Bestimmung des Ortes von Reiseleistungen
FG Hessen: Bestimmung des Ortes von Reiseleistungen
Die Klägerin vermittelt mit Sitz im Ausland über eine angeschlossene GmbH Ferienwohnungen und -häuser an Reisekunden im Inland. Sie verbuchte ihre Vermietungsleistungen bei der Beklagten – dem Finanzamt – als von ihr erbrachte und also nicht steuerbare Auslandsumsätze. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung der Beklagten gelangte dieser jedoch zu der Auffassung, dass die Vermietungsleistungen der Klägerin als im Inland erbrachte Reiseleistungen gem. § 25 Abs. 1 UStG zu versteuern seien. Gegen einen entsprechenden Umsatzsteueränderungsbescheid legte die Klägerin erfolglos Widerspruch ein und fordert dessen Abänderung nun gerichtlich ein.
Das Finanzgericht Hessen hält die Klage für unbedründet. Die Klägerin habe als ausländische Reiseveranstalterin zwar den Einkauf der Reisevorleistungen und die Koordination der Reservierungswünsche am Sitz seines Unternehmens im Ausland vorgenommen. Allerdings ist für die umsatzsteuerliche Erfassung der sonstigen Leistung der Ort des Vertriebs der Reisen maßgebend. Dieser befand sich im vorliegenden Fall im Inland, weswegen die Leistungen der Klägerin von der Beklagten auch ordnungsgemäß als im Inland erbrachte Reiseleistungen besteuert worden seien.
FG Hessen | 6 K 3092/93 (Aktenzeichen) |
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FG Hessen: | FG Hessen, Urt. vom 21.07.1998 |
Rechtsweg: | FG Hessen, Urt. v. 21.07.1998, Az: 6 K 3092/93 |
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Leitsatz:
2. Zur Bestimmung des Ortes von Reiseleistungen ist der Ort von deren Vertrieb und nicht der Firmensitz des Unternehmens ausschlaggebend.
Zusammenfassung:
3. Eine Aktiengesellschaft mit Sitz im Ausland vermittelte über eine angeschlossene GmbH im Inland Ferienwohnungen und -häuser an Reisekunden. Dabei verbuchte sie ihre Vermietungsleistungen beim zuständigen Finanzamt als von ihr selbst erbrachte und also nicht steuerbare Auslandsumsätze. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung des Finanzamtes gelangte dieses jedoch zu der Auffassung, dass die Vermietungsleistungen der im Inland tätigen GmbH zuzurechnen seien. Die erbrachten Reiseleistungen seien also gem. § 25 Abs. 1 UStG zu versteuern. Gegen einen entsprechenden Umsatzsteueränderungsbescheid legte die Aktiengesellschaft erfolglos Widerspruch ein und fordert nun als Klägerin vom beklagten Finanzamt nun gerichtlich die Abänderung des Umsatzsteueränderungsbescheid ein.
Das Finanzgericht Hessen weist die Klage ab. Für die umsatzsteuerliche Erfassung der Reiseleistungen sei der Ort des Vertriebs der Reisen maßgebend. Die Klägerin habe als ausländische Reiseveranstalterin zwar den Einkauf der Reisevorleistungen und die Koordination der Reservierungswünsche am Sitz seines Unternehmens im Ausland vorgenommen. Der Vertriebsort befand sich im vorliegenden Fall jedoch im Inland, weswegen die Leistungen der Klägerin von der Beklagten auch ordnungsgemäß als im Inland erbrachte Reiseleistungen besteuert worden seien.
Tatbestand:
4. Die Klägerin -Klin.- ist eine Aktiengesellschaft nach ausländischem Recht mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland. Durch ihre Generalvertreter bietet die Klin. in verschiedenen europäischen Ländern Ferienhäuser und -wohnungen wochenweise als Mietobjekte an. Im Inland ist aufgrund eines im November 1969 unter den früheren Firmenbezeichnungen der Klin. abgeschlossenen Vertrages die XXX GmbH mit Sitz in Z als Generalvertreterin auf Provisionsbasis tätig. Auf den Inhalt des Vertrages (Bl. 34/35 der FG-Akte) wird Bezug genommen. Die XXX GmbH war im Streitjahr 1986 unstreitig finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen der Klin. eingegliedert und damit umsatzsteuerlich Organgesellschaft der Klin. gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG 1986.
