Südamerikanischem 3-Sterne-Hotel ohne deutsche Reiseleitung ist ein Reisemangel

AG Düsseldorf: Südamerikanischem 3-Sterne-Hotel ohne deutsche Reiseleitung ist ein Reisemangel

Der Kläger hatte bei der Beklagten für sich, seine Ehefrau und deren zwei Kinder einen Aufenthalt in einem Hotel in Brasilien gebucht. Nach der Ankunft stellte der Kläger fest, dass das Baden am hoteleigenen Strandabschnitt wegen Strömungsgefahr untersagt worden war und die Urlauber einen anderen Strandabschnitt nutzen mussten. Der Kläger verlangt nun eine Reisepreisminderung i. H. v. EUR 650,- von der Beklagten.

Das Amtsgericht Düsseldorf weist die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Reisepreisminderung gemäß § 651 d Abs. 1 BGB gegenüber der Beklagten, weil eine Mängelanzeige nicht erfolgt sei. Um seiner Verpflichtung zur Mängelanzeige nachzukommen, obliege es daher dem Reisenden entweder auf eigene Englisch- oder Spanischkenntnisse zurückzugreifen oder telefonisch über Deutschland den Reiseveranstalter oder dessen Reiseleitung zu erreichen.

AG Düsseldorf 26 C 5498/06 (Aktenzeichen)
AG Düsseldorf: AG Düsseldorf, Urt. vom 28.07.2006
Rechtsweg: AG Düsseldorf, Urt. v. 28.07.2006, Az: 26 C 5498/06
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Nordrhein-Westfalen-Gerichtsurteile

Amtsgericht Düsseldorf

1. Urteil vom 28. Juli 2006

Aktenzeichen: 26 C 5498/06

Leitsatz:

2. Um seiner Verpflichtung zur Mängelanzeige nachzukommen, obliegt es dem Reisenden entweder auf eigene fremdsprachliche Kenntnisse zurückzugreifen oder telefonisch über Deutschland den Reiseveranstalter zu erreichen.

Zusammenfassung:

3. Der Kläger hatte bei der Beklagten für sich, seine Ehefrau und deren zwei Kinder einen Aufenthalt in einem Hotel in Brasilien gebucht. Nach der Ankunft stellte der Kläger fest, dass das Baden am hoteleigenen Strandabschnitt wegen Strömungsgefahr untersagt worden war und die Urlauber einen anderen Strandabschnitt nutzen mussten. Eine Mängelanzeige sei dem Kläger jedoch nicht möglich gewesen, weil eine deutschsprachige Reiseleitung vor Ort nicht anzutreffen gewesen sei.

Nach Rückkehr von der Reise verlangte der Kläger von der Beklagten eine Reisepreisminderung von EUR 800,- (EUR 200,- pro Person). Die Beklagte überwies dem Klager danach EUR 150,-, ohne sich rechtlich dazu verpflichtet zu sehen. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger die verbleibenden EUR 650,- von der Beklagten.

Das Amtsgericht Düsseldorf weist die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Reisepreisminderung gemäß § 651 d Abs. 1 BGB gegenüber der Beklagten, weil eine Mängelanzeige bezüglich des nicht nutzbaren Badestrandes vor Ort nicht erfolgt sei.

Ein Reisender könne in einem südamerikanische 3-Sterne-Hotel nicht damit rechnen, dass eine deutsche Reiseleitung vor Ort ist, wenn dies nicht vertraglich zugesichert sei. Um seiner Verpflichtung zur Mängelanzeige nachzukommen, obliege es daher dem Reisenden entweder auf eigene Englisch- oder Spanischkenntnisse zurückzugreifen oder telefonisch über Deutschland den Reiseveranstalter oder dessen Reiseleitung zu erreichen.

Tenor:

4. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

5. Der Kläger buchte bei der Beklagten für sich, seine Ehefrau und seine beiden Kinder eine 13-tägige Urlaubsreise in das Hotel x/Brasilien zum Preis von 4.024,00 € zuzüglich 62,00 € Reiserücktrittskostenversicherung.

