Unfertiges Ferienhaus
AG Donaueschingen: Unfertiges Ferienhaus
Die Klägerin hatte bei dem Beklagten ein Ferienhaus gemietet. Dieses wurde nicht rechtzeitig fertiggestellt, sodass der Beklagte den Vertrag stornierte. Die Klägerin buchte daraufhin ein Hotel. Die Mehrkosten verlangt sie ersetzt.
Dem gab das Gericht statt. Der Beklagte habe grob fahrlässig gehandelt, indem er annahm, dass das Haus rechtzeitig bezugsfertig sein würde. Daher sei er ersatzpflichtig.
AG Donaueschingen | 2 C 52/17 (Aktenzeichen) |
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AG Donaueschingen: | AG Donaueschingen, Urt. vom 17.10.2017 |
Rechtsweg: | AG Donaueschingen, Urt. v. 17.10.2017, Az: 2 C 52/17 |
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Leitsatz:
2. Vermietet ein Ferienhausvermieter ein noch nicht fertig gestelltes Ferienhaus grob fahrlässig unter der Annahme der rechtzeitigen Fertigstellung, ist er zum Ersatz der Mehrkosten, die den Mietern durch die Stornierung entstehen, verpflichtet.
Zusammenfassung:
3. Die Klägerin hatte bei dem Beklagten ein Ferienhaus in Konstanz gemietet. Dieses wurde nicht rechtzeitig fertiggestellt, sodass der Beklagte den Vertrag stornierte. Die Klägerin buchte daraufhin ein Hotel, da wegen des Seenachtsfestes keine andere Unterkunft verfügbar gewesen sei. Die Mehrkosten verlangt sie ersetzt.
Dem gab das Gericht in der Sache statt. Der Beklagte habe grob fahrlässig gehandelt, indem er annahm, dass das Haus rechtzeitig bezugsfertig sein würde. Er habe vor dem Hintergrund des Baufortschrittes und der Rücksprache mit dem Bauträger eine solche Annahme nicht treffen dürfen. Da er demnach die Unmöglichkeit der Leistung zu vertreten habe, sei er ersatzpflichtig.
Tenor
4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 888,80 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.09.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand
5. Die Klägerin begehrt Schadensersatz im Hinblick auf eine durch den Beklagten vermietete Ferienwohnung, die zum vereinbarten Termin noch nicht bezugsfertig war.
6. Zwischen den Parteien kam am 09.03.2014 über eine vom Beklagten im Internet angebotene Ferienwohnung nebst Tiefgaragenstellplatz ein Mietvertrag für den Zeitraum 09.08. bis 17.08.2014 mit einem Gesamtmietpreis in Höhe von 1.241,00 € zustande (vgl. Kl.-Anlage B, As 25). Am 14.07.2014 stornierte der Beklagte den Vertrag mit dem Hinweis darauf, dass die Wohnanlage „nach neuesten Erkenntnissen bis Ende des Jahres noch nicht fertiggestellt sei“ (Bekl.-Anlage F, As. 125); die von der Klägerin geleistete Anzahlung wurde durch den Beklagten zurückerstattet.
7. Es handelte sich bei der vermieteten Ferienwohnung um einen Neubau, der ursprünglich bereits zum 31.12.2012 (vgl. Bekl.-Anlage D, As. 105) bezugsfertig sein sollte, dessen Fertigstellung sich aber erheblich verzögerte. Der Beklagte hatte im November 2013 und sodann nochmals im Januar 2014 beim Bauträger nachgefragt, ob bzw. bis wann er mit einer Fertigstellung rechnen könne, wobei er darauf hinwies, dass er die Ferienwohnung bereits ab 01.05.2014 verbindlich vermietet habe. Nachdem die zuvor seitens des Bauträgers zugesagten Übergabetermine (03.03.2014 und sodann 30.04.2014) nicht eingehalten worden sind, beauftragte der Beklagte Anfang Juni 2014 einen (neuen) Rechtsanwalt (vgl. Bekl.-Anlage D, As. 105). Zum mietvertraglich vereinbarten Zeitpunkt war die Wohnung noch immer nicht bezugsfertig.