5. Die Klin. schließt jeweils vor Saisonbeginn mit Ferienwohnungseigentümern und Hoteliers Mietverträge über Ferienwohnungen und Hotelunterkünfte ab, die dem interessierten Publikum in einem nach Zielländern geordneten Saisonkatalog unter der Bezeichnung „XX“ nebst zugehöriger Preisliste angeboten werden.
6. Aufgrund des Vertrages von November 1969 bietet die Klin. in Deutschland ihre Leistungen nicht direkt den Endabnehmern an, sondern hat den Vertrieb auf die XXX GmbH übertragen.
7. Einen Katalog für das Streitjahr vermochte die Klin. dem Gericht trotz diesbezüglicher
Aufforderung nicht mehr vorzulegen. In einem in den beigezogenen Finanzamtsakten (Bl. 169 ff. der Akte Sonderband Fallheft XXX GmbH) befindlichen Katalogauszug betreffend die Saison Winter 1990 heißt es u.a.:
8. „Das Buchen einer Wohnung ist sehr einfach. Suchen Sie sich ein, oder besser noch mehrere Angebote heraus, notieren sich die Bestellnummer (…). Telefonieren Sie Ihrem Reisebüro oder Ihrer XX-Buchungsstelle.
…
9. Partner: XXX GmbH vermittelt Ferienwohnungen und Hotels im Namen der Klägerin, und im Namen der Eigentümer. Dieser Katalog ist das Ergebnis unserer 25jährigen erfolgreichen Vermittlertätigkeit.
…
10. Unsere Haftung: Dieser Katalog wurde sehr sorgfältig zusammengestellt. Die vermittelten Ferienwohnungen und Hotels werden regelmäßig geprüft.
11. Herausgeber dieses Katalogs: XXX GmbH …“
12. In den der Preisliste für 1992 – in der als Herausgeber lediglich die XXX GmbH Z und eine A GmbH benannt sind – beigefügten „XX-Bedingungen“ (Bl. 171f. der Akte Sonderband Fallheft XXX GmbH) heißt es auszugsweise:
13.. „XX und ihre Partnerinnen: Die A GmbH und die XXX GmbH vermitteln Ferienwohnungen, -häuser und Hotels im Namen der Eigentümer und im Namen der Klägerin.
14. XX und die Rücktrittsbedingungen: Wenn Sie nach Abschluß des Vermittlungsvertrages von Ihrer Buchung zurücktreten, kostet Sie das leider etwas. …
15. XX und Ihre Haftung: Die XX-Kataloge werden ebenso wie die Ihnen vorliegende Preisliste sehr sorgfältig zusammengestellt. Es ist für uns selbstverständlich, daß wir die vermittelten Ferienwohnungen, -häuser und Hotels regelmäßig prüfen. Sollten Sie dennoch etwas zu beanstanden haben, so melden Sie die Beschwerdepunkte … innerhalb eines Monats Ihrem Reservierungsbüro.“
16. Die Buchung der Ferienhäuser oder -wohnungen erfolgt durch -in der Regel telefonische- Anfrage der Reiseinteressenten bei einer Reservierungsstelle der XXX GmbH oder bei einem selbständigen Reisebüro. Soweit sich die Kunden unmittelbar an die XXX GmbH wenden, wird von deren Mitarbeitern geprüft, ob das
17. Mietobjekt frei ist. Sodann wird die Reservierung vorgenommen und an die Klin. gemeldet, die im Anschluß daran die Rechnung erstellt und diese aus dem Ausland an die Kunden versendet. Der Kopf der Rechnung (Kopien siehe Bl. 59-62 der Akte „Sonderband-Klage XXX GmbH“) enthält Name und Anschrift der XXX GmbH in Z. Seit 1987 enthalten die Rechnungen den Hinweis, daß die Vermittlung des Ferienobjekts im Namen und für Rechnung der Klägerin erfolge. Außerdem erhalten die Kunden eine Reservierungsbestätigung, auf der sich links oben bei der Absenderangabe Name und Adresse der XXX GmbH befinden. Zumindest in der dem Gericht vorliegenden Bestätigung vom 3. 8. 1987(Bl. 60 der Akte „Sonderband-Klage XXX GmbH“) fehlt ein Hinweis auf die Klin. bzw. darauf, daß die XXX GmbH lediglich Vermittlerin sei.