6. Vor Ort angekommen stellte der Kläger fest, dass ein Baden im Meer an dem Strandabschnitt, der zum Hotel hin gelegen war, nicht möglich war. Wegen der Unterwasserströmungen und einiger Todesfälle vor Eintreffen des Klägers und seiner Familie hatten die vor Ort befindlichen Behörden das Baden im dortigen Strandabschnitt untersagt. Einige hundert Meter entfernt war jedoch am gleichen Strand ein Baden im Meer gefahrlos möglich. Der Kläger und seine Familie wandten sich vor Ort nicht an die Reiseleitung der Beklagten.

7. Die Rückreise verlief anders als geplant. Der Kläger und seine Familie wurden nicht Nonstop nach Düsseldorf zurückbefördert, sondern nach einer um sechs Stunden vorgenommenen Vorverlegung des Rückflugs erfolgte ein Flug von Brasilien nach Amsterdam. Anschließend reiste der Kläger mit seiner Familie im Bus von Amsterdam nach Düsseldorf weiter.

8. Mit Schreiben vom 29.12.2005 machte der Kläger die vorbezeichneten Reisemängel bei der Beklagten geltend und begehrte eine Reisepreisminderung von 200,00 € pro Person, insgesamt 800,00 €. Die Beklagte erstattete – ohne Anerkennung einer Rechtspflicht – 150,00 €. Den Restbetrag von 650,00 € macht der Kläger im diesseitigen Verfahren gerichtlich geltend.

9. Der Kläger behauptet, eine deutschsprachige Reiseleitung der Beklagten sei nicht vor Ort gewesen. Da er und seine Familienangehörigen der englischen Sprache nicht hinreichend mächtig seien, habe eine Mängelanzeige nicht erfolgen können.

10. Der Kläger ist der Ansicht, eine Mängelanzeige sei auch entbehrlich gewesen, da die Beklagte bzw. die Mitarbeiter vor Ort eine Abhilfe im Hinblick auf die Meeresströmung und die fehlende Bademöglichkeit im Meer nicht hätten schaffen können. Es sei ihm nicht zuzumuten gewesen, den mehrere hundert Meter entfernten Strand zum Baden aufzusuchen. Auch der Verlauf der Rückreise stelle einen Reisemangel dar. Die Entfernung von Amsterdam nach Düsseldorf sei nicht unwesentlich, sondern betrage mehr als 200 Kilometer.

11. Der Kläger beantragt,

12. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 650,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.1.2006 zu zahlen.

13. Die Beklagte beantragt,

14. die Klage abzuweisen.

15. Sie behauptet, eine deutschsprachige Reiseleitung sei vor Ort gewesen, obwohl dies vertraglich seitens der Beklagten nicht zugesichert gewesen sei.

16. Die Beklagte ist der Ansicht, mangels einer Mängelanzeige vor Ort seien Reisepreisminderungsansprüche nicht gegeben. Auch die Verlegung des Rückflugs, die sich über nicht mehr als vier Stunden hin erstreckt habe, sei als bloße Unannehmlichkeit vom Kläger ohne Entschädigung hinzunehmen gewesen. Die Tage der An- und Abreise dienten hauptsächlich der Ortsveränderung und besäßen keinen besonderen Erholungswert.

17. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

18. I. Die Klage ist unbegründet.

19. Der Kläger ist nicht nach § 651 d Abs. 1 BGB berechtigt, von der Beklagten eine Reisepreisminderung in Höhe von 650,00 € zu verlangen.

20. Ein Anspruch auf Reisepreisminderung gemäß § 651 d Abs. 1 BGB steht dem Kläger nicht gegenüber der Beklagten zu. Reisepreisminderungsansprüche des Klägers sind durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten in Höhe von 150,00 € gemäß § 362 BGB erloschen.

