. Westphalen-Trinkner, 2. Aufl., § 11 Nr. 8 Rdnrn. 23 bis 25; Palandt-Heinrichs, § 11 Anm. 8a bb; a. A. Staudinger-Schlosser, § 11 Nr. 8 Rdnr. 9; Ulmer-Brandner-Hensen, § 11 Nr. 8 Rdnr. 11). Die beanstandete Klausel, die im übrigen auch Art. 19 widerspricht (vgl. Specht, S. 154), verstößt daher gegen § 11 Nr. 8b AGB-Gesetz (vgl. Ulmer-Brandner-Hensen, Anh. §§ 9 bis 11 Rdnr. 484). Diese Auffassung steht nicht in Widerspruch zum Senatsurteil NJW 1979, 495. In dieser Entscheidung hat der Senat lediglich klargestellt, daß sich die in Art. X Nr. 1 a S. 2 ABB enthaltene Bestimmung auf einen Verspätungsfall bezieht, für den gem. Art. XVII Nr. 2 c grundsätzlich jede Haftung ausgeschlossen ist, Art. VII Nr. 1 b und Art. XVII Nr. 3 i dagegen die Nichtbeförderung eines Passagiers wegen Überbuchung betreffen. Er hatte jedoch nicht zu prüfen, ob die nunmehr beanstandete Klausel mit dem AGB-Gesetz in Einklang steht, weil sich der zu beurteilende Fall vor Inkrafttreten des AGB-Gesetzes ereignet hatte.

41. Darauf, ob die Klausel – wie das BerGer. meint – außerdem gegen § 10 Nr. 1 AGB-Gesetz verstößt, kommt es nicht mehr an. Das kann deshalb unerörtert bleiben.

42.  Mit der in Art. X Nr. 1 b geregelten Bestimmung will sich die Bekl. offenhalten, einseitig Flugpläne und Zwischenlandungspunkte zu ändern, andere Luftfrachtführer mit der Beförderung zu betrauen oder anderes Fluggerät einzusetzen. Mit Recht sieht das BerGer. in dieser Klausel einen typischen Leistungsänderungsvorbehalt, der gegen § 10 Nr. 4 AGB-Gesetz verstößt und durch Nr. 1 der BBB Inland nicht zulässig wird (vgl. Ulmer-Brandner-Hensen, Anh. §§ 9 bis 11 Rdnr. 484). Indem die Klausel der Bekl. völlig einseitig das Recht auf Leistungsänderung einräumt, nimmt sie auf die Interessen der Fluggäste, die sich aus bestimmten Gründen für eine festgelegte Route, eine bestimmte Fluggesellschaft oder einen bestimmten Flugzeugtyp entschieden haben, nicht hinreichend Rücksicht. Den Interessen der Flugpassagiere, für die Änderungen und Abweichungen von der versprochenen Leistung nach § 10 Nr. 4 AGB-Gesetz zumutbar sein müssen, wird insbesondere nicht dadurch Rechnung getragen, daß die Änderungen nur unter dem Vorbehalt der sie erfordernden Umstände möglich sein sollen. Ob ein solcher Änderungsvorbehalt bei einem Reiseveranstalter noch hingenommen werden kann, der sich u. a. zur Beförderung der Kunden an den Urlaubsort verpflichtet hat (vgl. dazu Kötz, in: MünchKomm, § 10 AGB-Gesetz Rdnr. 19), kann offenbleiben. Jedenfalls bei einer Fluggesellschaft, die – wie die Bekl. – Linienflüge durchführt, sind die unangekündigte Änderung von Zwischenlandepunkten oder – im Interkontinentalverkehr – die Verwendung eines anderen Flugzeugtyps erhebliche Abweichungen von der Leistung, die für die Fluggäste auch unter Berücksichtigung der Interessen der Bekl. nicht ohne weiteres zumutbar sind.