18. Der Kunde bestätigt seine Reservierung durch Zahlung eines Rechnungsteilbetrages. Erfolgt eine Zahlung auch nach mehrmaliger schriftlicher oder telefonischer Erinnerung nicht, wird die Reservierung storniert. Bestätigt der Kunde seine Reservierung, so erhält er nach Zahlung des Restbetrages vier Wochen vor Reiseantritt die Reiseunterlagen.
19. Interessenten können sich direkt an die XXX GmbH, aber auch an ein Reisebüro wenden, welches dann seinerseits die Reservierungswünsche an die XXX GmbH weiterleitet. In diesem Fall wird dem Reisebüro die Rechnung von der Klin. aus dem Ausland übersandt und von dort ohne den sog. Reisebüroabschnitt, der der eigenen Provisionsabrechnung des betreffenden Reisebüros dient, an den Kunden geschickt. Die Zahlungen der Kunden erfolgen an das Reisebüro und werden von dort an die XXX GmbH weitergeleitet. Das Reisebüro erhält sodann die Reiseunterlagen von der Klin. im Ausland zur Weiterleitung an die Kunden.
20. Die XXX GmbH bietet den Kunden bei der Reservierung eines Objekts eine Reiserücktrittskostenversicherung an und hat diesbezüglich selbst eine derartige Rahmenversicherung mit dem Versicherer abgeschlossen. Reklamationen und Meinungsverschiedenheiten von Kunden werden von der XXX GmbH bearbeitet. Diese tritt auch in zivilgerichtlichen Verfahren als Beklagte in Erscheinung.
21. In ihrer Umsatzsteuererklärung für 1986 behandelte die Klin. die Vermietungsleistungen als von ihr erbrachte und damit nicht steuerbare Auslandsumsätze und brachte gleichzeitig die ihrer Organgesellschaft XXX GmbH in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStG angesichts der für 1986 noch anzuerkennenden grenzüberschreitenden Organschaft bei sich als Organträgerin in Abzug.
22. Der Beklagte -das Finanzamt (FA)- folgte dieser Beurteilung zunächst und setzte die Umsatzsteuer erklärungsgemäß fest. Aufgrund einer bei der Klin. und der XXX GmbH 1990 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelangte der Prüfer zu der Auffassung, daß die Vermietungsleistungen der XXX GmbH als Reiseleistungen gem. § 25 Abs. 1 UStG zuzurechnen seien, die gem. § 3 a Abs. 1 UStG im Inland erbracht und daher von der Klin. als Organträgerin zu versteuern seien. Entsprechend dieser Auffassung erließ das FA im Anschluß an die Außenprüfung am 16. 8. 1991 für 1986 einen Umsatzsteueränderungsbescheid, gegen den die Klin. erfolglos Einspruch eingelegt hat.
23. Mit ihrer Klage begehrt die Klin. die Anerkennung der die Bereitstellung der Ferienhäuser und Ferienwohnungen betreffenden Umsätze als nicht steuerbare Auslandsumsätze. Sie vertritt zunächst die Auffassung, daß es sich bei der Bereitstellung und Vermietung dieser Ferienunterkünfte nicht um Reiseleistungen handele, so daß § 25 UStG schon von daher nicht anwendbar sei. Dies begründet die Klin. damit, daß bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung, ob Reiseleistungen vorlägen, den zivilrechtlichen Grundsätzen zu folgen sei und daß nach Einfügung der §§ 651 a –651k des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB- das hierdurch neu geregelte Reisevertragsrecht eine Gesamtheit von Leistungen für die Annahme eines Reisevertrages voraussetze. Dies sei bei der Bereitstellung lediglich einer Unterkunft ohne weitere Leistungen wie Beförderung, Beköstigung etc. nicht der Fall. Soweit der Bundesgerichtshof -BGH- in seinem Urteil vom 17. 1. 1985 VII ZR 163/84 (NJW 1985, 906) entschieden habe, daß auch bei der Bereitstellung eines Ferienhauses zu Urlaubszwecken als alleinige Leistung das zivilrechtliche Reisevertragsrecht entsprechende Anwendung finde, könne diese Rechtsprechung weder im Hinblick auf den unterschiedlichen Sinn und Zweck der §§ 651 a ff BGB -Verbraucherschutz- noch im Hinblick auf den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung auf das Umsatzsteuerrecht übertragen werden. Die Annahme einer Reiseleistung bei der alleinigen Bereitstellung einer Unterkunft entsprechend der zivilrechtlichen Rechtsprechung führe zu einer im Steuerrecht unzulässigen Analogie zulasten des Steuerpflichtigen.