8. Nachdem der Beklagte der Klägerin keine Ersatzwohnung zur Verfügung stellte, diese die gebuchte Reise aber aus privaten Gründen auch nicht verschieben konnte und aufgrund des Seenachtsfestes auch keine Ersatzferienwohnung in Konstanz mehr verfügbar war, buchte die Klägerin als Alternative ein Hotelzimmer, wobei für die Übernachtung mit Frühstück Gesamtkosten in Höhe von 1.948,00 Euro entstanden. Außerdem hatte die Klägerin in dem ursprünglich gebuchten Zeitraum Mehrkosten für Verpflegung abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 166,80 €. Weiterhin entstanden der Klägerin Kosten für eine Tiefgarage in Höhe von 15,00 €.
Die Klägerin beantragt,
9. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 888,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.07.2016 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
11. Der Beklagte behauptet, die Klägerin habe ihn weder telefonisch noch in einem späteren Schriftwechsel um Hilfestellung bei der Suche nach einer anderen Unterkunft gebeten.
12. Im Hinblick auf den weiteren Tatsachen- und Rechtsvortrag der Parteien wird ergänzend Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.10.2017.
Entscheidungsgründe
13. Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
1.
14. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch gemäß § 311 a BGB.
a)
15. Zwischen den Parteien kam unstreitig eine verbindliche Buchung der streitgegenständlichen Ferienwohnung, mithin ein wirksamer Mietvertrag zustande, aus dem sich für den Vermieter als unmittelbare Rechtsfolge die Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung der Mietsache ergibt. Der Vermieter muss die Mietsache zeitlich, räumlich und inhaltlich dem Mieter so bereitstellen, dass der Mieter in der Lage ist, die Sache vertragsgemäß in Gebrauch zu nehmen. Gemäß § 275 Abs. 1 BGB entfällt der Anspruch auf die Primärleistung, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann nachweislich unmöglich ist. Objektive Unmöglichkeit liegt dann vor, wenn die Mietsache vor Vertragsschluss bereits nicht oder später nicht mehr existiert, so dass die Vermieterleistung von niemandem mehr erbracht werden kann.
b)
16. Im Falle der anfänglichen objektiven Unmöglichkeit gelten vor der Überlassung der Mietsache die §§ 275, 311 a BGB, d.h. der Vermieter haftet auf das positive Interesse, wenn er die Unmöglichkeit kannte oder seine Unkenntnis zu vertreten hat, § 311 a Abs. 2 S. 2 BGB. Das Vertretenmüssen wird kraft Gesetzes widerleglich vermutet („gilt nicht“), so dass der Vermieter die Beweislast für ein fehlendes Vertretenmüssen hat.
aa)
17. Das Leistungshindernis im vorliegenden Fall, nämlich der Umstand, dass die Wohnung zum Zeitpunkt, zu dem die Klägerin die Wohnung als Mieterin nutzen sollte, noch nicht bezugsfertig war, lag von Anfang an, d.h. bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags vor. Das Leistungshindernis beruht nicht auf Umständen, die erst nach Abschluss des Mietvertrages nachträglich hinzugetreten sind. Vielmehr bestand das Risiko einer verspäteten Fertigstellung von Anfang an und hat sich sodann – ohne weitere nachträglich hinzutretende – Umstände auch entsprechend realisiert. Dieser Einordnung als ein Fall der anfänglichen Unmöglichkeit entspricht auch der gesetzliche Anknüpfungspunkt für den Verschuldensmaßstab wie er in § 311 a Abs. 2 S. 2 BGB zum Ausdruck kommt (so auch BGH MDR 1999, 287, wo in einem vergleichbaren Fall – freilich nach alter Rechtslage – ein Schadensersatzanspruch zwar auf § 325 BGB a.F. gestützt, in der Sache aber von anfänglicher Unmöglichkeit ausgegangen und darauf abgestellt wurde, dass der Schuldner „sich uneingeschränkt zur Leistung verpflichtet hat, obwohl er das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen“).