43. Die beanstandete Klausel ist auch nicht in Verbindung mit den nachträglich von der Bekl. erlassenen BBB Inland wirksam. Der in Nr. 1 BBB Inland getroffenen Bestimmung, die lediglich den Gesetzestext des § 10 Nr. 4 AGB-Gesetz wiedergibt, fehlt ein eigener Regelungsgehalt. Sie läßt nicht erkennen, wann die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung für den Fluggast zumutbar sein soll. Die Klausel bezeichnet auch nicht näher die Änderungen der versprochenen Leistung. Sie erfaßt ferner nicht – wie geboten – die Gesichtspunkte, nach denen die Zumutbarkeit zu beurteilen ist (a. A. Staudinger-Schlosser, § 10 Nr. 4 Rdnr. 6).

44. Darüber hinaus erstreckt sie sich ausdrücklich nur auf Fluggäste oder Flugscheinbesteller mit Wohnsitz oder Aufenthalt im Geltungsbereich des AGB-Gesetzes, die innerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen von der oder für die Bekl. auszugebenden Flugschein über die Beförderung auf deren oder den Diensten anderer Luftfrachtführer bestellen oder einen Reiseplatz auf einem dieser Dienste mit Abflugort im Inland buchen, nicht aber auch auf im Ausland wohnende Fluggäste, für die ebenfalls das AGB-Gesetz gilt. Der Auffassung der Revision, jeder durchreisende Fluggast habe für die Dauer der Durchreise seinen Aufenthalt im Geltungsbereich des AGB-Gesetzes, kann nicht zugestimmt werden, weil auch der Aufenthalt ein tatsächliches Verweilen von einer gewissen Dauer oder Regelmäßigkeit voraussetzt (Gitter, in: MünchKomm, § 7 BGB Rdnr. 14 m. w. Nachw.).

45. Dem allen steht das Senatsurteil BGHZ 80, 280 (283, 284), nicht entgegen. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall hat sich eine Charterflug-Vermittlungsgesellschaft in ihren Reise- und Geschäftsbedingungen das Recht vorbehalten, notwendige Änderungen in der Flugdurchführung (Wechsel des Fluggeräts, der Fluggesellschaft, der Flugzeit und des Abflughafens) … vorzunehmen. Der Senat hat dieser Klausel lediglich entnommen, daß die Charterflug-Vermittlungsgesellschaft in Wahrheit selbst die Beförderung der Fluggäste übernommen hat und sie nur durch eine jederzeit auswechselbare Fluggesellschaft ausführen lassen wollte. Auf die Wirksamkeit dieser Klausel brauchte der Senat damals nicht einzugehen.

46.  In Art. X Nr. 2 behält sich die Bekl. das Recht vor, ohne Ankündigung einen Flug abzusagen oder zu ändern, wenn es die Umstände erfordern. Diese Klausel verstößt, wie das BerGer. mit Recht annimmt, gegen § 10 Nrn. 3 und 4 AGB-Gesetz. Nach § 10 Nr. 3 AGB-Gesetz ist die einen Rücktrittsvorbehalt enthaltende Bestimmung nur wirksam, wenn die Gründe für die Lösung vom Vertrag in der Klausel angegeben sind (vgl. Kötz, in: MünchKomm, § 10 Rdnr. 16; Löwe-Graf v. Westphalen-Trinkner, 2. Aufl., § 10 Nr. 3 Rdnr. 60; Staudinger-Schlosser, § 10 Nr. 3 Rdnr. 10). Nur dann kann der Kunde beurteilen, ob und unter welchen Umständen mit einer Auflösung des Vertrags zu rechnen ist; auch kann er nur dann prüfen, ob diese Gründe sachlich gerechtfertigt sind. Entgegen der Ansicht der Revision läßt die Formulierung wenn es die Umstände erfordern nicht erkennen, aus welchen Gründen ein Flug abgesagt oder geändert werden soll; auch kann nicht beurteilt werden, ob ein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt.