24. Die Klin. trägt vor, daß selbst wenn man insoweit der Auffassung des FA folgen und davon ausgehen wolle, daß es sich bei den hier in Frage stehenden Leistungen um Reiseleistungen i.S. des § 25 UStG handele, dennoch diese Leistungen als von der Klin. im Ausland erbracht anzusehen und damit nicht steuerbar seien. Reiseveranstalterin sei die Klin., die XXX GmbH in Z erbringe hingegen lediglich typische Vermittlungsleistungen. Dies ergebe sich sowohl aus dem Vertrag von November 1969, der Grundlage der Tätigkeit der XXX GmbH für die Klin. sei. Die Klin. schließe die Verträge mit den Ferienhauseigentümern und den Hoteliers ab und stelle den Katalog zusammen, die XXX GmbH vermittele der Klin. lediglich die Kunden gegen Provision. Zwar sei für die Beurteilung der Frage, ob ein Reiseunternehmer Vermittlungs- oder Eigenleistungen erbringe, die Rechtsprechung der Zivilgerichte maßgebend und danach hänge es unter Bezugnahme auf § 651 a Abs. 2 BGB entscheidend davon ab, wie das Reiseunternehmen aus der Sicht des Reisenden jeweils nach außen auftrete. Jedoch ergebe sich sowohl aus den von der Klin. herausgegebenen Prospekten und Katalogen für die Interessenten eindeutig, daß die XXX GmbH lediglich im Namen und für Rechnung der Klin. vermittelnd tätig werde und daß nur die Klin. Vertragspartner der Kunden werde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Feststellung des FA, daß die XXX GmbH Mängelrügen bearbeite und in Schadensersatzprozessen als Beklagte auftrete. Dies sei formalrechtlich zwar nicht richtig, sei aber lediglich als Entgegenkommen gegenüber den Kunden zu würdigen, die ansonsten die Klin. im Ausland verklagen müßten. Im Innenverhältnis würden die Prozesse jedoch für Rechnung der Klin. geführt. Auch aus dem Umstand, daß die XXX GmbH mit den Kunden auf Wunsch eine Reiserücktrittskostenversicherung abschließe, lasse sich nicht auf deren Eigenschaft als Reiseveranstalterin schließen, da ein solcher Versicherungsschutz auch von allen anderen Reisebüros, die Vermittlungsleistungen erbringen, angeboten werde. Folge man der Auffassung des FA und sehe die XXX GmbH als Reiseveranstalterin an, so laufe dies darauf hinaus, jeden Reisevermittler als Veranstalter anzusehen, was im Ergebnis auch Art. 26 Abs. 1 der 6 EG USt. -Richtlinie zuwiderlaufe.
25. Abschließend beruft sich die Klin. darauf, daß das beklagte FA die Beweislast für die den Steueranspruch begründenden Tatsachen trage. Da sich die für den Steueranspruch relevante Frage, ob die XXX GmbH selbst im Streitjahr als Reiseveranstalterin aufgetreten sei, mangels aus dem Streitjahr vorhandener Unterlagen -Prospekte, Kataloge, Preislisten etc.- nicht mehr abschließend klären lasse, sei zugunsten der Klin. davon auszugehen, daß die XXX GmbH lediglich als Vermittlerin nach außen in Erscheinung getreten sei.
27. den Umsatzsteueränderungsbescheid 1986 vom 16. 8. 1991 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 15. 9. 1993 dahingehend abzuändern, daß die Umsatzsteuer auf ————– DM festgesetzt wird.
30. Das FA ist der Auffassung, daß die XXX GmbH in Z eigene Reiseleistungen gem. § 25 Abs. 1 UStG erbringe, die gem. § 25 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 3 a Abs. 1 UStG im Inland ausgeführt würden und mithin steuerbar und -soweit sie nicht steuerfreien Reisevorleistungen i.S. des § 25 Abs. 2 UStG zuzurechnen seien- auch steuerpflichtig seien. Wegen der 1986 noch bestehenden grenzüberschreitenden Organschaft sei die der XXX GmbH verbleibende Marge bei der Klin. als Organträgerin zu versteuern.