21. Hinsichtlich der vom Kläger konkret geltend gemachten Reisemängel gilt im Einzelnen Folgendes:

22. 1. Soweit der Kläger beanstandet, er habe nicht in unmittelbarer Hotelnähe im Meer baden können, kann er eine Reisepreisminderung nach § 651 d Abs. 1 BGB nicht verlangen, da er diesen von ihm behaupteten Mangel nicht gegenüber der Beklagten gemäß § 651 d Abs. 2 BGB vor Ort angezeigt hat. Durch eine solche Mängelanzeige soll der Reiseveranstalter die Möglichkeit erhalten, sich über die Unzufriedenheit der Gäste zu informieren und einem etwaigen Reisemangel unverzüglich abzuhelfen (vgl. Landgericht …, Urteil vom …, Aktenzeichen: …). Hinsichtlich einer solchen Mängelanzeige trägt der Reisende die Darlegungs- und Beweislast (vgl. BGHZ 92, 177, 183). Vorliegend hat der Kläger unstreitig gestellt, diesen von ihm behaupteten Reisemangel bei der Beklagten nicht angezeigt zu haben. Er hat insoweit vorgetragen, er sei der englischen Sprache nicht hinreichend mächtig und eine deutsche Reiseleitung sei nicht vor Ort gewesen. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich eine deutsche Reiseleitung der Beklagten nicht vor Ort war. Die Beklagte hat ausweislich des vom Kläger zur Gerichtsakte gereichten Reiseprospektes nicht vertraglich zugesichert, dass vor Ort eine deutsche Reiseleitung verfügbar sei. Dies konnte vom Kläger auch nicht ohne weiteres erwartet werden. Derjenige, der nach Südamerika reist, muss in einem 3-Sterne-Hotel nicht damit rechnen, dass eine deutsche Reiseleitung vor Ort ist. Es hätte dem Kläger oblegen, entweder auf eigene Englisch- oder Spanischkenntnisse zurückzugreifen oder – falls ihm dies nicht möglich war – telefonisch über Deutschland die Beklagte oder deren Reiseleitung zu erreichen. Davon hat der Kläger offensichtlich abgesehen.

23. Der Kläger kann auch nicht einwenden, eine Mängelanzeige sei vorliegend entbehrlich gewesen. Aufseiten der Beklagten hätte durchaus die Möglichkeit bestanden, den Kläger und seine Familie adäquat in einem anderen 3 Sterne-Hotel in Küstennähe unterzubringen, in dessen Nähe ein Baden im Meer gefahrlos möglich war. Diese Abhilfemöglichkeit hatte die Beklagte im vorliegenden Fall aufgrund der fehlenden Mängelanzeige des Klägers nicht.

24. 2. Im Hinblick auf den abweichend von der gebuchten Rückbeförderung durchgeführten Rückreiseverlauf sind Minderungsansprüche des Klägers bereits durch die vorprozessuale Zahlung der Beklagten in Höhe von 150,00 € erloschen. Nach Auffassung des Gerichts stellt der Umstand, dass der Kläger und seine Familie nicht Nonstop von Brasilien nach Düsseldorf befördert wurden – wie gebucht -, sondern zunächst in Amsterdam aus dem Flugzeug steigen mussten, um anschließend mit dem Bus nach Düsseldorf zu fahren, einen Mangel der Reise im Sinne von § 651 c Abs. 1 BGB dar. Der Verlauf der Rückreise verlief für den Kläger damit anders als geplant. Eine Busreise über eine Strecke von 200 Kilometer stellt – zumal nach einem langen Interkontinentalflug – eine erhebliche Beeinträchtigung des Rückreiseverlaufs dar. Der Beklagten ist jedoch zuzubilligen, dass An- und Abreisetag hauptsächlich der Ortsveränderung dienen und einen besonderen Erholungswert nicht mehr aufweisen. Gleichwohl erachtet das Gericht für den letzten Urlaubstag mit der unplanmäßigen Busrückreise eine Reisepreisminderung von 40 % eines Tagesreisepreises als gerechtfertigt. Bei einem Tagesreisepreis von 77,38 € pro Person (4.024,00 € : 4 : 13 Reisetage) beläuft sich die Reisepreisminderung für vier Personen auf 123,80 €. Da die Beklagte vorprozessual bereits 150,00 € gezahlt hat, sind diese Reisepreisminderungsansprüche des Klägers durch Erfüllung gemäß § 362 BGB erloschen.

25. II Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

26. Streitwert: 650,00 €

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