bb)
18. Eine Schadensersatzpflicht des Beklagten ist auch nicht gemäß § 311 a Abs. 2 S. 2 BGB ausgeschlossen. Dies wäre dann der Fall, wenn der Beklagte das Leistungshindernis nicht gekannt und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. Einen solchen Fall hat der Beklagte, der insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt, jedoch bereits nicht hinreichend dargelegt.
19. Zwar ist nach dem unstreitigen Sachverhalt davon auszugehen, dass der Beklagte auf eine rechtzeitige Fertigstellung der Ferienwohnung gehofft, mithin keine positive Kenntnis davon hatte, dass die Ferienwohnung zum vermieteten Zeitpunkt nicht bezugsfertig sein wird. Jedoch erscheint es – nach dem eigenen Vortrag des Beklagten zu den Umständen hinsichtlich der Verzögerungen bei der Fertigstellung der Ferienwohnung und den umfangreichen Problemen mit seinem Bauträger – (grob) fahrlässig, davon auszugehen, dass die Ferienwohnung im August tatsächlich einem Mieter bezugsfertig überlassen werden konnte.
20. Zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Mietvertrags mit der Klägerin (vgl. E-Mail des Beklagten vom 09.03.2014, Kl.-Anlage B, As. 25) war dem Beklagten das Schreiben des Bauträgers vom 14.03.2014 (Bekl.-Anlage C, As. 103), wo eine Bezugsfertigkeit zum 30.04.2014 in Aussicht gestellt wird, noch gar nicht bekannt, so dass der Beklagte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags auch keinesfalls darauf vertrauen konnte, dass die Übergabe der Ferienwohnung an die Klägerin tatsächlich möglich sein wird. Wie sich aus den eigenen Schreiben des Beklagten vom 26.11.2013 (vgl. Bekl.-Anlage A, As. 99) und 23.01.2014 (Bekl.- Anlage B, As. 101) ergibt, hatte der Beklagte im Vorfeld vielmehr ja gerade selbst erhebliche Zweifel, ob die Wohnung tatsächlich rechtzeitig bezugsfertig sein wird, zumal der ursprüngliche Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit ausweislich des vom Beklagten vorgelegten Schreibens seiner Anwälte vom 10.06.2014 (Bekl.-Anlage D, As. 105) schon für den 31.12.2012 vorgesehen war. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages hätte der Beklagte mithin wissen können und müssen, dass eine Übergabe der Ferienwohnung an die Klägerin im August 2014 unmöglich ist. Die Verzögerung bei der Fertigstellung der Ferienwohnung war angesichts der gesamten – vom Beklagten selbst dargelegten – Vorgeschichte für den Beklagten keinesfalls überraschend, sondern vielmehr absehbar, so dass er die eigene (miet-)vertragliche Verpflichtung Anfang März 2014 auf eigenes Risiko eingegangen ist und nunmehr die Konsequenzen einer verfrühten bzw. risikobehafteten Vermietung zu tragen hat. Diese kann der Beklagte nicht auf die Klägerin abwälzen, zumal er sie über die mit dem Bauträger bestehenden Probleme und das bestehende Risiko einer rechtzeitigen Fertigstellung nicht einmal informiert hat (dazu ergänzend auch sogleich unter 2.).
2.