31. Das FA geht davon aus, daß die Rechtsprechung des BGH in seinem Urteil vom 17.1.1985 (a.a.O.) auch auf die umsatzsteuerliche Beurteilung der Frage, ob Reiseleistungen i.S. des § 25 Abs. 1 UStG anzunehmen seien, zu übertragen sei und daß danach auch die alleinige Gewährung von Ferienunterkünften ohne die Erbringung anderer Leistungen als Reiseleistung anzusehen sei.
32. Für die umsatzsteuerlich bedeutende Frage der Person des Leistenden komme es entscheidend darauf an, wer aus Sicht des jeweiligen Kunden -insbesondere im Hinblick auf die Prospektgestaltung- als Reiseveranstalter anzusehen sei. Danach seien die Reiseleistungen nicht von der Klin., sondern von der XXX GmbH in Deutschland erbracht worden. Nach den gesamten Umständen dränge sich hier der Anschein auf, die Reiseleistungen würden von der XXX GmbH in eigener Verantwortung erbracht. In den vorliegenden Katalog- und Preislistenauszügen späterer Jahre trete nur die XXX GmbH, nicht jedoch die Klin. als Herausgeberin in Erscheinung. Weitere wesentliche Indizien für die eigene Reiseveranstaltertätigkeit der XXX GmbH seien insbesondere die Tatsache, daß diese auch in Schadensersatzprozessen vor den Zivilgerichten als Vertragspartnerin in Anspruch genommen werde und daß überdies die XXX GmbH auf Wunsch Reiserücktrittsversicherungen im eigenen Namen anbiete. Auch in den Rechnungen des Streitjahres fände sich keinerlei Hinweis auf die Klin., als Abrechnende trete vielmehr nur die XXX-GmbH in Erscheinung.
Entscheidungsgründe
33. Die zulässige Klage ist unbegründet, da das FA die Klin. im Streitjahr 1986 im Ergebnis zu Recht im Wege der Besteuerung von Reiseleistungen gem. § 25 UStG als Organträgerin in Anspruch genommen hat.
34. Im Streitjahr 1986 bestand nach der seinerzeit geltenden Fassung des § 2 Abs. 2 Nr.2 UStG 1986 zwischen der Klin. und der XXX GmbH in Z eine grenzüberschreitende Organschaft mit der Folge, daß umsatzsteuerrechtlich nur von einem Unternehmen auszugehen ist. Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG 1986 wird eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist (Organschaft). Unstreitig waren diese Voraussetzungen bei der XXX GmbH im Verhältnis zur Klin. im Streitjahr 1986 erfüllt, so daß wegen dieser bestehenden grenzüberschreitenden Organschaft umsatzsteuerlich nur von einem Unternehmen auszugehen ist mit der Folge, daß alle Handlungen der XXX GmbH als Organ umsatzsteuerlich der Klin. als Organträgerin zuzurechnen sind.
35. Die im Jahr 1986 bestehende grenzüberschreitende Organschaft führt im Ergebnis dazu, daß die Klin. zu Recht vom FA gem. § 25 UStG im Wege der Besteuerung von Reiseleistungen in Anspruch genommen wurde.
36. Gem. § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG gelten die Bestimmungen des § 25 UStG über die Besteuerung von Reiseleistungen für Reiseleistungen eines Unternehmers, die nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind, soweit der Unternehmer dabei gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Diese Voraussetzungen waren bei der Klin. im Streitjahr 1986 erfüllt.