47. Soweit die Klausel einen Änderungsvorbehalt enthält, verstößt sie – wie die oben angeführte Klausel Art. X Nr. 1 b – auch gegen § 10 Nr. 4 AGB-Gesetz (vgl. Ulmer-Brandner-Hensen, Anh. §§ 9 bis 11 Rdnr. 484). Die Formulierung, daß statt der zugesagten Leistung nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Fluggastes vom Luftfrachtführer Ersatzleistungen angeboten werden, genügt den Erfordernissen nicht, die an einen wirksamen Änderungsvorbehalt zu stellen sind. Die entscheidende Frage, ob die Änderung für den Fluggast zumutbar ist, kann aufgrund der Klausel nicht beantwortet werden. Da – wie oben ausgeführt – der ergänzenden Klausel der Nr. 1 BBB Inland keine Wirkung zukommt, kann die Bestimmung auch nicht in Verbindung mit dieser Klausel aufrechterhalten werden.

48.  Die in Art. XIII Nr. 3 enthaltene Bestimmung schließt eine Haftung des Luftfrachtführers für solche Schäden aus, die dem Fluggast durch Inanspruchnahme einer vom Luftfrachtführer vermittelten Unterkunft entstanden sind. Diese Klausel verstößt gegen § 11 Nr. 7 AGB-Gesetz. Wie das BerGer. festgestellt hat, bezieht sich die Bestimmung auch auf die Fälle, in denen die Bekl. ihre Fluggäste zur Abwendung weitergehender Schadensersatzansprüche – etwa bei verschuldeten erheblichen Verspätungen – in Hotels unterbringt und verpflegt. Dann wird die Bekl. aber nicht – wie die Revision meint – aus Kulanzgründen, sondern im Rahmen ihrer vertraglichen Ersatzpflicht tätig; sie bedient sich – wie das BerGer. zutreffend ausführt – des Hoteliers als ihres Erfüllungsgehilfen. Da ein völliger Haftungsausschluß für das Verschulden eines Erfüllungsgehilfen, der auch ein selbständiger Unternehmer sein kann (vgl. Kötz: in: MünchKomm, § 11 Rdnr. 60; Ulmer-Brandner-Hensen, § 11 Nr. 7 Rdnr. 14), nach § 11 Nr. 7 AGB-Gesetz nicht möglich ist, ist die Klausel insoweit unwirksam.

49. Dem BerGer. ist auch darin zuzustimmen, daß die Klausel nicht teilweise aufrechterhalten werden kann. Der Senat hat in seinem Urteil BGHZ 84, 109 (115 f.) ausgesprochen, daß es nach Wortlaut und Zweck der Vorschriften des AGB-Gesetzes nicht möglich ist, Klauseln, die nur zum Teil gegen das AGB-Gesetz verstoßen, mit eingeschränktem Inhalt aufrechtzuerhalten. Daran hält der Senat auch im Verfahren nach §§ 13 ff. AGB-Gesetz fest (vgl. auch BGHZ 84, 109 (115 f.)).

50. Die in Art. XVII Nr. 2 a S. 1 enthaltene Bestimmung überbürdet bei Schadensersatzansprüchen aufgrund von Personen- oder Sachschäden die Beweislast dem Fluggast. Diese Klausel ist – wie das BerGer. zutreffend annimmt – mit § 11 Nr. 15a AGB-Gesetz unvereinbar; denn dem Fluggast wird damit die Beweislast für Umstände auferlegt, die im Verantwortungsbereich der Bekl. liegen. Auf Nr. 2 der BBB Inland kann sich die Bekl. in diesem Zusammenhang nicht berufen. Wie die in Nr. 1 BBB Inland enthaltene Klausel ist auch diese Bestimmung – wie oben ausgeführt – nicht auf alle Fluggäste der Bekl. anwendbar.