21. Im Übrigen würde sich eine (neben-)vertragliche Schadensersatzpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB auch daraus ergeben, dass der Beklagte die Klägerin trotz objektiv und subjektiv bestehender erheblicher Bedenken hinsichtlich einer rechtzeitigen Fertigstellung (dazu bereits oben) nicht einmal auf das bestehende Risiko und die – nach eigenem Vortrag des Beklagten – bereits zum Zeitpunkt der Buchung für den Beklagten offensichtlichen Probleme mit der Verkäuferin der Wohnung hingewiesen hat. Bereits im Vorfeld des Vertragsschlusses, spätestens aber (nochmals) zum Zeitpunkt, als der Beklagte im Juni 2016 die Regelung der Streitigkeit mit der Verkäuferin seinem Rechtsanwalt überlassen hat, hätte der Beklagte die Klägerin umfassend über das erhebliche Risiko einer verspäteten Fertigstellung der Ferienwohnung informieren müssen. Die Hoffnung des Beklagten, der Termin zur Fertigstellung der Ferienwohnung werde noch rechtzeitig vor dem Zeitraum der Vermietung an die Klägerin erfolgen, erscheint – auch nach dem eigenen Vortrag des Beklagten zu den Problemen mit seinem Bauträger – völlig unrealistisch, so dass sich die unterlassene rechtzeitige Mitteilung an die Klägerin als (grob) fahrlässig darstellt.
3.
a)
22. Die Schadenshöhe bzw. die erforderlichen Aufwendungen hat die Klägerin substantiiert und schlüssig dargelegt, ohne dass der Beklagte sie prozessual wirksam bestritten hat.
23. Soweit der Vortrag in der Klageschrift in Einzelpositionen (z.B. Beleg vom 11.08.2014 über 35,40 Euro oder Essen am „20.08.2014“) nicht mit den zum Beweis als Anlage vorgelegten Belegen (Anlage H: 35,30 Euro; Anlage I: „10.08.2014“) übereinstimmt, handelt es sich (wohl) um bloße Tippfehler, die sich jedenfalls auf das – mit den vorgelegten Belegen übereinstimmende – Gesamtergebnis nicht ausgewirkt haben.
b)
24. Einen Verstoß der Klägerin gegen die Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB hat der Beklagte weder hinreichend dargelegt noch unter Beweis gestellt. Der insoweit gegebenenfalls relevante Einwand des Beklagten, die Klägerin habe ihn zu keinem Zeitpunkt um Hilfestellung bei der Suche nach einer alternativen Unterkunft gebeten, wurde von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung substantiiert durch Vorlage eines entsprechenden Schreibens an den Beklagten bestritten, wobei es darauf letztlich nicht ankam, da der Beklagte nicht (einmal ansatzweise) dargelegt hat, dass er überhaupt eine adäquate Ersatzunterkunft hätte vermitteln können und ob bzw. inwieweit dadurch der der Klägerin eingetretene Schaden überhaupt vermindert worden wäre.
4.
25. Der Beklagte hat schließlich weder hinreichend substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt, dass die Klägerin, welche sich nach der durch den Beklagten vorgenommenen Stornierung mit der Rückerstattung der Anzahlung einverstanden erklärt hat, darüber hinaus wirksam auf weitergehende (Schadensersatz-)Rechte verzichtet hätte.
5.
26. Die geltend gemachten Zinsen sind gemäß §§ 288, 291 BGB geschuldet, jedoch erst ab dem auf die Zustellung der Klage folgenden Tag. Einen vorherigen Verzugseintritt hat die Klägerin nicht hinreichend dargetan. Insbesondere vermag die bloße Zustellung der Streitverkündungsschrift an den Beklagten in dem gegen die Online-Vermittlungsplattform geführten Vorprozess keinen Verzug zu begründen, da dies keine Mahnung im Sinne des § 286 Abs. 1 BGB darstellt und auch kein Ausnahmefall gemäß § 286 Abs. 2 BGB gegeben ist. Mithin war die Klage, soweit Zinsen bereits seit dem 09.07.2016 gefordert wurden, abzuweisen.
27. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
28. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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