37. 1. Entgegen ihrer Auffassung handelt es sich bei den von ihr erbrachten
38. Leistungen -Vermietung von Ferienwohnungen und -häusern ohne Anreise, Verpflegung etc.- um Reiseleistungen i.S. des § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG, auch wenn sie damit gegenüber ihren Kunden jeweils nur eine Leistung und kein Leistungsbündel erbracht hat (vgl. BFH-Beschluß vom 21. 1. 1993 V B 95/92, BFH/NV 1994, 346; Urteil des EuGH vom 12. 11. 1992 C-163/91, UVR 1993, 55 UStR 1995, 302). Diese Auslegung des Begriffs „Reiseleistungen“ steht völlig im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut, ohne daß es hierfür einer Analogie entsprechend der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zu § 651 a ff. BGB (vgl. BGH-Urteil vom 17. 1. 1985 VII ZR 163/84, NJW 1985, 906) bedürfte: Während § 651a Abs. 1 BGB eine „Gesamtheit von Reiseleistungen“ verlangt und damit in der Tat eine einzelne Leistung nur durch teleologische Auslegung zu einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift führen kann, verlangt § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG nur das Vorliegen von „Reiseleistungen“, so daß vom Wortlaut her schon kein Leistungsbündel erforderlich ist. Insbesondere ergibt sich dies auch aus einem Umkehrschluß aus § 25 Abs. 1 Satz 3 UStG, wonach in den Fällen, in denen ein Unternehmer an einen Leistungsempfänger im Rahmen einer Reise mehrere Leistungen dieser Art (und damit mehrere „Reiseleistungen“) erbringt, diese als einheitliche sonstige Leistung gelten sollen.
39. Damit werden gegenüber den Leistungsempfängern, welche die Ferienhäuser und Ferienwohnungen zu Urlaubszwecken nutzen, Reiseleistungen i.S. des § 25 Abs. 1 Satz 1 UStG erbracht.
40. 2. Ungeachtet dessen, ob die XXX GmbH in Z wegen ihres Auftretens
41. gegenüber den Kunden und aufgrund der herausgegebenen Prospekte und Preislisten nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte (vgl. u.a. Urteile des BGH vom 9.7.1992 VIII ZR 7/92, Der Betrieb 1992, 2615; vom 17. 1. 1985 VII ZR 163/84, NJW 1985, 906 und vom 26. 6. 1980 VII ZR 210/79, BGHZ 77, 310 und Urteil des OLG München vom 8. 1. 1991 25 U 2694/90, Fundstelle: JURIS) wegen der Fiktion des § 651a Abs. 2 BGB („…wenn nach den äußeren Umständen der Anschein erweckt wird, daß der Erklärende vertraglich vorgesehene Reiseleistungen in eigener Verantwortung erbringt“) als Reiseveranstalterin oder lediglich als Vermittlerin von Reisen für die Klin. anzusehen ist, kommt wegen des bestehenden grenzüberschreitenden Organschaftsverhältnisses i.S. von § 2 Abs.2 Nr.2 UStG 1986 umsatzsteuerlich nur die Klin., die Organträgerin der XXX GmbH in Z war, als Unternehmerin i.S.v. § 25 Abs.1 Satz 1 UStG und damit als Reiseveranstalterin in Betracht. Die Vertriebs- bzw. Vermittlungsleistungen der XXX GmbH aufgrund des Generalvertretervertrages vom 1. 11. 1969 stellen lediglich Innenumsätze zwischen Organträgerin und Organgesellschaft dar, der Organträgerin werden hingegen alle Umsätze der Organgesellschaft als eigene Umsätze zugerechnet. Die Organgesellschaft ist wegen § 2 Abs.2 Nr.2 UStG mit ihren Innen- und Außenleistungen kein selbständiger Unternehmer; Organträger und Organgesellschaft bilden vielmehr ein Unternehmen (vgl. Birkenfeld, Umsatzsteuerhandbuch, Bd.1, I. Abschn. Rdnr. 207 m.w.N.).
42. Unabhängig davon, ob die XXX GmbH gegenüber den Kunden im eigenen Namen oder im Namen der Klin. aufgetreten ist, handelte sie wegen der bestehenden grenzüberschreitenden Organschaft danach in jedem Fall nicht als Vermittlerin für ein anderes Unternehmen, sondern für das eigene Unternehmen, bestehend aus der Klin. als Organträgerin und der XXX GmbH als Organgesellschaft.