51. Darüber hinaus kann ihr aber, da sie aus sich heraus nicht verständlich ist, ein eigener Regelungsgehalt nicht entnommen werden. Es ist nicht möglich, durch die Verbindung zweier äußerlich völlig getrennter Klauseln, die aufeinander nicht Bezug nehmen und sogar in getrennten AGB enthalten sind, eine unwirksame Klausel aufrechtzuerhalten. Ein solches Ergebnis würde der gebotenen Klarheit von AGB widersprechen. Dem Fluggast ist es nicht zuzumuten, durch das Studium der ABB und der BBB Inland zusammengehörende oder zueinander im Widerspruch stehende Klauseln herauszufinden und nach Feststellung des jeweiligen Regelungsgehalts zu prüfen, ob und inwieweit die eine Klausel die andere außer Kraft setzt oder ergänzt. Es ist vielmehr Sache der Bekl., durch eindeutig formulierte Bestimmungen eine Regelung über die Beweislast zu finden, die mit § 11 Nr. 15a AGB-Gesetz vereinbar ist.

52. Die Anschlußrevision des Kl. hat Erfolg. Entgegen der Auffassung des BerGer. verstößt auch die in Art. XVII Nr. 2 b enthaltene Bestimmung gegen das AGB-Gesetz. Die Klausel läßt zwar, wie das BerGer. zutreffend annimmt, die Regelung des anwendbaren Rechts, also die maßgebenden Vorschriften der §§ 46, 48 LuftVG, unberührt. Der für die Haftungsbeschränkung bedeutsame § 46 LuftVG wird daher, auch wenn dies für den Fluggast aufgrund der Formulierung des Regel-Ausnahmeverhältnisses zunächst schwer zu erkennen ist, nicht ausgeschlossen. Nach dem Vortrag der Bekl. soll die Klausel jedoch (ausschließlich) in den Fällen anwendbar sein, in denen weder die Bestimmungen des Warschauer Abkommen noch die haftungsrechtlichen Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes gelten. Ob solche Fallgestaltungen überhaupt vorkommen, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls verstößt die Klausel dann gegen § 11 Nr. 7 AGB-Gesetz, weil sie auch für Schäden, die auf einer grobfahrlässigen Vertragsverletzung der Bekl. oder auf einer vorsätzlichen oder grobfahrlässigen Vertragsverletzung eines Erfüllungsgehilfen der Bekl. beruhen, die Haftung begrenzt. Die Anwendbarkeit des AGB-Gesetzes ist in solchen Fällen nicht von vornherein ausgeschlossen. Da – wie bereits ausgeführt – die beanstandete Klausel auch nicht teilweise aufrechterhalten werden kann, ist die Bestimmung insgesamt unwirksam. Die in Nr. 3 BBB Inland enthaltene Bestimmung vermag – wie Nrn. 1 und 2 dieser AGB – daran nichts zu ändern.

53. Nach alledem ist die Revision der Bekl. zurückzuweisen und auf die Anschlußrevision das Berufungsurteil insoweit aufzuheben, als die Berufung des Kl. zurückgewiesen worden ist. Da der Senat in der Lage ist, gem. §565 III Nr. 1 ZPO abschließend zu entscheiden, ist die Bekl. antragsgemäß zu verurteilen.

54. Eine Aufbrauchfrist kann der Bekl., wie sie hilfsweise begehrt, nicht gewährt werden. Zweck des AGB-Gesetzes ist es, den Rechtsverkehr von unwirksamen AGB freizuhalten (vgl. BGHZ 84, 109 (116)). Diesem Zweck würde es widersprechen, den Gebrauch von Flugscheinen, die auf unwirksame Beförderungsbedingungen verweisen, auch nur für eine Übergangszeit zu gestatten (vgl. BGH, NJW 1980, 2518 (2519)). Trotz der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geschilderten Schwierigkeiten ist es der Bekl. daher zuzumuten, die vorhandenen Flugscheine kurzfristig entsprechend zu ergänzen.

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