43. 3. Die Klin. hat schließlich für ihre gegenüber den Kunden erbrachten
44. Reiseleistungen auch Reisevorleistungen i.S.v. § 25 Abs. 1 Satz 5 UStG in Anspruch genommen. Inanspruchnahme von Reisevorleistungen i.S. des § 25 Abs.1 Satz 1 UStG bedeutet, daß umsatzsteuerliche Leistungsbeziehungen zwischen dem Leistungsträger und dem Unternehmer sowie zwischen Unternehmer und dem Leistungsempfänger bestehen müssen (Sölch-Ringleb-List, Kommentar zur Umsatzsteuer, § 25 Rdnr. 30). Die Inanspruchnahme von Reisevorleistungen liegt vor, wenn der Dritte – der eigentliche Leistungsträger – auf Veranlassung des Reiseunternehmers gegenüber dem Reisenden tatsächlich tätig wird (Bunjes/Geist, UStG-Kommentar, 5. Aufl. 1997, § 25 Tz.5). Im hier zu entscheidenden Fall trat die Klin. durch den „Ankauf“ von Ferienwohnungs- und Hotelzimmerkapazitäten zu den Eigentümern und Betreibern dieser Ferienobjekte in umsatzsteuerliche Leistungsbeziehungen. Die Leistungsträger wiederum wurden gegenüber den Kunden der Klin. vor Ort durch die Übergabe der Hotelzimmer bzw. Ferienwohnungen und -häuser und die Abwicklung des Aufenthalts in den Ferienobjekten tatsächlich tätig.
45. 4. Da die Voraussetzungen für eine Besteuerung der Reiseleistungen nach
46. § 25 UStG damit erfüllt sind, richtet sich der Ort, an dem die Reiseleistungen erbracht werden, gem. § 25 Abs. 1 Satz 4 UStG nach § 3a Abs.1 UStG. Nach dieser Vorschrift wird eine sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 1 Satz 1 UStG). Wird die sonstige Leistung von einer Betriebsstätte ausgeführt, so gilt die Betriebsstätte als Ort der sonstigen Leistung (§ 3a Abs. 1 Satz 2 UStG).
47. Die Klin. hat ihr Unternehmen an ihrem Unternehmenssitz im Ausland betrieben. Wegen der 1986 bestehenden grenzüberschreitenden Organschaft, die gem. § 2 Abs.2 Nr.2 UStG 1986 zur Folge hat, daß die XXX GmbH als Organgesellschaft umsatzsteuerlich nicht als selbständige Unternehmerin, sondern als unselbständiger Unternehmensteil der Klin. anzusehen ist, handelte es sich bei ihr 1986 um eine Betriebsstätte der Klin. (vgl. BMF-Schreiben vom 4. 6. 1981
48. – IV A 2-S 7117-32/81- BStBl. 1981 I S.481 II.1. Ort des
49. Unternehmens-Tz.1.1.; Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG-Kommentar, Bd.II, § 3a, Anm. 42; Offerhaus/Söhn/Lange, Umsatzsteuer-Kommentar, § 3a, Anm. 10). Für die Bestimmung des Leistungsortes i.S. des § 3a Abs. 1 UStG ist danach ausschlaggebend, ob die sonstigen Leistungen an dem Unternehmenssitz der Klin. im Ausland oder von der Betriebsstätte der Klin. in Z erbracht wurden. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Klin. tätig geworden ist, indem sie die einzelnen Ferienobjekte ausgewählt und zu den Hotelbetreibern und Ferienhausbesitzern in vertragliche Beziehungen getreten ist und überdies die Koordinierung der Reservierungswünsche, die von den Buchungsbüros aus verschiedenen Ländern an sie herangetragen wurden, übernommen hat. Hingegen wurde von der Betriebsstätte in Z der Vermietungsbetrieb der Ferienobjekte in Deutschland organisiert, die XXX GmbH war darüber hinaus alleinige Ansprechpartnerin der Kunden in Bezug auf die Reservierungen sowie hinsichtlich etwaiger Mängelrügen und Schadensersatzklagen. Außerdem bezeichnete sich die GmbH in den XX-Prospekten und Preislistenals Herausgeberin der Unterlagen.
50. Wird ein Umsatz -wie hier- sowohl an dem Ort, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, als auch von einer Betriebstätte ausgeführt, ist der Leistungsort nach dem Ort zu bestimmen, an dem die sonstige Leistung überwiegend erbracht wird. Für die Abgrenzung ist der wirtschaftliche Schwerpunkt der Leistung maßgebend (Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Bd.II, § 3a, Anm. 42).
51. Der Senat ist der Auffassung, daß bei der Bestimmung dieses wirtschaftlichen Schwerpunkts auf den Reisevertrieb (Angebot, Beratung, Entgegennahme der Reisebuchung und des Reisepreises) und nicht auf die Reiseproduktion (Einkauf der Reisevorleistungen, Koordinierung der Reservierungen) abzustellen ist. Bei dem Einkauf von Reisevorleistungen handelt es sich lediglich um Vorbereitungshandlungen, die für die Beurteilung des Leistungsortes unbeachtlich sind; entscheidend ist vielmehr die Tätigkeit des Reiseunternehmers auf der Verkaufsseite, d.h. die Beratung des Kunden, die Buchung der Reise und die Entgegennahme des Reisepreises (vgl. Plückebaum- Malitzky, UStG, Bd.II/7, 10. Aufl., § 25, Rdnr. 69). Im vorliegenden Fall ist insbesondere darauf hinzuweisen, daß die Klin. jeweils nur eine Reiseleistung, die Vermietung von Ferienobjekten, gegenüber ihren Kunden erbracht hat, so daß neben dem Einkauf von Reisevorleistungen die Notwendigkeit der Bündelung verschiedener Reisevorleistungen zu einer Gesamtreise (z.B. Koordination von Beförderung, Unterkunft und Verpflegung), wie bei anderen Reiseveranstaltern, als weitere Vorbereitungshandlung am Unternehmenssitz im Ausland entfiel. Die von der Klin. hauptsächlich gegenüber den Kunden erbrachten Tätigkeiten sind -abgesehen von der „Weitergabe“ der Reisevorleistungen- in der Beratung, der Entgegennahme von Buchungen und Reservierungswünschen, sowie in der Bearbeitung von Mängelrügen zu sehen. Diese Dienstleistungen wurden aber, bis auf die zentrale Entgegennahme und Koordination der Reservierungen im Ausland, die wohl insbesondere auf das internationale Betätigungsfeld der Klin. zurückzuführen ist, ausnahmslos von der Betriebsstätte in Z gegenüber den inländischen Endverbrauchern wahrgenommen. Die Kunden traten mit ihren Wünschen nach Beratung und Reservierung der Ferienobjekte, aber auch bei Zahlung des Mietpreises und bei etwaigen Mängelrügen nur mit der XXX GmbH im Inland in Kontakt, so daß an dem Ort dieser Betriebsstätte der wirtschaftliche Schwerpunkt der Tätigkeit der Klin. zu sehen ist, weil an diesem Ort die Reiseleistungen tatsächlich verkauft wurden. Soweit die Vermittlung der Ferienobjekte über unabhängige Reisebüros für die Klin. erfolgte, traten diese Reisebüros bzgl. Reservierung und Abrechnung ebenfalls nur zu der XXX GmbH in Z in Kontakt.
52. Auch wenn bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt das Gemeinschaftsrecht keine ausschlaggebende Rolle spielt, ist dennoch darauf hinzuweisen, daß auch der Europäische
Gerichtshof in seinem Urteil vom 20. 2. 1997 Rs. C-260-95 (UR 1997, 179) zu Art. 26 der 6. EGUSt.-Richtlinie, der folgend § 25 UStG im Rahmen der Umsatzsteuerharmonisierung als Sondervorschrift in das Umsatzsteuergesetz eingefügt wurde, bei einem ähnlich gelagerten Sachverhalt, in dem es darum ging, daß ein Reiseveranstalter mit Sitz in einem Mitgliedstaat Dienstleistungen für Reisende durch Vermittlung einer in einem anderen Mitgliedstaat tätigen Gesellschaft erbrachte, bei der es sich um eine feste Niederlassung des Reiseveranstalters handelte, für die Bestimmung des Ortes der Leistung auf den Sitz der Niederlassung abgestellt hat.
53. Im Ergebnis führt die Anwendung des § 3a Abs. 1 UStG daher dazu, daß die Reiseleistungen der Klin. im Inland erbracht wurden und der Besteuerung gem. § 25 UStG zu unterwerfen sind, wobei wegen der bestehenden grenzüberschreitenden Organschaft die Klin. als Organträgerin als Steuerschuldnerin in Anspruch zu nehmen ist.
54. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen.
55. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Bedeutung gem. § 115 Abs.2 Nr.1 FGO zuzulassen.
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